TE Vwgh Erkenntnis 1994/6/8 90/12/0223

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Veröffentlicht am 08.06.1994
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §25 Abs2;
BDG 1979 §74 Abs1;
BDG 1979 §74 Abs3;
B-VG Art130 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, über die Beschwerde des NN in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 1. Juni 1990, Zl. 6343/115-II/4/90, betreffend Sonderurlaub (§ 74 BDG 1979), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Bezirksinspektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist der Gendarmerieposten XY.

Das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich (im folgenden LGKdo) gewährte dem Beschwerdeführer für den Besuch des Grundausbildungslehrganges an der Verwaltungsakademie des Bundes für die Verwendungsgruppe B und für den Ressortkurs für die Zeit vom 27. November bis 15. Dezember und vom 18. Dezember bis 22. Dezember 1989 sowie für den Wiederholungskurs vom 15. Jänner bis 19. Jänner und 22. Jänner 1990 Dienstfreistellung nach § 25 Abs. 2 Z. 3 BDG 1979.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 1989 ersuchte der Beschwerdeführer die Dienstbehörde erster Instanz um Gewährung eines Prüfungsurlaubes "im ressortüblichen Ausmaß".

Mit Dienstrechtsmandat vom 15. Dezember 1989 gewährte ihm das LGKdo einen Prüfungsurlaub im Ausmaß von 4 Kalendertagen (23. bis 26. Jänner 1990).

In seiner Vorstellung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, am Kurs nähmen 24 öffentlich Bedienstete, davon 12 aus dem Ressort teil. Mit Ausnahme der Angehörigen der Gendarmerie hätten alle anderen Bediensteten einen längeren Sonderurlaub (10 Kalendertage) erhalten. Selbst im "Polizeibereich" würde den Bediensteten aufgrund eines Erlasses für diesen Fall 10 Arbeitstage an Sonderurlaub gewährt. Da er als Angehöriger der Gendarmerie ebenfalls zum Innenressort gehöre, verstehe er nicht, warum er ein "schlechterer Beamter" als die anderen sei. Er ersuche daher im Sinne einer Gleichbehandlung um Zuerkennung weiterer 5 Arbeitstage.

Im Ermittlungsverfahren nahm der Beschwerdeführer am 24. Jänner 1990 zur Mitteilung des LGKdo vom 16. Jänner 1990 Stellung. Er brachte darin im wesentlichen vor, seiner Auffassung nach müsse die Dienstbehörde ein gewisses Interesse an gutausgebildeten Beamten haben. Trotz des in Vorbereitung und Wiederholung aufgeteilten Kurses bedürfe es einer seriösen Prüfungsvorbereitung, da durch die Art des Gendarmeriedienstes (Nachtdienste, Nachtjournaldienste, unregelmäßige Dienste, Erholungsphasen in der Ersatzruhezeit) keine idealen Voraussetzungen zum Lernen gegeben seien.

Mit Bescheid vom 28. Februar 1990 wies das LGKdo die Vorstellung ab. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, sie erachte das Ausmaß von 4 Kalendertagen Sonderurlaub für den angestrebten Zweck als ausreichend, weil ohnehin der Lehrgang in einen Vorbereitungs- und einen Wiederholungskurs und einen ca. 1-monatigen Zeitraum dazwischen geteilt gewesen sei; bis zum Prüfungstermin (5. und 7. Februar 1990) habe der Beschwerdeführer ausreichend Gelegenheit gehabt, sich auf die Dienstprüfung für die Verwendungsgruppe B vorzubereiten. Außerdem gewähre das LGKdo seit dem Kalenderjahr 1989 für den angestrebten Zweck keine länger als 4 Kalendertage dauernden Sonderurlaube. Die vom Beschwerdeführer mit anderen Ressortangehörigen geforderte Gleichbehandlung sei nicht möglich. Im Bereich der Bundesgendarmerie bestehe derzeit - im Gegensatz zu anderen Bereichen des Ressorts - praktisch kein Bedarf an Beamten der allgemeinen Verwaltung der Verwendungsgruppe B. Die Absolvierung dieser Ausbildung, für die der Dienstgeber Dienstfreistellung gewährt habe, sei eindeutig mehr im Interesse des Beschwerdeführers als dem des Dienstgebers gelegen. Den Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 16. Jänner 1990 könne nicht gefolgt werden. Da im maßgeblichen Erlaß für die Gewährung von Sonderurlauben im Bereich der Bundesgendarmerie der Anlaßfall "Vorbereitung auf die Prüfung der Verwendungsgruppe B" nicht aufgezählt sei, sei ein Vergleich mit anderen Organisationsteilen des Ressorts nicht möglich. Im Aufgabenbereich des Beschwerdeführers als "Funktionsbeamter" des Gendarmeriepostens XY seien die Kenntnisse eines Absolventen der Grundausbildung für die Verwendungsgruppe B der Allgemeinen Verwaltung nur am Rande anwendbar, weshalb sein Argument bezüglich des Interesses an gutausgebildeten Beamten für diese Ausbildung nicht zutreffe. Eine seriöse Vorbereitung sei zwischen Vorbereitungs- und Wiederholungskurs und den Prüfungsterminen unter Einbeziehung des gewährten Sonderurlaubs möglich. Dem Beschwerdeführer sei es freigestellt gewesen, Erholungsurlaub für die Vorbereitung auf die Dienstprüfung zusätzlich zum gewählten Sonderurlaub in Anspruch zu nehmen. Einem Sonderurlaub für den angestrebten Zweck in einer längeren Dauer als 4 Kalendertage stünde auch die für die Bundesverwaltung gebotene Sparsamkeit entgegen. Zusätzlich bestehe derzeit im Bereich des LGKdos aufgrund stark steigender Aufgaben, vor allem wegen der Öffnung der Grenze zur CSSR, ein großer Personalmangel.

In seiner Berufung hielt der Beschwerdeführer seine bisherigen Äußerungen (Vorstellung, Stellungnahme) vollinhaltlich aufrecht. Die Auffassung, "was mir von anderen nicht vorgeschrieben sei, das darf es auch nicht geben" sei unzutreffend. Der herangezogene Erlaß enthalte nur eine informative Aufzählung und sehe im übrigen für die Verwendungsgruppe C ein Höchstausmaß von 10 Tagen Prüfungsurlaub vor. Die beiden Wachkörper Sicherheitswache und Bundesgendarmerie seien miteinander vergleichbar. Dennoch würden die Sicherheitswachebeamten im Bezug auf den Prüfungsurlaub wie die sonstigen Ressortangehörigen (ausgenommen die Gendarmerie) behandelt. Stark steigende Aufgaben lägen in der Natur eines Wachkörpers; dies könne nicht zur Schlechterstellung seiner Angehörigen führen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. Juni 1990 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Wiedergabe der Rechtslage wies sie in der Begründung darauf hin, mangels konkreter Bestimmungen im § 74 BDG 1979, aus welchen Anlässen und für welche Dauer Sonderurlaub gewährt werden könne, seien im Erlaß vom 7. Februar 1983 zur Sicherstellung einer möglichst einheitlichen Vorgangsweise durch die Kommanden allgemeine Richtlinien für die Gewährung von Sonderurlaub festgelegt worden. Unter anderem könnten die Kommanden zur Vorbereitung auf die Dienstprüfung für die Verwendungsgruppen C und D bis zu einem bestimmten Ausmaß Sonderurlaub gewähren; die Gewährung im vollen Ausmaß sei nur dann zulässig, wenn dies dienstlich vertretbar sei und aufgrund der gegebenen Umstände angemessen und notwendig erachtet werde. Da im Bereich der Bundesgendarmerie im Gegensatz zu anderen Ressortbereichen wie zum Beispiel dem Polizeibereich praktisch kein Bedarf an Beamten der Verwendungsgruppe B bestehe, stelle dieser Umstand nach dem zitierten Erlaß für den Gendarmeriebereich keinen Anlaß für die Gewährung von Sonderurlaub dar. Ob und in welchem Ausmaß ein Kommando aus diesem Anlaß dennoch Sonderurlaub gewähre, liege daher ausschließlich in seinem Ermessen. Bei seiner Entscheidung habe das Kommando auch in diesem Fall auf die dienstlichen Interessen und die Angemessenheit der Dauer Bedacht zu nehmen. Obwohl beim Landesgendarmeriekommando keine Planstelle für Beamte der Verwendungsgruppe B vorhanden sei, habe sie dem Beschwerdeführer eine Dienstfreistellung nach § 25 Abs. 2 Z. 3 BDG 1979 für den Kursbesuch und 4 Arbeitstage als Sonderurlaub gemäß § 74 BDG 1979 gewährt. Die Entscheidung der Dienstbehörde erster Instanz (es folgt eine kurze Aufzählung der tragenden Entscheidungsgründe) sei sachlich begründet und entspreche den bestehenden Vorschriften. Da die Ablegung der Prüfung ausschließlich im Interesse des Beschwerdeführers gelegen und für seine Verwendung im Gendarmeriebereich praktisch bedeutungslos sei, erscheine die Dauer der gewährten Dienstbefreiung durchaus angemessen, zumal dem Beschwerdeführer die Konsumierung von Erholungsurlaub ermöglicht worden sei. Da die Ablegung der Prüfung ausschließlich im Interesse des Beschwerdeführers gelegen sei, habe ihm auch zugemutet werden können, sich zumindestens teilweise in seiner Freizeit auf diese vorzubereiten. Die gleiche Behandlung aller Ressortangehörigen sei sachlich nicht vertretbar: Im Gegensatz zu anderen Bereichen bestehe im Bereich der Bundesgendarmerie derzeit kein Bedarf an Beamten der Allgemeinen Verwaltung der Verwendungsgruppe B. Deshalb liege in dem Umstand, daß der Beschwerdeführer für den nicht gewährten Teil des beantragten Sonderurlaubs Erholungsurlaub konsumieren habe müssen, keine Benachteiligung gegenüber anderen Ressortbediensteten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 74 Abs. 1 BDG 1979 kann dem Beamten auf sein Ansuchen aus wichtigen persönlichen oder familiären Gründen oder aus einem sonstigen besonderen Anlaß ein Sonderurlaub gewährt werden.

Nach Abs. 3 leg. cit. darf der Sonderurlaub nur gewährt werden, wenn keine zwingenden dienstlichen Erfordernisse entgegenstehen; er darf die dem Anlaß angemessene Dauer nicht übersteigen.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf gesetzmäßige Entscheidung über den von ihm gestellten Antrag auf Sonderurlaub nach § 74 BDG 1979 durch unrichtige Anwendung dieser Norm sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung (§§ 1 und 8 DVG; §§ 37, 39 und 60 AVG) verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer vor, der Begriff der "öffentlichen Interessen" werde unrichtig ausgelegt. Zwar werde dieser Begriff im § 74 BDG 1979 überhaupt nicht genannt, doch habe die belangte Behörde ihre Ermessensausübung danach ausgerichtet. Der Beschwerdeführer halte das im Rahmen der Ermessenserwägungen grundsätzlich für zulässig. Unzulässig sei es aber, Sonderinteressen eines Teilbereiches der Verwaltung (insbesondere eines Ressorts), die sich in Wahrheit "als funktionsbezogene Egoismen" darstellten, als ausschlaggebende Kriterien für die Ermessensübung heranzuziehen. Die sei jedoch im Beschwerdefall geschehen. Zwar bestehe ein Unterschied zwischen Gendarmerie, die nur eine Organisationsform für eine Sicherheitswache sei, und dem Polizeibereich, in dem auch behördliche Angelegenheiten einbezogen seien. Damit könne ein W-Beamter der Polizei in verschiedene Verwendungen wechseln, die dem Schema der Beamten der Allgemeinen Verwaltung zuzurechnen seien (einschließlich der Verwendungsgruppe B), was für einen W-Beamten der Gendarmerie nicht gelte. Dies sei jedoch für das öffentliche Interesse ohne Belang: Ein Gendarm, der seine Verwendung wechsle, gehe in gleicher Weise der Sicherheitswache verloren, wie ein Polizist, bei dem dies zutreffe. In die neue Verwendung (in der allgemeinen Verwaltung) werde nur der bestqualifizierte Bewerber für den betreffenden Posten übernommen. Aus dieser Sicht sei das öffentliche Interesse zu beurteilen: Strebsamen Beamten solle der Aufstieg ermöglicht werden; dies einerseits, um ihren Leistungwillen nicht zu beeinträchtigen und andererseits, um eine optimale Besetzung gehobener Positionen zu gewährleisten. Die leistungsfähigste Organisation werde dadurch erreicht, daß jedem Mitarbeiter die Erreichung jener Position möglich sei, in der er seine Fähigkeiten voll einsetzen könne. Jede Einschränkung dieses Prinzips bewirke auch eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit der Organisation in ihrer Gesamtheit. Dies habe das BDG 1979 insbesondere in seinem 4. Abschnitt berücksichtigt. Die von der belangten Behörde angestellten Ermessenserwägungen seien nicht gesetzes- und sachkonform, da durch sie eine Behinderung in den Aufstiegsmöglichkeiten erfolge. Neben der Ausbildung gehöre auch die Prüfungsvorbereitung zur Wissensvermehrung; daher liege auch ihre Ermöglichung im öffentlichen Interesse. Nicht zuletzt in Ansehung der Fürsorgepflicht seien auch die Interessen der Dienstnehmer bei Abwägung der Ermessensgründe zu berücksichtigen. Im übrigen verweise er auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1989, Zl. 88/12/0185, in dem betreffend die Gewährung eines Karenzurlaubes an einen Sicherheitswachebeamten zu Ausbildungszwecken zu dessen Gunsten entschieden worden sei.

Dieses Vorbringen ist im Ergebnis berechtigt.

Voraussetzungen für die Gewährung eines Sonderurlaubes sind jedenfalls - wie sich aus dem systematischen Zusammenhang und § 74 Abs. 1 und 3 BDG 1979 ergibt - folgende:

1.

ein Antrag des Beamten auf Gewährung des Sonderurlaubs (zur Bedeutung desselben vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Juni 1976, Zl. 2171/75, vom 25. September 1989, Zl. 89/12/0160 und vom 26. Februar 1992, Zl. 91/12/0049),

2.

das Vorliegen eines wichtigen persönlichen oder familiären Grundes oder eines sonstigen besonderen Anlasses (allgemein zu allen 3 Tatbestandsalternativen:

Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. April 1986, Zl. 85/12/0085; jeweils beschwerdefallbezogen zur Tatbestandsvoraussetzung "besonderer Anlaß": hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 1981, Zl. 12/3257/80, vom 15. Juni 1981, Zl. 12/1311/80 und vom 23. September 1991, Zl. 91/12/0009),

3.

Nichtentgegenstehen zwingender dienstlicher Interessen,

4.

kein Übersteigen der dem Anlaß angemessenen Dauer (zu den unter 3. und 4. genannten Voraussetzungen vgl. die ständige Rechtsprechung beginnend mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1979, Zl. 1555/79 = Slg. 9930/A zum inhaltlich verwandten BDG 1977; zuletzt das Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/12/0009) und

5.

keine sonstigen gesetzlichen Hindernisse wie zum Beispiel die fehlende Verpflichtung zur Dienstleistung für diesen Zeitraum (z.B. wegen Erholungsurlaub bzw. Erkrankung: hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1979, Zl. 2191/78 = Slg. 9739/A; wegen angeordnetem Freizeitausgleich: hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1980, Zl. 2649/79) oder das Vorliegen einer Nebentätigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/12/0009).

Ist auch nur eine der genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist Sonderurlaub nicht zu gewähren; diesfalls besteht kein Ermessen der Dienstbehörde. Die Entscheidung über die Gewährung des Sonderurlaubes und seine Dauer (nach Maßgabe der oben unter 4. genannten Begrenzung) liegt daher erst dann im Ermessen der Dienstbehörde (arg.: "kann" im § 74 Abs. 1 BDG 1979; ständige Rechtsprechung beginnend mit dem hg. Erkenntnis vom 19. September 1979, Zl. 1555/79 = Slg. 9930/A; zuletzt das hg. Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/12/0009), wenn alle Voraussetzungen gegeben sind.

Im Beschwerdefall ist (allenfalls mit Ausnahme des Punktes 4.) unbestritten, daß die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind und die Gewährung eines Sonderurlaubes an den Beschwerdeführer aus Anlaß der Vorbereitung für die Dienstprüfung für die Verwendunggruppe B im Sinne des Gesetzes liegt. Strittig ist ausschießlich die Dauer des gewährten Sonderurlaubes.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ist davon auszugehen, daß die belangte Behörde einerseits die Begründung der Dienstbehörde erster Instanz zur Gänze übernommen (und damit zu ihrer eigenen gemacht) hat, andererseits diese durch eigene Argumente ergänzt hat.

Unklar ist zunächst, ob die belangte Behörde bei der Festlegung der Dauer ihrer Auffassung nach überhaupt im Ermessensbereich gehandelt hat. Die von der Dienstbehörde erster Instanz übernommene Argumentation, der im Ausmaß von 4 Arbeitstagen gewährte Sonderurlaub erscheine "für den angeführten Zweck im Hinblick auf die Gestaltung des Grundausbildungslehrganges (Teilung in Vorbereitungs- und Wiederholungskurs) und die Festsetzung der Prüfungstermine als ausreichend" könnte nämlich dahin verstanden werden, es handle sich dabei um eine dem Anlaß (Prüfungsvorbereitung) angemessene Dauer (im Sinne des § 74 Abs. 3 BDG 1979), die nicht überstiegen werden darf. Andererseits deuten die sonstigen Begründungselemente, insbesondere die Ergänzungen der belangten Behörde (ausschließliches Interesse des Beschwerdeführers an der Ablegung der Dienstprüfung und deren praktische Bedeutungslosigkeit für seine Verwendung im Gendarmeriebereich; Ermöglichung, sich für die Prüfungsvorbereitung Erholungsurlaub zu nehmen und sachlich gerechtfertigte Differenzierung von Ressortangehörigen) - die nicht dem § 74 Abs. 3 BDG 1979 unterstellt werden können - darauf hin, daß die Dauer des gewährten Sonderurlaubs im Rahmen des Ermessens festgesetzt wurde (also innerhalb einer - objektiv verstandenen - anlaßentsprechenden angemessenen Dauer).

Sollte die Behörde von einer gebundenen Entscheidung nach § 74 Abs. 3 BDG 1979 ausgegangen sein, hat sie sich nicht hinreichend mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, das er auch noch in seiner Berufung aufrecht erhalten hat, auseinandergesetzt, die Art seines Dienstbetriebes mache eine seriöse Prüfungsvorbereitung nicht möglich. Ferner kann aus dem organisatorischen Gestaltungsablauf des Ausbildungslehrganges allein nichts für die Angemessenheit der Prüfungsvorbereitungszeit gewonnen werden, wird doch vor allem der Umfang und die Schwierigkeit des Prüfungsstoffes (für beides bildet die Dauer des Grundausbildungslehrganges und die Stundenverteilung auf die einzelnen Prüfungsfächer einen Maßstab) dafür von besonderer Bedeutung sein.

Was den Ermessensbereich betrifft, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ganz allgemein mit Rücksicht auf den Ausnahmecharakter des Sonderurlaubes ein strenger Maßstab anzulegen, weil andernfalls allzu leicht eine gleichheitswidrige Begünstigung von einzelnen Beamten eintreten kann (so die Formulierung im hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 1983, Zl. 83/12/0015; von einer einschränkenden Gewährung der Sonderbegünstigung nach § 74 BDG im Hinblick auf den die Dienstbehörde verpflichtenden Grundsatz der Gleichbehandlung von Beamten gleicher dienst- und besoldungsrechtlicher Stellung spricht z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1979, Zl. 1555/79 = Slg. 9930/A, vom 18. Mai 1981, Zl. 12/3257/80, vom 7. April 1986, Zl. 85/12/0085, und vom 26. Juni 1989, Zl. 88/12/0071 u.a.).

Abgesehen von dieser "allgemeinen" Ermessensrichtlinie teilt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, daß sich im Ermessensbereich die Entscheidung über die Gewährung und die Dauer des Sonderurlaubs (im Rahmen der durch § 74 Abs. 3 BDG 1979 vorgegebenen objektiven Obergrenze) von einer Abwägung aller im Einzelfall relevanten öffentlichen (insbesondere dienstlichen) und privaten Interessen zu leiten lassen hat (so bereits für die Wr DO - vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Jänner 1979, Zl. 1947/78).

Im Beschwerdefall spielt dabei nach der Begründung des angefochtenen Bescheides die mangelnde Bedeutung der Ablegung der Dienstprüfung der Grundausbildung für die Verwendungsgruppe B für die Verwendung des Beschwerdeführers im Bereich der Gendarmerie bei der Interessensabwägung eine besondere Bedeutung. Dabei hat die belangte Behörde jedoch den Zusammenhang mit dem 4. Abschnitt des BDG 1979 (dienstliche Ausbildung) völlig außer Betracht gelassen.

Nach § 25 Abs. 2 BDG 1979 kann der Beamte von der für die Durchführung des Ausbildungslehrganges zuständigen Behörde auf Antrag zu einem Ausbildungslehrgang zugelassen werden, wenn

1.

der erfolgreiche Abschluß der betreffenden Grundausbildung ein Ernennungs- oder Definitivstellungserfordernis für eine von Beamten angestrebte Verwendung bildet,

2.

der Beamte bei sinngemäßer Geltung des § 32 Abs. 2 die für diese Verwendung vorgeschriebenen Ernennungserfordernisse erfüllt und

3.

die Dienstbehörde bestätigt, daß dem Beamten die hiefür allenfalls erforderliche Freistellung gewährt wird; die Dienstbehörde darf diese Bestätigung nur aus zwingenden dienstlichen Gründen verweigern.

Diese Bestimmung soll dem Beamten einen von ihm angestrebten dienst- und besoldungsrechtlichen Aufstieg (unabhängig von seiner jeweiligen tatsächlichen Verwendung) ermöglichen.

Im Beschwerdefall hat die Dienstbehörde dem Beschwerdeführer mangels Vorliegen zwingender entgegenstehender dienstlicher Interessen die für die Teilnahme am Grundausbildungslehrgang erforderliche Freistellung gewährt. Erst mit der Dienstprüfung als erfolgreichem Abschluß der Grundausbildung hat der Beschwerdeführer das Definitivstellungserfordernis nach Punkt 2.4. der Anlage 1 zum BDG 1979 für die Verwendungsgruppe B und damit das Ziel erreicht, das § 25 Abs. 2 (siehe insbesondere dessen Z. 1) BDG 1979 sicherstellen soll. Damit besteht aber zwischen dem besonderen Anlaß für die Gewährung des beantragten Sonderurlaubs im Beschwerdefall (Vorbereitung für die Ablegung der Dienstprüfung als erfolgreicher Abschluß einer Grundausbildung) und dem § 25 Abs. 2 BDG 1979 ein enger Zusammenhang, der auch bei der Ermessensübung nach § 74 Abs. 1 BDG 1979 zu berücksichtigen ist. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes kann in diesem Fall daher dem aus der tatsächlichen Verwendung des Beschwerdeführers und den innerhalb des Gendarmeriedienstes bestehenden (eingeschränkten) Möglichkeiten abgeleiteten mangelnden Interesse an einem Beamten, der die Ernennungs- und Difinitivstellungserfordernisse eines Beamten der Verwendungsgruppe B erfüllt, keine entscheidende Bedeutung für die Ermessensübung nach § 74 Abs. 1 BDG 1979 zukommen.

Da die von der belangten Behörde angestellte wesentliche Überlegung für die Ausübung ihres Ermessens nicht im Sinne des Gesetzes gelegen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der nach ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzler, BGBl. Nr. 416/1991.

Schlagworte

Ermessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1990120223.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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