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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §66 Abs2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 92/06/0170 93/06/0025Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1. des Dr. Dipl. Ing. IL, 2. der UL und 3. der GL, alle vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, 4. des RL, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in S und 5. der ML, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, jeweils gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 2. Juli 1992, Zl. A 17-K-15.442/1975-47, betreffend einen baubehördlichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: jeweils HK in G, vertreten Dr. R, Rechsanwalt in G, zu Recht erkannt:
Spruch
1. Die Beschwerde der Fünftbeschwerdeführerin (Zl. 93/06/0025) wird als unbegründet abgewiesen.
Die Fünftbeschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. Hingegen wird den Beschwerden der Erst- bis Viertbeschwerdeführer (Beschwerden Zlen. 92/06/0168 und 0170) teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, soweit damit der Auftrag der Baubehörde erster Instanz im Bescheid vom 4. Dezember 1991, das in diesem Bescheid näher bezeichnete Gebäude bestehend aus Kellergeschoß, Erdgeschoß, erstem Obergeschoß und ausgebautem Satteldach, zu beseitigen, behoben wurde.
Im übrigen (dh, soweit der erstinstanzliche Beseitigungsauftrag hinsichtlich der Terrasse und der Anschüttungen behoben wurde) werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Die Landeshauptstadt Graz hat den Erst- bis Drittbeschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- und dem Viertbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der Erst- bis Drittbeschwerdeführer und des Viertbeschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz (kurz: Stadtsenat) vom 10. Dezember 1975 wurde der mitbeteiligten Partei (kurz: Bauwerberin) die Bewilligung zur Errichtung eines eingeschoßigen Wohngebäudes mit Gaststättenräumen im Erdgeschoß und ausgebautem Dachgeschoß auf einem näher bezeichneten Grundstück in Graz erteilt. Die Beschwerdeführer sind die Nachbarn der mitbeteiligten Partei (Eigentümer der angrenzenden Liegenschaft). Die der Baubewilligung zugrundegelegte Widmungsbewilligung war mit Bescheid des Stadtsenates vom 27. Oktober 1975 erteilt worden und sah unter anderem vor, daß das auf dem Bauplatz zu errichtende Gebäude nur Wohn- und Geschäftszwecken (keine lärmerzeugenden Betriebe) dienen dürfe (Punkt 4.). Die Gebäudehöhe wurde mit mindestens 3,0 m und höchstens 4,50 m festgesetzt (Punkt 10.).
Mit Bescheid des Stadtsenates vom 26. Juni 1976 wurde diese Widmungsbewilligung dahin berichtigt, daß das Ausmaß des Bauplatzes richtig 543 m2 (und nicht 743 m2) betrage.
Mit weiterem Bescheid des Stadtsenates vom 15. Juni 1976 wurde (in Änderung dieser Widmungsbewilligung) die maximal zulässige Gebäudehöhe mit 7,50 m festgelegt.
Mit Bescheid des Stadtsenates vom 7. Juli 1976 wurde die Baubewilligung dahin abgeändert, daß anstelle eines ausgebauten Dachgeschoßes die Errichtung eines Vollgeschoßes zugelassen wurde.
Aufgrund eines weiteren Ansuchens der Bauwerberin bewilligte der Stadtsenat mit Bescheid vom 10. August 1977 eine Planänderung (umfassend Veränderungen an der inneren Raumeinteilung des bereits bewilligten Gebäudes sowie beim Ausbau des Dachgeschoßes zu Wohnzwecken). Diesem Bescheid war eine in der Verhandlung vom selben Tag zwischen der Bauwerberin und der Fünftbeschwerdeführerin und dem Rechtsvorgänger der weiteren Beschwerdeführer Ehemann der Fünftbeschwerdeführerin und Vater der Erst- bis Viertbeschwerdeführer) als Nachbarn geschlossener Vergleich vorangegangen, der sich auf das Niveau von Anschüttungen und auf die Errichtung einer Mauer bezog sowie einige weitere Vereinbarungen enthielt.
Die Fünftbeschwerdeführerin und ihr Ehemann erhoben gegen diesen Bescheid Berufung. Mit Bescheid vom 4. Oktober 1979 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, änderte aber aus Anlaß der Berufung den bekämpften Bescheid (durch Umformulierungen und durch weitere Vorschreibungen) ab.
Über Beschwerde der Fünftbeschwerdeführerin und ihres Ehemannes hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12. Dezember 1983 (B 480/79-15) den Bescheid vom 4. Oktober 1979 (infolge Verletzung des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz) auf.
Mit Bescheid vom 4. Juli 1985 gab die belangte Behörde der Berufung der Fünftbeschwerdeführerin und ihres Ehemannes (abermals) keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vom 10. August 1977. Gegen diesen Bescheid erhoben die nunmehrigen Beschwerdeführer (der Ehemann der Fünftbeschwerdeführerin und Vater der weiteren Beschwerdeführer war am 5. Mai 1985 verstorben; sein Nachlaß - darunter auch sein Miteigentumsanteil an der dem Grundstück der Bauwerberin benachbarten Liegenschaft - ging im Erbwege auf die nunmehrigen Beschwerdeführer über) Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung mit Beschluß vom 25. September 1986 ablehnte und sie antragsgemäß mit weiterem Beschluß vom 17. Dezember 1986 dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Diese (in der Folge ergänzte) Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Oktober 1987, Zl. 86/06/0292, als unbegründet abgewiesen (im einzelnen kann hiezu auf die Darstellung in jenem Erkenntnis verwiesen werden).
Mit Bescheid des Stadtsenates vom 30. Jänner 1985 wurde (ausdrücklich) die WIDMUNG bezüglich der Gebäudehöhe neu festgelegt und zwar "bezogen auf das angeschüttete, bestehende Gelände höchstens 7,40 m; bezogen auf das ursprüngliche Gelände höchstens 8,40 m". Im Bescheid heißt es weiter, daß alle übrigen Bebauungsgrundlagen und Auflagen des Widmungsbewilligungs- bescheides und der Widmungsänderungsbescheide (vom 27. Oktober 1975, 26. Jänner 1976 und 15. Juni 1976) vollinhaltlich aufrecht blieben. Die belangte Behörde gab mit Bescheid vom 4. Juli 1985 der dagegen von der Fünftbeschwerdeführerin und ihrem Ehemann erhobenen Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
Aus dem weiteren Verwaltungsgeschehen ist für die vorliegenden Beschwerdeverfahren von Belang, daß die Baubehörde erster Instanz Bedenken an der konsensmäßigen Ausführung des tatsächlich errichteten Gebäudes hegte und bei Zutreffen der Bedenken die Erlassung eines Beseitigungsauftrages erwog (siehe insbesondere den Amtsvermerk vom 31. Mai 1990). Mit Erledigung (Mitteilung) vom 27. Juni 1990 (die sowohl an die Bauwerberin, als auch an die nunmehrigen Beschwerdeführer erging) brachte die Baubehörde erster Instanz zwecks Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis, daß das bestehende Gebäude "keinen Konsens darstelle", weil es in seinen Außenabmessungen und in der Entfernung zur Grundgrenze der Liegenschaft der Beschwerdeführer gegenüber den bewilligten Bauplänen abweiche (Entfernung der nordöstlichen Ecke zur Grundgrenze 3,90 m statt 4 m). Auch stimmten die Gebäudebreite im Nordwesten und die Gebäudefront entlang dem Grundstück der Beschwerdeführer in ihren Abmessungen nicht mit den bewilligten Plänen überein (wird näher ausgeführt). Diese Abweichungen stellten nicht die einzige Diskrepanz zwischen der Ausführung und den bewilligten Bauplänen dar. Die übrigen Abweichungen seien jedoch bewilligungsfähig, vorausgesetzt, daß um deren nachträgliche Bewilligung ordnungsgemäß belegt angesucht werde. Die Unterschreitung eines Mindestabstandes von 4,0 m zur Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführer stelle derzeit aufgrund der Beschaffenheit des ausgeführten Gebäudes einen unauflösbaren Widerspruch zur geltenden Widmung und zu den Vorschriften der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) dar. Gemäß § 70a Abs. 1 BO seien vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, zu beseitigen. Dies würde auf das ausgeführte Gebäude durchaus zutreffen. Gemäß § 70a Abs. 2 BO stehe den Nachbarn das Recht zu, die Beseitigung zu verlangen, wenn die Bauarbeiten nach Abs. 1 die im § 61 Abs. 2 BO genannten Interessen verletzten. Das bedeute, daß die grundbücherlichen Eigentümer des angrenzenden Grundstückes (die Beschwerdeführer) als Parteien im gegenständlichen Verfahren anzusehen seien.
Nach weiteren Erhebungen teilte die Baubehörde
erster Instanz mit Erledigung ("Mitteilung") vom 12. Juli 1990 den Beschwerdeführern und der mitbeteiligten Partei mit, es sei festgestellt worden, daß die an der Südostseite des Grundstückes befindliche Terrasse samt Aufgangsbauwerk keinen Konsens darstelle (wird näher ausgeführt).
Die Beschwerdeführer erstatteten zu diesen beiden Mitteilungen mit Schriftsätzen (jeweils) vom 21. Juli 1990 umfangreiche Äußerungen, in denen sie unter anderem darauf verwiesen, daß der gesetzlich vorgeschriebene Abstand zu ihrem Grundstück nicht eingehalten worden sei, wie auch, daß das Haus (Traufenhöhe) tatsächlich über 10 m hoch sei. Auch erachteten sie sich durch die vorgenommenen Anschüttungen als beschwert, wie (u.a.) auch dadurch daß das Gebäude (im Erdgeschoß) entgegen der Widmung für gastgewerbliche Zwecke verwendet werde.
In weiterer Folge beantragten die Beschwerdeführer mit (gleichlautenden) Schriftsätzen (jeweils) vom 2. September 1991 die "restlose Beseitigung der konsenswidrigen Anschüttung und aller damit in Verbindung stehenden widmungs- und konsenswidrigen Teile". Sie bestünden auf Herstellung des ursprünglichen Grundniveaus, das auf gleicher Höhe wie ihr Grundstück liege.
Zwischenzeitig hatte die mitbeteiligte Partei um baubehördliche Bewilligung von Abweichungen gegenüber den mit Bescheid vom 10. August 1977 bewilligten Bauplänen angesucht und auch vorgebracht (AV vom 5. September 1991) daß die von der Baubehörde angenommene Grundgrenze zur Liegenschaft der Beschwerdeführer nicht den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen entspreche, weil es infolge Ersitzung zu einer Änderung des Grenzverlaufes gekommen sei. Dadurch werde der bauordnungsgemäße Abstand zur Liegenschaft der Beschwerdeführer eingehalten (festzuhalten ist, daß eine Entscheidung über dieses weitere Ansuchen der mitbeteiligten Partei bislang nicht aktenkundig ist).
Mit Bescheid vom 4. Dezember 1991 erteilte die Baubehörde erster Instanz der mitbeteiligten Partei gemäß § 70a BO den Auftrag, das streitgegenständliche Gebäude "bestehend aus Kellergeschoß, Erdgeschoß, 1. Obergeschoß und ausgebautem Dachgeschoß sowie Satteldach, Dachneigung 30o, mit den Ausmaßen L/B/H (Gebäudehöhe laut Bauordnung) = ca. 18,80/9,36/7,33 m, samt Terrasse zu beseitigen", sowie "die bestehende Geländeaufschüttung samt Freitreppe auf dieser Liegenschaft rund um das Gebäude um 1,23 m abzutragen und damit auf ein Niveau von 0,72 m Höhe über der hinteren Gehsteigkante der Göstinger und waagrecht in Richtung Bergstraße verlaufend, zu bringen". Für die Erfüllung der Aufträge setzte die Behörde eine Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides fest.
Begründend wurde ausgeführt, daß mit Bescheid vom 10. Dezember 1975 die plangemäße Errichtung eines teilweise unterkellerten, eingeschossigen Wohngebäudes mit erdgeschossigen Gaststättenräumen und ausgebautem Dachgeschoß auf dieser Liegenschaft bewilligt worden sei. Die plangemäßen Gebäudemaße lauteten L/B/H (Gebäudehöhe laut Bauordnung) = 18,70/9,30/3,70 m, die Höhenlage der Fußbodenoberkante-Erdgeschoß sei gegenüber der G-Straße mit plus 1,02 m bewilligt worden, die Aufschüttung rund um das Gebäude mit 0,72 m gegenüber der G-Straße. Der Abstand sei laut Erdgeschoßgrundriß mit 4,0 m, laut korrigiertem Lageplan mit 3,0 m zum Grundstück der Beschwerdeführer bewilligt worden.
Mit dem Bescheid vom 7. Juli 1976 sei die Errichtung eines Vollgeschosses anstelle eines ausgebauten Dachgeschosses bewilligt worden. Neu sei eine Gebäudehöhe von 7,20 m bewilligt worden, der Abstand zum Grundstück der Beschwerdeführer betrage laut Plänen 4,0 m. Die übrigen Ausmaße sowie die Höhenlage seien laut Plan unberührt geblieben.
Mit dem Bescheid vom 10. August 1977 sei eine Planänderung der inneren Raumeinteilung des bereits bewilligten Gebäudes sowie der Ausbau des Dachgeschosses zu Wohnzwecken bewilligt worden. Die Gebäudeausmaße seien in jenem Verfahren laut Plan unberührt geblieben. Die zeichnerische Darstellung des Geländes differiere in den Ansichten für gleiche Punkte bis zu 0,60 m, ebenso differiere die zeichnerische Darstellung der Anzahl der Stufen der Freitreppe zweichen 7 und 9 Stück, sodaß diese Ansicht in technischer Sicht nicht als Beweismittel herangezogen werden könnten.
Eine ziffernmäßige Höhenkote, wie in den beiden vorher bewilligten Plänen dargestellt, fehle. Laut einem näher bezeichneten Schnitt, der die einzige verläßliche Festlegung darstelle, sei das Gelände in diesem Bereich zum Grundstück der Beschwerdeführer völlig eben geblieben und es sei auch die Fußbodenoberkante des Erdgeschosses über der G-Straße gegenüber den vorherigen Bewilligungen nicht verändert worden.
Als bewilligt gelte daher ein teilunterkellertes, zweigeschossiges Wohngebäude mit erdgeschossigen Gaststättenräumen und einem für Wohnzwecke ausgebauten Dachgeschoß mit den Ausmaßen L/B/H (Gebäudehöhe laut Bauordnung) 18,70/9,30/7,20 m, im Abstand von 4,0 m zur Grundgrenze des Grundstückes der Beschwerdeführer und mit einer Höhe der Fußbodenoberkante des Erdgeschosses von 1,02 m über der Gehsteigoberkante der G-Straße. Die Oberkante der bewilligten Geländeaufschüttung um das Gebäude liege 0,30 m unter der Fußbodenoberkante-Erdgeschoß und gelte daher mit 0,72 m Höhe über der Gehsteighinterkante der G-Straße als bewilligt.
Nach den im Akt befindlichen Naturaufnahmen des Stadtvermessungsamtes vom 22. Juni 1984 und 18. Juni 1990 bestehe in der Natur ein zweigeschossiges Gebäude mit ausgebautem Dachgeschoß mit den Ausmaßen L/B/H (Gebäudehöhe laut Bauordnung) = 18,80/9,36/7,33 m und einer Höhe der Fußbodenoberkante-Erdgeschoß von plus 2,16 m über dem Niveau der G-Straße sowie einer Oberkante des Geländes rund um dieses Gebäude von plus 1,95 m über dem Niveau der G-Straße (Gehsteighinterkante). Der Abstand des Gebäudes von der Grundgrenze zum Grundstück der Beschwerdeführer betrage in der vorderen Giebelfront 4,0 m, an der hinteren Giebelfront 3,90 m. Die Anzahl der Stufen der Freitreppe betrage in der Natur 12 Stück.
In der Gegenüberstellung des bewilligten Gebäudes samt Gelände mit dem in der Natur bestehenden müsse daher festgestellt werden, daß das bestehende Gebäude in Bezug auf seine Außenabmessungen, insbesondere jedoch in Bezug auf seine Höhenlage, sowie auch die bestehende Geländeaufschüttung samt Freitreppe keiner der bisherigen Bewilligungen entspreche, weshalb das Gebäude und die Geländeaufschüttungen samt Terrasse und Freitreppe als konsenslos errichtet zu betrachten seien. Daß die Veränderung der Höhenlage dieses im Bauland gelegenen Grundes sowohl öffentlicher Interessen über die gestalterische Beurteilung (§ 18 BO), sowie nachbarliche Interessen (§ 61 Abs. 2 lit. e BO) in bezug auf die diesen entgegentretende Erscheinung der Gebäudehöhe berühre, und somit gemäß § 57 Abs. 1 lit. f BO bewilligungspflichtig sei, bedürfe wohl keiner näheren Begründung, sollten doch die Abstandsbestimmungen der Steiermärkischen Bauordnung im Zusammenhang mit Gebäudehöhe, etwa schon in wohnhygienischer Sicht die Mindestbesonnung von Nachbarliegenschaften, einem im Städtebau international an erster Stelle stehender Bebauungsgrundsatz für Wohnbauten, garantieren.
Gemäß § 70a BO seien vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden sei, zu beseitigen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Mit Schriftsatz vom 18. Dezember 1991 teilten die Beschwerdeführer der Baubehörde (unter anderem) mit, daß das im Beseitigungsbescheid vom 4. Dezember 1991 angeführte Niveau von 0,72 m gegenüber der G-Straße auf das Straßenniveau von 1975 bezogen werden müsse: im Bereich vor dem Haus der Bauwerberin sei die Straße nämlich im Jahr 1978 um 50 bis 70 cm erhöht worden (verwiesen wurde auf ein beigelegtes Lichtbild). "Staatlich beeidete Techniker" hätten auf Wunsch und Kosten der Beschwerdeführer Vermessungen vorgenommen; demnach wiesen sie darauf hin, daß der Abstand des Gebäudes der Bauwerberin zu ihrer Grundgrenze an der hinteren Giebelfront nicht die im Bescheid angeführten 3,90 m betrage, sondern nur 3,80 m. Auch vom ursprünglich tiefsten Geländepunkt der G-Straße hätte die Gebäudehöhe über 10 m betragen (wird näher ausgeführt). Weiters bestehe die Freitreppe nicht aus 12, sondern sogar aus 13 Stufen.
Die mitbeteiligte Partei erhob gegen den Beseitigungsbescheid vom 4. Dezember 1991 Berufung, in der sie unter anderem auf den Bescheid vom 30. Jänner 1985 verwies (Änderung der Widmungsbewilligung), mit welchem eine Gebäudehöhe bezogen auf das angeschüttete bestehende Gelände von mindestens (richtig: höchstens) 7,40, bezogen auf das ursprüngliche Gelände mit höchstens 8,40 m genehmigt wurde. Demnach sei der bekämpfte Bescheid zu Unrecht ergangen, weil die "Mindesthöhe" nicht überschritten worden sei. Darüber hinaus werde bei den von der Behörde durchgeführten Naturaufnahmen nicht darauf Bezug genommen, inwieweit sich durch Außenputzarbeiten in den Außenmaßen Veränderungen gegenüber einer ursprünglichen Bewilligung ergeben hätten. Hinsichtlich der Aufschüttungen werde darauf verwiesen, daß in den Jahren 1978 und 1979 ein Umbau der G-Straße stattgefunden habe. Die im Bescheid vom 10. August 1977 angeführte Bewilligung hinsichtlich der Geländeaufschüttung könne daher mit dem nunmehrigen Naturzustand nicht verglichen werden, sodaß auch aus nunmehrigen Naturaufnahmen diese Niveauveränderung nicht ersichtlich sei (nicht zutreffend ermittelt werden könne). Demnach seien die Schüttungen bewilligungskonform. Sollte es zu einer positiven Erledigung des von ihr angestrengten "nachträglichen Bewilligungsverfahrens" kommen, sei das von ihr errichtete Gebäude widmungs- und baukonform. Demnach würde sich derartiger Beseitigungsauftrag als verfrüht erweisen.
In einem ergänzenden Schriftsatz an die Baubehörde zweiter Instanz vom 27. April 1992 brachte die mitbeteiligte Partei vor, daß die Baubehörde erster Instanz zu Unrecht eine Abweichung der Außenmaße in der Ausführung gegenüber der Bewilligung gerügt habe, weil allfällige Maßdifferenzen in der zeichnerischen Darstellung im bewilligten Bauplan vom 10. August 1977 zu ihren Gunsten auszulegen seien. Selbst wenn man der Auffassung der Behörde erster Instanz folgte, seien die Abweichungen in der Länge von 10 cm, in der Breite von 6 cm und in der Höhe von 13 cm derart gering, daß die "Identität des Bauwerkes" nicht zweifelhaft erscheine (wird näher ausgeführt). Der Bescheid erster Instanz übersehe, daß mit dem Bescheid vom 30. Jänner 1985 eine Gebäudehöhe, bezogen auf das (damals schon) angeschüttete, (also damit schon) bestehende Gelände mit höchstens 7,40 m bewilligt worden sei. Was allenfalls noch diskussionsverfangen sein könne, sei die Baubewilligung für die Geländeanschüttung; ein solcher Sachverhalt könne jedoch niemals einen Abtragungsauftrag hinsichtlich des gesamten Gebäudes rechtfertigen.
Einem technischen Bericht eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen vom 17. März 1992 samt Planbeilage, den sie in einem vorlege, sei zu entnehmen, daß der Abstand der östlichen Gebäudefront zum Grundstück der Beschwerdeführer an der südlichen Ecke 4,037 m und an der nördlichen Ecke 4,070 m betrage; eine Unterschreitung des Mindestabstandes von 4,00 m liege daher nicht vor.
In diesem technischen Bericht vom 17. März 1992 führt dessen Verfasser aus, er sei von der mitbeteiligten Partei beauftragt worden, den Abstand von der Hausfront ihres Hauses zum Zaun zwischen ihrem (näher bezeichneten) Grundstück und dem Grundstück der Beschwerdeführer festzustellen (die Grundstück sind jeweils mit ihren katastralen Bezifferungen angeführt). Die Haus- und Zauneckpunkte seien als Basis für die Abstandsberechnung am 12. März 1992 polar im Landessystem aufgemessen und berechnet worden. Vom Haus der mitbeteiligten Partei sei das aufgehende Mauerwerk (Putzkanten) mit näher bezeichneten Punkten aufgemessen worden. Vom angeführten Zaun seien nach seiner Feststellung die Punkte 5 (Reste einer fest einbetonierten, verrosteten Winkeleisensäule von
ca. 0,2 m Höhe) und der Punkt 14, das sei ein alter Eisenstab von 3,3 cm, auf einem Betonfundament als ursprüngliche, alte Zaunpunkte anzusehen. Von der Geraden zwischen den Punkten 5 und 14 seien die senkrechten Abstände zum Hauseck Punkt 13 mit aufgerundet 4,04 m und zum Eckpunkt 14 (nach dem Plan allerdings richtig: 1) mit 4,07 m berechnet worden. Zwischen den Punkten 5 und 6 bestehe nur mehr ein loses Drahtgeflecht ohne Zaunsäulen, vom Punkt 6 bis 14 (das ist laut Plan an der G-Straße) ein verfallender Zaun mit losen Winkeleisensäulen.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde (nach dem Akteninhalt: ohne zuvor den Beschwerdeführern das ergänzende Vorbringen der mitbeteiligten Partei und den technischen Bericht samt Plan zur Kenntnis gebracht zu haben) der Berufung der mitbeteiligten Partei "gemäß § 66 Abs. 4 AVG, BGBl. Nr. 1991/51 Folge gegeben" und den angefochtenen Bescheid behoben.
Begründend führte die belangte Behörde aus, § 70a Abs. 1 BO (idF Landesgesetzblatt 1991/42) normiere, daß vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden sei, zu beseitigen seien. Vorschriftswidrig sei jeder Bau, für den sowohl zum Zeitpunkt seiner Errichtung als auch im Zeitpunkt der Auftragserteilung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich gewesen sei bzw. erforderlich sei, eine solche aber nicht vorliege. Daß das betreffende Gebäude nicht konsenslos errichtet worden sei, gehe aus dem angefochtenen Bescheid selbst hervor, der in der Begründung anführe, was für ein Gebäude im vorliegenden Fall als bewilligt zu gelten habe (wird näher wiedergegeben).
Bei einem Vergleich der von der Behörde erster Instanz als bewilligt angenommenen Abmessungen mit den Naturaufnahmen des Stadtvermessungsamtes ergäben sich Überschreitungen in der Länge von 0,10 m, in der Breite von 0,06 m, und in der Höhe von 0,13 m. Offenbar habe auch der Gesetzgeber auf solche, bei der Bauausführung wiederholt auftretende minimale Planabweichungen Bedacht genommen. Im § 69 Abs. 1 BO sei normiert, daß bei einer nicht gänzlichen Übereinstimmung der Bauausführung mit den genehmigten Bauplänen Bauausführungsplänen dem Ansuchen um Endbeschau anzuschließen seien. Unter diesem Aspekt könne wohl nicht davon ausgegangen werden, daß das Gebäude in einer derart veränderten Form errichtet worden sei, daß es gegenüber den genehmigten Plänen als etwas anderes anzusehen und demnach konsenslos errichtet worden sei.
Aus dem aktenkundigen technischen Bericht vom 17. März 1992 samt Planbeilage gehe hervor, daß der Abstand der östlichen Gebäudefront zum Grundstück der Beschwerdeführer an der südlichen Ecke 4,037 m und an der nördlichen Ecke 4,070 m betrage. Aus diesem Grunde sei auch in diesem Punkt eine bewilligungskonforme Errichtung des Gebäudes anzunehmen.
Die Darstellung des Gebäudesverlaufes in Ost-West-Richtung, daß heißt entlang der Gebäudefronten erfolge gemäß dem mit Bescheid vom 10. Dezember 1975 genehmigten Plan, waagrecht verlaufend paralell zur Erdgeschoßebene. Lediglich zur G-Straße hin, das sei im Bereich zwischen der östlichen Gebäudefront und der Straßengrundgrenze sowie zur nördlichen Nachbargrundgrenze stelle sich das Gelände in Bezug auf die Abböschung anders dar und sei damit als konsenswidrige Herstellung anzusehen. Von der Behörde erster Instanz sei lapidar eine Geländeabtragung rund um das Haus gefordert worden, ohne auf die topographischen Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen. Eine konkrete Beschreibung der allenfalls tatsächlich einer weiteren Bewilligungspflicht unterliegenden Geländeveränderung hinsichtlich der ausgebildeten Neigung, insbesondere im straßenseitigen Bereich an der G-Straße sei jedoch unterblieben. Da der Unterschied zwischen den von der Behörde erster Instanz geforderten Maßnahmen zur Beseitigung der konsenslos vorgenommenen Geländeveränderungen und dem tatsächlichen Umfang der hiefür notwendigen Maßnahmen derart differiere, sei der entsprechende Auftrag als unzulässig konkretisiert anzusehen. Aus den dargelegten Gründen sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richten sich die drei vorliegenden Beschwerden jeweils wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (die Fünftbeschwerdeführerin hatte ursprünglich Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluß vom 1. Dezember 1992, Zl. B 1118/92-3, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat).
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt; sowohl die belangte Behörde, als auch die mitbeteiligte Partei haben Gegenschriften erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.
Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer haben unaufgefordert eine Äußerung zu den Gegenschriften erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die drei Beschwerdeverfahren im Hinblick auf den persönlichen und sachlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - hinsichtlich der Fünftbeschwerdeführerin gemäß § 39 Abs. 6 VwGG unter Abstandnahme von der beantragten mündlichen Verhandlung - erwogen:
I.
Zur Beschwerde der Fünftbeschwerdeführerin
(Zl. 93/06/0025):
In ihren (nach Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof auftragsgemäß) ergänzten Beschwerdeausführungen rügt diese Beschwerdeführerin (ausschließlich), daß die belangte Behörde auf das ergänzende Vorbringen der mitbeteiligten Partei im Schriftsatz vom 27. April 1992 im Zuge des Berufungsverfahrens Bedacht genommen und den damit vorgelegten technischen Bericht ihrer Entscheidung zugrundegelegt habe; hiedurch sei sie "in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Parteiengehör hinsichtlich § 65 AVG (§ 37 AVG) sowie auf Aufnahme eines Beweises durch einen Sachverständigen (§ 52 AVG) und auf Einhaltung des gesetzlich gewährleisteten Rechtes auch im Berufungsverfahren ein ordentliches Ermittlungsverfahren durchzuführen (§ 66 AVG)" verletzt worden.
Die Beschwerdeführerin erblickt einen Verstoß gegen § 66 AVG darin, daß die belangte Behörde überhaupt auf das ergänzende Vorbringen der mitbeteiligten Partei Bedacht genommen habe, weil man auch im Verwaltungsverfahren von der Einmaligkeit eines Rechtsmittels auszugehen hätte: es stehe keineswegs im Belieben der Parteien, in einer Vielzahl von Schriftsätzen das Berufungsvorbringen zu ergänzen und zu erweitern. Die belangte Behörde hätte daher den Schriftsatz vom 27. April 1992 als zweite Berufung ansehen und als verspätet zurückweisen müssen. Dem ist zu erwidern, daß auch ein nach Ablauf der Berufungsfrist zur zulässigen Berufung erstattetes Vorbringen von der Berufungsbehörde ebenso zu berücksichtigen ist, wie die mit einem solchen Vorbringen vorgelegten weiteren Unterlagen. Ein Neuerungsverbot derart, wie er der Beschwerdeführerin vorschwebt (Grundsatz der Einmaligkeit der Rechtsmittelschriften ähnlich wie im zivilgerichtlichen Verfahren) ist dem AVG fremd (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September 1978, Slg. 9627 A).
Richtig ist, daß die belangte Behörde durch ihre Vorgangsweise das Parteiengehör der Beschwerdeführerin (zu ihrer Parteistellung siehe die Ausführung zu II.) verletzt hat. Nun führt die Verletzung des Parteiengehörs als Verfahrensmangel nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Ergebnis kommen konnte. Die in dieser Hinsicht erforderliche Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels ist in der Beschwerde darzulegen (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seiten 591 und 610 ff zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Dieser Verpflichtung ist die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen, weil das Beschwerdevorbringen - das sich jeglicher inhaltlichen Auseinandersetzung mit diesem technischen Bericht entzieht - nicht einmal ansatzweise zu erkennen gibt, weshalb die Schlußfolgerungen in diesem technischen Bericht (ein an sich taugliches und zulässiges Beweismittel), die von der belangten Behörde als Sachverhaltungsfeststellungen dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegt wurden, unrichtig sein sollen. Daher vermag die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen weder aufzuzeigen, daß die Behörde im Falle der Gewährung des Parteiengehörs zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, noch aufzuzeigen, daß die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, diesen technischen Bericht durch einen Sachverständigen (§ 52 AVG) auf seine Richtigkeit überprüfen zu lassen.
Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
II.
Zur Beschwerde der Erst- bis Drittbeschwerdeführer
-
Zl. 92/06/0168 und zur Beschwerde des Viertbeschwerdeführers
-
Zl. 92/06/0170:
Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten gemäß § 61 Abs. 2 lit. b, d, e und j iVm § 70a BO verletzt; bei Errichtung des konsenswidrigen Gebäudes seien die Abstände zu ihrer Liegenschaft, die Gebäudehöhe, die Bebauungsdichte und der zulässige Bebauungsgrad nicht eingehalten worden; weiters seien konsenswidrige Aufschüttungen des Geländes bis 1,72 m Höhe vorgenommen worden.
Der Viertbeschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nach § 61 Abs. 2 iVm § 70a Abs. 2 BO, insbesondere in seinen Rechten auf Einhaltung der Abstände und der zulässigen Gebäudehöhe sowie auf Nichtüberschreitung der ortsüblichen Belastungen durch Immissionen, verletzt.
§ 70a der Steiermärkischen Bauordnung, LGBl. Nr. 149/1968 (BO) idF der Novellen LGBl. Nr. 14/1989 und 42/1991 lautet:
"Baueinstellung und Beseitigungsauftrag
(1) Bei Maßnahmen, die ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt werden, ist die Baueinstellung zu verfügen; erforderlichenfalls sind die Bauten oder Teile derselben zu schließen. Vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, sind zu beseitigen. Mündlich verkündete Verfügungen sind schriftlich auszufertigen.
(2) Den Nachbarn steht das Recht zu, die Baueinstellung und die Beseitigung zu verlangen, wenn die Bauarbeiten nach Abs. 1 ihre Interessen (§ 61 Abs. 2) verletzen."
Gemäß § 61 Abs. 2 BO kann ein Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn sich diese auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur den öffentlichen Interessen, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen. Welche Bestimmungen dies sind, ist in lit. a bis k dieser Gesetzesstelle taxativ aufgezählt. Es sind dies die Bestimmungen über
a) das Verbot der Erteilung einer Baubewilligung vor Rechtskraft der Widmungsbewilligung (§ 2 Abs. 1 und § 58 Abs. 1 lit. a);
b) die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan und den Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist (§ 3 Abs. 2);
c)
das Planungsermessen bei Festlegung der Bebauungsgrundlagen (§ 3 Abs. 3);
d)
die Abstände (§ 4 und § 53);
e)
die Gebäudehöhe (§ 5);
f)
den Schallschutz (§ 15 Abs. 1 und § 24);
g)
die Feuer- und Brandmauern (§ 21 Abs. 1);
h)
die Vermeidung einer Brandgefahr, sonstigen Gefährdung und unzumutbaren Belästigungen (§ 39 Abs. 1);
i)
die Abwasserbeseitigung bezüglich Abstände zu Bauten, Brunnen, Quellen, Wasserversorgung und Nachbargrundgrenze (§ 44 Abs. 2);
j)
Baueinstellung und Beseitigung (§ 70a Abs. 2);
k)
die nicht Überschreitung der ortsüblichen Belastungen durch Immissionen (§ 4 Abs. 3, § 24 Abs. 3, § 40 Abs. 5, § 42 Abs. 3, § 44 Abs. 2, § 54 und § 56).
Gemäß § 3 Abs. 3 BO sind in der Widmungsbewilligung der Verwendungszweck der Bauten, die Straßenfluchtlinien, die Baufluchtlinien, die Baugrenzlinien, die Höhenlage der Bauwerke und angrenzenden Verkehrsflächen, die Bebauungsweise, die Bebauungsdichte, der Bebauungsgrad, das Mindest- und Höchstmaß der Gebäudehöhe, die Abstände von anderen Gebäuden und von den Grundgrenzen, Lage und Größe der Freiflächen (Höfe, Gärten, Kinderspielplätze, Abstellflächen für Kraftfahrzeuge und dergleichen), die Grundabtretung für Verkehrsflächen (§ 6) sowie die von der Widmung erfaßte Grundfläche festzusetzen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Beschluß vom 21. Mai 1992, Zl. 92/06/0091 ausgesprochen, daß § 70a Abs. 2 BO den Nachbarn nicht schlechthin das Recht einräumt, die Baueinstellung und die Beseitigung eines konsenslosen Bauwerkes (oder eines Teiles desselben) zu verlangen, sondern nur dann, wenn die Bauarbeiten ihre Interessen im Sinne des § 61 Abs. 2 verletzen. Wenn nun im § 61 Abs. 2 lit. j BO die Baueinstellung und Beseitigung im Sinne des § 70a Abs. 2 BO zu diesen Interessen gezählt wird, so führe dies im Ergebnis zu einer (endlosen) wechselseitigen Verweisung zwischen § 70a Abs. 2 BO und § 61 Abs. 2 lit. j BO. Wie sich aus dem Gesetzesmaterialien aus § 70a Abs. 2 BO ergäbe (verwiesen wurde auf Hauer, Steiermärkisches Baurecht, Seite 229 = nunmehr Steiermärkisches Baurecht2, Seite 251), sollte durch Abs. 2 ein verbesserter Rechtsschutz dahingehend erreicht werden, daß der Nachbar bei konsensloser oder bescheidwidriger Bauführung und Verletzung seiner Interessen einen Rechtsanspruch auf Erlassung der Einstellung- und Beseitigungsverfügung erhalten sollte. Der Verwaltungsgerichtshof hat diese Rechtsansicht in seinen Erkenntnissen vom 9. März 1993, Zl. 93/06/0028 und vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/06/0220 aufrecht erhalten und hält weiterhin daran fest, daß eine bloße Konsenslosigkeit oder Bescheidwidrigkeit der Bauführung noch nicht ausreicht, um dem Nachbarn ein Recht auf eine Maßnahme im Sinne des § 70a Abs. 2 BO und damit Parteistellung zu verschaffen, solange nicht auch eine konkrete Verletzung seiner Interessen (§ 61 Abs. 2 BO) vorliegt und er ein derartiges Nachbarrecht im Sinne des § 61 Abs. 2 lit. a bis i oder k BO geltend macht. Insoweit ist demnach sein Anspruch nach § 70a Abs. 2 BO eingeschränkter als die Baueinstellungs- und Beseitigungsbefugnis der Baubehörde gemäß § 70a Abs. 1 BO.
Das Gesetz räumt dem Nachbarn auch nicht die Befugnis ein, im Verfahren nach § 70a Abs. 2 BO die Rechtmäßigkeit vorliegender Baubewilligungen (allenfalls auch Widmungsbewilligungen) in Frage zu stellen und so auf diesem Wege Baubewilligungsverfahren (allenfalls auch Widmungsbewilligungsverfahren) neu aufzurollen. Hier sei auch darauf verwiesen, daß nach dem Konzept der Steiermärkischen Bauordnung die Widmungsbewilligung - vereinfachend ausgedrückt - die Rahmenbedingungen für das Baubewilligungsverfahren (und damit auch für die Baubewilligung) festsetzt (vgl. § 3 Abs. 3 BO). Steht eine bescheidwidrige Ausführung in Frage, ist daher - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - "nur" zu prüfen, ob (inwieweit) das, was tatsächlich ausgeführt wurde, der Baubewilligung (den Baubewilligungen, also dem bewilligten Projekt) entspricht.
Daraus folgt, daß die Beschwerdeführer in diesem Beschwerdeverfahren zulässigerweise nicht geltend machen können, daß die vorliegenden Baubewilligungen den Widmungsbewilligungen (der Widmungsbewilligung und den Änderungen der Widmungsbewilligung) hinsichtlich Bebauungsgrad, Bebauungsdichte und Verwendungszweck widersprächen, wie auch, daß mit den Baubewilligungen ein zu geringer Seitenabstand zur Liegenschaft der Beschwerdeführer festgesetzt worden sei. Hingegen kann zulässigerweise geltend gemacht werden, daß der bewilligte Abstand unterstritten worden sei, und daß die Höhe (§ 5 BO) des Bauwerkes, aber auch die vorgenommenen Aufschüttungen konsenswidrig seien (letzteres mit Einschränkungen, auf die noch einzugehen sein wird).
Gemäß § 5 BO in der Stammfassung galt als Gebäudehöhe das Maß von der Verschneidung mit dem tiefsten Geländepunkt bis zum Dachsaum; seit der Novelle LGBl. Nr. 12/1985 heißt es "... bis zur Dachtraufe."
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1972, Zl. 1063/71 ausgesprochen, es sei nach der Steiermärkischen Bauordnung 1978 nicht ausgeschlossen, die Gebäudehöhe durch Bezugnahme auf einen konstruierten, in der Natur noch nicht bestehenden Geländepunkt festzusetzen, weil die Höhe des Bauzwecken dienenden Geländes nicht unverrückbar sei (verwiesen wurde auf die Wortfolge "die Höhenlage der Bauwerke" in § 3 Abs. 2 BO und auf § 57 Abs. 1 lit. f BO - jeweils in der damaligen Fassung). Sei die Dachsaumhöhe ohne besondere Benennung eines Bezugspunktes bestimmt worden, so sei die zulässige Dachsaumhöhe unter Zugrundelegung des zur Zeit der Erlassung des Bescheides bestandenen tiefsten Geländepunktes zu berechnen. An diesen Grundsätzen ist festzuhalten. Dies bedeutet, daß bei der Beurteilung, ob die Höhe des ausgeführten Bauwerkes den Baubewilligungen entspricht, grundsätzlich (im Allgemeinen) auf das Niveau des ursprünglichen Geländes Bedacht zu nehmen ist. Wurde in einer Baubewilligung jedoch ein anderer Bezugspunkt festgelegt, ist dieser maßgebend. Eine davon abweichende Widmungsbewilligung vermag daran nichts zu ändern.
Dieser Bezugspunkt war im vorliegenden Fall, wie die Behörde erster Instanz zutreffend erkannt hat, gemäß den dem Baubewilligungsbescheid vom 10. Dezember 1975 zugrundeliegenden Plänen (zumindest) das - damalige - Niveau der G-Straße.
Da die belangte Behörde dies verkannt und darauf nicht Bedacht genommen hat, hat sie es unterlassen, auf das Vorbringen der Beschwerdeführer wie auch der Bauwerberin einzugehen, daß das Niveau der G-Straße und damit des Bezugspunktes in der Natur zwischenzeitig verändert worden sei. Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Frage, ob die Höhe (§ 5 BO) des ausgeführten Bauwerkes dem konsentierten Projekt entspricht, vielmehr nur die Abmessungen oberhalb der Aufschüttungen miteinander verglichen.
Hinsichtlich der Aufschüttungen gilt folgendes: gemäß § 57 Abs. 1 BO bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde "Gebäude, Bauwerke und Anlagen (§ 25 Abs. 3 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974) wie"(die unter Anführungszeichen gesetzten Satzteile wurden der Stammfassung mit der Novelle LGBl. Nr. 67/1987 angefügt) ... f) die Veränderung der Höhenlage eines im Bauland gelegenen Grundes, soweit hiedurch die nachbarlichen und öffentlichen Interessen berührt werden (lit. f in der Stammfassung).
Welche nachbarlichen Interessen (im Sinne des § 57 Abs. 1 lit. f BO) dies sind, ergibt sich nunmehr ebenfalls aus dem taxativen Katalog des § 61 Abs.2 BO (soweit die einzelnen Bestimmungen für Aufschüttungen allenfalls sinngemäß in Betracht kommen). Nur insofern sind die Nachbarn berechtigt, gemäß § 70a Abs. 2 BO die Beseitigung konsensloser oder konsenswidriger Aufschüttungen im Sinne des § 57 Abs. 1 lit. f BO zu verlangen. Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles wäre ein solcher Anspruch allenfalls insoweit zu bejahen, als die Anschüttung einen Einfluß auf die Gebäudehöhe dadurch haben kann, daß im Baukonsens (auch) auf das Niveau der Anschüttung Bezug genommen wird. Eine solche Bezugnahme liegt im Beschwerdefall jedoch nicht vor, weil der sich aus dem Baukonsens ergebende PLANLICHE Bezugspunkt durch allfällige Anschüttungen in der Natur nicht verändert werden kann. Damit ist ein Anspruch der Beschwerdeführer auf Beseitigung der fraglichen Anschüttungen mangels ihrer Eignung, Nachbarrechte zu verletzen zu verneinen.
Gleiches gilt für die straßenseitig auf diesen Anschüttungen errichtete Terrasse.
Die belangte Behörde hat den Bescheid erster Instanz gemäß § 66 (nicht Abs. 2, sondern) Abs. 4 AVG behoben, somit ersatzlos behoben, ohne daß feststünde, ob eine Verletzung von Nachbarrechten im aufgezeigten Sinne in Betracht kommt.
Die Rechtsmeinung der belangten Behörde in der Gegenschrift zur Beschwerdezahl 92/06/0168, daß der Baubehörde
erster Instanz durch die Behebung des erstinstanzlichen Bescheides die Möglichkeit gegeben werde, "durch entsprechende Sachverhaltsermittlungen Klarheit in diese schon nahezu unübersichtliche Angelegenheit zu bringen und die zu erteilenden Aufträge so zu präzisieren, daß diese danach im Wege der Vollstreckung durchgeführt werden können", verkennt, daß die Behebung nach § 66 Abs. 4 AVG (dh. ersatzlos) und nicht nach § 66 Abs. 2 AVG erfolgte, davon abgesehen, daß die Berufungsbehörde grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat und es daher (im Prinzip) Sache der belangten Behörde gewesen wäre, die ihr erforderlich erscheinenden Präzisierungen selbst vorzunehmen. Die Berufungsbehörde hat, wenn der meritorischen Entscheidung der Vorinstanz (auch) ein Antrag der Partei zugrundelag, - abgesehen vom Fall des § 66 Abs. 2 AVG - über diesen Antrag abzusprechen. Eine bloße
-
nicht auf § 66 Abs. 2 AVG gegründete - Behebung
vorinstanzlicher Bescheide hätte nämlich zur Folge, daß die Unterbehörde über den Gegenstand nicht mehr neuerlich entscheiden darf und daß somit der auf die Entscheidung der Vorinstanz bezughabende Parteienantrag unerledigt bliebe (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1993, Zl. 91/04/0148, vom 25. Mai 1993, Zl. 92/04/0263 u.a.m.). Fehlen die rechtlichen Voraussetzungen für eine ersatzlose Behebung der erstinstanzlichen Erledigung und wäre daher ein Abspruch über die dem Bescheid zugrundeliegenden Anträge des Beschwerdeführers vorzunehmen gewesen, ist der Bescheid der Berufungsbehörde mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0044 unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Dezember 1986, Zl. 85/08/0044). Auch wenn man nach dem bereits Gesagten davon ausginge, daß der angefochtene Bescheid (ohnedies) die Sachanträge der Beschwerdeführer erledigt hätte
-
nämlich im abweislichen Sinne - wäre eine gänzliche Abweisung
der Sachanträge der Beschwerdeführer beim gegenwärtigen Aktenstand nicht gerechtfertigt gewesen.
Da den Beschwerdeführern kein Anspruch auf Beseitigung der fraglichen Anschüttungen zukommt, wurden sie, insoweit die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid den erstinstanzlichen Auftrag, die als konsenswidrig angenommenen Anschüttungen zu beseitigen, ersatzlos behoben hat, in keinem Nachbarrecht verletzt, sodaß die Beschwerden in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen waren. Gleiches gilt, wie gesagt, hinsichtlich der Terrasse.
Im übrigen (also hinsichtlich des Auftrages, das Gebäude selbst zu beseitigen) war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Der eingangs aufgezeigte Umstand, daß die Rechte der Nachbarn gemäß § 70a Abs. 2 BO gegenüber den Befugnissen der Behörde gemäß § 70a Abs. 1 BO zurückbleiben, ist in diesem Beschwerdeverfahren deshalb nicht relevant, weil der angefochtene Bescheid (wie auch der Bescheid erster Instanz) diesbezüglich nicht teilbar ist. Infolge dieser Behebung kann der Verwaltungsgerichtshof derzeit die Frage dahingestellt sein lassen, ob das Vorbringen der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift zur Beschwerde Zl. 93/06/0025, wonach ohnedies eine Gebäudehöhe von 7,40 m (und nicht von 7,20 m, wie von den Behörden erster und zweiter Instanz angenommen) bewilligt worden sei, wie sich bei richtigem Verständnis der Baupläne ergäbe, zutreffend ist, als auch, ob die belangte Behörde zutreffend davon ausging, daß der konsentierte Abstand zur Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführer eingehalten wurde oder nicht; die Beschwerdeführer sind aber in nunmehriger Kenntnis des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes an einem diesbezüglichen Vorbringen im fortzusetzenden Berufungsverfahren nicht gehindert.
Jedenfalls wird im fortzusetzenden Verfahren auf geeignete Weise das Niveau des planlichen Bezugspunktes (das szt. Niveau der G-Straße) in der Natur zu ermitteln sein, um eine allfällige Überschreitung der (unter Bedachtnahme auf diesen Bezugspunkt) konsentierten Gebäudehöhe beurteilen zu können; dabei wäre auch auf das Vorbringen der Bauwerberin Bedacht zu nehmen, wonach eine Gebäudehöhe von 7,40 m und nicht von 7,20 m bewilligt worden bzw. der Bezugspunkt des Bescheides vom 10. Dezember 1975 durch die nachfolgenden Baubewilligungsbescheide verändert worden sei. In diesem Zusammenhang sei auch darauf verwiesen, daß eine Verletzung der Bestimmungen über die Gebäudehöhe für sich allein den Nachbarn gem. § 70a Abs. 2 BO nicht dazu berechtigt, die Beseitigung des gesamten Bauwerkes zu begehren, wenn technisch auch eine Reduzierung der Gebäudehöhe durch Teilabbruch möglich wäre.
III:
Die Kostenentscheidung beruht in allen drei Beschwerdefällen auf den § 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung erfolgte hinsichtlich des Viertbeschwerdeführers im Hinblick auf unrichtig verzeichnete Stempelgebühren, im übrigen, weil die Äußerung zur Gegenschrift nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, und deshalb diesbezüglich kein Ersatz der Stempelgebühren zusteht.
Schlagworte
Anwendungsbereich des AVG §66 Abs4 Verhältnis zu anderen Materien und Normen DiversesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992060168.X00Im RIS seit
03.05.2001