TE Vwgh Erkenntnis 1994/2/21 93/10/0080

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Veröffentlicht am 21.02.1994
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;

Norm

NatSchG OÖ 1982 §10 Abs1;
NatSchG OÖ 1982 §4 Abs1 Z2 lith;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des L und der F L in W, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in Y, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. November 1992, Zl. N-101579/Kra-1992, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 10. Juli 1989 beantragten die Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft (BH) die naturschutzbehördliche Bewilligung zum weiteren Abbau von Schotter auf der Parzelle Nr. 825/2.

In dem daraufhin durchgeführten Verwaltungsverfahren wurde festgestellt, daß im äußersten Nordosten des Grundstückes 825/2 bereits eine für den Eigenbedarf des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Beschwerdeführer dienende Schotterentnahmestelle in der Größe von 1.050 m2 vorhanden sei, für die es keine naturschutzbehördliche Bewilligung gebe. Weiters sei im Süden bzw. Südwesten dieser kleinen Schotterentnahmestelle auf einer Fläche von ca. 1.000 2 der humose Oberboden bereits abgehoben worden.

Mit Bescheid der BH vom 11. Oktober 1990 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zum Schotterabbau auf Parzelle Nr. 825/2 unter Berufung auf die §§ 4 Abs. 1 Z. 2 lit. h und 10 Abs. 1 des Oö Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982, LGBl. Nr. 80 idF LGBl. Nr. 72/1988 (Oö NSchG), abgewiesen (Spruchabschnitt I). Gleichzeitig wurde unter Spruchabschnitt II den Beschwerdeführern gemäß § 39 Abs. 1 leg. cit. zur Sanierung des auf Parzelle Nr. 825/2 begonnenen Schotterabbaues aufgetragen, die Böschungsflächen im Bereich der vorhandenen Schotterentnahmestelle auf ein Böschungsmaß von maximal 1 : 1 abzuböschen und zu humusieren, die Humusierung auch im Bereich der Sohle der vorhandenen Entnahmestelle durchzuführen, den bereits abgehobenen humosen Oberboden auf der im Süden bzw. Südwesten der Schotterentnahmestelle befindlichen Fläche (ca. 1.000 2) wieder aufzubringen und die betroffenen Flächen unmittelbar nach Abschluß der Erdbauarbeiten sorgfältig zu begrünen, wobei die Grassaat bis zu ihrer Sicherung nachzubessern sei.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Die belangte Behörde holte ein Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, die Verwirklichung des Projektes der Beschwerdeführer (Schotterabbau auf Parzelle 825/2) werde auf Grund der naturräumlichen Situation zu einer maßgeblichen irreversiblen landschaftsbildrelevanten Auswirkung führen. Verstärkt werde der Eingriff in das Landschaftsbild durch den Umstand, daß die Abbaufläche, insbesondere von Norden bzw. Osten, gut einsehbar sei. Zahlreiche Sichtbeziehungen von Punkten öffentlichen Interesses (Gemeindestraße, Bezirksstraße, Siedlungsgebiet) dokumentierten die Eingriffswirkung. Neben der Beeinträchtigung des Landschaftsbildes (Schaffung einer völlig fremden Oberflächenform), die naturgemäß auch direkte Rückwirkungen auf den Erholungswert dieser Landschaft habe, seien auch Auswirkungen auf den Naturhaushalt zu erwarten (vollkommene Zerstörung der pedologischen und geologischen Strukturen bis zur Abgrabungssohle), wenngleich diese auf Grund des Naturraumes im Gegensatz zu den landschaftsbildrelevanten Störfaktoren in den Hintergrund träten.

Mit Bescheid vom 10. November 1992 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen Spruchabschnitt I des erstinstanzlichen Bescheides (Abweisung des Antrages auf Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für den Schotterabbau) ab. Hinsichtlich des Spruchabschnittes II (Wiederherstellungsauftrag für die bereits bestehende Schotterentnahmestelle bzw. die bereits getätigten Vorarbeiten für die Erweiterung des Schotterabbaues) wurde der Berufung Folge gegeben, der erstinstanzliche Bescheid in diesem Umfang behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die BH verwiesen. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde bezüglich der Nichterteilung der beantragten naturschutzrechtlichen Bewilligung im wesentlichen auf das Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 19. März 1993, B 1/93-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Die Beschwerdeführer beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Spruchabschnittes I (gemeint offenbar: Spruchpunkt 1; dieser betrifft die verweigerte naturschutzbehördliche Bewilligung). Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde übersehe, daß die Schotterentnahmestelle auf ihrem Grundstück bereits seit dem Jahre 1886 bestehe. Darüber hinaus sei die beantragte Schotterentnahmestelle nicht, wie von der belangten Behörde festgestellt, 100 x 100 m groß, sondern das Flächenausmaß betrage 68 x 68 m. Auch was die Veränderung des Landschaftsbildes durch den Schotterabbau anlange, übersehe die belangte Behörde, daß die nunmehr vorhandene Straße und der Fischteich wesentlich später angelegt worden seien als ihre Schotterentnahmestelle. Es könne sohin von einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und einer Verschlechterung der Lebensqualität keinesfalls die Rede sein. Auch was den zu erwartenden gravierenden Eingriff für das Landschaftsbild durch den Abbau eines "Querriegels" anlange, seien die diesbezüglichen Feststellungen der belangten Behörde unrichtig, da im Ansuchen der Beschwerdeführer klar zum Ausdruck gebracht worden sei, daß straßenseitig jedenfalls ein Pufferriegel bestehen bleibe, sodaß es zu keiner landschaftsbildrelevanten Störung für die Anrainer der Siedlung Pichlhöhe kommen könne. Weiters habe die belangte Behörde es unterlassen, die Größenverhältnisse sowie die geologischen Verhältnisse der beantragten Schotterentnahmestelle zu den bereits bestehenden, viel größeren Entnahmestellen ins Verhältnis zu setzen, welche jedenfalls wesentlich später in Betrieb gegangen seien als die Schotterentnahmestelle der Beschwerdeführer, die seit dem Jahre 1886 bestehe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. h Oö NSchG bedürfen die Eröffnung und die Erweiterung von Schotterentnahmestellen - ausgenommen eine Entnahmestelle bis zu einer Größe von 1.000 m2 für den Eigenbedarf eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes - zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde.

Nach § 10 Abs. 1 Oö NSchG ist eine Bewilligung gemäß den §§ 4, 7 oder 8 oder die in einer auf Grund einer dieser Bestimmungen erlassenen Verordnung vorgesehen ist, zu erteilen,

a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten in einer Weise schädigt, noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt, noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft, oder

b) wenn öffentliche oder private Interessen am beantragten Vorhaben das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.

Ansonsten ist eine Bewilligung zu versagen.

Die Beschwerdeführer legen das Hauptgewicht ihrer Argumentation auf den Umstand, daß ihre Schotterentnahmestelle bereits seit dem Jahre 1886 bestehe. Dieses Vorbringen geht aber an der Tatsache vorbei, daß Gegenstand des verwaltungsbehördlichen Bewilligungsverfahrens nicht diese bereits bestehende Schotterentnahmestelle war, sondern ein weiterer Abbau auf Parzelle 825/2 entsprechend dem von den Beschwerdeführern ihrem Bewilligungsantrag vom 10. Juli 1989 beigelegten Projekt. Aus dem Bestand einer alten Schotterentnahmestelle allein ist daher für die Beschwerdeführer in der Frage, ob für einen weiteren, wesentlich umfangreicheren Schotterabbau eine naturschutzbehördliche Bewilligung zu erteilen sei, nichts zu gewinnen.

Die belangte Behörde hat in der Begründung ihres Bescheides, gestützt auf das von ihr eingeholte Gutachten des Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz, in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise dargelegt, daß eine Verwirklichung des Schotterabbauprojektes der Beschwerdeführer zu einer dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderlaufenden Störung des Landschaftsbildes führen würde; dies insbesondere auch deswegen, weil durch diesen Schotterabbau ein Geländerücken beiseitigt würde, der derzeit einen Sichtschutz für die unmittelbar südlich der geplanten Schotterentnahmestelle der Beschwerdeführer bereits bestehende Schottergrube "V" der Firma K. darstellt, sodaß durch den beabsichtigten Abbau eine wesentliche Verstärkung der Eingriffswirkung durch die Schottergrube "V" hervorgerufen würde. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer haben weder die belangte Behörde noch der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz, auf dessen Gutachten sie sich bei ihrer Entscheidung im wesentlichen gestützt hat, außer Acht gelassen, daß innerhalb des geplanten Schotterabbaues ein 6 bis 7 m hoher Geländerücken verbleiben soll, der mit schnellwachsenden Kulturen bepflanzt werden soll. Aus dem Gutachten ist aber schlüssig abzuleiten, daß der Verbleib dieses "Pufferriegels" nichts an den vom Sachverständigen konstatierten Eingriffswirkungen des beabsichtigten Schotterabbaues ändert. Zum selben Ergebnis kam übrigens auch der von der BH beigezogene Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz.

Zu dem Einwand, die geplante Schotterentnahmestelle weise nicht ein Ausmaß von 100 x 100 m auf, hat der Landesbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz in einem ergänzenden Gutachten vom 5. Mai 1992 klargestellt, daß es sich bei diesem im Gutachten angeführten Ausmaß um einen "Ca.-Wert" handle. Die exakten Abmessungen der Entnahmestelle umfaßten durchschnittlich 93 x 80 m, wobei es sich um keine quadratische Form handle. Bei diesen Längenangaben seien im Gegensatz zur Äußerung des Antragstellers die Böschungsflächen sowie die bestehende Grube enthalten, weil diese Flächen eindeutig als Eingriffsflächen zu bezeichnen seien. Abgesehen davon führe eine Realisierung des beantragten Vorhabens unabhängig davon, ob es sich dabei um eine Fläche von 4.000, 6.000 oder 10.000 m2 handle, zu einer maßgeblichen und irreversiblen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Die Beschwerdeführer wiederholen in ihrer Beschwerde ihren Einwand, die Schotterentnahmestelle weise kein Ausmaß von 100 x 100 m auf, ohne die vom Sachverständigen im Verwaltungsverfahren abgegebenen, nicht als unschlüssig zu erkennenden Erklärungen zur Größe der Entnahmestelle und zur Bedeutung der Dimensionierung für die Eingriffswirkung zu berücksichtigen.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993100080.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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