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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M in N, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 27. Mai 1994, Zl. St-167/94, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels vom 4. September 1990 wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 und 2 Z. 7 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes ein bis zum 4. September 2000 befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet Österreich erlassen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 18. Jänner 1994 auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 FrG abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde im wesentlichen davon aus, daß das Aufenthaltsverbot damit begründet worden sei, daß der Beschwerdeführer am 18. Juli 1990 unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne im Besitz eines gültigen Sichtmerkes gewesen zu sein mit einem Schlepper nach Österreich eingereist sei. Der Beschwerdeführer habe darüberhinaus in Österreich keinen ordentlichen Wohnsitz gehabt und auch keine Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes nachweisen können. Er habe in Österreich nie gearbeitet, seine nahen Familienangehörigen seien in der Türkei wohnhaft. Am 18. September 1990 sei der Beschwerdeführer auf dem Luftweg in sein Heimatland, die Türkei, abgeschoben worden. Am 31. März 1991 sei er illegal in das Bundesgebiet eingereist und im Zuge einer Verkehrskontrolle angehalten worden. Nach Bestrafung gemäß § 14b Abs. 1 Z. 1 Fremdenpolizeigesetz sei er außer Landes gebracht worden. Am 16. April 1991 sei er wieder illegal nach Österreich gelangt. Am 24. April 1991 habe er einen Asylantrag gestellt, zu dem ihm die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck eine Bescheinigung über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 5 Abs. 2 Asylgesetz 1968 ausgestellt habe. Dieser Asylantrag sei im Instanzenzug (erstinstanzlicher Bescheid vom 16. Oktober 1991) mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. November 1992 abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe er Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht, der mit Beschluß dieses Gerichtshofes vom 11. Jänner 1993 "im Umfang der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz" aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei. Der Beschwerdeführer sei somit derzeit zum Aufenthalt im Bundesgebiet bis zum Abschluß des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens berechtigt. Als Gründe, die seiner Auffassung nach zur Aufhebung des seinerzeitigen Aufenthaltsverbotes zu führen hätten, habe er geltend gemacht, daß er sich zufolge seiner vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nunmehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und über geordnete Wohnsitzverhältnisse verfüge. Sein Lebensunterhalt sei insofern gesichert, als er aufgrund einer ihm erteilten Beschäftigungsbewilligung Arbeit gefunden habe. Damit würden aber - so heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - jene Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, nur zum eher geringeren Teil erfaßt. Nach wie vor bleibe übrig, daß sich der Beschwerdeführer nun schon zum dritten Mal nach illegalem Grenzübertritt im Bundesgebiet aufhalte. Er versuche offenbar, seinen Aufenthalt im Bundesgebiet zu erzwingen. Durch seine dreimaligen illegalen Einreisen und die darin zum Ausdruck kommende Mißachtung fremdengesetzlicher und grenzkontrollrechtlicher Bestimmungen sei die Annahme gerechtfertigt, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Die Beibehaltung des Aufenthaltsverbotes erscheine unter diesen Umständen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, nämlich eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten. In der Türkei lebten noch die Eltern des Beschwerdeführers, zwei Schwestern, seine Gattin und seine vier Kinder. Somit sei zweifellos eine intensive Bindung zu seinem Heimatland gegeben. Die Dauer seines (erlaubten) Aufenthaltes im Bundesgebiet sei noch immer nicht so lang, daß die seinem Aufenthalt entgegenstehenden öffentlichen Interessen aufgewogen würden, woran nichts ändere, daß er eine Beschäftigung gefunden habe. Intensive familiäre oder sonstige Bindungen zum Bundesgebiet seien nicht zu ersehen. Das Aufenthaltsverbot erweise sich daher nach wie vor als rechtlich richtig (§ 18 Abs. 1 Z. 1 FrG), dringend geboten (§ 19 leg. cit.) und zulässig (§ 20 Abs. 1 leg. cit.). Die Gründe, die seinerzeit zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, seien nicht weggefallen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer verweist darauf, daß seine Wohnsitzverhältnisse geordnet seien und er seit längerer Zeit einer geregelten Beschäftigung nachgehe. Sein Arbeitgeber sei mit ihm sehr zufrieden und an seiner Weiterbeschäftigung interessiert. Diese Umstände sprächen eindeutig für die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde wolle er keinesfalls seinen Aufenthalt im Bundesgebiet erzwingen, er versuche nur, seinen Aufenthalt zu "legalisieren". In einer allfälligen dreimaligen illegalen Einreise nach Österreich komme keinesfalls eine gravierende Mißachtung fremdengesetzlicher und grenzkontrollrechtlicher Bestimmungen zum Ausdruck. Die Annahme, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde, sei nicht gerechtfertigt. Die Beibehaltung des Aufenthaltsverbotes sei auch keinesfalls dringend geboten, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Der Beschwerdeführer habe sich während seiner Aufenthaltszeit in Österreich immer unauffällig verhalten, keine Übertretungen begangen und stelle damit keine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Es sei daher davon auszugehen, daß jene Gründe, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten, mittlerweile weggefallen seien. Das Aufenthaltsverbot sei im wesentlichen zu dem Zweck erlassen worden, die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten. Der Beschwerdeführer habe durch seine doch lange Aufenthaltszeit in Österreich gezeigt, daß er gewillt sei, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten und sich "gesetzentsprechend" zu verhalten. Damit sei gewährleistet, daß sein Aufenthalt in Österreich keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit darstelle. Dazu komme, daß er sich in einem laufenden Asylverfahren befinde und der Verwaltungsgerichtshof seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt habe. Auch dieser Umstand spreche für die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes. Schließlich erblickt der Beschwerdeführer entscheidungswesentliche Begründungsmängel darin, daß sich die belangte Behörde mit den Argumenten in seinem Antrag und seiner Berufung nicht hinreichend auseinandergesetzt habe.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Selbst wenn man ihm zubilligen wollte, daß der dem § 3 Abs. 2 Z. 7 Fremdenpolizeigesetz entsprechende Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG weggefallen sei, wäre für ihn nichts gewonnen. Die belangte Behörde hatte nämlich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 93/18/0633) auch die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände zu beachten. In diesem Zusammenhang fällt der Umstand, daß der Beschwerdeführer zweimal entgegen dem bestehenden Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet eingereist ist, in Anbetracht des hohen Stellenwertes, der einem geordneten Fremdenwesen zukommt (vgl. das schon erwähnte Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 93/18/0633), schwer ins Gewicht. Unter Mitberücksichtigung der schon dem Aufenthaltsverbot im Rahmen der Beurteilung des Gesamt(Fehl)verhaltens des Beschwerdeführers zugrunde gelegten illegalen Einreise am 18. Juli 1990 ist die Auffassung der belangten Behörde, der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 1 FrG die öffentliche Ordnung auf dem Gebiete des Fremdenwesens, ebenso unbedenklich wie ihre weitere Annahme, das Weiterbestehen des Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung des im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zieles der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens im Sinne des § 19 FrG dringend geboten.
Für die hier maßgebende Gefährdung öffentlicher Interessen ist der Umstand, daß sich der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich "immer unauffällig" verhalten habe und - außer Übertretungen fremdenrechtlicher Vorschriften - keine Straftaten begangen habe, nicht von Bedeutung. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung seiner gegen den negativen Asylbescheid erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof geht mit Rücksicht auf § 9 Abs. 1 Asylgesetz 1991 idF Art. II Abs. 2 BGBl. Nr. 838/1992 ins Leere. Nach dieser gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. zur Anwendung kommenden Bestimmung findet das Fremdengesetz mit Ausnahme von hier nicht in Betracht kommenden Vorschriften auch auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung Anwendung.
Die Ausführungen der belangten Behörde zur Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG werden vom Beschwerdeführer nicht bekämpft und begegnen auch seitens des Verwaltungsgerichtshofes keinen Bedenken.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich Begründungsmängel geltend macht, kann auf sein Vorbringen nicht eingegangen werden, weil daraus nicht hervorgeht, mit welchen seiner Argumente sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt habe.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180437.X00Im RIS seit
20.11.2000