TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/21 93/05/0208

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Veröffentlicht am 21.09.1993
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82009 Bauordnung Wien;

Norm

BauO Wr §69 Abs1 idF 1987/028;
BauO Wr §69 Abs1 idF 1992/048;
BauO Wr §69 Abs2 idF 1992/048;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 15. Februar 1993, Zl. MD-VfR-B VIII-15/92, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und der ihr beiliegenden Ablichtung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachfolgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Hauses in Wien, J-Straße Nr. x. Mit Bauansuchen vom 15. April 1991 beantragte er die Erteilung der Baubewilligung für den Ausbau des Dachgeschoßes des Hintertraktes und der beiden Seitentrakte auf der genannten Liegenschaft. Nach dem dem Bauansuchen beigelegten Einreichplan sollten im Dachgeschoß des Hintertraktes und der beiden Seitentrakte insgesamt 7 Wohnungen errichtet werden, wobei ein neues Dach mit einem höheren Dachwinkel errichtet werden sollte. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/8 vom 13. Juli 1992 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers gemäß §§ 70 und 71 in Verbindung mit § 69 Abs. 5 der Bauordnung für Wien abgewiesen. Aufgrund der dagegen eingebrachten Berufung hat die Bauoberbehörde für Wien mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid die Berufung als unbegründet abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid mit der Abänderung bestätigt, daß anstelle der im Spruch angeführten Gesetzesstelle des § 69 Abs. 5 der Bauordnung für Wien die Zitierung § 69 Abs. 6 der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. für Wien Nr. 48/1992 zu treten habe. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß für jenen Teil der Liegenschaft, auf dem sich der Hintertrakt und die beiden Seitentrakte befänden und auf dem die gegenständliche Bauführung erfolgen solle, die Bauklasse I mit einer maximalen Gebäudehöhe von 5,50 m festgesetzt sei. Der Altbestand, auf dem der Dachgeschoßausbau bzw. Zubau und Umbau vorgenommen werden solle, weise nach den Einreichplänen bereits eine Höhe von mehr als 20 m auf. Das gegenständliche Bauvorhaben widerspreche daher insofern dem den bekanntgegebenen Bebauungsbestimmungen zugrundeliegenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan, als die beantragten Zu- und Umbauten auf dem Altbestand erfolgten und schon dieser die zulässige Gebäudehöhe von 5,50 m um mehr als 14 m überschreite. Die Überschreitung der maximal zulässigen Gebäudehöhe von 5,50 m um mehr als 14 m könne nicht mehr als unwesentliche Abweichung von den Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes qualifiziert werden, weshalb eine Bewilligung gemäß § 69 Abs. 1 der Bauordnung für Wien nicht in Betracht komme. Die Unwesentlichkeit der Abweichung sei nicht auf den derzeitigen konsensgemäßen Bestand zu beziehen, sondern allein darauf, ob und in welchem Umfang bei dem zu bewilligenden Bauvorhaben Abweichungen von den Bebauungsvorschriften vorlägen. Eine Bewilligung gemäß § 71 der Bauordnung für Wien sei ebenfalls nicht in Betracht gekommen, da der beantragte Zu- und Umbau im Dachgeschoß zwecks Errichtung von Wohnungen nicht als vorübergehender Bau betrachtet werden könne.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 15. Juni 1993, Zl. B 643/93-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer sieht die Grundvoraussetzung des § 69 der Bauordnung für Wien für gegeben an. Sinn und Zweck der Vorschrift sei es doch, daß sinnvolle Bauführungen nicht dadurch verhindert würden, daß sie geringfügig von Bebauungsvorschriften abwichen. Unter diesen Bebauungsvorschriften seien wohl auch sinnvollerweise jene zu verstehen, die für das Gebäude zum Zeitpunkt der Errichtung gegolten hätten. § 69 der Bauordnung für Wien meine die Geringfügigkeit der Abweichung vom konsensgemäßen Zustand; nach Art. III und IV der Bauordnung sei grundsätzlich für sämtliche Baulichkeiten, somit auch für jene des Beschwerdeführers, von der seinerzeitigen Konsensmäßigkeit auszugehen. Die Abweichungen der Dachumrisse vom konsensmäßigen Bestand des Gebäudes im geplanten Bauvorhaben seien aber unbestrittenermaßen geringfügigst.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit der Novelle zur Bauordnung für Wien LGBl. Nr. 48/1992 wurde § 69 novelliert. Gemäß Art. II Abs. 2 dieser Novelle ist die Bestimmung des § 69 mit 1. Dezember 1992 in Kraft getreten, mangels anderslautender Übergangsbestimmungen hatte die Berufungsbehörde das im Zeitpunkt ihrer Entscheidung geltende Recht, also die Bestimmung des § 69 in der Fassung LGBl. Nr. 48/1992 anzuwenden.

Die Absätze 1 und 2 dieser Bestimmung lauten auszugsweise:

"§ 69 (1) Für einzelne Bauvorhaben hat die Behörde nach Maßgabe des Abs. 2 über die Zulässigkeit folgender Abweichungen von den Bebauungsvorschriften zu entscheiden:

a) ....

(2) Durch Abweichungen nach Abs. 1 darf die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des betroffenen Nachbarn nicht vermindert werden; an Emissionen darf nicht mehr zu erwarten sein, als bei einer der Flächenwidmung entsprechenden Nutzung typischerweise entsteht. Im übrigen darf, abgesehen von den unter Abs. 1 lit. a bis o näher genannten Voraussetzungen, von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden;"

Gemäß § 69 Abs. 2 leg. cit. darf somit eine Ausnahme u.a. nur dann gewährt werden, wenn von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen wird. In der Fassung VOR der Novelle LGBl. Nr. 48/1992 war die Erteilung einer Bewilligung unter anderem an den Umstand geknüpft, daß der Umfang einer unwesentlichen Abänderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes bzw. des Bebauungsplanes nicht überschritten wurde. Schon zum Begriff der unwesentlichen Abänderung des Bebauungsplanes in der Fassung des § 69 Abs. 1 vor der Novelle 48/1992 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. September 1992, Zl. 92/05/0120, ausgeführt, daß es nicht darauf ankomme, inwieweit die vorhandene - wenn auch konsentierte - Bausubstanz von den Bebauungsvorschriften abweiche, sondern schon nach dem klaren Wortlaut des § 69 Abs. 1 BO allein entscheidend sei, ob und in welchem Umfang bei dem zu bewilligenden Bauvorhaben Abweichungen von den Bauvorschriften vorliegen. § 69 Abs. 1 in der derzeit geltenden Fassung bezieht sich ebenfalls ganz eindeutig auf das zu bewilligende Bauvorhaben; in Abs. 2 wird dazu ausgeführt, daß mit einzelnen Bauvorhaben nur unwesentlich von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes abgewichen werden darf. Eine Bezugnahme auf den konsentierten Altbestand kann diesen Bestimmungen nicht entnommen werden.

Ausschlaggebend ist daher allein, ob das zu bewilligende Bauvorhaben wesentlich oder unwesentlich von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes- oder des Bebauungsplanes abweicht.

Die Um- und Zubauten sollen im Bereich des Dachgeschoßes des Altbestandes erfolgen. Dieser weist nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides bereits eine Höhe von mehr als 20 m auf. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, wonach bei Festsetzung einer maximalen Gebäudehöhe von 5,50 m eine Überschreitung derselben um mehr als 14 m, somit um wesentlich mehr als das Doppelte, nicht mehr als unwesentliche Abweichung von den Bestimmungen des Bebauungsplanes qualifiziert werden kann.

Mit dem Argument, "bei jedem kleinsten Umbau ab dem zweiten Stock" würde die Erteilung der Baubewilligung versagt werden, übersieht der Beschwerdeführer, daß der Bauordnung für Wien der Begriff des "kleinsten Umbaues" fremd ist. Die Definition des Begriffes "Umbau" ist dem § 60 Abs. 1 lit. a BO zu entnehmen. Sind die dort genannten Voraussetzungen nicht gegeben, so liegt auch kein Umbau vor. Sind die Änderungen geringfügiger, liegt kein Umbau vor.

Da schon das Beschwerdevorbringen erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993050208.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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