TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/15 93/11/0265

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.03.1994
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs2 litf;
KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29. September 1993, Zl. IIb2-K-2735/1-1993, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppen A, B, C, E, F und G entzogen und gemäß § 73 Abs. 2 KFG 1967 ausgesprochen, daß ihm für die Dauer von drei Jahren (von der Zustellung des Mandatsbescheides der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Schwaz, am 2. Juli 1993 an) keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und mitgeteilt, daß von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde stützt die bekämpfte Entziehungsmaßahme darauf, daß der Beschwerdeführer am 15. April 1993 um 05.30 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,8 Promille Blutalkoholgehalt 3,5 Stunden nach dem Lenken) einen Verkehrsunfall verschuldet habe, bei dem eine Person tödlich und eine weitere Person schwer verletzt worden sei.

Der Beschwerdeführer bekämpft nicht die Annahme, er sei auf Grund dieses Vorfalles als verkehrsunzuverlässig anzusehen. Er wendet sich aber gegen die weitere Annahme, die Verkehrsunzuverlässigkeit werde bis zum 2. Juli 1996 andauern; eine "Entzugsdauer" von 6 Monaten sei "als angemessen anzusehen". Er verweist in diesem Zusammenhang auf den Umstand, daß sich aus den Folgen eines Verkehrsunfalles noch nicht ergebe, die Verhältnisse bei dem Unfall wären in hohem Maße gefährlich gewesen, sodaß eine Entziehungsmaßnahme wie die mit dem angefochtenen Bescheid verfügte gerechtfertigt wäre. Die objektiven Verhältnisse wären im Gegenteil nicht als gefährlich zu bezeichnen gewesen; insbesondere sei die Straße nur spärlich befahren gewesen. Die belangte Behörde hätte auch nicht pauschal von mehreren Übertretungen des Beschwerdeführers gegen verkehrsrechtliche Vorschriften in der Zeit vor dem Unfall sprechen dürfen, ohne darzutun, wann und welcher Art diese Übertretungen gewesen seien.

Weder der Begründung des angefochtenen Bescheides noch den vorgelegten Verwaltungsakten kann entnommen werden, in welcher Weise der Beschwerdeführer vor dem Vorfall vom 15. April 1993 in verkehrsrechtlicher Hinsicht nachteilig in Erscheinung getreten wäre. Aus dem Bericht des Gendarmeriepostens Strass im Zillertal vom 16. April 1993 ergibt sich im Gegenteil, daß gegen den Beschwerdeführer keine Vormerkungen "in straf- und verwaltungsrechtlicher Hinsicht" aufschienen.

Es muß daher davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer bis zu dem in Rede stehenden Vorfall unbescholten war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß in einem solchen Fall dem Wertungskriterium der Verwerflichkeit der strafbaren Handlung im Sinne des § 66 Abs. 3 KFG 1967 insoferne ein geringeres Gewicht zum Nachteil des betreffenden Kraftfahrzeuglenkers zukommt, als davon auszugehen ist, daß sein Verhalten bei dem Unfall in Gegensatz zu seinem übrigen Verhalten steht (vgl. die Erkenntnisse vom 20. Februar 1985, Zl. 84/11/0091, vom 19. Februar 1988, Slg. Nr. 12.649/A, vom 9. Mai 1989, Zl. 89/11/0010, und vom 5. Juli 1989, Zl. 89/11/0082).

Was das von der belangten Behörde angesprochene Wertungskriterium der Gefährlichkeit der Verhältnisse anlangt, verweist der Beschwerdeführer zutreffend darauf, daß aus den Unfallfolgen nicht zwingend auf ein besonders hohes Maß der Gefährlichkeit geschlossen werden kann. Anderes als die Unfallfolgen vermag die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht anzuführen.

Die belangte Behörde hat daher bei der Bemessung der Zeit nach § 73 Abs. 2 KFG 1967 das Gesetz verkannt. Sie hätte eine erheblich kürzere Zeit zu bemessen gehabt.

Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil an Stempelgebührenersatz nur S 390,-- (S 360,-- für

3 Beschwerdeausfertigungen und S 30,-- für eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides) zugesprochen werden konnten.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993110265.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten