TE Vwgh Erkenntnis 1993/12/20 93/10/0202

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Veröffentlicht am 20.12.1993
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Index

82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

LMG 1975 §18 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der H in G, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 22. September 1993, Zl. 368.589/3-III/B/12a/93, betreffend Inverkehrbringen eines Verzehrproduktes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 12. Mai 1993, bei der belangten Behörde eingelangt am 13. Mai 1993, meldete die Rechtsvertreterin der nunmehrigen Beschwerdeführerin namens ihrer Mandantschaft "Fa. V, Alleininhaber H" das Produkt Slankufit gemäß § 18 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) als Verzehrprodukt an.

Die belangte Behörde holte Stellungnahmen ihrer Amtssachverständigen für Pharmazie und für Lebensmittelangelegenheiten ein. Der Amtssachverständige für Pharmazie führte aus, nach der Einnahmeempfehlung sollten täglich 7 Kapseln eingenommen werden. Aufgrund der zugeführten Wirkstoffmengen sei, wie der einschlägigen Fachliteratur zu entnehmen sei, mit objektiv-arzneilichen Wirkungen zu rechnen, weshalb die Produkte in der angemeldeten Form und Aufmachung als Arzneimittel und in der Folge als zulassungspflichtige Arzneispezialität einzustufen seien. Es werde angeregt, den Anmelder zu einer entsprechenden Änderung der Zusammensetzung und/oder Änderung der Einnahmeempfehlung zu bewegen, um eine Einstufung als Arzneimittel zu vermeiden. Dies könne z.B. dadurch erreicht werden, daß die Einnahmeempfehlung auf 1 Kapsel pro Tag lauten würde.

Der Amtssachverständige für Lebensmittelangelegenheiten führte aus, die grafische zweizeilige Darstellung der Bezeichnung des Produktes bewirke eine Trennung in "slank" und "fit". Weiters weise die Verpackung die stilisierte Zeichnung eines schlanken Frauenkörpers auf. Diese Aufmachung erwecke beim Konsumenten den Eindruck einer schlankmachenden Wirkung des Produktes. Es handle sich somit um eine gemäß § 9 LMG 1975 verbotene gesundheitsbezogene Angabe. Weiters werde das Produkt unter Verwendung des Emulgators Lecithin hergestellt. Das Erzeugnis entspreche somit nicht den Bestimmungen der Emulgatorenverordnung, BGBl. Nr. 309/1988.

Diese Stellungnahmen wurden der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht.

Mit Schreiben vom 6. Juli 1993, bei der belangten Behörde eingelangt am 7. Juli 1993, teilte die Beschwerdeführerin der belangten Behörde mit, die Anwendungsempfehlung werde auf "eine Kapsel pro Tag" geändert; das Bild des schlanken Frauenkörpers werde weggelassen; das Wort "Slankufit" werde in einem geschrieben, von dieser registrierten Marke des holländischen Herstellers könne aber nicht abgegangen werden.

Mit einer weiteren Eingabe vom 29. Juli 1993, bei der belangten Behörde eingelangt am 30. Juli 1993, gab die Beschwerdeführerin unter Berufung auf ein mit der belangten Behörde geführtes Telefonat bekannt, es könne auf den Hilfsstoff Lecithin verzichtet und statt dessen ein anderer Hilfsstoff verwendet werden; vom Hersteller werde derzeit eine Wachsmischung vorgeschlagen. In der Eile habe nicht überprüft werden können, ob diese nach den österreichischen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen zulässig sei. Da jedenfalls der Hersteller bereit sei, für den österreichischen Markt eine Änderung durchzuführen, bitte die Beschwerdeführerin um positive Kenntnisnahme des als Verzehrprodukt gemäß § 18 LMG 1975 angemeldeten Produktes "Slankufit" mit dem ausdrücklichen Zusatz, daß auf den Hilfsstoff Lecithin verzichtet und ein dem österreichischen Lebensmittelrecht entsprechender Hilfsstoff verwendet werde.

Die belangte Behörde holte eine weitere Stellungnahme des Amtssachverständigen für Lebensmittelangelegenheiten ein, derzufolge es sich bei dem Hilfsstoff "Wachsmischung" offensichtlich um einen Zusatzstoff handle, sodaß "das Verbotsprinzip anzuwenden" sei (eine abschließende Beurteilung könne erst nach Bekanntgabe des konkreten Hilfsstoffes vorgenommen werden).

Dieses Gutachten wurde der Beschwerdeführerin zur Stellungnahme übermittelt. Sie ersuchte innerhalb offener Frist um Fristverlängerung, gab in der Folge aber keine Stellungnahme ab.

Mit Bescheid vom 22. September 1993 untersagte die belangte Behörde gemäß § 18 Abs. 2 LMG 1975 "das Inverkehrbringen des von der Firma V, Alleininhaber H, .... mit Schreiben vom 12. Mai 1993, modifiziert mit den Schreiben vom 6. Juli 1993 und 29. Juli 1993, angemeldeten Produktes "Slankufit" als Verzehrprodukt."

Gegen diesen Bescheid, der der Beschwerdeführerin am 30. September 1993 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem sich aus § 18 Abs. 2 LMG ergebenden Recht, daß die belangte Behörde außerhalb der Dreimonatsfrist mit einem Untersagungsbescheid nicht mehr vorgehen dürfe, verletzt, da die belangte Behörde nach Ablauf von mehr als 4 Monaten den Untersagungsbescheid erlassen habe, für welchen sie nicht mehr zuständig gewesen sei.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor der belangten Behörde trat als Anmelderin die "Fa. V, Alleininhaber H", auf. An die so bezeichnete Einschreiterin richtet sich auch der angefochtene Bescheid und auch die Bezeichnung des Beschwerdeführers hat diesen Wortlaut. Diese Bezeichnung des Bescheidadressaten bzw. der beschwerdeführenden Partei läßt eindeutig erkennen, daß sich der Bescheid an eine physische Person, nämlich H, richtet, sodaß diese als Bescheidadressatin und Beschwerdeführerin anzusehen ist.

Nach § 18 Abs. 1 LMG 1975 ist es verboten, Verzehrprodukte vor ihrer Anmeldung beim Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz (nunmehr: Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) in Verkehr zu bringen.

Nach § 18 Abs. 2 leg. cit. hat der Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz das Inverkehrbringen einer als Verzehrprodukt angemeldeten Ware mit Bescheid unverzüglich, längstens binnen 3 Monaten zu untersagen, wenn sie den Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder seiner Verordnungen nicht entspricht.

Die dreimonatige Frist des § 18 Abs. 2 LMG 1975 beginnt mit dem Einlangen der Anmeldung beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 1982, Slg. N.F. 10676/A u.a.). Die Berechtigung der Behörde zur Untersagung des angemeldeten Produktes endet aber, wenn der Anmelder die Anmeldung zurückzieht oder durch eine Abänderung zum Ausdruck bringt, daß nicht mehr die ursprüngliche, sondern nur mehr die abgeänderte Fassung der Anmeldung Gegenstand des Verfahrens sein soll. In letzterem Fall fehlt dem Bundesminister die Zuständigkeit zur Untersagung des Inverkehrbringens des ursprünglich angemeldeten Produktes; es ist nur mehr eine Untersagung des durch die Abänderung angemeldeten "neuen" Produktes innerhalb der aufgrund der Abänderung neu in Gang gesetzten Untersagungsfrist zulässig (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 1985, Slg. N.F. 11855/A).

Im Beschwerdefall begann die Dreimonatsfrist des § 18 Abs. 2 LMG 1975 für das ursprünglich angemeldete Produkt mit dem Einlangen der Anmeldung bei der belangten Behörde am 13. Mai 1993 zu laufen. Noch vor Ablauf dieser Dreimonatsfrist modifizierte die Beschwerdeführerin das angemeldete Produkt. Mit dem Einlangen dieser wie eine Neuanmeldung zu betrachtenden Modifikation bei der belangten Behörde am 7. Juli 1993 begann eine neue Dreimonatsfrist für das modifizierte Produkt zu laufen. Innerhalb dieser Dreimonatsfrist änderte die Beschwerdeführerin neuerlich das angemeldete Produkt, sodaß mit dem Einlangen der Mitteilung über die neuerliche Modifikation bei der belangten Behörde am 30. Juli 1993 eine neue Dreimonatsfrist für die Untersagung zu laufen begann. Innerhalb dieser Frist, nämlich am 30. September 1993, wurde der angefochtene Bescheid, der sich auf das modifizierte Produkt bezog, erlassen. Eine Unzuständigkeit der belangten Behörde liegt daher nicht vor.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993100202.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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