TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/13 92/05/0301

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Veröffentlicht am 13.04.1993
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Index

L80004 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;

Norm

BauRallg;
ROG OÖ 1972 §18 Abs5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des N in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Oktober 1992, Zl. BauR-010070/7-1992 Stö/Lan, betreffend die Versagung einer Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 1990, Zl. 89/05/0213, zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat damals den angefochtenen Bescheid der O.ö. Landesregierung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil das auf Gemeindeebene eingeholte Gutachten eines agrartechnischen Amtssachverständigen zur Frage, ob das Vorhaben des Beschwerdeführers als nebenberuflicher landwirtschaftlicher Betrieb zu beurteilen sei, keine ausreichenden, nachvollziehbaren Aussagen getroffen hatte.

Mit Bescheid vom 21. Jänner 1991 behob die

O.ö. Landesregierung den bei ihr bekämpften Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde unter Zugrundelegung der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes.

In der Folge wurde auf Gemeindeebene ein ergänzendes Gutachten eines agrartechnischen Amtssachverständigen eingeholt. In seinem Gutachten vom 25. September 1991 ging der Amtssachverständige nach den Angaben des Beschwerdeführers vom Halten von 15 bis 16 Schafen und zwei Jungrindern und von ca. 17 bis 18 Bienenstöcken aus. Weiters legte der Amtssachverständige nach den Angaben des Beschwerdeführers an landwirtschaftlichen Maschinen seinem Gutachten einen 30 PS-Traktor, eine Ackerfräse, ein Mähwerk, eine Kreiselheuer und einen Ladwagen zugrunde. Der Sachverständige vertrat die Ansicht, im Falle einer Nutzfläche von 3.000 m2 beim geplanten Standort und Pachtflächen im Ausmaß von 19.500 m2 in einer Entfernung von 2 bzw. 3,9 km könne in Kenntnis der breiten landwirtschaftlichen Praxis nicht mehr davon gesprochen werden, daß diese Entfernungen nicht zu Erschwernissen führen. Ein Vergleich mit der üblichen Landwirtschaftsstruktur zeige, daß in Landwirtschaftsbetrieben herkömmlicher Prägung als Voll-, Zu- oder Nebenerwerbsbetriebe kein derart ungünstiges Eigentums- und Pachtverhältnis mit gleichzeitig so großen Entfernungen zu Hauptfutterflächen vorhanden sei, sodaß es allgemeiner Erkenntnisstand sei, daß unter diesen Umständen kein Landwirtschaftsbetrieb mit wirtschaftlicher Zielsetzung zu führen sei. Insofern sei die räumliche Einheit ein Kriterium für das Vorliegen eines Landwirtschaftsbetriebes und es könne auf Grund des mit der Bewirtschaftung solcher entfernt liegender Gründe verbundenen hohen Aufwandes und der mit der Errichtung des Wirtschaftsgebäudes verbundenen Fixkosten davon ausgegangen werden, daß aus der Landwirtschaft kein maßgeblicher Einkommensbeitrag geleistet werden könne. Nach weiteren Ausführungen erachtete der Amtssachverständige die Zulässigkeit des Bauvorhabens im Grünland gemäß § 18 Abs. 5 des O.ö. Raumordnungsgesetzes als nicht gegeben.

Zu diesem Gutachten führte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 30. Oktober 1991 insbesondere aus, daß der Sachverständige mit keinem Wort darauf eingegangen sei, ob und welche Erträge bei Haltung von 15 bis 16 Schafen, zwei Jungrindern und 17 bis 18 Bienenstöcken zu erzielen seien, weshalb des Gutachten zumindest ergänzungsbedürftig geblieben sei. Der Beschwerdeführer trat auch der Auffassung des Sachverständigen bezüglich der zu großen Entfernungen entgegen, würden diese doch insbesondere im Hinblick auf die heutige Motorisierung kaum eine Rolle spielen. Nach Aufforderung der mitbeteiligten Gemeinde führte der Amtssachverständige in seinem ergänzenden Gutachten vom 5. Mai 1992 unter anderem aus, daß die räumliche Einheit von Grundstücken und Gebäudestandort entgegen der Meinung des Beschwerdeführers eine wesentliche Rolle spielen. Die Verhältnisse in der Landwirtschaft zeigten, daß ein derart ungünstiges Verhältnis von Eigen- und Pachtflächen mit derartigen Entfernungen vom Standort des Gebäudes so gut wie nicht vorkomme. Die Wertschöpfung eines landwirtschaftlichen Betriebes könne anhand des Deckungsbeitrages beurteilt werden, dies sei jener Betrag, der sich aus dem Rohertrag abzüglich der variablen Spezialkosten der Produktion ergebe und zur Abdeckung der Fixkosten zur Verfügung stehe. Gemäß den Standarddeckungsbeiträgen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft könne aus der Mastrinderhaltung pro Jahr mit einem Deckungsbetrag von S 11.500,--, bezüglich der Schafhaltung mit einem solchen von rund S 12.000,-- und bezüglich der Bienenhaltung bei einem Rohertrag von ca. S 20.000,-- mit einem Deckungsbeitrag von rund S 10.000,-- gerechnet werden. Diesem Gesamtdeckungsbeitrag von rund S 33.500,-- stellte der Amtssachverständige jährliche Fixkosten für das Wirtschaftsgebäude und die Düngersammelanlage sowie des Maschinenparks im Gesamtausmaß von S 45.000,-- gegenüber. Der Sachverständige schätzte die Kosten des Wirtschaftsgebäudes nach den durchschnittlichen Baurichtpreisen auf S 350.000,--, die Kosten der Düngersammelanlage auf S 50.000,--. Bei der Berechnung der Fixkosten ging er von Neubaukosten (bar) von rund S 267.000,--, einer 30jährigen Nutzungsdauer und einer 3 %igen Verzinsung vom Neuwert aus. Da den berechneten Gesamtfixkosten von S 45.000,-- ein Gesamtdeckungsbeitrag von rund S 33.500,-- gegenüberstehe, fehle eine nachhaltige Finanzierbarkeit, wie sie für einen landwirtschaftlichen Betrieb charakteristisch sei. Bei der Deckungsbeitragsermittlung sei die Entfernung der Grundstücke vom Standort des Gebäudes noch nicht berücksichtigt worden, sodaß sich dadurch zwangsläufig eine weitere Verschlechterung der Wertschöpfung ergebe, deren ertragsmäßige Abschätzung überflüssig scheine. Unter Hinweis auf die Aussage im Gutachten vom 25. September 1991 stellte der Amtssachverständige zusammenfassend fest, es sei auch wirtschaftlich belegt, daß es sich nicht um einen Landwirtschaftsbetrieb im eigentlichen Sinn mit wirtschaftlicher Zielsetzung, sondern nur um einen Hobbybetrieb handle, der aber nicht der widmungsgemäßen Nutzung der Grünlandwidmung diene.

Zu dem Gutachten brachte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 15. Juni 1992 insbesondere vor, daß es in erster Linie statistische Werte enthalte, ohne irgendwelche konkreten Erhebungen im Einzelfall vorzunehmen. Die gesamte Bewertung auf Grund der sogenannten Deckungsbeiträge stelle zwar eine abstrakte Möglichkeit der Einkommensberechnung anhand statistischer Durchschnittswerte dar, habe aber den Nachteil, daß sie auf die konkreten Umstände überhaupt nicht eingehe. Dieses Manko sei auch bei den durchschnittlichen Baurichtpreisen gegeben, seien doch im wesentlichen Fundamente schon vorhanden, sodaß die gesamten Kosten nicht aufliefen. Darüber hinaus könne von einer 50jährigen Nutzungsdauer ausgegangen werden, und es bleibe unergründlich, weshalb bei der Berechnung eine Verzinsung angenommen worden sei, andererseits von Neubaukosten in der Höhe von S 410.000,-- gesprochen werde, der Berechnung aber dann ein Betrag von S 267.000,-- zugrunde gelegt werde. Auch bei den Maschinenkosten werde übersehen, daß die Maschinen und Fahrzeuge bereits angeschafft worden seien und nicht fest stehe, wie lange diese Wirtschaftsgüter bereits im Betrieb des Beschwerdeführers vorhanden seien. Aber auch nach dem Gesamtdeckungsbetrag könne von einem monatlichen Einkommen von S 3.000,-- ausgegangen werden, was keinesfalls eine zu vernachlässigende Größe darstelle, wenn es sich um einen Nebenerwerbslandwirt handle. Nach weiteren Ausführungen regte der Beschwerdeführer an, ein Gutachten der Landwirtschaftskammer in Linz einzuholen, gehe man nicht davon aus, daß ohnehin schon die Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung gegeben seien.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1992 wies der Gemeinderat die Berufung als unbegründet ab. Auf Grund der eingeholten Gutachten ging die Berufungsbehörde davon aus, daß die anstehenden Betriebskosten mit der beabsichtigten Betriebsführung nicht erwirtschaftet werden könnten. Auch das wesentliche Merkmal eines landwirtschaftlichen Betriebes, wie die räumliche Einheit von Grundstücken und Gebäudestandort, fehle. Der Beschwerdeführer habe mit seinem Vorbringen die erstellten Agrargutachten nicht entkräften können.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung gab die O.ö. Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der hier maßgeblichen Rechtslage teilte die Gemeindeaufsichtsbehörde die Ansicht der Berufungsbehörde, daß die vorliegenden Gutachten für die Beurteilung, ob die zu bewilligenden Gebäude einer bestimmungsgemäßen Nutzung im Sinne des § 18 Abs. 5 des O.ö. Raumordnungsgesetzes dienen, ausreichend seien. Auch wenn im Hinblick auf das Vorbringen des Beschwerdeführers eine gewisse Verschiebung der Einnahmenseite zu seinen Gunsten in Betracht komme, könne diese Verschiebung der Wirtschaftlichkeitsberechnung nur in einem marginalen Bereich zu liegen kommen. Die gerügte Unvollständigkeit des Gutachtens könnte nicht als ein gravierender Mangel beurteilt werden, dessen Vermeidung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Im übrigen wäre es dem Beschwerdeführer unbenommen gewesen, dem von der Behörde eingeholten Amtssachverständigengutachten selbst durch Vorlage eines auf gleicher fachlicher Ebene erstellten Sachverständigengutachtens entgegenzutreten.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 18 Abs. 5 des O.ö. Raumordnungsgesetzes (O.ö. ROG) dürfen im Grünland nur solche Bauten und Anlagen errichtet werden, die einer bestimmungsgemäßen Nutzung dienen. Schon in dem eingangs erwähnten Vorerkenntnis teilte der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der Verwaltungsbehörden, daß das Bauvorhaben des Beschwerdeführers, nämlich die Errichtung eines 11,00 m x 14,50 m großen Einfamilienhauses mit angeschlossener Garage und einem 10,00 m x 7,00 m großen Wirtschaftsgebäude nur dann in der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmung Grünland zulässig ist, wenn zumindest von einem nebenberuflichen landwirtschaftlichen Betrieb ausgegangen werden kann. In dem ergänzend durchgeführten Ermittlungsverfahren hat der beigezogene agrartechnische Amtssachverständige in dem in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebenen Gutachten die Annahme eines zumindest nebenberuflichen landwirtschaftlichen Betriebes verneint. Bezüglich der Betriebsführung legte der Amtssachverständige seinem Gutachten die Angaben des Beschwerdeführers zugrunde, sodaß diesbezüglich nunmehr in der Beschwerde nicht zu Recht gerügt werden kann, über die beabsichtigte Betriebsführung des Beschwerdeführers sei keine Erhebung oder Feststellung getroffen worden. Daß aber der Beschwerdeführer selbst in seinem Ansuchen um Erteilung einer Baubewilligung keine näheren Angaben über die Art des landwirtschaftlichen Betriebes machte, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mit dem erwähnten Vorerkenntnis festgestellt. Wenn der Beschwerdeführer selbst es unterlassen hat, die beabsichtigte Betriebsführung im einzelnen darzutun, dann durfte der Amtssachverständige zu Recht seinem Gutachten jene Angaben zugrunde legen, die der Beschwerdeführer selbst ihm bekanntgegeben hat.

Inhaltlich bemängelte der Beschwerdeführer das Gutachten insbesondere bezüglich der angenommenen Fixkosten und vertritt die Auffassung, daß diese wesentlich überhöht seien. Nun trifft es zwar zu, daß der Sachverständige die Kosten für das Wirtschaftsgebäude und die Düngersammelanlage auf S 410.000,-- schätzte, der Berechnung der Fixkosten dagegen dann nur einen Betrag der Neubaukosten von rund S 267.000,-- zugrunde legte, doch kann dieser geringere Betrag sich nur zu Gunsten des Beschwerdeführers auswirken, er also dadurch nicht in einem Recht verletzt sein. (Der geringere Betrag läßt sich damit erklären, daß Eigenleistungen berücksichtigt wurden, wie die Bezeichnung "bar" erkennen läßt.) Die weitere Rüge bezüglich der angenommenen Nutzungsdauer des Gebäudes und der Verzinsung von 3 % vom Neuwert kann aber selbst dann, wenn die Rüge berechtigt wäre, nicht dazu führen, die wesentliche Aussage dieses Gutachtens zu entkräften. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, bei den Maschinenkosten sei nicht berücksichtigt worden, daß die Maschinen schon angeschafft worden seien, übersieht er, daß der Amtssachverständige dies ausdrücklich in seinem Gutachten festgehalten hat, er jedoch bei der Berechnung von sogenannten Fixkosten von Neuwerten auszugehen hatte. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes belegt das eingeholte Gutachten jedenfalls ausreichend, daß kein nebenberuflicher landwirtschaftlicher Betrieb vorliegt, erreicht doch der Gesamtdeckungsbeitrag nicht die Fixkosten, sodaß nicht nur von keinem maßgeblichen Beitrag zur Einkommensschöpfung die Rede sein kann, sondern der Betrieb nur als Hobby zu betrachten ist. In diesem Zusammenhang hat der Sachverständige zutreffend darauf hingewiesen, daß die Entfernungen der Grundstücke vom beabsichtigten Standort des Gebäudes eine weitere Verschlechterung der Wertschöpfung nach sich ziehen, welche in dem Gutachten gar nicht berücksichtigt worden ist. Die belangte Behörde durfte daher zu Recht davon ausgehen, daß die vom Beschwerdeführer beabsichtigten Bauvorhaben nicht einer bestimmungsgemäßen Nutzung der Widmung Grünland dienen.

Soweit der Beschwerdeführer behauptet, die belangte Behörde habe zusätzliche Forderungen aufgestellt, die im Gesetz keine Deckung finden, genügt zur Widerlegung ein Hinweis auf das genannte Vorerkenntnis, in welchem der Gerichtshof sich mit dem Begriff einer bestimmungsgemäßen Nutzung im Sinne des § 18 Abs. 5 O.ö. ROG auseinandergesetzt hat. Auch hinsichtlich der neuerlich geltend gemachten Zweifel an der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes ist auf die Darlegungen in dem Vorerkenntnis zu verweisen.

Zu dem Beschwerdevorbringen ist schließlich noch zu bemerken, daß nach dem vorgelegten Bauplan neue Bauvorhaben Gegenstand des Ansuchens sind, sodaß ein Hinweis auf frühere Baubewilligungen bzw. auf einen tatsächlich bestehenden Baubestand nicht zielführend sein kann.

Auf Grund der dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff. VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992050301.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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