TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/21 93/10/0101

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Veröffentlicht am 21.01.1994
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Index

82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

LMG 1975 §18 Abs1;
LMG 1975 §74 Abs5 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 31. März 1993, Zl. UVS-07/03/00003/93, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer lebensmittelpolizeilichen Kontrolle wurde am 22. Oktober 1991 im Betrieb einer Gesellschaft, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, eine Probe eines Produktes mit der Bezeichnung "Topur forte" entnommen und einer Untersuchung durch die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung und -forschung in Wien unterzogen. Die Bundesanstalt stellte in ihrem Untersuchungszeugnis vom 4. Dezember 1991 fest, das Produkt "Topur forte" sei gemäß § 18 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG) unter der Zahl 367.832/4-III/B/12a/91 (beim Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz) zur Anmeldung gebracht und nicht untersagt worden. Die vorliegende Aufmachung weiche jedoch von der bei der Anmeldung vorgelegten in krasser Weise ab. Als Beleg für diese Abweichungen legte die Bundesanstalt dem Untersuchungsbericht Unterlagen über den der seinerzeitigen Anmeldung des Produktes "Topur forte" zugrundeliegenden Aufmachungstext auf der einen und über die Aufmachung des bei der lebensmittelpolizeilichen Untersuchung vorgefundenen Produktes gleichen Namens auf der anderen Seite bei, wobei die Abweichungen besonders gekennzeichnet wurden.

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 15. September 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen Berufener einer namentlich genannten GesmbH zu verantworten, daß diese Gesellschaft das Verzehrprodukt "Topur forte" am 13. August 1991 von einer namentlich genannten Firma aus der BRD importiert und durch Bereithalten zum Verkauf in Verkehr gebracht habe, obwohl dieses Produkt in dieser Aufmachung beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz nicht als Verzehrprodukt angemeldet worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 5 Z. 3 in Verbindung mit § 18 Abs. 1 LMG begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) verhängt.

Der Beschwerdeführer berief.

Mit Bescheid vom 31. März 1993 bestätigte die belangte Behörde das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe, daß im Spruch anstelle der Wortfolge "als zur Vertretung nach außen Berufener" die Wortfolge "als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener" zu treten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.

Der Beschwerdeführer bringt vor, der angefochtene Bescheid lasse im Widerspruch zu § 44a Z. 1 VStG nicht erkennen, was dem Beschwerdeführer konkret zur Last gelegt werde. Das Erzeugnis "Topur forte" sei beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz gemäß § 18 LMG als Verzehrprodukt angemeldet und als solches innerhalb der gesetzlichen Frist des § 18 Abs. 2 LMG nicht untersagt worden. Das angemeldete Verzehrprodukt sei insbesondere durch seine Zusammensetzung genau definiert gewesen. Dieses und kein anderes Verzehrprodukt sei am 13. August 1991 importiert und in der Folge auch zum Verkauf bereitgehalten worden. Der angefochtene Bescheid lege dem Beschwerdeführer zur Last, das Verzehrprodukt "Topur forte" importiert und durch Bereithalten zum Verkauf in Verkehr gebracht zu haben, obwohl dieses Produkt "in dieser Aufmachung" nicht als Verzehrprodukt angemeldet worden sei. Der Spruch lasse nicht erkennen, was unter "dieser Aufmachung" zu verstehen sei. Es werde nicht ausgeführt, welche Aufmachung des Verzehrproduktes gemeint sei und wodurch sich diese Aufmachung von derjenigen, die Gegenstand der Anmeldung beim Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz gewesen sei, unterscheiden sollte. Aus der Bescheidbegründung lasse sich nicht entnehmen, was mit dieser Aufmachung gemeint sei.

Das am 13. August 1991 importierte Erzeugnis "Topur forte" weise dieselbe Zusammensetzung auf wie das am 3. Mai 1991 angemeldete Produkt. Die Anmeldepflicht nach § 18 Abs. 1 LMG werde allein durch die Beschaffenheit des Erzeugnisses und nicht durch Aufmachungen und Bezeichnungen ausgelöst. Auch durch eine zusätzliche Textierung habe daher keine Änderung der Einstufung des Stoffes bewirkt werden können.

Zur Strafbarkeit gehöre auch das Vorliegen bestimmter, in der Person des Täters gelegener Merkmale. Die spruchmäßige Bezeichnung des Beschwerdeführers mit den Worten "zur Vertretung nach außen Berufener" im erstinstanzlichen Straferkenntnis trage dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG nicht Rechnung. Die belangte Behörde habe zwar die erforderliche Konkretisierung vorgenommen, jedoch erst nach Ablauf der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beanragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 18 Abs. 1 LMG ist es verboten, Verzehrprodukte vor ihrer Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz in Verkehr zu bringen.

§ 74 Abs. 5 Z. 3 LMG erklärt Zuwiderhandlungen gegen § 18 Abs. 1 zu Verwaltungsübertretungen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13. März 1979, Zl. 1829/78, ausgeführt hat, verstößt jemand, der Verzehrprodukte mit Beschreibungen eines von der Anmeldung abweichenden Inhalts in Verkehr bringt, gegen § 18 Abs. 1 LMG, da es sich diesfalls nicht mehr um das angemeldete Produkt handelt.

Dem Untersuchungszeugnis der Bundesanstalt und den ihm angeschlossenen Unterlagen ist zu entnehmen, daß die Beschreibung des bei der Probeziehung vorgefundenen Produktes "Topur forte" von der Aufmachung des angemeldeten gleichnamigen Erzeugnisses in einer Reihe von Punkten abweicht. So finden sich in der Aufmachung des beanstandeten Produktes Angaben für Diabetiker sowie Hinweise auf leichtere Verdauung und gesunde Darmflora, welche in der der Anmeldung zugrundeliegenden Aufmachung nicht enthalten waren. Diese Unterlagen wurden dem Beschwerdeführer im Wege der Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht. Er hat nichts vorgebracht, was gegen ihre Richtigkeit spräche.

Für das bei der lebensmittelpolizeilichen Untersuchung vorgefundene Produkt "Topur forte" lag demnach keine Anmeldung vor.

Aus der Angabe des Tatzeitpunktes (Importdatum) sowie der Formulierung, das Produkt sei "in dieser Aufmachung" nicht gemäß § 18 LMG angemeldet worden, ergibt sich - auch in Verbindung mit der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses - zweifelsfrei, daß es sich bei dem Produkt, dessen Inverkehrbringen dem Beschwerdeführer angelastet wird, um das bei der lebensmittelpolizeilichen Kontrolle vorgefundene, nicht angemeldete Erzeugnis handelt. Einer näheren Beschreibung dieses Produktes bzw. seiner Aufmachung bedurfte es nicht.

Ob ein Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Gesellschaft oder als verantwortlicher Beauftragter begangen hat, ist nicht Sachverhaltselement der ihm zur Last gelegten Übertretung, sondern ein die Frage der Verantwortlichkeit der von Anfang an als Beschuldigter angesprochenen Person betreffendes Merkmal, das aber auf die Vollständigkeit der Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 VStG ohne Einfluß ist. Es liegt daher keine Verjährung vor, wenn dem Beschuldigten erstmals im Berufungsbescheid, und zwar nach Ablauf der Frist des § 31 Abs. 2 VStG vorgeworfen wird, die Übertretung in seiner Eigenschaft als Verantwortlicher nach § 9 VStG begangen zu haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1987, Slg. N.F. 12375/A u.a.). Dasselbe gilt für eine Konkretisierung der verantwortlichen Funktion.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993100101.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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