TE Vwgh Erkenntnis 1994/3/29 94/04/0017

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Veröffentlicht am 29.03.1994
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Index

21/01 Handelsrecht;
21/03 GesmbH-Recht;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §13 Abs5 idF 1993/029;
GewO 1973 §87 idF 1993/029;
GewO 1973 §87;
GewO 1973 §91 Abs2 idF 1988/399;
GewO 1973 §91 Abs2 idF 1993/029;
GewO 1973 §91 Abs2;
GmbHG §18;
GmbHG §25;
HGB §164;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde der S Baugesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. November 1993, Zl. 313.951/6-III/5a/93, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und dem der Beschwerde angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Die Beschwerdeführerin wurde am 23. März 1979 in das Handelsregister des Handelsgerichtes Wien unter n1 eingetragen. Mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 3. Juli 1984 wurde der Beschwerdeführerin die Konzession für das Baumeistergewerbe im Standort W, X-Gasse 35 erteilt. Am 13. Jänner 1988 wurde A als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin in das Handelsregister des Handelsgerichtes Wien eingetragen. A war zuvor handelsrechtlicher Geschäftsführer der im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien zu n2 protokollierten

A-Gesellschaft m.b.H., welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien zu n3 protokollierten A-Gesellschaft m.b.H. & Co KG war. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 19. Mai 1980, AZ mm/80, wurde über das Vermögen dieser Personengesellschaft des Handelsrechtes der Konkurs eröffnet, welcher jedoch mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 10. Jänner 1990 mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 166 Abs. 2 KO aufgehoben wurde. Im Rahmen des Konkursverfahrens kam es zu keinem Abschluß eines Zwangsausgleiches. Mit Schreiben des Amtes der Wiener Landesregierung vom 10. November 1988 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, A innerhalb einer Frist von drei Monaten aus ihrer Gesellschaft als handelsrechtlichen Geschäftsführer zu entfernen. Dieser Aufforderung ist die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 30. November 1993 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 23. November 1990 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß der Beschwerdeführerin ihre Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe im Standort W, X-Gasse 35, gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, in Verbindung mit den §§ 87 Abs. 1 Z. 2 und 13 Abs. 5 leg. cit. entzogen wird. Daß A ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der A-Gesellschaft m.b.H. & Co KG zugestanden sei, sei in Ansehung der ihm nach dem Handelsgesetzbuch und dem Gesetz vom 6. März 1906, RGBl. Nr. 58, über Gesellschaften m.b.H. zugestandenen Befugnisse anzunehmen und werde auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Auf A beziehe sich daher der im § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 angeführte Entziehungsgrund nach § 13 Abs. 5 leg. cit. Im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin A nicht innerhalb der ihr gesetzten Fristen entfernt habe, lägen somit die Voraussetzungen für die Entziehung der gegenständlichen Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1973 iVm den §§ 87 Abs. 1 Z. 2 und 13 Abs. 5 leg. cit. vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichtentziehung der in Rede stehenden Gewerbeberechtigung verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, A sei zwar handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, jedoch weder Gesellschafter noch gewerberechtlicher Geschäftsführer derselben. Ihm stünde ein entsprechender Einfluß auf die Geschäftsführung nicht zu. Hätte die belangte Behörde die beantragten Beweisaufnahmen durchgeführt, hätte festgestellt werden können, daß bei allen wesentlichen Entscheidungen der Beschwerdeführerin die Gesellschafter selbst entscheiden, für welche wiederum keinerlei Gründe für eine Entziehung der vorliegenden Art gegeben seien. Auch aus dem Dienstvertrag der Beschwerdeführerin mit A hätte ersehen werden können, daß er als handelsrechtlicher Geschäftsführer bei allen wesentlichen Entscheidungen die Gesellschafter zu befragen habe. In gewerberechtlicher Hinsicht sei die Gewähr durch den gewerberechtlichen Geschäftsführer Baumeister Ing. P gegeben. Hätte die belangte Behörde in den Gesellschaftsvertrag und in den Registerakt ordnungsgemäß Einsicht genommen und die Einwendungen der Beschwerdeführerin beachtet, hätte sie zum Schluß kommen müssen, daß A kein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zustehe. Weiters habe die Behörde unberücksichtigt gelassen, daß A Schuldenrückzahlungen und weitere entsprechende Schritte unternommen habe, um den Schaden (gemeint offensichtlich der Gläubiger der A-Gesellschaft m.b.H. & Co KG) gutzumachen. Der Konkurs über das Vermögen der A-Gesellschaft m.b.H. & Co KG sei deshalb eröffnet worden, weil die öffentliche Hand ihren Zahlungsverpflichtungen zu spät nachgekommen sei und dadurch die Gemeinschuldnerin in Zahlungsschwierigkeiten gebracht habe. Die Stellung der persönlich haftenden Gesellschafterin (A-Gesellschaft m.b.H.) sei trotz Beischaffung des Handelsregisteraktes nicht untersucht worden. A sei ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte dieser Gesellschaft nicht zugestanden. Die Vorstrafen des A seien ebenfalls nicht "aus dem Zusammenhang sehend untersucht" worden, obwohl alle Vorstrafen "tilgungsfähig" seien. Die Anwendung der gegenständlichen Gesetzesbestimmung stelle eine Verletzung der freien "Erwerbsfähigkeit" im verfassungsrechtlichen Sinne dar, bedeute eine Einschränkung des Rechtes auf freie Berufsausübung und freie Erwerbstätigkeit, und widerspreche der Gleichheit vor dem Gesetz und "des unversehrten Eigentums". Eine Überprüfung der Verfassungskonformität der gegenständlichen herangezogenen Bestimmungen wäre angebracht.

Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1973 - in der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung maßgeblichen Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993 - hat die Behörde (§ 361), sofern der Gewerbebetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, beziehen, wenn der Gewerbetreibende diese Person nicht innerhalb einer von der Behörde zu setzenden Frist entfernt, im Falle, daß der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Berechtigung zu entziehen, und im Falle, daß der Gewerbetreibende der Pächter ist, die Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter zu widerrufen.

Nach § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 ist von der Behörde die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn einer der im § 13 Abs. 3 und 5 angeführten Umstände, die den Gewerbeausschluß bewirken, vorliegt.

Gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) Rechtsträger ausgeschlossen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet wurde oder gegen die der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen wurde. Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist Abs. 3 nicht anzuwenden, wenn es im Rahmen des Konkursverfahrens zum Abschluß eines Zwangsausgleiches kommt und dieser erfüllt worden ist. Nach § 13 Abs. 5 GewO 1973 ist eine natürliche Person von der Ausübung des Gewerbes als Gewerbetreibender ausgeschlossen, wenn ihr ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte eines anderen Rechtsträgers als einer natürlichen Person zusteht oder zugestanden ist, auf die der Abs. 3 anzuwenden ist oder anzuwenden war.

Dem alleinigen handelsrechtlichen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin A kommt schon im Hinblick auf die rechtliche Organisationsform der Beschwerdeführerin ein maßgebender Einfluß im Sinne des § 91 Abs. 2 GewO 1973 zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/04/0078, mit weiteren Nachweisen). Daran vermag auch das Beschwerdevorbringen, wesentliche Angelegenheiten der Beschwerdeführerin würden von den Gesellschaftern entschieden, nichts zu ändern, da der Geschäftsführer als notwendiges Organ der Gesellschaft m.b.H. der Gesellschaft gegenüber zur Tätigkeit verpflichtet, verantwortlich und haftbar ist, grundsätzlich aber nicht den einzelnen Gesellschaftern und die aktive und passive Vertretungsmacht des Geschäftsführers nach außen unbeschränkbar ist. Weiterer Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal des maßgeblichen Einflusses des handelsrechtlichen Geschäftsführers A auf die Beschwerdeführerin bedurfte es daher nicht.

Bei Anwendung des § 91 Abs. 2 GewO 1973 hat im übrigen die Behörde nur zu prüfen, ob einer der im § 87 Abs. 1 leg. cit. genannten Tatbestände auf die natürliche Person, der ein maßgeblicher Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, sinngemäß zutrifft. Sie hat jedoch nicht zu prüfen, ob - bezogen auf diese Person - auch Tatbestände des § 87 Abs. 2 bis 6 leg. cit. bzw. des § 26 GewO 1973 gegeben sind, weil die Bestimmung des § 91 Abs. 2 GewO 1973 eine den vorgenannten Bestimmungen vergleichbare Regelung nicht kennt (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/04/0078 mit weiteren Nachweisen zur diesbezüglichen im wesentlichen Inhalt gleichgebliebenen Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992).

Die entscheidungswesentliche Feststellung der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der A-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, deren persönlich haftende Gesellschafterin die A-Gesellschaft m.b.H. und deren handelsrechtlicher Gesellschafter wiederum A war, blieb unbekämpft. Warum der A-Gesellschaft m.b.H. als persönlich haftender Gesellschafterin der Ges.m.b.H. & Co KG kein maßgeblicher Einfluß auf letztere zugestanden sein soll, hat die Beschwerdeführerin nicht dargelegt. Im Hinblick auf die rechtliche Organisationsform der A-Ges. m.b.H. & Co KG vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Annahme der belangten Behörde, A wäre auf den Betrieb der Geschäfte derselben ein maßgebender Einfluß im Sinne des § 13 Abs. 5 GewO 1973 zugestanden, einen Rechtsirrtum nicht zu erblicken. Dem Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. steht, wie oben dargelegt, jedenfalls ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der Gesellschaft zu, den er jederzeit ausüben kann. Ebenso kommt dem alleinigen Komplementär einer Kommanditgesellschaft ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte der Gesellschaft zu, den er jederzeit ausüben kann. Dies ergibt sich insbesonders aus § 164 HGB, wonach den Komplementären die Geschäftsführung obliegt und die Kommanditisten von der Geschäftsführung ausgeschlossen sind.

Unbestritten ließ die Beschwerdeführerin die Feststellung der belangten Behörde, daß es im Rahmen des Konkursverfahrens der A Ges. m.b.H. & Co KG zu keinem Abschluß eines Zwangsausgleiches gekommen sei. Ob sich A um die Rückzahlung der Schulden der Gemeinschuldnerin bemüht hat, ist für die Anwendung des § 91 Abs. 2 GewO 1973 iVm § 87 Abs. 1 Z. 2 und § 13 Abs. 5 leg. cit. ebensowenig Tatbestandsvoraussetzung wie die Gründe, welche zur Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der A Ges. m.b.H. & Co KG führten.

Da sich der angefochtene Bescheid nur auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 91 Abs. 2 GewO iVm § 87 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. stützte, bedurfte es keiner weiteren Feststellungen und Beweiserhebungen zur Beurteilung der Vorstrafen des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Beschwerdeführerin wie in der Beschwerde ausgeführt.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde - zumal auch gegen die hier zur Anwendung gelangenden Bestimmungen über die Entziehung der Gewerbeberechtigung verfassungsrechtliche Bedenken nicht bestehen - ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Mit ihrem Aufschiebungsantrag wird die Beschwerdeführerin auf das obige Erkenntnis verwiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994040017.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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