TE Vwgh Erkenntnis 1994/9/15 93/06/0172

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.09.1994
beobachten
merken

Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
93 Eisenbahn;

Norm

BauRallg;
B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art15 Abs1;
EisenbahnG 1957 §6 Abs3;
RPG Vlbg 1973 §1 Abs3;
RPG Vlbg 1973 §12 Abs5 lita;
RPG Vlbg 1973 §16 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der Gemeinde Damüls, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 24. Juni 1993, Zl. VIIa-310.18, betreffend eine Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluß vom 9. April 1992 hat die Gemeindevertretung der beschwerdeführenden Gemeinde beschlossen, Teile verschiedener Grundparzellen zwecks Errichtung der Doppelsesselbahn "Oberdamüls" sowie der Vierer-Sesselbahn "Sonnenheim" von derzeit Freifläche in "Bausondergebiet/Lifttrasse" umzuwidmen.

Mit Schreiben vom 26. Mai 1992 stellte die beschwerdeführende Gemeinde bei der Landesregierung den Antrag, diese Änderungen des Flächenwidmungsplanes gemäß § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 6 Vorarlberger Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 15/1973, zu genehmigen. Dem Antrag waren als Beilagen u. a. eine Beschreibung der beiden Projekte durch die Betreibergesellschaft und Lagepläne angeschlossen.

Während die Widmung betreffend die Errichtung der Doppelsesselbahn "Oberdamüls" genehmigt wurde, wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Änderung des Flächenwidmungsplanes, soweit sie "die Errichtung der Vierer-Sesselbahn "Sonnenheim" betrifft", versagt.

Begründend führte die belangte Behörde nach eingehender Wiedergabe der Stellungnahmen des Landschaftsschutzanwaltes und des Sachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz insbesondere aus, daß die Vierer-Sesselbahn "Sonnenheim" eine neue Liftanlage in einem bisher eher extensiv schifahrerisch genutzten Bereich sei.

Das Verfahren habe ergeben, daß sich von der Lage her ein Ausgreifen in eine "neue Landschaftskammer", in der noch keine touristischen Aufstiegshilfen bestehen, ergebe. Es sei daher ein Versagungsgrund nach § 19 Abs. 6 lit. a Vorarlberger Raumplanungsgesetz gegeben, da im Rahmen der Raumordnung auch auf die Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung und die Umweltqualität Bedacht zu nehmen sei und, um diese Ziele zu erreichen, der touristischen Entwicklung Grenzen zu setzen seien. Bei Abwägung der zum Teil entgegengesetzten Interessen sei daher davon auszugehen, daß die betreffende Umwidmung den Zielsetzungen des Raumplanungsgesetzes widersprechen würde und somit der Versagungsgrund nach § 19 Abs. 6 lit. a Raumplanungsgesetz erfüllt sei.

Aus diesen Überlegungen ergebe sich auch, daß ein Versagungsgrund nach § 19 Abs. 6 lit. b Raumplanungsgesetz vorliege, da durch die Ausweitung des Schigebietes in eine neue Landschaftskammer Interessen des Umweltschutzes und des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes verletzt würden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die beschwerdeführende Gemeinde in ihren Rechten auf ein mängelfreies Ermittlungsverfahren und eine nachvollziehbare widerspruchsfreie Bescheidbegründung, sowie die rechtskonforme Anwendung des § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 19 Abs. 6 lit. a und b Vorarlberger Raumplanungsgesetz verletzt erachtet.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Raumplangungsgesetzes, LGBl. Nr. 15/1973, lauten:

"§ 1

Allgemeines

(1) Die Raumplanung ist nach den Bestimmungen dieses Gesetzes durchzuführen.

...

(3) Dieses Gesetz gilt nicht für Angelegenheiten, in denen die Gesetzgebung oder Vollziehung Bundessache ist."

"Flächenwidmungsplan

§ 12

Allgemeines

...

(2) Im Flächenwidmungsplan können folgende Widmungen festgelegt werden: Bauflächen (§ 13), Bauerwartungsgflächen (§ 15), Freiflächen (§ 16), Verkehrsflächen (§ 17) und Vorbehaltsflächen (§ 18). Andere Widmungen sind unzulässig.

...

(5) Im Flächenwidmungsplan sind ersichtlich zu machen:

a) Waldflächen, öffentliche Gewässer, bestehende und geplante Landesstraßen und Bundesstraßen, Genossenschaftsstraßen und öffentliche Privatstraßen von besonderer Verkehrsbedeutung, Eisenbahnen, Flugplätze und bedeutende Versorgungsanlagen wie Hochspannungs-, Gas-, Wasser- und Abwasserleitungen;"

"§ 16

Freiflächen

(1) Als Freiflächen sind alle Flächen zu widmen, die nicht als Bauflächen, Bauerwartungsflächen, Verkehrsflächen oder Vorbehaltsflächen gewidmet werden.

...

(4) Als Sondergebiete können Flächen festgelegt werden, auf denen Gebäude oder Anlagen errichtet werden dürfen, die ihrer Zweckwidmung nach an einen bestimmten Standort gebunden sind, wie zB. Flächen für Kleingärten, gewerbliche Gärtnereien, Erholungs- und Sportanlagen, Campingplätze, Ausflugsgasthöfe, Schutzhütten, Steinbrüche, Kiesgruben, Schießstätten und Sprengmittellager."

"§ 17

Verkehrsflächen

Als Verkehrsflächen sind jene Gemeindestraßen einschließlich der dazugehörigen Anlagen zu widmen, die dem Durchgangsverkehr oder der großräumigen Erschließung des Gemeindegebietes dienen."

"§ 19

Verfahren

...

(6) Der Flächenwidmungsplan bedarf zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Landesregierung. Die Landesregierung hat nach Prüfung der gemäß Abs. 5 vorgelegten Äußerungen, Änderungsvorschläge und Stellungnahmen die Genehmigung durch Bescheid zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan

a) der im § 2 genannten Zeilen oder einem Landesraumplan widerspricht oder sonst rechtswidrig ist, ..."

Der Antrag der Gemeinde Damüls vom 26. Mai 1992 betreffend Genehmigung der Änderung des Flächenwidmungsplanes geht dahin, die Änderung der Flächenwidmung von

Freifläche - Landwirtschaftsgebiet in "Bausondergebiet/Lifttrasse" (offensichtlich gemeint: "Sondergebiet/Lifttrasse") bezüglich von Teilen der Grundstücke 700/1, 610 und 609/1 zuzustimmen.

Auf dem in den Verwaltungsakten enthaltenen Lageplan (von dem nicht ersichtlich ist, ob er jene im Antrag der Gemeinde bezogene Beilage darstellt), ist eine orange eingezeichnete Trasse, die über die genannten Grundstücke führt und mit "Sonnenheim Vierer-Sesselbahn" beschrieben ist, ersichtlich.

Im Antrag der Gemeinde vom 26. Mai 1992 ist auch ausdrücklich darauf Bezug genommen, daß die Umwidmung "zur Errichtung zweier Sesselliftanlagen" erfolge; im angefochtenen Bescheid ist in Übereinstimmung damit von der "Änderung des Flächenwidmungsplanes", "soweit (sie) die Errichtung der Vierer-Sesselbahn "Sonnenheim" betrifft", die Rede.

Damit ergibt sich aufgrund der verbalen Beschreibung, daß die vorgenommene Änderung des Flächenwidmungsplanes - soweit sie vom angefochtenen Bescheid erfaßt ist - die Widmung von bestimmten Grundflächen zur Errichtung des von der Damülser Seilbahnen GmbH & Ko KG ventilierten Projektes, nämlich einer Vierer-Sesselbahn "Sonnenheim" bedeutet.

Da Sessellifte zu den Kleinseilbahnen gemäß § 6 Abs. 3 Eisenbahngesetz zählen (vgl. Zeleny, Eisenbahnplanungs- und Baurecht, 1994, 95 f.) bedeutet die beantragte Umwidmung die Festlegung einer Trasse für eine Anlage, die in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fällt.

Da gemäß § 1 Abs. 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz dieses Gesetz nicht für Angelegenheiten gilt, in denen die Gesetzgebung oder Vollziehung Bundessache ist, ergibt sich im Zusammenhalt mit den in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen (vgl. zB. das Erkenntnis VfSlg. 2674/1954), daß sich konstitutive Festlegungen in Flächenwidmungsplänen nach dem Vorarlberger Raumplanungsgesetz nicht auf Eisenbahnanlagen erstrecken können (vgl. Zeleny, a.a.O., 89, Rill, Betriebe an Bundesautobahnen, ZfV 1980, 100 ff, Melichar, Vom Baurecht zur Raumplanung, in:

Korinek-Krejci, Handbuch des Bau- und Wohnungsrechtes, I-G-1, Seite 4, und Funk, Planungswidersprüche und deren Ausgleich, in: Korinek-Krejci, Handbuch des Bau- und Wohnungsrechtes, I-Mon-1, Seite 9).

Daß auch der Gesetzgeber des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes von dieser Auffassung ausgegangen ist, zeigt § 12 Abs. 5 lit. a des Gesetzes, demzufolge im Flächenwidmungsplan bestimmte Anlagen, so auch Eisenbahnen, lediglich ersichtlich zu machen sind. Offensichtlich in Entsprechung dieser Anordnung sind auch in dem bei den Verwaltungsakten erliegenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde Damüls vom 25. August 1976 in der Legende unter der Überschrift "Ersichtlichmachung (§ 12 Abs. 5 RPG)" eigene Planzeichen für "Personenseilbahn(en)" und "Sessellift(e), Schlepplift(e)" ausgewiesen.

Damit ist die vorgelegte Änderung des Flächenwidmungsplanes insoferne rechtswidrig, als sie gegen § 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 4 Raumplanungsgesetz, wie er im Lichte des § 1 Abs. 3 zu verstehen ist, verstößt. Eine Widmung für Eisenbahntrassen ist aufgrund der genannten Bestimmungen unzulässig.

Die von der beschwerdeführenden Gemeinde vorgelegte Änderung des Flächenwidmungsplanes wäre daher von der Landesregierung bereits aus diesem Grund nicht zu genehmigen gewesen.

Die Versagung der Genehmigung verletzt die beschwerdeführende Gemeinde daher nicht in ihren Rechten. Auf die von der belangten Behörde herangezogenen Gründe für die Versagung der Genehmigung ist bei der dargestellten Rechtslage nicht näher einzugehen. Die Versagung ist schon aufgrund § 1 Abs. 3 Vorarlberger Raumplanungsgesetz in Verbindung mit der dargestellten kompetenzrechtlichen Überlegung, die die Rechtswidrigkeit einer Widmung für Trassen von Sesselliften aufgrund des Raumplanungsgesetzes begründet, geboten.

Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht erfolgt ist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993060172.X00

Im RIS seit

17.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten