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L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;Norm
SHG Wr 1973 §12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schwächter, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 30. März 1992, Zl. MA 12-14759/91, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als mit ihm die Berufung des Beschwerdeführers gegen die Nichtgewährung von Sozialhilfe für die Zeit ab 14. Jänner 1991 abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 18. März 1946 geborene Beschwerdeführer, der sich vom 29. Mai 1990 bis 4. Jänner 1991 in Strafhaft befand, stellte am 8. Jänner 1991 beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12 - Sozialamt, Sozialreferat für den 1., 8. und 9. Bezirk (erstinstanzliche Behörde) einen Grundantrag auf Gewährung von Geldaushilfen, der mit mündlich verkündetem Bescheid vom selben Tag abgelehnt wurde. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Am 10. Jänner 1991 beantragte der Beschwerdeführer mit dem Formblatt "Antrag auf Gewährung einer Geldaushilfe" nach der Aktenlage eine Geldaushilfe für "LB f. 4 T." (wobei dieser Vermerk nicht vom Beschwerdeführer selbst geschrieben wurde). Der Beschwerdeführer unterschrieb diesen Antrag mit dem Beifügen "mit Antrag auf Kopie 10.1.91". Darüber entschied die erstinstanzliche Behörde mit mündlich verkündetem Bescheid vom 10. Jänner 1991 dahin, daß eine Geldaushilfe von S 558,-- für die Zeit vom 10. Jänner 1991 bis inkl. 13. Jänner 1991 bewilligt werde. Die Verkündung wurde in einer Niederschrift vom 10. Jänner 1991 beurkundet und darin vom Beschwerdeführer mit eigenhändiger Unterschrift bestätigt, daß er den Bescheid zur Kenntnis genommen und über das Recht belehrt worden sei, binnen drei Tagen eine schriftliche Ausfertigung zu verlangen. Seiner Unterschrift fügte der Beschwerdeführer die Bemerkung bei: "Mit Antrag auf Kopie", was letztlich von der erstinstanzlichen, aber auch von der belangten Behörde als Antrag auf Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides verstanden wurde. Auf dem Formblatt finden sich vor der Niederschrift über die Verkündung des Bescheides unter der Rubrik "Ermittlungen und Stellungnahme" eine Reihe von handschriftlichen Bemerkungen, darunter auch folgende: "HS besitzt 3 Autos ... HS muß die Autos bis Montag abmelden oder beim Dorotheum schätzen lassen und das Gutachten bringen."
Am 8. Oktober 1991 beantragte der Beschwerdeführer bei der erstinstanzlichen Behörde die "unverzügliche Zusendung der Aktenkopie meines anhängigen Aktes auf Sozialunterstützung vom 7. Jänner 1991 bis dato für die Anwendung weiterer Rechtsmittel". Eine Kopie dieses Antrages übermittelte er auch dem Amt der Wiener Landesregierung - Magistratsabteilung 12 (im folgenden: belangte Behörde) mit einem Schreiben, ebenfalls vom 8. Oktober 1991 (bei der belangten Behörde eingelangt am 9. Oktober 1991), in dem er überdies einen Devolutionsantrag gemäß § 73 AVG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die erstinstanzliche Behörde über seinen Sozialhilfeantrag vom 7. Jänner 1991 mit dem Antrag stellte, ihm Sozialhilfe vom 15. Jänner 1991 bis dato zuzuerkennen. Begründend führte er aus, daß er am 7. Jänner 1991 nach seiner Haftentlassung einen Antrag auf Gewährung der Sozialunterstützung gestellt habe, ihm aber bis zur Stunde kein rechtskräftiger Bescheid zugestellt worden sei.
Am 24. Oktober 1991 wurde dem Beschwerdeführer eine Fotokopie der Niederschrift vom 10. Jänner 1991, am 11. Dezember 1991 eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides vom 10. Jänner 1991 zugestellt. Nach dem Spruch dieser schriftlichen Ausfertigung werde gemäß den §§ 8, 12 und 13 des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 11/1973 in der geltenden Fassung, in Verbindung mit den §§ 1, 4 und 5 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 27. Februar 1973, LGBl. für Wien Nr. 13/1973, in der Fassung der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 11. Dezember 1990, LGBl. für Wien Nr. 76/1990, dem Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Jänner 1991 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes stattgegeben und S 558,-- für 4 Tage Lebensbedarf zuerkannt. Eine Begründung entfalle gemäß § 58 Abs. 2 AVG.
Mit Schreiben vom 6. November 1991 erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen den Bescheid vom 10. Jänner 1991, der ihm - seiner Deutung der an ihn am 24. Oktober 1991 übermittelten Fotokopie der Niederschrift vom 10. Jänner 1991 als Zustellung einer Bescheidausfertigung entsprechend - am 24. Oktober 1991 zugestellt worden sei. Mit Schreiben vom 24. Dezember 1991 erhob er neuerlich Berufung gegen den Bescheid vom 10. Jänner 1991, diesmal bezogen auf die am 11. Dezember 1991 erfolgte Zustellung der schriftlichen Bescheidausfertigung. In den beiden gegen den Bescheid vom 10. Jänner 1991 gerichteten Rechtsmitteln beantragte er die Abänderung des bekämpften Bescheides dahin, daß ihm eine Geldaushilfe für den Zeitraum vom 7. Jänner 1991 bis 6. November 1991 bzw. vom 8. Jänner 1991 bis 24. Dezember 1991, abzüglich der bereits erhaltenen Geldaushilfe für 4 Tage vom 10. Jänner bis 13. Jänner 1991, sohin in der Höhe von S 41.720,47 bzw. S 48.278,53, ausgezahlt werde. In der Berufung vom 6. November 1991 befaßte er sich im wesentlichen damit, daß ihm der Bescheid vom 10. Jänner 1991 erst nunmehr zugestellt worden sei. In der Berufung vom 24. Dezember 1991 brachte er unter anderem vor, er habe mit seinem handschriftlichen Zusatz zu seiner Unterschrift am 10. Jänner 1991 eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides beantragt, weil er weder mit dem Inhalt des Bescheides einverstanden gewesen sei noch mit dem "Antrag auf Ordnungsnummer 2, der Geldaushilfe von
nur 4 Tagen". Es fehle im Bescheid eine Darstellung, aufgrund welcher Tatsachenfeststellungen und aus welchen Gründen ihm nur für "eingeschränkt vom 10. Jänner 1991 bis 14. Jänner 1991 eine Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes für 4 Tage Lebensbedarf zuerkannt wurde."
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. März 1992 wurde der Devolutionsantrag des Beschwerdeführers vom 9. Oktober 1991 gemäß § 73 Abs. 2 AVG abgewiesen. Begründet wurde der Bescheid damit, daß - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - über seinen Antrag vom 10. Jänner 1991 auf Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohnedies mit mündlich verkündetem Bescheid vom selben Tag entschieden worden sei. Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 92/08/0234, mit der Begründung ab, daß die belangte Behörde mit Recht die behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht durch die erstinstanzliche Behörde und damit die Berechtigung zur Stellung eines Devolutionsantrages verneint habe. Ob der am 10. Jänner 1991 von der erstinstanzlichen Behörde erlassene Bescheid "inhaltlich richtig" gewesen sei und ob die erstinstanzliche Behörde vor, bei oder nach der Bescheiderlassung relevante Verfahrensvorschriften verletzt habe, sei - entgegen dem Beschwerdevorbringen - für die allein entscheidende Frage einer Säumnis der erstinstanzlichen Behörde ohne jegliche Bedeutung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. März 1992 wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid vom 10. Jänner 1991 eingebrachte Berufung ab und bestätigte den bekämpften Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG. Nach der Bescheidbegründung habe der Beschwerdeführer am 10. Jänner 1991 den Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den Bestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes in Form einer Geldaushilfe für 4 Tage gestellt. Da er zu diesem Zeitpunkt Zulassungsbesitzer dreier Kraftfahrzeuge gewesen sei, sei ihm aufgetragen worden, bis Montag, den 14. Jänner 1991 die Fahrzeuge zu verwerten oder beim Dorotheum schätzen zu lassen bzw. Unterlagen über die behauptete Verschrottung eines Fahrzeuges beizubringen. Zur Überbrückung der akuten finanziellen Notsituation habe er antragsgemäß die Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in der Höhe des Richtsatzes für 4 Tage bescheidmäßig zuerkannt und ausbezahlt erhalten. Die vom Beschwerdeführer begehrte Zustellung der schriftlichen Ausfertigung dieses Bescheides sei erst am 11. Dezember 1991 erfolgt. Die erstinstanzliche Behörde habe den Zusatz "mit Antrag auf Kopie" vorerst nicht als Antrag auf Ausstellung einer schriftlichen Ausfertigung gedeutet. Unter Berücksichtigung der Verzögerung bei der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des am 10. Jänner 1991 mündlich verkündeten Bescheides erweise sich die am 24. Dezember 1991 zur Post gegebene Berufung als rechtzeitig. Der Beschwerdeführer habe sich nach dem 10. Jänner 1991 erstmals wieder am 9. Oktober 1991 mit einem schriftlichen Antrag auf "unverzügliche Zusendung einer Aktenkopie" an die erstinstanzliche Behörde gewendet und am gleichen Tag einen Devolutionsantrag an die belangte Behörde gerichtet, dies mit der Begründung, die erstinstanzliche Behörde habe es bis dato verabsäumt, über seinen Antrag vom 10. Jänner 1991 abzusprechen. Die behauptete Säumnis sei jedoch, wie im Bescheid der belangten Behörde vom 26. März 1992 (mit dem der Devolutionsantrag vom 9. Oktober 1991 abgewiesen wurde) ausgeführt worden sei, nicht vorgelegen. Offenkundig unterliege der Beschwerdeführer dem Irrtum, am 10. Jänner 1991 einen unbefristeten Antrag gestellt zu haben, was ihn auch veranlaßt habe, in seiner Berufung vom 24. Dezember 1991 die Nachzahlung von S 48.278,53 zu begehren. Es sei sowohl dem Antrag als auch der Beurkundung der mündlichen Entscheidung unzweifelhaft zu entnehmen, daß aufgrund der ungeklärten Vermögensverhältnisse lediglich eine Überbrückungshilfe für 4 Tage beantragt und auch zugesprochen worden sei. Es sei daher gemäß § 58 Abs. 2 AVG rechtmäßig gewesen, daß die erstinstanzliche Behörde die schriftliche Ausfertigung des Bescheides nicht begründet habe. Da sich die Berufung im wesentlichen nicht auf den vom bekämpften Bescheid erfaßten Zeitraum (10. Jänner bis 13. Jänner 1991) richte, sondern einen weiteren Zeitraum erfasse, sei es der belangten Behörde verwehrt, sich inhaltlich mit dem diesbezüglichen Vorbringen auseinanderzusetzen; der "Prozeßgegenstand" des Berufungsverfahrens sei durch die erstinstanzliche Entscheidung definiert.
Mit Säumnisbeschwerde vom 2. Juni 1992 machte der Beschwerdeführer eine Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde hinsichtlich seiner Berufung vom 6. November 1991 geltend und beantragte den Bescheid der erstinstanzlichen Behörde vom 10. Jänner 1991 dahin abzuändern, daß ihm eine Geldaushilfe für den Zeitraum vom 7. Jänner 1991 bis 6. November 1991, abzüglich der bereits erhaltenen Geldaushilfe für die Zeit vom 10. Jänner bis 13. Jänner 1991, in der Höhe von S 41.720,47 ausgezahlt werde. Diese Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 29. September 1992, Zl. 92/08/0122, mit der Begründung zurück, daß die beiden Berufungen vom 6. November und 24. Dezember 1991 als eine Berufung anzusehen seien, über die die belangte Behörde mit Bescheid vom 30. März 1992 entschieden habe, auch wenn sie sich einerseits in der Begründung nur mit dem "Berufung" genannten Ergänzungsschriftsatz vom 24. Dezember 1991 befaßt habe, weil das Begehren im Ergänzungsschriftsatz vom 24. Dezember 1991 jenes in der Berufung vom 6. November 1991 jedenfalls eingeschlossen, und sie andererseits darüber, wenn auch verbal verfehlt, durch "Abweisung" der Berufung entschieden habe. Unter Bedachtnahme auf die Begründung des Bescheides vom 30. März 1992, wonach das Berufungsbegehren des Beschwerdeführers, ihm eine Geldaushilfe für einen den Zeitraum vom 10. Jänner bis 13. Jänner 1991 übersteigenden Zeitraum zu gewähren, außerhalb des "Prozeßgegenstandes" der Berufung, das heißt außerhalb der "Sache" des § 66 Abs. 4 AVG, liege und daher unzulässig sei, müsse nämlich die Abweisung der Berufung als Zurückweisung verstanden werden.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 30. März 1992 erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Deren Behandlung wurde mit Beschluß dieses Gerichtshofes vom 28. September 1992, Zl. B 598/92, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wendet der Beschwerdeführer ein, der bekämpfte Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil die belangte Behörde davon ausgehe, daß sowohl dem Antrag als auch der Beurkundung der mündlichen Entscheidung unzweifelhaft zu entnehmen sei, daß aufgrund der ungeklärten Vermögensverhältnisse lediglich eine Überbrückungshilfe für 4 Tage beantragt und auch zugesprochen worden sei. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer am 10. Jänner 1991 einen unbefristeten Antrag gestellt, auf den die Behörde in keiner Weise eingegangen sei. Vielmehr seien ihm lediglich für 4 Tage Überbrückungshilfe mit der Auflage bewilligt worden, die Autos bis zum Montag abzumelden oder beim Dorotheum schätzen zu lassen. Der Bescheid sei mündlich, und zwar ohne Begründung, verkündet worden. Der Beschwerdeführer sei weiters sofort verhalten worden, das ihm vorgelegte Formular zu unterschreiben. Eine Rechtsbelehrung sei ihm nicht erteilt worden. Seinem Ersuchen um Ausfolgung des Formulars sei nicht entsprochen worden, weshalb er den Vermerk angefügt habe, "mit Antrag auf Kopie", womit nur gemeint gewesen sein konnte, man möge ihm eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides gemäß § 62 Abs. 3 AVG innerhalb der gesetzmäßigen Frist von 3 Tagen zustellen. Der Bescheid habe weiters keine Begründung enthalten. Andernfalls hätte er ausführen müssen, wieso lediglich eine viertägige Überbrückungshilfe gewährt worden sei. Auch die belangte Behörde sei - zu Unrecht - davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer lediglich für 4 Tage eine Überbrückungshilfe beantragt habe. Deshalb habe sie - ebenfalls zu Unrecht - seiner Berufung nicht Rechnung getragen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte sie aussprechen müssen, daß der Beschwerdeführer gemäß § 7 WSHG einen Rechtsanspruch auf Zuerkennung der Sozialhilfe auch ab 14. Jänner 1991 bis 9. Oktober 1991 habe.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie der Beschwerdebehauptung, der Beschwerdeführer habe seinen Antrag vom 10. Jänner 1991 unbefristet gestellt, "die klare und eindeutige Aktenlage" entgegenhält, "konkret den von ihm selbst unterfertigten Antrag, der sich ausdrücklich auf eine Geldaushilfe für vier Tage bezog."
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie der Verwaltungsgerichtshof im schon zitierten Beschluß vom 29. September 1992, Zl. 92/08/0122, ausgeführt hat, wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 30. März 1992 über die eine einzige Berufung darstellenden Rechtsmittelschriftsätze vom 6. November und 24. Dezember 1991 entschieden. Entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides hätte die belangte Behörde die Berufung, die sich lediglich auf die Zeit vom 7. Jänner bis 9. Jänner und 14. Jänner bis 24. Dezember 1991 bezog, zurückweisen müssen. Durch die unrichtige Spruchfassung selbst wurde der Beschwerdeführer aber in keinen Rechten verletzt. Im Hinblick auf seinen wiedergegebenen Beschwerdeantrag ist aber zu klären, ob die belangte Behörde mit Recht seine Berufung, ihm auch für die Zeit vom 14. Jänner bis 9. Oktober 1991 Sozialhilfe zuzuerkennen, als außerhalb der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG liegend "abgewiesen" hat.
Bei der Prüfung dieser Frage ist, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 92/08/0234, ausgeführt hat, davon auszugehen, daß mit dem mündlich verkündeten Bescheid vom 10. Jänner 1991 über den Antrag des Beschwerdeführers auf eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes entschieden wurde.
Klärungsbedürftig ist daher nur, ob der Beschwerdeführer selbst diesen Antrag auf die Gewährung von Hilfe zur Sicherung seines Lebensunterhaltes für 4 Tage eingeschränkt hat. Der Beschwerdeführer hat dies in einer Reihe von Schriftsätzen, insbesondere auch in der Berufung vom 24. Dezember 1991, bestritten. Dagegen spricht zwar, daß es in dem "Antrag auf Gewährung einer Geldaushilfe" vom 10. Jänner 1991 heißt: "Ich beantrage eine Geldaushilfe für LB f. 4 T.". Im Hinblick darauf, daß einerseits die Einschränkung "f. 4 T." nicht vom Beschwerdeführer selbst geschrieben wurde und er andererseits den Antrag - offensichtlich vor der erstinstanzlichen Behörde - mit dem Zusatz "mit Antrag auf Kopie" unterschrieben hat, kann seine Berufungsbehauptung, die auf einen Beweis der Unrichtigkeit der Protokollierung der genannten Einschränkung im Sinne des § 15 AVG hinausläuft, nicht dadurch abgetan werden, es sei dem Antrag "unzweifelhaft" zu entnehmen, daß vom Beschwerdeführer "aufgrund der ungeklärten Vermögensverhältnisse lediglich eine Überbrückungshilfe für 4 Tage beantragt" worden sei. Es wäre auch denkbar, daß die erstinstanzliche Behörde seinen Antrag falsch gedeutet hat oder, worauf die Aktenlage, insbesondere der Aktenvermerk der erstinstanzlichen Behörde vom 10. Oktober 1991 (Seite 28 des Verwaltungsaktes) hindeuten könnte, wegen Klärungsbedürftigkeit der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe für einen längeren Zeitraum selbst eingeschränkt hat. Die Entscheidung über diesen Antrag mit mündlich verkündetem Bescheid vom 10. Jänner 1991 durch die erstinstanzliche Behörde stellte dann zwar, wie bereits ausgeführt wurde, eine abschließende Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Jänner 1991 dar; sie wäre aber wegen der unrichtigen Deutung bzw. unzulässigen Einschränkung insofern rechtswidrig, als nicht auch über den darüber hinausgehenden Antrag entschieden wurde. Dies hätte die belangte Behörde aber dann entsprechend dem Berufungsvorbringen wahrnehmen und (wenn auch möglicherweise mangels Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen in abweisender Form) entscheiden müssen.
Da sich die belangte Behörde mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, er habe den Antrag auf Gewährung einer Geldaushilfe unbefristet gestellt, nur unter Hinweis auf die Unterfertigung des Antrages vom 10. Jänner 1991 durch ihn und somit nach den obigen Darlegungen in unzureichender Weise auseinandergesetzt hat, war der angefochtene Bescheid im bekämpften Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1992080235.X00Im RIS seit
13.07.2001