TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/3 94/18/0059

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Veröffentlicht am 03.03.1994
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des D in E, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 28. Oktober 1993, Zl. Fr-6161/92, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 28. Dezember 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen liberianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 unter Bedachtnahme auf die §§ 19 und 20 FrG ein mit 10 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 25. Oktober 1992 aus Ungarn kommend nach Österreich illegal eingereist. Wegen der illegalen Einreise sei er am 4. November 1992 wegen § 15 (1) in Verbindung mit § 2 (1) Grenzkontrollgesetz rechtskräftig mit S 2.000,-- bestraft worden. Bei der versuchten Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland am Grenzübergang Walserberg-Autobahn sei er wegen Gebrauchs eines fremden Ausweises von den dortigen Beamten festgenommen und angezeigt worden. Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 22. Dezember 1992 sei der Beschwerdeführer wegen § 229 Abs. 1 und § 231 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat bedingt auf 3 Jahre verurteilt worden. Der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 4. November 1992 sei am 20. April 1993 rechtskräftig abgelehnt worden. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet richte sich somit nach dem Fremdengesetz und halte er sich seit 20. April 1993 illegal im Bundesgebiet auf. Unter Zugrundelegung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers in Österreich sei die Annahme gerechtfertigt, daß sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährde. Bei der Interessensabwägung gemäß den §§ 19 und 20 FrG sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer weder in Österreich beschäftigt gewesen sei noch daß sich irgendwelche Familienangehörige im Bundesgebiet befänden. Eine Beeinträchtigung seines beruflichen oder persönlichen Fortkommens trete nicht ein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, es sei der belangten Behörde verwehrt gewesen, die speziellen Regelungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 FrG außer acht zu lassen und ein Aufenthaltsverbot ausschließlich auf die Bestimmung des § 18 Abs. 1 leg. cit. zu stützen.

Dem ist zu entgegnen, daß es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen rechtlichen Bedenken begegnet, ein Aufenthaltsverbot ausschließlich auf § 18 Abs. 1 FrG (gegebenenfalls unter Bedachtnahme auf § 19 und 20 Abs. 1 leg. cit.) zu stützen, wenn triftige Gründe vorliegen, die zwar nicht die Voraussetzungen der im § 18 Abs. 2 leg. cit. angeführten Fälle aufweisen, wohl aber in ihrer Gesamtheit die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/18/0247).

Die Beschwerde vertritt die Ansicht, daß die belangte Behörde keinerlei Tatsachen angeführt habe, aus denen abgeleitet werden könne, daß der Generaltatbestand nach § 18 Abs. 1 leg. cit. erfüllt sei.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde das nach § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG bedeutsame Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers durch die der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung wegen der §§ 229 Abs. 1 und 231 StGB sowie der rechtskräftigen Bestrafung nach § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Grenzkontrollgesetz zugrundeliegenden verpönten Verhaltensweisen (nämlich Gebrauch eines fremden Ausweises bei der Ausreise, illegale Einreise) und durch den unrechtmäßigen Aufenthalt seit (zumindest) 20. April 1993 als verwirklicht ansah. Diese rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken, zeigt doch dieses Verhalten des Beschwerdeführers und sein mehrmonatiger rechtswidriger Aufenthalt, daß er sich über für ihn wesentliche Rechtsnormen hinwegsetzt. Durch ein solches Verhalten wird die öffentliche Ordnung erheblich beeinträchtigt. Dieses die öffentliche Ordnung gefährdende Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers erfuhr keine Minderung durch die (behauptete) "geregelte Arbeitstätigkeit" und die "ordnungsgemäße Unterkunft". Der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge ist somit der Boden entzogen.

War sohin mit der belangten Behörde der Tatbestand des § 18 Abs. 1 Z. 1 als verwirklicht anzusehen, bleibt noch zu prüfen, ob die Verhängung des Aufenthaltsverbotes zulässig war. Mit Rücksicht auf die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und den von ihm nicht bestrittenen Umstand, daß sich keines seiner Familienmitglieder in Österreich aufhält, ist das Vorliegen eines durch das Aufenthaltsverbot bewirkten, im Sinne des § 19 FrG relevanten Eingriffes in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers zu verneinen. Die von ihm behauptete geregelte Arbeitstätigkeit aufgrund einer gültigen Beschäftigungsbewilligung als Lagerarbeiter ist im gegebenen Zusammenhang nicht wesentlich, zumal nicht zu erkennen ist, warum der Beschwerdeführer einer solchen Tätigkeit nicht auch außerhalb des Bundesgebietes nachgehen könnte.

Mangels eines relevanten Eingriffes durch das Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben war weder zu untersuchen, ob das Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist, noch eine Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0325, sowie die dort zitierte Vorjudikatur).

Da sohin schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180059.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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