TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/31 94/05/0006

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Veröffentlicht am 31.05.1994
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Index

L82000 Bauordnung;
L85003 Straßen Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §56;
AVG §8;
BauRallg;
LStG NÖ 1979 §6 Abs1 idF 8500-3;
LStG NÖ 1979 §6 Abs3;
LStG NÖ 1979 §6 Abs6 idF 8500-3;
LStG NÖ 1979 §6;
LStG NÖ 1979 §6a Abs1 idF 8500-1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des S in M, vertreten durch Dr. H, RA in W, gegen den Bescheid der NÖ LReg vom 8. April 1993, Zl. R/1-V-92103/28, 29 und 30 vom 8. April 1993, betreffend Parteistellung in einem Bewilligungsverfahren nach dem NÖ Landesstraßengesetz (mP: Marktgemeinde X, vertreten durch Dr. N, RA in M), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 2.530,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem am 21. November 1991 bei der Behörde eingelangten Ansuchen beantragte die Mitbeteiligte, die Genehmigung gemäß § 6 Abs. 6 des Niederösterreichischen Landesstraßengesetzes für die Verlegung und den Ausbau der G-Straße (Gemeindestraße) zu erteilen. Das Projekt sieht eine Neutrassierung und den Neubau der G-Straße zwischen der G-Gasse und dem A-Weg vor. Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. Jänner 1993 erteilte diese der mitbeteiligten Marktgemeinde gemäß § 34 Abs. 2 des Niederösterreichischen Landesstraßengesetzes die aufsichtsbehördliche Genehmigung zur Erlassung des Bescheides gemäß § 6 NÖ. Landesstraßengesetz. Mit Bescheid vom 18. Jänner 1993 erteilte der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde dieser die beantragte Straßenbaubewilligung. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden mangels Parteistellung zurückgewiesen. Der dagegen eingebrachten Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 8. April 1993 keine Folge gegeben.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 30. November 1993, Zl. B 1018/93-12, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der über Auftrag ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei Eigentümer eines etwa 10 m vom neu projektierten Kreuzungsbereich entfernten Grundstückes (G-Straße 64 in M), es sei daher eine mögliche Beeinträchtigung seiner Interessen jedenfalls gegeben, sodaß ihm auch Parteistellung zuerkannt werden müßte. Der Verkehr von der neuen G-Straße werde geradeaus in deren Fortsetzung auf Gebiet in M fließen.

Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung beantragt, der Akt wurde zu einem anderen Verfahren (zur hg. Zl. 94/05/0007 protokolliert) vorgelegt. Auch die mitbeteiligte Partei beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Liegenschaft des Beschwerdeführers im Gemeindegebiet von M liegt von der Kreuzung, die durch das gegenständliche Bauvorhaben berührt wird, ca. 10 m entfernt und in der Verlängerung der im Bereich der mitbeteiligten Marktgemeinde neu zu trassierenden G-Straße.

Die Bestimmungen des § 6 Abs. 1, 3 und 6 sowie des § 6 a des NÖ. Landesstraßengesetzes in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung LGBl. 8500-3 haben nachstehenden Wortlaut:

"§ 6

Bauverhandlung, Trassenbegehung, Baubewilligung

(1) Vor Inangriffnahme der Bauarbeiten für die Neuanlage, Umgestaltung oder Umlegung einer Landeshaupt- oder Landesstraße ist eine örtliche Verhandlung und Begehung der Trasse zum Zwecke der Begutachtung des Bauvorhabens vom Standpunkt der durch den Bauentwurf berührten Interessen durchzuführen. Hiebei ist insbesondere auch darauf Bedacht zu nehmen, daß sich die geplante Straße unter Schonung bestehender Natur- und Kunstdenkmale dem Landschaftsbild anpaßt und dem Verkehr, einschließlich eines allfälligen besonderen landwirtschaftlichen Verkehrsbedürfnisses gerecht wird. Weiters ist auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen.

...

(3) Zu der Amtshandlung, die in den durchzogenen Gemeinden durch Anschlag an der Amtstafel durch acht Tage vor dem Verhandlungstag kundzumachen ist, sind außer den Entwurfsvertretern die Durchzugsgemeinden, die sonstigen beteiligten Behörden und Amtsstellen sowie alle bekannten Anrainer und sonstigen Beteiligten, insbesondere auch die in Betracht kommenden Stromversorgungsunternehmungen nachweislich zu laden. Abweichungen vom Bauentwurf, über die bei der Verhandlung eine Einigung erzielt wurde, sind in den der Verhandlung zugrunde liegenden Entwurfsplänen mit blauer Farbe ersichtlich zu machen. Privatrechtliche Einwendungen gegen den Bauentwurf, über die eine Einigung nicht erzielt worden ist, sind zur Austragung auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

...

(6) Bei Neuanlage, Umgestaltung und Umlegung von Gemeindestraßen und Wegen ist das vorangeführte Verfahren durch den Gemeinderat durchzuführen. ... Den Baubewilligungsbescheid erläßt der Gemeinderat."

"§ 6 a

Schutz der Nachbarn

(1) Bei der Planung und beim Bau von Landeshaupt- und Landesstraßen ist vorzusorgen, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr auf Landeshaupt- und Landesstraßen soweit herabgesetzt werden, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann, sofern nicht die Beeinträchtigung wegen der Art der Nutzung des der Landeshaupt- und Landesstraße benachbarten Gebäudes zumutbar ist. Subjektive Rechte werden hiedurch nicht begründet."

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Zl. 89/05/0221, ausgeführt, daß die durch die Novelle LGBl. 8500-1 erfolgte Einfügung des letzten Satzes des § 6 Abs. 1 sowie des § 6 a über den "Schutz der Nachbarn" bewirke, daß nunmehr bei der Begutachtung von Bauvorhaben im Sinne des § 6 Abs. 1 leg. cit. einerseits allgemein "auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen" und andererseits "vorzusorgen sei, daß Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den zu erwartenden Verkehr auf Landeshaupt- und Landesstraßen" in dem umschriebenen Maß "herabgesetzt werden".

Aus der Zusammenschau der Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1 und 6 a Abs. 1 ergibt sich zunächst, daß der Gesetzgeber den näher umschriebenen Schutz der Nachbarn nur beim Bau von Landeshaupt- und Landesstraßen, nicht aber bei Gemeindestraßen vorgesehen hat. Auf die Umweltverträglichkeit hat aber die Behörde auch bei der Neuanlage, Umgestaltung und Umlegung von Gemeindestraßen Bedacht zu nehmen, ohne daß die Nachbarn ein diesbezügliches Mitspracherecht beanspruchen könnten.

Das Niederösterreichische Landesstraßengesetz regelt weder den Begriff des Nachbarn, noch den Parteienbegriff. In § 6 Abs. 1 werden die "durch den Bauentwurf berührten Interessen" angeführt, aus § 6 Abs. 3 ergibt sich, daß zur Amtshandlung alle bekannten Anrainer und sonstigen Beteiligten, insbesondere auch die in Betracht kommenden Stromversorgungsunternehmungen zu laden sind. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich lediglich, daß die Anrainer legitimiert sind, im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren ihre Interessen zu wahren, wobei weder gesetzlich determiniert ist, wer Anrainer ist, noch welcher Art die in Betracht kommenden Interessen sind. In seinem Erkenntnis vom 22. Juni 1993, Zl. 93/05/0032, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, da das Niederösterreichische Landesstraßengesetz im Gegensatz zu Straßengesetzen anderer Länder keine Trassenverordnung vorsehe, finde auch die Festlegung der Trasse im straßenrechtlichen Baubewilligungsverfahren statt. Es liege im Wesen einer derartigen Straßenplanung, daß die Berücksichtigung der Interessen des einen in der Regel zur Beeinträchtigung von Interessen anderer führe. Der dem Straßengesetz vorschwebende Zweck könne nur durch eine Abwägung der in Betracht kommenden Interessen, insbesondere in bezug auf den Verlauf der Straße erreicht werden. In dieser Beziehung müsse den Anrainern, die ja zur Verhandlung zu laden seien, ein Mitspracherecht zuerkannt werden. Zur erforderlichen Abwägung der Interessen bedürfe es der Gegenüberstellung der verschiedenen Möglichkeiten mit ihren Vor- und Nachteilen.

Nun ist aber der Beschwerdeführer, dessen Liegenschaft nicht an die im bisherigen Straßenbaubewilligungsverfahren bewilligte Straße angrenzt, nicht einmal Anrainer im Sinne des § 6 Abs. 3 des Landesstraßengesetzes. Auf Grund der ausdrücklichen Regelung im letzten Satz des § 6 a Abs. 1 leg. cit. stand ihm aber kein Mitspracherecht bezüglich des dort genannten Schutzes von Nachbarn zu. Mit Recht hat daher schon der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Einwendungen des Beschwerdeführers mangels Parteistellung zurückgewiesen.

Durch die Abweisung der Vorstellung ist der Beschwerdeführer daher in keinen Rechten verletzt, die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht Sachverhaltsermittlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050006.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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