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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Kratschmer und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde des Golfvereins X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 25. Februar 1991, Zl. MD-8045/1990, betreffend einen baubehördlichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtmagistrats Innsbruck vom 22. August 1990 wurde dem Beschwerdeführer im Spruchabschnitt I. gemäß § 44 Abs. 3 lit. a der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO) die Abtragung des 6 m hohen Sicherungsnetzes an der Nordseite des Objektes H und in Spruchabschnitt II. gemäß § 45 Abs. 1 TBO die Entfernung von Reklamen für die S westlich des Parkplatzes sowie am G-Hof jeweils binnen eines Monates aufgetragen. Diese Aufträge wurden damit begründet, daß trotz Bewilligungspflicht sowohl für die Errichtung des Sicherungsnetzes (als baulicher Anlage) als auch für die Errichtung der oben angeführten Reklamen (als Werbeeinrichtung) keine baubehördlichen Bewilligungen vorlägen.
In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß für die Errichtung des gegenständlichen Sicherungsnetzes keine Bewilligung erforderlich sei, zumal dieses nur während des Sommers aufgestellt sei und im Winter wiederum abgetragen werde und somit von keiner auf Dauer ausgerichteten baulichen Anlage im Sinne des § 3 Abs. 1 TBO ausgegangen werden könne. Auch könne eine baubehördliche Bewilligungspflicht nicht aus § 25 lit. a leg. cit. (da keine Einfriedung vorliege) abgeleitet werden. Da das Sicherungsnetz keine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit von Menschen darstelle, sondern vielmehr von diesen Gefahren abwende, wäre das gegenständliche Sicherungsnetz jedenfalls gemäß § 25 lit. e TBO zu bewilligen. Zudem sei das gegenständliche Grundstück im Flächenwidmungsplan als Sonderfläche im Bauland für Sport ausgewiesen. Die Stadtgemeinde Innsbruck habe bereits zum Betrieb der Anlage ihre Zustimmung erteilt und es gehe darüberhinaus aus dem Schreiben der "Abteilung IV des Stadtmagistrats Innsbruck Amt für Vertragsangelegenheiten" vom 17. Mai 1990 hervor, daß es sich bei der gegenständlichen Anlage um kein baubewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle. Auch die Aufstellung der Werbeeinrichtung sei baubehördlich nicht bewilligungspflichtig, da für deren Errichtung nicht die geringsten bautechnischen Kenntnisse erforderlich und diese nicht im Ortsgebiet errichtet worden seien.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 25. Februar 1991 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde zur baubehördlichen Bewilligungspflicht für die Errichtung des ca. 6 m hohen Sicherheitsnetzes aus, nach einer gutachterlichen Stellungnahme der Bau- und Feuerpolizei stehe unwidersprochen fest, daß es zu dessen Herstellung aufgrund einer entsprechenden Verankerung im Boden zweifelsfrei bautechnischer Kenntnisse, bei deren Außerachtlassung Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen oder die Sicherheit von Sachen bestünde, bedürfe. Die Bewilligungspflicht sei daher gemäß § 25 lit. e TBO gegeben. Die baubehördliche Bewilligungspflicht für die innerhalb einer geschlossenen Ortschaft aufgestellten Werbeeinrichtung ergebe sich aus § 3 Abs. 10 in Verbindung mit § 25 lit. i TBO. Mangels erforderlicher baubehördlicher Bewilligungen für die Errichtung der gegenständlichen Anlagen seien in bezug auf das Sicherungsnetz der Abtragungsauftrag gemäß § 44 Abs. 3 leg. cit. und hinsichtlich der Werbeeinrichtungen der Entfernungsauftrag gemäß § 45 Abs. 1 leg. cit. zu Recht ergangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:
I. Zum Abtragungsauftrag betreffend das Sicherungsnetz:
Gemäß § 44 Abs. 3 TBO hat die Behörde den Abbruch einer baulichen Anlage innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen, wenn für die bauliche Anlage, die zum Zeitpunkt ihrer Errichtung und der Erlassung des Auftrages bewilligungspflichtig war bzw. ist, eine Baubewilligung nicht vorliegt (lit. a), sowie weiters, wenn die bauliche Anlage wegen eines Baugebrechens das Leben und die Gesundheit von Menschen, insbesondere wegen bestehender Feuer- oder Einsturzgefahr, gefährdet oder das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt und die Instandsetzung wirtschaftlich nicht vertretbar ist (lit. b).
Der Beschwerdeführer bestreitet die Bewilligungspflicht der vom Abbruch betroffenen Anlage. Diese besteht - wie sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere dem Situationsplan samt Fotos - ergibt, aus einem ca. 6 m hohen und ca. 30 m langen und mit dem Boden durch Steher verbundenen Netz. Der Beschwerdeführer führt zur Begründung seiner Ansicht, wonach dieses Netz nicht baubehördlich bewilligungspflichtig sei, aus, daß bei dessen Herstellung keine wesentlichen bautechnischen Kenntnisse erforderlich seien, das Netz nur im Sommer zur Golfsaison aufgestellt werde und durch die Anlage keine Gefahr für Leben und Gesundheit von Menschen entstünde, sondern im Gegenteil hintangehalten werden solle (hier: durch abgeschlagene und "verirrte" Golfbälle).
Nach § 25 lit. e TBO bedarf einer Bewilligung der Behörde die Errichtung und die Änderung sonstiger baulicher Anlagen, durch die eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen oder die Sicherheit von Sachen entstehen kann, wie beispielsweise Schwimmbäder, Brunnen, Düngerstätten, Jauchegruben, Stütz- und Gartenmauern, Flugdächer, Pergolas und Silos. Nach § 3 Abs. 1 leg. cit. sind bauliche Anlagen mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind.
Das Kriterium der Notwendigkeit bautechnischer Kenntnisse muß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann angenommen werden, wenn eine Anlage zwar laienhaft gestaltet ist bzw. gestaltet werden soll, nach den Regeln der technischen Wissenschaften aber einer Ausführung unter Verwertung bautechnischer Kenntnisse bedürfte, wozu auch Erkenntnisse auf dem Gebiete der Statik gehören, weil ansonsten der Wertungswiderspruch einträte, daß eine nicht ordnungsgemäß ausgeführte Anlage bewilligungsfrei bliebe, während eine ordnungsgemäß ausgeführte Anlage einer Bewilligung unterworfen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 1978, Zl. 610/76, VwSlg. N.F. 9.657/A). Weiters kommt es bei Prüfung der Bewilligungspflicht nach § 25 lit. e TBO nicht darauf an, ob die konkrete Anlage so ausgeführt wurde, daß daraus eine Gefahr für Sicherheit und Gesundheit von Menschen oder Sachen entsteht, sondern nur darauf, ob dies in abstracto bei derartigen Bauführungen denkbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 1983, Zl. 83/06/0036, BauSlg. 34 sowie das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1990, Zl. 90/06/0147,
AW 90/06/0048).
Aus der dargestellten Rechtsprechung folgt, daß ohne Berücksichtigung bautechnischer Kenntnisse eine bausichere Aufstellung des gegenständlichen Sicherungsnetzes (vor allem im Hinblick auf dessen Funktion und Größe, insbesondere Höhe - und damit Windausgesetztheit - von 6 m) nicht gewährleistet ist. Dabei ist es irrelevant, ob die Anlage derzeit ohne entsprechende Fundierung - wie die Beschwerde geltend macht - ausgeführt ist; vielmehr ist entscheidend, daß angesichts der dargelegten Ausmaße und der Funktion des Netzes die Frage, ob eine ausreichende Fundierung vorgenommen wurde, einer Sachverständigenbeurteilung bedarf.
Dagegen ist es irrelevant, ob die gegenständliche Anlage nur saisonal aufgestellt ist, kommt es doch entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bei der Beurteilung, ob diese bauliche Anlage der Bewilligungspflicht gemäß § 25 lit. e TBO unterliegt, nicht darauf an, ob diese Anlage auf Dauer oder "nur" jeweils während der Sommersaison errichtet wird. Auch kommt es für die Zulässigkeit eines baupolizeilichen Auftrages nicht auf die Dauer des konsenswidrigen Zustandes an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1991, Zl. 90/06/0127).
Da für die vorliegende bauliche Anlage eine baubehördliche Bewilligung erforderlich ist, eine derartige aber nicht erwirkt wurde, ist die belangte Behörde nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie deren Abbruch bescheidmäßig angeordnet hat. II. Zum Entfernungsauftrag betreffend die Werbeeinrichtungen
Nach § 3 Abs. 10 1. Satz TBO ist eine Werbeeinrichtung eine im Orts- oder Straßenbild in Erscheinung tretende Einrichtung, die der Anpreisung oder der Ankündigung dient oder sonst auf etwas hinweisen oder die Aufmerksamkeit erregen soll. Nach § 25 lit. i leg. cit. bedarf die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von Werbeeinrichtungen innerhalb geschlossener Ortschaften einer Bewilligung der Behörde; ausgenommen ist die Anbringung von gesetzlich vorgeschriebenen Geschäfts- und Betriebsstättenbezeichnungen sowie die Errichtung, Aufstellung oder Anbringung von Anlagen zum Anschlag von Plakaten durch Wählergruppen nach Maßgabe des § 45 Abs. 5 leg. cit.. Wurde eine nach diesem Gesetz bewilligungspflichtige Werbeeinrichtung ohne Bewilligung nach § 25 lit. i leg. cit. errichtet, aufgestellt, angebracht oder geändert, so hat gemäß § 45 Abs. 1 leg. cit. die Behörde demjenigen, der dies veranlaßt hat, oder, wenn dieser nicht herangezogen werden kann, dem Grundstückseigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid aufzutragen, die Werbeeinrichtung unverzüglich, längstens jedoch binnen einem Monat zu entfernen.
Die Beschwerde führt aus, die gegenständliche (ca. 1,5 m hohe und mehrere Meter lange) Werbeeinrichtung sei deshalb nicht bewilligungspflichtig, da es sich nicht um eine bauliche Anlage handle und das Orts- und Straßenbild nicht gestört werde. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Gesetz im § 3 Abs. 10 leg. cit. darauf abstellt, ob es sich um eine im Orts- oder Straßenbild in Erscheinung tretende Einrichtung handelt. Daraus folgt, daß für die Frage der Bewilligungspflicht einer Werbeeinrichtung irrelevant ist, ob es sich überdies um ein Bauwerk handelt. Vielmehr ist entscheidend, ob diese Einrichtung im Orts- oder Straßenbild in Erscheinung tritt (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1976, Zl. 1939/75). Daß die gegenständliche Werbeeinrichtung nicht im Orts- und Straßenbild in Erscheinung trete, hat die Beschwerde nicht einmal behauptet und ist im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Dagegen ist es für die Frage der Bewilligungspflicht für eine Werbeeinrichtung irrelevant, ob sie "stört", daß heißt das Orts-, Straßen- oder Landschaftsbild beeinträchtigt (bejahendenfalls käme allerdings der Versagungstatbestand nach § 31 Abs. 7 TBO zum Tragen).
Daraus folgt, daß auch für die Werbeeinrichtung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich gewesen wäre, eine derartige aber nicht eingeholt wurde. Mit dem Beschwerdevorbringen betreffend die Widmung "Sonderfläche im Bauland für Sportzwecke" verkennt der Beschwerdeführer, daß die Frage der allfälligen Vereinbarkeit einer bewilligungspflichtigen Anlage mit der Widmung erst im Bewilligungsverfahren zu prüfen ist, nicht jedoch bei der Beurteilung, ob eine Bewilligungspflicht gegeben ist. Er verwechselt hier die Bewilligungspflicht mit der Bewilligungsfähigkeit. Mangels Erwirkung der erforderlichen Bewilligung ist daher auch der baupolizeiliche Enfernungsauftrag zu Recht ergangen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Aus Gründen der Verfahrensökonomie wird darauf hingewiesen, daß, wie ausgeführt, zwar die Beseitigungsaufträge gemäß § 44 Abs. 3 und § 45 Abs. 1 TBO zu Recht ergangen sind, diese Aufträge jedoch nicht mehr Grundlage einer allfälligen Vollstreckung sein können, da der Sachverhalt zwischenzeitlich durch Abtragen der Anlagen geändert wurde. Für den Fall einer neuerlichen (wenn auch gleichartigen) Wiederherstellung wäre jeweils ein neuer Titelbescheid erforderlich.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, insbesondere dessen Art. III Abs. 2.
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker Bautechniker Ortsbild LandschaftsbildEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1993:1991060066.X00Im RIS seit
03.05.2001