TE Vwgh Erkenntnis 1994/1/27 93/18/0544

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Veröffentlicht am 27.01.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §1;
AVG §3 Z3;
FrG 1993 §10;
FrG 1993 §65 Abs2 Z1;
FrG 1993 §68 Abs1;
FrG 1993 §7;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des GB und der FB, beide in D, beide vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft in Belgrad vom 28. April 1993, Zl. 222.38.101.1/204-A/93, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde des GB wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der FB wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Eingabe vom 23. März 1993 an die Österreichische Botschaft in Belgrad (die belangte Behörde) stellten die Beschwerdeführer, jugoslawische Staatsangehörige, den Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes (Familienzusammenführung).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ausschließlich der Antrag der Beschwerdeführerin FB zurückgewiesen. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß, wie aus den Unterlagen ersichtlich sei, die Beschwerdeführerin (derzeit) in D wohnhaft und aufhältig sei. Da sohin keine Zuständigkeit für die belangte Behörde zur Sichtvermerkserteilung gemäß § 68 FrG gegeben sei, dürfe der Antrag zurückgewiesen werden.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser trat die Beschwerde nach Ablehnung von deren Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 28. September 1993, B 1127/93).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren behaupten die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit des Inhaltes und begehren die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Beschwerde des GB:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 412 ff zitierten Entscheidungen) ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde.

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall hinsichtlich des Beschwerdeführers GB nicht erfüllt. Die maßgebenden Bestimmungen des Fremdengesetzes (§§ 7 ff) räumen nämlich einem Dritten keinen Rechtsanspruch auf Erteilung eines Sichtvermerkes an eine andere Person ein (vgl. den hg. Beschluß vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0248).

Der Beschwerdeführer kann daher durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt sein, weshalb die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen war.

Zur Beschwerde der FB:

Die Beschwerdeführerin bringt im Rahmen der geltend gemachten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, daß die belangte Behörde völlig unberücksichtigt gelassen habe, daß Entscheidungen, die dem Standpunkt eines Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung tragen, erst dann ergehen dürften, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.

Einen wesentlichen Verfahrensmangel vermag die Beschwerdeführerin damit nicht darzutun, denn einerseits ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen, was die Beschwerdeführerin vorgebracht hätte, wenn ihr eine abschließende Stellungnahme ermöglicht worden wäre, und andererseits hat die belangte Behörde die zurückweisende Entscheidung nicht auf dem Antrag anhaftende Formgebrechen gestützt.

Nach Auffassung der Beschwerdeführerin sei die belangte Behörde jedenfalls zu einer inhaltlichen Erledigung des Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes (Familienzusammenführung) verpflichtet. Sie besitze sowohl im Inland als auch im Ausland einen ordentlichen Wohnsitz. Für einen solchen Fall sei die örtliche Zuständigkeit nach den Bestimmungen des Fremdengesetzes nicht eindeutig festgelegt. Dennoch normiere § 68 Abs. 2 FrG, daß sich die örtliche Zuständigkeit zur Erteilung von Sichtvermerken im Ausland nach dem Wohnsitz im Heimatstaat richte.

Nach § 65 Abs. 2 Z. 1 FrG obliegt im Ausland (unter anderem) die Vornahme von Amtshandlungen nach dem zweiten Teil (des Fremdengesetzes) den diplomatischen und den von Berufskonsuln geleiteten österreichischen Vertretungsbehörden.

Im Grunde des § 68 Abs. 1 leg. cit. richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Vornahme von Amtshandlungen nach diesem Bundesgesetz im Ausland nach dem Aufenthalt des Fremden. Gemäß § 68 Abs. 2 leg. cit. richtet sich die örtliche Zuständigkeit zur Erteilung von Sichtvermerken im Ausland, wenn die Ausübung einer Beschäftigung oder eines Studiums im Bundesgebiet beabsichtigt ist, nach dem Wohnsitz im Heimatstaat, in Ermangelung eines solchen nach dem Aufenthalt.

Ausgehend von der - in der Beschwerde nicht bestrittenen - maßgeblichen Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erledigung ihres Ansuchens in D "wohnhaft und aufhältig" war, hat die belangte Behörde ihre Zuständigkeit für die Erteilung des beantragten Sichtvermerkes an die Beschwerdeführerin zu Recht verneint. § 68 Abs. 1 FrG - Abs. 2 leg. cit. kommt mangels Behauptung eines Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes zur Ausübung einer Beschäftigung oder eines Studiums nicht in Betracht - sieht als Anknüpfungspunkt für die örtliche Zuständigkeit den im Ausland bestehenden Aufenthalt - im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung - vor (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. Juli 1993, Zl. 93/18/0314). Der Aufenthalt einer Person ist dort, wo sich diese tatsächlich befindet, gleichgültig ob erlaubt oder unerlaubt, ob freiwillig oder unfreiwillig. Der Aufenthalt der Beschwerdeführerin zur Zeit der Erledigung ihrers Ansuchens war im Inland. Die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde war somit nicht gegeben.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis ist ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entbehrlich.

Schlagworte

örtliche Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993180544.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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