TE Vwgh Erkenntnis 1993/4/28 92/02/0333

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Veröffentlicht am 28.04.1993
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Index

27/01 Rechtsanwälte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1 idF 1990/357;
AVG §10 Abs1;
AVG §13 Abs3;
AVGNov 1990 Art4 Abs2;
RAO 1868 §5 Z1 idF 1990/474;
RAO 1868 §8 Abs1 idF 1990/474;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Bernard und DDr. Jakusch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 22. Juni 1992, Zl. I/7-St-T-9134, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Juni 1992 wies die NÖ Landesregierung die vom Beschwerdeführer gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 29. April 1991, mit welchem er mehrerer Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 schuldig erkannt und hiefür bestraft wurde, erhobene Berufung zurück.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 7. Oktober 1992, B 865/92, die Behandlung der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde ab. Mit Beschluß vom 4. Dezember 1992 trat der Verfassungsgerichtshof diese Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Vertreter des Beschwerdeführers fügte auf der am 3. Juli 1991 gegen das erstbehördliche Straferkenntnis erhobenen Berufung bei der seinen Namen wiedergebenden Stampiglie und seiner Unterschrift den Vermerk bei: "Vollmacht gemäß § 8 RAO erteilt".

Nach Durchführung eines fruchtlosen Verbesserungsauftrages wies die belangte Behörde diese Berufung mit der Begründung zurück, die Bestimmung des § 10 Abs. 1 AVG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 357/1990, wonach die Berufung auf die einem Rechtsanwalt oder Notar erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis ersetze, finde im vorliegenden Verfahren keine Anwendung, weil nach dem für diese Novelle geltenden Übergangsrecht die am 1. Jänner 1991 anhängig gewesenen Verfahren nach der bis zum Inkrafttreten dieser Novelle geltenden Rechtslage zu Ende zu führen seien. Dies treffe auf das vorliegende Verfahren zu.

Diese Rechtsmeinung ist deshalb verfehlt, weil auch zufolge § 8 Abs. 1 Rechtsanwaltsordnung in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 474/1990 vor allen Gerichten und Behörden die Berufung eines Rechtsanwaltes auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis ersetzt. Diese Bestimmung ist zufolge Art. V Z. 1 der zitierten Novelle - ohne weitere Einschränkung - am 1. Jänner 1991 in Kraft getreten. Der Beschwerdeführer durfte sich daher ungeachtet des Umstandes, daß die Bestimmung des § 10 AVG (neue Fassung) auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden war, in der am 3. Juli 1991 erhobenen Berufung - gestützt auf § 8 RAO - auf die mündlich erteilte Bevollmächtigung berufen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Ersatz der im vorangegangenen Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof entrichteten Stempelgebühren nicht gebührt (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, S. 681, abgedruckte hg. Judikatur).

Schlagworte

Formgebrechen behebbare Bevollmächtigung Formgebrechen behebbare Vollmachtsvorlage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1992020333.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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