TE Vwgh Erkenntnis 1994/7/28 91/07/0021

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Veröffentlicht am 28.07.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwRallg;
WRG 1959 §104;
WRG 1959 §105;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §38;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der I-AG, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. November 1990, Zl. 410.335/01-IB/90, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Spruchabschnitt II seines Bescheid vom 1. Februar 1982 hatte der Landeshauptmann von Oberösterreich der Beschwerdeführerin auf Grund einer am 5. Februar 1981 durchgeführten mündlichen Verhandlung die auf die §§ 12, 21, 38, 50, 99, 105, 111, 112 und 138 WRG 1959 gestützte wasserrechtliche Bewilligung für näher umschriebene Aufschüttungen im Traunsee im Bereich zweier näher bezeichneter Grundstücke, sowie für die Errichtung von Gebäuden im Bereich dieser Grundstücke nachträglich erteilt. Unter Punkt 2. der Bedingungen und Auflagen war angeordnet worden, den (im Zuge der Aufschüttungen errichteten) nördlich gelegenen Landsporn zur Gänze abzutragen, und zwar bis auf die Höhe des nördlich und südlich anschließenden Seegrundes, die Ufermauern zu entfernen und die Fundierungspiloten zu ziehen oder auf Seegrund abzuschneiden. Das Einbringen des Materials in den Traunsee war nicht gestattet worden. Unter Punkt 6. der Bedingungen und Auflagen war für die Durchführung dieser Maßnahmen eine Frist bis spätestens 31. Dezember 1984 eingeräumt worden.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, die Abtragung des Landspornes würde einer eingeholten Schätzung zufolge Kosten in der Höhe von nahezu S 500.000,-- verursachen. Die Durchführung der Abtragungsarbeiten sollte erst dann erfolgen, wenn Klarheit darüber bestehe, ob dieser Sporn nicht in ein Sanierungskonzept für die verschlammte Bucht eingebaut werden könne. Auch sollten die Abtragungsarbeiten wirtschaftlich vertretbar sein, d.h. das Abtragungsmaterial sollte an anderer Stelle im Zuge einer Sanierung wieder eingebaut werden können. Die Fristen für den Beginn und die Fertigstellung der Arbeiten sollten auf die "zu jenen Zeitpunkten herrschenden und in wirtschaftlicher und technischer Hinsicht vertretbaren Verhältnisse" abgestimmt werden. Weiters rügte die Beschwerdeführerin, daß die Stellungnahme ihres Vertreters "lt. Verhandlungsschrift Seite 13" im erstinstanzlichen Bescheid keinen Niederschlag gefunden habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. November 1990 änderte die belangte Behörde den erstinstanzlich Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG dahin ab, "daß im Spruchabschnitt II die Auflage 2 auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützt und die Erfüllungs-(Bauvollendungs-)frist mit 31. 12. 1991 neu bestimmt wird". Im übrigen wurde die Berufung abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Behörde erster Instanz habe wohl unter Zugrundelegung des Gutachtens eines Amtssachverständigen richtig erkannt, daß die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung des Landspornes öffentlichen Interessen widerspräche, doch habe sie die sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht. Die Behörde erster Instanz sei berechtigt gewesen, mit einem auf § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 gestützten Entfernungsauftrag vorzugehen, was allerdings aus dem erstinstanzlichen Bescheid nicht klar hervorgehe. Dies sei aber nicht wesentlich, weil der Auftrag in Punkt 2 der Bedingungen und Auflagen des Spruchabschnittes II materiell als "(Teil-)Abweisung" des Ansuchens um nachträgliche wasserrechtliche Genehmigung, verbunden mit einem Auftrag zur Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung, zu interpretieren sei. Dies ergebe sich schon daraus, daß die Behörde erster Instanz diesen Bescheidteil mit einer ansonsten zu gewärtigenden Verletzung öffentlicher Interessen begründet habe. Durch die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Auswechslung bzw. Klarstellung des Rechtsgrundes werde die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten berührt, weil "die Konsequenz bei Rechtskraft in jedem Fall Vollstreckbarkeit" sei, wobei der Beschwerdeführerin materiell alle Rechtsverteidigungsmöglichkeiten gegen den Auftrag zur Entfernung des Spornes offengestanden seien und sie diese auch genützt habe. Den von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Fragen der künftigen Einfügung der aufgetragenen Maßnahmen in einen Bebauungsplan und des Ausmaßes der Entfernungskosten wie auch dem ins Treffen geführten Vorliegen einer naturschutzbehördlichen Bewilligung sei keine Bedeutung zugekommen, weil es nur auf die Wahrung wasserwirtschaftlicher Interessen ankomme. Mit der Festlegung der Erfüllungsfrist auf über ein Jahr sei der Beschwerdeführerin in angemessener Weise die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes ermöglicht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Rücksicht auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides nach dem 1. Juli 1990 hatte die belangte Behörde das WRG 1959 bereits in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 252/1990 anzuwenden (Art. IV Abs. 1 der Novelle).

Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem er der Beschwerdeführerin die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung für die Seeanschüttung erteilte, auch auf § 138 WRG 1959 gestützt. Gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.

Dieser Bescheid ist aber auf Grund seines wesentlichen Inhaltes als wasserrechtlicher Bewilligungsbescheid anzusehen, wobei an dieser Einordnung auch die Zitierung des § 138 WRG 1959 nichts zu ändern vermag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. April 1983, Zl. 83/07/0004).

Gemäß § 105 WRG 1959 kann im öffentlichen Interesse ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen oder nur unter entsprechenden Auflagen bewilligt werden, wenn:

...........

b) eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer

und des Eises .......  zu besorgen ist;

...........

e) die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflußt würde;

f) eine wesentliche . . . .  Beeinträchtigung oder Gefährdung

........ eines Naturdenkmales, der ästhetischen Wirkung eines

Ortsbildes oder der Naturschönheit entstehen kann;

...........

m) eine wesentliche Beeinträchtigung der ökologischen

Funktionsfähigkeit der Gewässer zu besorgen ist.

    Gemäß § 111 Abs. 1 leg. cit. hat die Wasserrechtsbehörde

nach Beendigung aller erforderlichen Erhebungen und

Verhandlungen, wenn der Antrag nicht als unzulässig abzuweisen

ist, über Umfang und Art des Vorhabens und die von ihm zu

erfüllenden Auflagen zu erkennen. Gemäß Abs. 2 dieser

Gesetzesstelle muß das Maß der Wasserbenutzung im Bescheid

durch genaue Beschreibung ....... aller sonst maßgeblichen

Teile der Anlage .......  festgesetzt werden.

Dem erstinstanzlichen Bescheid lag ein umfang- und ausführungsmäßig bestimmtes, durch Planunterlagen belegtes Projekt zugrunde, welches der Behörde mit dem Ersuchen vorgelegt worden war, dieses - also im eingereichten Umfang - wasserrechtlich zu bewilligen. Der Amtssachverständige hat hiezu in der Bewilligungsverhandlung ein Gutachten abgegeben, in dem er die Auffassung vertrat, der im nördlichen Bereich der bereits ausgeführten Aufschüttung errichtete Landsporn mit einer Fläche von rd. 135 m2 verstoße gegen das für Alpenseen wesentliche Erscheinungsbild, zu dem "ein möglichst straff verlaufender Uferbestand" gehöre, "der von den natürlichen Verhältnissen, die im Bereich der Flachufer durchgehende weite Uferformen aufweisen, nicht allzuviel abweichen sollte". Eine von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte künftige großzügige Aufschüttung der Bucht stehe im Widerspruch zu den Intentionen sowohl der Wasserrechtsbehörde als auch der Naturschutzbehörde. Die Abtragung des Landsporns werde daher aufzutragen sein.

Dieses Gutachten hat die Beschwerdeführerin weder zu einer Änderung ihres Vorhabens noch zu einer Zurückziehung ihres Ansuchens bewogen. Dennoch hat die Behörde erster Instanz das eingereichte Projekt wasserrechtlich bewilligt, hiebei aber in Form von Auflagen die Beseitigung des einen Teil des bewilligten Vorhabens bildenden Landspornes aufgetragen. Mit dieser Vorgangsweise wurde der Rahmen der durch die §§ 105 und 111 Abs. 1 WRG 1959 den Wasserrechtsbehörden eröffneten Möglichkeit, ein Unternehmen durch Auflagen entsprechend den Erfordernissen der öffentlichen Interessen zu modifizieren, überschritten. Aus den Vorschriften der §§ 104 und 105 WRG 1959 folgt, daß ein Unternehmen, dessen Ausführung (einschließlich seiner künftigen Folgewirkungen) öffentlichen Interessen zuwiderläuft, abgewiesen werden muß, es sei denn, daß dem Interessenwiderstreit durch Auflagen abgeholfen werden kann, an deren Erfüllung die angestrebte Bewilligung gebunden wird. Solche Auflagen können aber naturgemäß nur eine Modifizierung des zur Bewilligung stehenden Projektes zum Gegenstand haben, nicht aber Maßnahmen, die in den Rahmen des Projektes nicht mehr einzufügen wären oder diesem widersprächen. Denn es ist immer davon auszugehen, daß der Gegenstand eines wasserrechtlich Bewilligungsverfahrens nur ein umfänglich bestimmtes Vorhaben sein kann und daß demgemäß alle aus dem Blickpunkt des § 105 zu setzenden Auflagen auf dieses Vorhaben abgestimmt sein müssen (das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1990, Zl. 89/07/0047, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall wurde die mit Spruchabschnitt II des erstinstanzlichen Bescheides ausgesprochene wasserrechtliche Bewilligung ausdrücklich auch "nach Maßgabe der bei der wasserrechtlichen Verhandlung vorgelegenen und als solche gekennzeichneten Projektsunterlagen" erteilt. Die so umschriebenen, mit einem Genehmigungsvermerk der Behörde erster Instanz versehenen Projektsunterlagen weisen ohne Einschränkung auch den angeführten Landsporn als bewilligten Anlagenteil aus. Schon aus dem Umstand, daß der Landsporn weder in der verbalen Umschreibung noch in der planlichen Darstellung als von der erteilten wasserrechtlichen Bewilligung ausgenommen ausgewiesen wurde, erweist sich der erstinstanzliche Bescheid, der somit einerseits das Projekt uneingeschränkt bewilligt, andererseits die Entfernung des Landsporns in Form einer Bewilligungsauflage anordnet, als in sich widersprüchlich. Gleichzeitig erhellt daraus, daß die von der belangten Behörde vorgenommene Deutung des Spruchabschnittes II des erstinstanzlichen Bescheides als Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung für den Landsporn nicht zutrifft.

Angesichts des im Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen schlüssig aufgezeigten und auf fachlicher Basis nicht widerlegten Widerspruches zumindest eines Teiles der ausgeführten und zur Gänze zur wasserrechtlichen Bewilligung eingereichten Aufschüttung war dieses Projekt einer solchen Bewilligung nicht zugänglich. Durch den angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin zwar die von ihr grundsätzlich angestrebte und mit dem erstinstanzlichen Bescheid erteilte wasserrechtliche Bewilligung nicht widerrufen, doch wurden die das Projekt substanziell einschränkenden Auflagen nicht beseitigt, sondern lediglich insoweit abgeändert, als nunmehr ausdrücklich § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 als deren Rechtsgrundlage angeführt wird. Durch diese ausdrückliche Heranziehung der angeführten Gesetzesstelle wurde aber der dem erstinstanzlichen, in seinen sonstigen Bestimmungen nicht abgeänderten Bescheid anhaftende Widerspruch zwischen der einschränkungslosen Bewilligung des Gesamtvorhabens und der Verpflichtung zur teilweisen Entfernung von - sohin bewilligten - Anlageteilen nicht beseitigt.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage den der Beschwerdeführerin erteilten Entfernungsauftrag lediglich einer bestimmten Rechtsgrundlage zugeordnet hat, anstatt den erstinstanzlichen Bescheid wegen Überschreitung der der Wasserrechtsbehörde zustehenden Projektsgestaltungsbefugnis aufzuheben, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu dessen Aufhebung führen mußte.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991070021.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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