TE Vwgh Erkenntnis 1993/2/19 92/09/0242

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Veröffentlicht am 19.02.1993
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4 Abs3;
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AuslBG §4b idF 1990/450;
AuslBG LandeshöchstzahlenV 1992;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der H Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 28. Juli 1992, Zl. IIc/6702B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens beantragte die beschwerdeführende Partei am 9. April 1992, eingelangt beim Arbeitsamt Metall-Chemie am 23. April 1992, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den am 1. Juni 1956 geborenen ausländischen Staatsbürger J für die berufliche Tätigkeit als "Spengler".

Diesen Antrag lehnte das genannte Arbeitsamt mit Bescheid vom 23. April 1992 gemäß § 4 Abs. 6 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ab. Aus der Begründung ist zu entnehmen, daß die Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach Überschreitung der Landeshöchstzahl gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG hätten gegeben sein müssen.

Mit der dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei lediglich vor, daß sie in der genannten Sparte unter Personalmangel leide und diese Stelle bereits erfolglos Inländern angeboten habe.

Auf Grund dieser Berufung teilte die Behörde der beschwerdeführenden Partei mit Rückscheinbrief vom 11. Mai 1992 mit, daß das Arbeitsamt aus seinem Stand an arbeitslos vorgemerkten Personen Arbeitskräfte für die genannte Tätigkeit anbieten könne und übermittelte einen "Vermittlungsauftrag".

Dieses Schreiben enthielt den ausdrücklichen Hinweis: "Sollte Ihre Antwort bis zum 25.5.92 nicht beim Arbeitsamt einlangen, wird angenommen, daß Sie keine Zuweisungen wünschen. Über Ihren Antrag wird dann aufgrund der Aktenlage entschieden."

Nachdem sich die beschwerdeführende Partei zu der ihr angebotenen Möglichkeit der Ersatzkraftstellung nicht geäußert hatte, erging der angefochtene Bescheid, mit dem der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 sowie § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG in der Fassung BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge gegeben wurde.

Zur Begründung wird im wesentlichen nach Darstellung der Rechtslage und der Feststellung, daß die Landeshöchstzahl für das Land Wien für 1992 weit überschritten sei, weiter ausgeführt, eine Überprüfung der Lage auf dem verfahrensgegenständlichen Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem eingangs genannten begünstigten Personenkreis angehörten, zur Deckung des Arbeitskräftebedarfes zur Verfügung stünden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle hingegen nicht die Voraussetzungen, durch die sie dem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis des § 4b AuslBG zugeordnet werden könne. Angesichts der dargestellten Situation auf dem verfahrensrelevanten Teilarbeitsmarkt sei der beschwerdeführenden Partei im Zuge des Berufungsverfahrens mit Schreiben vom 11. Mai 1992 die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung angeboten worden. Die beschwerdeführende Partei habe darauf jedoch innerhalb der gesetzten Frist nicht reagiert.

Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer zu begründen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 6 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. Nr. 684/1991, dürfen über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 UND Abs. 3 vorliegen UND

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, ODER

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, ODER

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, ODER

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, ODER

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, ODER

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, ODER

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 AuslBG in Verbindung mit § 18 Abs. 4 leg. cit. gegeben sind.

Aufgrund dieser Rechtslage besteht gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG im Falle der Überschreitung der Landeshöchstzahlen ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine ausländische Arbeitskraft nur dann, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 AuslBG UND § 4 Abs. 3 leg. cit. UND § 4 Abs. 6 Z. 1 oder Z. 2 oder Z. 3 oder Z. 4 leg. cit. vorliegen.

Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat mit Verordnung, BGBl. Nr. 598/1991, die Landeshöchstzahl für die Beschäftigung von Ausländern für das Jahr 1992 gemäß § 13a Z. 3 AuslBG festgesetzt (Landeshöchstzahlenverordnung 1992). Für das Bundesland Wien wurde gemäß § 1 dieser Verordnung zur Sicherung der Bundeshöchstzahl gemäß § 12a AuslBG die Landeshöchstzahl für das Jahr 1992 mit 95.000 festgesetzt. Diese Verordnung trat gemäß ihres § 2 am 1. Jänner 1992 in Kraft und ist in ihrem zeitlichen Geltungsbereich mit Ablauf des 31. Dezember 1992 befristet.

Aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides ergibt sich, daß die Behörde von einer Überschreitung dieser festgesetzten Landeshöchstzahl ausgegangen ist und daß für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung neben den Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 und 4 Abs. 3 auch die des § 4 Abs. 6 AuslBG gegeben sein müßten.

Dagegen hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung lediglich vorgebracht, daß er an Personalmangel leide und die Stelle bereits erfolglos Inländern angeboten habe. Nach dem unbeantwortet gebliebenen Angebot einer Ersatzkraftstellung hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid daraufhin sowohl auf § 4 Abs. 1 als auch auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179, u.a.).

Im vorliegenden Fall hat die beschwerdeführende Partei, obwohl ihr die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung angeboten und sie unter Fristsetzung auf die Folgen der Unterlassung einer Antwort aufmerksam gemacht worden war, darauf nicht reagiert. Weiters ist zu bemerken, daß die Ausführungen der belangten Behörde zur Bedeutung des Vermittlungsauftrages in der Gegenschrift nicht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 1991, Zl. 91/09/0009). Es erübrigen sich aber weitere Ausführungen zur Frage der Ersatzkraftstellung, weil sich die Beschwerde aus folgenden Überlegungen als unbegründet erweist:

Die Überschreitung der Landeshöchstzahl für Wien für das Jahr 1992, die der beschwerdeführenden Partei spätestens mit der Kenntnisnahme des erstinstanzlichen Ablehnungsbescheides bekannt sein mußte und von ihr in ihrer Berufung nicht in Frage gestellt wurde, hat zur Folge, daß es zum (erschwerten) Überschreitungsverfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG kommt, d.h., daß in diesem Fall eine Beschäftigungsbewilligung nur noch erteilt werden darf, wenn die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3, die jedenfalls gegeben sein müssen, und ZUSÄTZLICH NOCH die Voraussetzungen nach Abs. 6 vorliegen. Die beschwerdeführende Partei hat die Feststellung über das Fehlen einer einhelligen Befürwortung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung durch den Vermittlungsausschuß (§ 4 Abs. 6 Z. 1) unbekämpft gelassen und auch kein Vorbringen erstattet, aus welchem sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 ableiten ließe. Da sie, obwohl sie auf Grund des erstinstanzlichen Bescheides von diesem Zusammenhang hätte Kenntnis haben müssen, solche Gründe nicht vorgebracht hat, konnte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß solche Gründe nicht gegeben sind. Der angefochtene Bescheid kann daher im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Die Beschwerde mußte gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992090242.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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