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L37155 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Kratschmer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des L in R, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 11. Februar 1993, Zl. 1/02-30.822/9-1993, betreffend Ausnahme von der Kanaleinmündungsverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Rauris, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des von ihm geführten Landwirtschaftsbetriebes mit der Anschrift H Nr. 7. Der Ortskanal ist ca. 20 m vom Wohnobjekt entfernt. Am 14. Jänner 1987 richtete der Beschwerdeführer ein Ansuchen an die mitbeteiligte Marktgemeinde betreffend die Gewährung einer Ausnahme von der Einmündungsverpflichtung in die gemeindeeigene Kanalisationsanlage. Als Begründung führte er an, er habe die Richtlinien des Amtes der Salzburger Landesregierung vom 7. August 1986, Zl. 1/00-5360/193-1986 für seinen Landwirtschaftsbetrieb überprüft. Nach diesen Richtlinien sei seiner Meinung nach eine Ausnahme für seinen Betrieb gegeben. Da eine Anschlußverpflichtung für ihn und seine Familie und für den Betrieb eine Härte darstellen würde, hoffe er auf eine positive Erledigung.
Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. August 1989 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Marktgemeinde habe eine Stellungnahme des wasserbautechnischen Sachverständigen eingeholt, wonach das Gehöft ständig von 5 Bewohnern bewohnt werde. Mangels eines ausreichenden Speichervolumens seien die Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Einmündungsverpflichtung derzeit nicht erfüllt. Unter Berücksichtigung einer viermonatigen Winterlagerzeit müßte bei der angegebenen Güllewirtschaft die dichte Jauchegrube um mindestens 20 m3 Nutzinhalt vergrößert werden. Da jedoch bei der gegebenen Höhenlage in R unter Umständen auch im November und April noch keine ordnungsgemäße Ausbringung möglich sei (keine Ausbringung auf gefrorenem Boden oder bei Schneelage) erscheine eine Verlängerung der Winterlagerzeit nötig. Es sei daher mindestens mit einer fünfmonatigen Winterlagerzeit zu rechnen, sodaß bei Güllewirtschaft eine Vergrößerung um rund 60 m3 auf ca. 200 m3 Nutzinhalt als Voraussetzung für eine Ausnahmeerteilung gefordert werden müßte. Im Falle einer Änderung von Güllewirtschaft auf Jauchedüngung könnte bei günstigsten Bedingungen und sorgfältigster Bewirtschaftung das Speichervolumen unter Zugrundelgung der gültigen Richtlinien gerade noch als aureichend angesehen werden. Allgemeine wasserwirtschaftliche Hinderungsgründe seien nicht bekannt, die Gemeindevertretung hätte aber bei ihrer Entscheidung sicherlich auch die möglichen hygienischen Auswirkungen zu beurteilen. Die Gemeindevertretung habe festgestellt, daß besonders im Hinblick auf das Gutachten des wasserbautechnischen Sachverständigen die Voraussetzung für eine Ausnahme nicht vollständig gegeben sei. Im besonderen müsse nochmals betont werden, daß das Speichervolumen der Klärgrube als nicht ausreichend beurteilt worden sei. Zudem werde ein Anschluß auch aus hygienischen Gründen befürwortet.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung wies der Beschwerdeführer auf die Größe der zu bedüngenden Nutzfläche (4 ha) den Viehbestand (9,7 GVE) auf die Größe der dichten Gruben (140 m3) und führte insbesondere aus, daß nur vier Personen ständig am Hof wohnten. Nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens des wasserbautechnischen Sachverständigen hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 11. Juni 1990 den Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. August 1989 "wegen Rechtswidrigkeit" aufgehoben. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, unter Berücksichtigung der nunmehr nur vier ständigen Bewohner ergebe sich im Hinblick auf die gültigen Richtlinien für Ausnahmen von der Einmündungsverpflichtung in Kanalisationsanlagen eine Reduzierung des erforderlichen Nutzinhaltes der Jauchengrube. Aufgrund dieser Tatsache und der schlüssigen Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen im Einklang mit der zitierten gesetzlichen Bestimmung sei der Bescheid der Gemeindevertretung zu beheben und die Angelegenheit entsprechend der Rechtsanschauung der Aufsichtsbehörde in Würdigung des abgegebenen Gutachtens zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurückzuverweisen gewesen.
Im fortgesetzten Verfahren hat die Gemeindevertretung ein Gutachten betreffend die hygienischen Aspekte eingeholt. In einer Stellungnahme eines Sachverständigen der Salzburger Landesregierung vom 28. August 1990 wurde ausgeführt, aus hygienischer Sicht seien zwei Gesichtspunkte wesentlich: 1. die Kontamination oder mögliche Kontamination menschlicher Fäkalien mit Krankheitserregern, 2. chemische Inhaltsstoffe. Zusammenfassend wurde ausgeführt, die Ausnahme von der Einleitung häuslicher Abwässer und Wirtschaftsabwässer (mit Ausnahme der Stallabwässer) entspreche eindeutig nicht mehr den heutigen Anforderungen an eine Abwasserentsorgung.
Diesbezüglich müssen die Richtlinien des Amtes der Salzburger Landesregierung als korrekturbedürftig angesehen werden und könnten aus hygienischer Sicht nur restriktivst angewendet werden.
Zu diesen Ausführungen brachte der Beschwerdeführer vor, die ohnedies sparsam eingesetzten Waschmittel seien nach fachlicher Auskunft aufgrund der geringen Menge und der Pufferkraft der Gülle nach dem derzeitigen Stand des Wissens kein Problem. Bezüglich der Hygiene sei bei Betrieben, in denen nur die Hausabwässer der eigenen Familienmitglieder eingeleitet würden, das mögliche Hygieneproblem auch nach Meinung der Veterinärmedizin überschaubar. Ferner sei durch den Verdünnungseffekt der Infektionsdruck gering. Ein Auftreten von Salmonellen oder auch des Rinderbandwurmes sei bislang vorrangig nur dort festgestellt worden, wo Tourismus bzw. Gastarbeiterquartiere als Infektionsquelle vorhanden waren. Derartige Gegebenheiten bestünden beim Objekt des Beschwerdeführers nicht.
Mit Bescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. März 1991 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers neuerlich abgewiesen. Die Gemeindevertretung begründete ihre Entscheidung damit, daß das Gesetz für eine positive Erledigung erfordere, daß der Erteilung einer Ausnahmebewilligung "keine hygienischen Bedenken entgegenstünden". Das im Zuge des fortgesetzten Verfahrens eingeholte Gutachten vom 28. August 1990 spreche aus, daß die Ausnahme von der Einmündungsverpflichtung den heutigen Grundsätzen der Hygiene zuwiderlaufe.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Gemeindevertretung nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens zu Fragen der Hygiene vom 10. Juli 1991 keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 3 des Salzburger Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 75/1976 in der Fassung LGBl. Nr. 2/1991 können Ausnahmen von der Einmündungsverpflichtung von der Gemeindevertretung auf Antrag gewährt werden, wenn aus technischen Gründen übermäßige Aufwendungen notwendig wären, die einem Grundeigentümer nicht zugemutet werden können, oder wenn es für landwirtschaftliche Betriebe vom Standpunkt der landwirtschaftlichen Betriebsführung notwendig ist und keine hygienischen und wasserwirtschaftlichen Bedenken entgegenstehen.
Eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes erblickt der Beschwerdeführer - zusammengefaßt - darin, daß einerseits die Richtlinien der Salzburger Landesregierung der Fassung des Runderlasses vom 7. November 1977, Zl. 100-5360/48-172, nicht eingehalten worden seien und überdies weder die Gemeindevertretung noch die belangte Behörde die Bindungswirkung des aufsichtsbehördlichen Bescheides vom 11. Juni 1990 berücksichtigt habe.
Zunächst ist festzuhalten, daß gemäß § 59 Abs. 1 AVG der Spruch des Bescheides u.a. die angewendeten Gesetzesbestimmungen anzuführen hat. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß als die für den Spruch maßgeblichen Gesetzesbestimmungen im Sinn des Art. 18 Abs. 1 B-VG immer nur Bestimmungen in Gesetzen oder in sich auf Gesetze stützenden Rechtsverordnungen in Betracht kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1988, Zl. 86/06/0255, BauSlg. Nr. 1120, und die dort zitierte Judikatur). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, daß der angefochtene Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof nicht an Weisungen, sondern am Gesetz zu messen ist. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine bloße Verwaltungsverordnung den Parteien gegenüber keine bindende Kraft besitzt und deshalb auch nicht die Grundlage für ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes bilden kann. Der genannte "Runderlaß" ist eine nur an die unterstellten Behörden gerichtete Dienstanweisung und kann demnach auf die Rechte des Beschwerdeführers und daher auch auf die Entscheidung über seine Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde keinen Einfluß haben. Das diese rechtlichen Umstände außer Betracht lassende Vorbringen des Beschwerdeführers geht daher ins Leere.
Mit seinem Vorbringen hinsichtlich der Bindungswirkung des aufsichtsbehördlichen Bescheides vom 11. Juni 1990 verkennt der Beschwerdeführer einen wesentlichen Umstand: Die Tatsache, daß der Bescheid vom 11. Juni 1990 nach der Aktenlage bei keinem der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts bekämpft wurde, hat zwar zur Folge, daß dessen tragende Aufhebungsgründe für das weitere Verfahren, also sowohl für die Gemeindevertretung, die Aufsichtsbehörde selbst und auch den Verwaltungsgerichtshof verbindlich sind (vgl. zur bindenden Wirkung aufsichtsbehördlicher Bescheide: Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 3. Auflage, Prugg-Verlag Eisenstadt, Seite 120 ff); die die Aufhebung des Bescheides der Gemeindevertretung tragenden Gründe im aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 11. Juni 1990 liegen jedoch ausschließlich in den Ausführungen, die sich auf Zugrundelegung der Anzahl der ständigen Bewohner (vier anstatt fünf) und das wasserbautechnische Gutachten bezogen. Damit war aber die Gemeindevertretung - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht der Aufgabe enthoben, im fortgesetzten Verfahren zu überprüfen, ob die übrigen Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 des Bautechnikgesetzes vorliegen. Die belangte Behörde ist zwar zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer während des Verwaltungsverfahrens nicht dargelegt hätte, daß die Ausbringung der häuslichen Abwässer vom Standpunkt der landwirtschaftlichen Betriebsführung notwendig sei, hat doch der Beschwerdeführer bereits in einem an die mitbeteiligte Marktgemeinde vom 3. Dezember 1990 gerichteten Schreiben ausgeführt, daß die Verdünnung der tierischen Ausscheidungen mit den meist sehr dünnflüssigen Hausabwässern eine leichtere Homogenisierung und Verteilung sowie bessere Stickstoffbindung und somit Ausnutzung sowie Geruchsminderung der Flüssigdünger bewirke; im Ergebnis ist aber der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt worden, da die belangte Behörde der Begründung ihres Bescheides zufolge auch davon ausgegangen ist, daß aufgrund der amtsärztlichen Gutachten hygienische Bedenken einer Bewilligung der Ausnahme von der Einmündungsverpflichtung entgegenstehen. Diese hygienischen Bedenken sind auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes begründet. Sowohl im Gutachten vom 28. August 1990, als auch im ergänzenden Gutachten vom 10. Juli 1991 wurde ausgeführt, daß auch häusliche Abwässer im landwirtschaftlichen Bereich nach dem Stand der Technik zu entsorgen sind und schon wegen möglicher Kontamination mit Krankheitserregern sowie der Belastung mit chemischen Inhaltsstoffen nicht unbehandelt auf die Felder verbracht werden sollen. Im ergänzenden Gutachten vom 10. Juli 1991 wurde zudem ausgeführt, daß eine Grubenraumauslegung auf 6 Monate befürwortet werde, da eine längere Lagerzeit hinsichtlich der Hygiene günstiger sei. Diesen Ausführungen kommt im Beschwerderfall schon aufgrund der vom wasserbautechnischen Sachverständigen D.J.H.T. in seinem Gutachten vom 9. März 1988 erwähnten Höhenlage in R und der dadurch bedingten Verlängerung der Winterlagerzeit Bedeutung zu. Die Ausbringung unbehandelter häuslicher Abwässer, die auch nach der Berechnung des Beschwerdeführers bei einem vorhandenen Grubenraum von 140 m3 nur 4 Monate gelagert werden können, läßt insbesondere bei Berücksichtigung der gegebenen Höhenlage in R die hygienischen Bedenken, die in dem amtsärztlichen Gutachten dargelegt wurden, begründet erscheinen. Mit Recht konnte daher die belangte Behörde diese Gutachten ihrem Bescheid zugrundelegen.
Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinen Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH Allgemein Bindung an die Rechtsanschauung der Vorstellungsbehörde Ersatzbescheid Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Verhältnis zu anderen Materien und Normen Gemeinderecht Vorstellung Vorstellung gemäß B-VG Art119a Abs5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1993060073.X00Im RIS seit
28.09.2001