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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1968 §5;Betreff
DerVerwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache des R in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 5. November 1993, Zl. St 198-1/93, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 2. März 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß den §§ 18 Abs. 1 Z. 1 und 2, 19, 20 und 21 Fremdengesetz (FrG) ein bis zum 16. Oktober 1997 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei (gemeinsam mit 64 anderen türkischen Staatsangehörigen mit Hilfe einer Schlepperorganisation) am 23. März 1992, versteckt im Laderaum eines türkischen Sattelschleppers, nach Österreich eingereist. Er habe mehrere Monate hindurch bei einem entfernten Verwandten ohne Beschäftigungsbewilligung gearbeitet. Er sei nicht im Besitz eines Reisepasses und eines Sichtvermerkes. Der mit Eingabe vom 30. März 1992 eingebrachte Asylantrag sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich abgewiesen worden. Die dagegen erhobene Berufung sei noch anhängig. Der Beschwerdeführer sei ledig. Seine Eltern und seine sieben Geschwister lebten in der Türkei. Selbst wenn dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes zustehe, sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei dringend geboten, weil die weitere Gestattung des Aufenthaltes geradezu eine Förderung des Schlepperunwesens bedeuten würde. Das Schwergewicht der familiären Bindungen des Beschwerdeführers liege in der Türkei. Die Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG falle zum Nachteil des Beschwerdeführers aus.
2. Mit Schriftsatz vom 8. September 1993 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes und führte aus, das Bundesministerium für Inneres habe seiner Berufung im Asylverfahren keine Folge gegeben. Mit Bescheid des Arbeitsamtes Linz vom 19. März 1993 sei ihm eine bis 31. Dezember 1993 befristete Beschäftigungsbewilligung erteilt worden. Er stehe in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis. Er habe die deutsche Sprache schon weitgehend erlernt und sich in Linz gut eingelebt. Eine Bindung zu seinem Heimatland bestehe praktisch nicht mehr. Die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes seien weggefallen. Die Interessenabwägung im Sinne des § 20 FrG falle nunmehr zu seinen Gunsten aus.
Mit Schriftsatz vom 8. Oktober 1993 teilte der Beschwerdeführer der erstinstanzlichen Behörde mit, daß der Verwaltungsgerichtshof seiner Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres, mit dem sein Asylantrag abgewiesen worden sei, im Rahmen der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe.
3. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 5. November 1993 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) den Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG ab.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, die Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, seien nicht weggefallen. Die vom Beschwerdeführer behaupteten Umstände seien von ihm während des aufrechten Aufenthaltsverbotes geschaffen worden. Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung sei ihm nicht zugekommen und könne auch durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entstehen. Der Beschwerdeführer lasse zudem das Kernproblem außer acht, nämlich daß es sich bei ihm um einen Fremden handle, der mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet gelangt sei und seinen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet unter allen Umständen und trotz aller behördlichen Maßnahmen erreichen wolle.
4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
II.
1.1. Gemäß § 26 FrG ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.
1.2. Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein relevanter Eingriff im Sinne des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist und - bejahendenfalls - ferner, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0503, mwN).
1.3. Entscheidend ist, daß sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die für seine Erlassung maßgebenden Umstände zugunsten des Fremden geändert haben. Der Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes dient somit nicht dazu, die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, zu bekämpfen. Bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0488, mwN).
2.1. Ausgehend von dieser Rechtslage erweist sich die vorliegende Beschwerde als nicht berechtigt. Wenn auch die Ausführungen der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer sei keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung zugekommen, offenbar auf der Überlegung beruhen, daß der Beschwerdeführer nicht direkt aus der Türkei eingereist ist (siehe §§ 6 Abs. 1 und 7 Asylgesetz 1991), und damit übersehen, daß auf den Beschwerdeführer im Hinblick auf die Anhängigkeit seines Asylverfahrens bei der Behörde erster Instanz nach § 25 Abs. 1 Asylgesetz 1991 die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes geltende Rechtslage (somit auch § 5 Asylgesetz BGBl. Nr. 126/1968) anzuwenden war, ist damit für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Denn ebenso wie die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 5 Asylgesetz der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstand (siehe die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 1992, Zl. 92/18/0237, und vom 30. Juli 1992, Zl. 92/18/0158), stellt sie auch keinen Grund für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes dar. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde im Rahmen der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung beinhaltet demnach keine Änderung der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Umstände im Sinne des Punktes II.1.3.
2.2. Die Tatsache, daß für den Beschwerdeführer eine Beschäftigungsbewilligung bis Ende 1993 erteilt wurde, stellt keine wesentliche Änderung des maßgebenden Sachverhaltes dar, zumal das Fehlen einer Beschäftigungsbewilligung bei Erlassung des Aufenthaltsverbotes keine entscheidende Rolle gespielt hat.
Die Auffassung des Beschwerdeführers, daß die Interessenabwägung nunmehr zu seinen Gunsten ausfalle, kann nicht geteilt werden. Die seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verstrichene Zeit ist zu kurz, um ein hohes Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers in Österreich zu bewirken. Der Beschwerdeführer ist großjährig und unverheiratet. Seine Familienangehörigen (Eltern und Geschwister) befinden sich in der Türkei. Mit der in der Beschwerde aufgestellten Behauptung, er habe einen familienähnlichen Anschluß beim Geschäftsführer und Mitinhaber seiner Dienstgeberin erreichen können, vermag er keine Änderung der für die Interessenabwägung maßgebenden Umstände darzutun, bestand doch dieser Kontakt nach der Aktenlage schon bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes.
3. Aus den dargelegten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993180622.X00Im RIS seit
20.11.2000