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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Mag. Meinl und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in Y, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 23. September 1992, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin stellte am 25. Mai 1992 beim Arbeitsamt Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft in Wien den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den tschechischen Staatsangehörigen R.P. als Lagerarbeiter mit einer Entlohnung von monatlich brutto S 10.000,--. Als gewünschte spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten gab die Beschwerdeführerin "Führerscheine B,C,E,F" an.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 2. Juni 1992 gemäß § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 AuslBG ab. Diese Abweisung begründete das Arbeitsamt ausgehend von den beiden genannten Gesetzesstellen damit, daß "aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens" davon auszugehen sei, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Lagerarbeiter/innen Arbeitsuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung dieser Bewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe "das Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorlägen.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, in ihrem Unternehmen seien auf Werkvertragsbasis im wesentlichen Ausländer beschäftigt, da für derartige Arbeiten österreichische Staatsbürger nicht zu finden seien. Diese Verteiler seien zum Teil tschechische Staatsangehörige, weshalb es bei der Übergabe von Prospekten an sie einer Person (wie des R.P.) bedürfe, die deutsch und tschechisch spreche. Als Lagerarbeiter/innen vorgemerkte Personen seien daher nicht in der Lage, die Anforderungen des gegenständlichen Arbeitsplatzes zu erfüllen. Das Arbeitsamt habe alle erforderlichen Erhebungen unterlassen.
Im Zuge des Berufungsverfahrens gab die Beschwerdeführerin dem Arbeitsamt über entsprechende Anfrage am 9. Juli 1992 bekannt, daß sie "keine anderen Kräfte anstelle des(r) beantragten Ausländers/Ausländerin" wünsche.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. September 1992 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und 6 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge. Ausgehend von den genannten Bestimmungen wies die belangte Behörde begründend darauf hin, daß die Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien im Kalenderjahr 1992 weit überschritten sei. Es seien daher bei der Prüfung des Antrags auf Beschäftigungsbewilligung sowohl die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 als auch nach § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen. Eine Überprüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgesehen seien und die - anders als R.P. - gleichzeitig dem begünstigten Personenkreis nach § 4b AuslBG angehörten, zur Deckung des Bedarfes der Beschwerdeführerin zur Verfügung stünden. Es sei daher der Beschwerdeführerin im Zuge des Berufungsverfahrens die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung angeboten worden, doch habe die Beschwerdeführerin davon keinen Gebrauch gemacht und ausdrücklich erklärt, nur R.P. in ihrem Betrieb beschäftigen zu wollen. Die Beschwerdeführerin habe sich dadurch die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Diese Beweisführung erübrige sich jedoch, wenn der Arbeitgeber die Stellung von Ersatzkräften von vornherein ohne zwingenden Grund ablehne. Zur Zeit seien in Wien
2295 beschäftigungslose Lagerarbeiter gemeldet, darunter befänden sich auch eine Reihe tschechoslowakischer, slowenischer und kroatischer Staatsbürger. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung zu begründen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.
Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.
Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179, u.a.).
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin in ihrer Mitteilung vom 9. Juli 1992 völlig unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß sie ausschließlich R.P. als Lagerarbeiter beschäftigen wolle. Mit Rücksicht darauf war die belangte Behörde nicht gehalten, vor ihrer die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin bestätigenden Entscheidung den Versuch zu unternehmen, der Beschwerdeführerin Ersatzkräfte anzubieten. Die Beschwerde läßt nicht erkennen, welche weiteren Ermittlungen der belangten Behörde zu einem anderen Verfahrensergebnis hätten führen können. Die Beschwerdeführerin führt auch nicht aus, welches zielführende Vorbringen sie im Falle einer ihr eröffneten Möglichkeit zu einer weiteren Stellungnahme im Berufungsverfahren erstatten hätte wollen.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, es sei ihr keine Möglichkeit eröffnet worden, zur festgestellten Überschreitung der Landeshöchstzahl Stellung zu nehmen bzw. Gründe geltend zu machen, die nach § 4 Abs. 6 AuslBG zur Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung hätten führen können, ist - abgesehen davon, daß in der Beschwerde auch insoweit nicht ausgeführt wird, welches Vorbringen die Beschwerdeführerin gegebenenfalls erstattet hätte - darauf zu verweisen, daß aus den oben dargelegten Gründen die belangte Behörde zu Recht bereits vom Fehlen einer gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG erforderlichen Voraussetzung für die Erteilung der begehrten Beschäftigungsbewilligung ausgegangen ist, weshalb auf den weiteren von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgrund nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht mehr einzugehen war.
Die Beschwerde war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992090330.X00Im RIS seit
20.11.2000