TE Vwgh Erkenntnis 1993/9/24 91/17/0103

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Veröffentlicht am 24.09.1993
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Index

L37166 Kanalabgabe Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
KanalabgabenG Stmk 1955 §4 Abs1;
KanalabgabenG Stmk 1955 §4 Abs2;
KanalabgabenG Stmk 1955 §4;
KanalabgabenO Weißenbach Enns 1986;
KanalabgabenONov Weißenbach Enns 1987;
StGG Art2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Raunig, über die Beschwerde der J-Gesellschaft m.b.H. in W, nunmehr vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 9. November 1990, Zl. 7 - 48 Ja 9/4 - 1990, betreffend Kanalisationsbeitrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde T, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- und der Marktgemeinde T Aufwendungen in der Höhe von S 11.240,-- je binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 10. Juni 1988 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin der anschlußpflichtigen Liegenschaft mit der Grundstücksnummer 20 der KG T sowie als Eigentümerin der anschlußpflichtigen Baulichkeit T Nr. 93 ein einmaliger Kanalisationsbeitrag in der Höhe von S 50.192,01 (einschließlich Umsatzsteuer) vorgeschrieben. Dieser Beitrag errechne sich wie folgt: 138,27 (verbaute Grundfläche) mal 3,0 (Geschoßanzahl) mal S 110,-- (Einheitssatz).

(Unter anderem) dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung und brachte darin im wesentlichen vor, laut telefonischer Auskunft setze sich die dem erstinstanzlichen Bescheid zugrundegelegte Geschoßanzahl wie folgt zusammen:

    a) Erdgeschoß                                    1

    b) Obergeschoß                                   1

    c) Dachgeschoß                                   0,5

    d) Kellergeschoß                                 0,5

                                                     3,0

Beim Kellergeschoß handle es sich um einen in der Ecke des Gebäudes liegenden Raum (unterhalb des Erdgeschoßes) von 13 m2, zugänglich durch eine Holztreppe von der Diele und ohne Wasseranschluß. Aus der Kleinheit des Raumes, auch in Relation zur verbauten Grundfläche von 138,27 m2, ergebe sich, daß dieser Raum nicht unter den Begriff "Kellergeschoß" des § 4 des Kanalabgabengesetzes 1955, LGBl. für Steiermark Nr. 71 (KAbgG), zu subsumieren sei.

Laut Niederschrift über die im Berufungsverfahren am 11. Oktober 1988 durchgeführte Besichtigung des gegenständlichen Objektes wurde hiebei ein bautechnischer Amtssachverständiger beigezogen. In seinem "Befund bzw. Gutachten" heißt es im wesentlichen, es handle sich um ein altbestehendes Gebäude, das im Kellergeschoß und im Erdgeschoß massiv, im Obergeschoß in Holzblockbau errichtet sei. Das Dachgeschoß bestehe aus einem entsprechenden Holzriegelbau. Das Gebäude bestehe somit aus einem Kellergeschoß mit einem entsprechenden Stiegenabgang vom Erdgeschoß, weiter beinhalte das Gebäude ein Erdgeschoß, ein Ober- und ein Dachgeschoß. Über Befragen durch den Vertreter der Beschwerdeführerin gab der Sachverständige an, unter Geschoß verstehe man einen Gebäudeteil, welcher in senkrechter Höhe übereinander oder untereinander durch Geschoßdecken getrennt sei, diese Gebäudeteile jeweils gesondert durch Stiegen, Treppen u.dgl. innerhalb des Gebäudes erreicht werden könnten und die Räume selbst begehbar seien. Die Frage, ob es technisch möglich sei, aus einem Keller mit 11,61 m2 Bodenfläche einen Nutzen aus der Kanalisation im Ausmaß von 138,27 : 2 = ca. 69 m2 zu ziehen, sei eine "juristische, wirtschaftliche" und keine technische Frage.

Mit Bescheid vom 29. November 1988 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde der Berufung keine Folge.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die Steiermärkische Landesregierung der dagegen erhobenen Vorstellung keine Folge. Zur Begründung führte sie im wesentlichen aus, es komme nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut bei der Vervielfachung des Einheitssatzes lediglich auf die verbaute Grundfläche in Quadratmetern einerseits und die Geschoßanzahl andererseits, mit der das Ausmaß der Grundfläche zu multiplizieren sei, an. Die Fläche der Geschoße spiele keine Rolle. Der Verwaltungsgerichtshof gehe davon aus, daß ein gesamtes Gebäude und nicht ein einzelnes Geschoß den Nutzen aus der Kanalanlage ziehe. Demnach wäre auch ein Kellergeschoß, das der verbauten Grundfläche gleichkomme, in den meisten Fällen nicht in die Berechnungen einzubeziehen, weil auch bei größeren Kellergeschoßen ein Entsorgungsnutzen nicht vorhanden sei. Man müsse daher beim Entsorgungsnutzen vom gesamten Gebäude ausgehen und dürfe nicht einzelne Geschoße bei den Betrachtungen heranziehen. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin könne es auch Kellergeschoße geben, die lediglich aus einem Raum bestünden. Weiters sei der Entsorgungsnutzen auch ident, gleichgültig ob es sich um einen einzelnen Raum oder mehrere Räume handle.

Diesen Bescheid bekämpfte die Beschwerdeführerin zunächst vor dem Verfassungsgerichtshof, der jedoch mit Beschluß vom 11. Juni 1991, B 1375/90-6, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt, für ein "Kellergeschoß" des gegenständlichen Objektes einen Kanalisationsbeitrag nicht entrichten zu müssen. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.

Die mitbeteiligte Marktgemeinde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 KAbgG werden die Gemeinden des Landes Steiermark, welche öffentliche Kanalanlagen zur Ableitung von Abwässern errichten und betreiben, auf Grund des § 8 Abs. 5 des Finanzverfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45, ermächtigt, durch Beschluß des Gemeinderates eine einmalige Abgabe zur Deckung der Kosten der Errichtung und der Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalisationsbeitrag) nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erheben.

Gemäß § 4 Abs. 1 KAbgG bestimmt sich die Höhe des Kanalisationsbeitrages aus dem mit der verbauten Grundfläche (in Quadratmetern) mal Geschoßanzahl vervielfachten Einheitssatz (Abs. 2), wobei Dachgeschoße und Kellergeschoße je zur Hälfte eingerechnet werden ...

Von der in § 1 leg. cit. erteilten Ermächtigung hat die Marktgemeinde T mit der am 26. Juni 1986 beschlossenen, durch Anschlag an der Amtstafel vom 7. bis 22. Juli 1986 kundgemachten Kanalabgabenordnung Gebrauch gemacht. Laut Punkt II. der Kanalabgabenordnung beträgt die Höhe des Einheitssatzes (§ 4 Abs. 2 KAbgG) für die Berechnung der Kanalisationsbeiträge 3 %, somit für Schmutzwasserkanäle S 110,--.

Laut Novelle zur Kanalabgabenordnung, beschlossen am 17. März 1987, angeschlagen an der Amtstafel vom 25. März bis 9. April 1987, ist dem Punkt III. der Kanalabgabenordnung nachstehend angeführte Ergänzung anzufügen:

"Die Berechnungsflächen für die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühren sind sinngemäß nach § 4 des Kanalabgabengesetzes 1955 zu ermitteln."

Eine gleichartige Regelung für die Festsetzung des Kanalisationsbeitrages enthält die Kanalabgabenordnung nicht, jedoch ist sie zweifellos so zu verstehen, daß auch für die Berechnung des Kanalisationsbeitrages die gesetzliche Regelung zu gelten hat.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, ein Gebäudeteil sei nur dann unter den Begriff "Geschoß" subsumierbar, wenn ein Entsorgungsnutzen grundsätzlich denkmöglich sei. Der Entsorgungsnutzen für das gesamte Gebäude stelle letztendlich - wenngleich typisierend berechnet - die Summe der Entsorgungsnutzen der einzelnen Geschoße dar. Ein "Erdäpfelkeller" im Ausmaß von 11,61 m2 sei nach der Verkehrsauffassung und dem allgemeinen Sprachgebrauch kein "Geschoß". Im übrigen bleibe die Frage offen, ob der gegenständliche Fall ein solcher sei, der noch zu den "Härtefällen" im Rahmen einer typisierenden Durchschnittsbetrachtung zähle (und daher dies das Gesetz nicht gleichheitswidrig mache), oder ob diese Regelung nicht bereits "exzessiv" sei, also offenbar ein besonderer Extremfall, der die Gleichheitswidrigkeit des Gesetzes aufzeige.

Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu

verhelfen.

Die Beschwerdeführerin verweist selbst auf das

hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1987, Zl. 87/17/0261. Dort hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut komme es bei der Vervielfachung des Einheitssatzes lediglich auf die verbaute Grundfläche (in Quadratmetern) einerseits und die Geschoßanzahl andererseits, mit der das Ausmaß der Grundfläche zu multiplizieren sei, an. Die Fläche der Geschoße spiele keine Rolle.

Der Verwaltungsgerichtshof hält an dieser Auffassung fest; auch ein unter dem Erdgeschoß gelegener, durch eine Treppe erreichbarer und begehbarer Raum ("Erdäpfelkeller") im Ausmaß von 11,61 m2 ist daher als "Geschoß" im Sinne des Gesetzes anzusehen. Die in einer Ebene gelegenen Räume eines Gebäudes bilden nämlich ein Geschoß (vgl. hiezu das zur Rechtslage nach dem Nö Kanalgesetz ergangene Erkenntnis vom 23. Mai 1986, Zl. 86/17/0026), wobei es auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Unterschied macht, ob es sich hiebei um einen oder mehrere Räume handelt.

Die Beschwerdeführerin beruft sich darauf, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits zitierten Erkenntnis vom 23. Oktober 1987, Zl. 87/17/0261, weiters ausgeführt hat, der Gesetzgeber gehe offensichtlich davon aus, daß die verbaute Grundfläche vervielfacht mit der Anzahl der ANGESCHLOSSENEN Geschoße bei typisierender Betrachtung der zu erwartenden Fälle einen tauglichen Maßstab für den Entsorgungsnutzen darstelle, den ein Gebäude aus der öffentlichen Kanalanlage ziehe. Die Beschwerdeführerin zieht daraus - wie schon erwähnt - den Schluß, daß ein Gebäudeteil nur dann unter den Begriff "Geschoß" subsumierbar sei, wenn ein Entsorgungsnutzen grundsätzlich denkmöglich sei.

Dieser Schluß ist unzutreffend. Wie aus dem erwähnten Erkenntnis hervorgeht, hat sich der Verwaltungsgerichtshof damals auf sein Erkenntnis vom 25. Juni 1986, Slg. Nr. 4997/F, betreffend die Rechtslage nach dem Nö Kanalgesetz, LGBl. Nr. 6/1954 idF. LGBl. Nr. 1/1958, bezogen, wonach dessen Bestimmungen keine Handhabe dafür böten, bei verschiedener Fläche der aufeinanderliegenden Geschoße des Gebäudes diesen Unterschieden bei der Ermittlung bei der Berechnungsfläche Rechnung zu tragen. Nun darf aber nicht außer acht gelassen werden, daß das Stmk KAbgG zum Unterschied zum Nö Kanalgesetz NICHT darauf abstellt, ob die einzelnen Geschoße an die Kanalanlage angeschlossen sind oder nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher in seinem Erkenntnis vom 23. Oktober 1987 bei Einfügung des Wortes "angeschlossenen" vor dem Wort "Geschoße" erkennbar die Rechtslage nach dem Nö Kanalgesetz im Auge gehabt. Er wollte jedoch NICHT zum Ausdruck bringen, daß es auch nach dem Stmk KAbgG darauf ankomme, ob die einzelnen Geschoße an die Kanalanlage angeschlossen sind oder nicht.

Im übrigen vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, daß auch nach dem Stmk KAbgG die dort vorgesehene Berechnungsmethode bei typisierender Betrachtung der zu erwartenden Fälle immer noch einen tauglichen Maßstab für den Entsorgungsnutzen darstellt, den ein Gebäude aus der öffentlichen Kanalanlage zieht. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 KAbgG sind daher aus Anlaß dieses Beschwerdefalles beim Verwaltungsgerichtshof nicht entstanden.

Ohne rechtliche Bedeutung sind - entgegen der in der Beschwerde vertretenen Meinung - daher die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach auch bei einem größeren Kellergeschoß meistens ein Entsorgungsnutzen nicht vorhanden sei, sowie die oben wiedergegebenen Ausführungen des Sachverständigen zur Frage des Entsorgungsnutzens.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Hiebei konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auch auf § 47 Abs. 3 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1991170103.X00

Im RIS seit

13.12.2001

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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