Index
L65000 Jagd Wild;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der Jagdgenossenschaft R, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 4. Februar 1994, Zl. 2546/3, betreffend Angliederung (mitbeteiligte Partei: G in F, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I), zu Recht erkannt.
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Angliederung eines Teiles des einen Bestandteil des Eigenjagdgebietes S der mitbeteiligten Partei bildenden Grundstückes 1278/2 im Ausmaß von ca. 3 ha an die Genossenschaftsjagd R gemäß § 8 Abs. 2 des Tiroler Jagdgesetzes 1983 (TJG 1983), LGBl. Nr. 60, abgewiesen. In der Begründung ging die belangte Behörde unter Zugrundelegung des als schlüssig und widerspruchsfrei erachteten, im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachtens davon aus, daß die Angliederung zur ordnungsgemäßen Jagdausübung nicht erforderlich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen hat:
Gemäß § 8 Abs. 2 TJG 1983 sind Grundflächen, die von einem Eigenjagd- oder Genossenschaftsjagdgebiet wenigstens zu drei Vierteln ihres Umfanges umschlossen werden, auf Antrag des Eigentümers der Eigenjagd bzw. auf Antrag der Jagdgenossenschaft diesem Jagdgebiet anzugliedern, wenn es die ordnungsgemäße Jagdausübung erfordert und wenn dadurch die Mindestgröße eines Jagdgebietes nicht verloren geht.
Im Beschwerdefall ist lediglich strittig, ob die ordnungsgemäße Jagdausübung die beantragte Angliederung erfordert. Dies wäre dann der Fall, wenn die Jagd im Sinne des § 11 Abs. 1 TJG 1983 im Genossenschaftsjagdgebiet der Beschwerdeführerin ohne die Angliederungsfläche nicht ordnungsgemäß ausgeübt werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 1986, Zl. 84/03/0369). Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, daß diese Voraussetzung erfüllt sei, weil die auf dem von dem in erster Instanz beigezogenen Sachverständigen angefertigten Plan mit "R" bezeichnete, nördlich des Angliederungsgebietes gelegene Teilfläche des Genossenschaftsjagdgebietes, die einem besonderen Abschußdruck für Schalenwild unterläge, in der Zeit zwischen Oktober/November bis April/Mai nur über das Angliederungsgebiet erreichbar sei, Abschußmöglichkeiten über das Angliederungsgebiet ohne die Angliederung nicht wahrgenommen werden könnten und die Angliederungsfläche ohne Angliederung überhaupt nicht bejagbar sei. Dem ist folgendes entgegenzuhalten:
Wenn die Jagdausübungsberechtigten oder das Jagdschutzpersonal das Jagdgebiet oder Teile desselben nicht auf einer öffentlichen Straße oder auf einem Weg im Sinne des § 42 Abs. 1 TJG 1983 oder nur auf einem unverhältnismäßig großen Umweg erreichen können, hat die Bezirksverwaltungsbehörde gemäß § 44 Abs. 1 leg. cit. mangels Zustimmung des anderen Jagdausübungsberechtigten zu bestimmen, welcher Weg (Jägernotweg) durch das fremde Jagdgebiet zu nehmen ist. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten mangelnden Erreichbarkeit eines Teiles des Genossenschaftsschaftsjagdgebietes kann somit nicht durch Angliederung des zu durchquerenden fremden Jagdgebietes, sondern nur - bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - im Wege der Bestimmung eines Jägernotweges abgeholfen werden. Diese Rechtslage verkennt die Beschwerdeführerin.
Daß die ohne Angliederung nicht gegebene Abschußmöglichkeit über die Angliederungsfläche hinweg zur ordnungsgemäßen Jagdausübung im Jagdgebiet der Beschwerdeführerin erforderlich sei, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Die Ausführungen in der Beschwerde, die Geländebeschaffenheit bringe es mit sich, daß in zahlreichen Fällen Abschußmöglichkeiten vom nördlich des Angliederungsgebietes gelegenen Jagdgebiet der Beschwerdeführerin über das im Mittel nur ca. 100 m breite Angliederungsgebiet hinweg in das südlich der Angliederungsfläche gelegene Gebiet der Beschwerdeführerin gegeben wären, bringen lediglich zum Ausdruck, daß die Abschußmöglichkeit über die Angliederungsfläche hinweg die Jagdausübung im Genossenschaftsjagdgebiet erleichtern würde; daß aber ohne diese Möglichkeit die Jagd nicht ordnungsgemäß ausgeübt werden könnte, wird damit nicht dargetan.
Das Vorbringen, daß die Angliederungsfläche ohne Angliederung überhaupt nicht bejagbar sei, stützt die Beschwerdeführerin darauf, daß es sich beim Angliederungsgebiet um einen Abgrund handle, der von der Eigenjagd S aus nicht zugänglich und auch nicht eingesehen werden könne. Diese Ausführungen stehen im Widerspruch zu dem dem angefochtenen Bescheid zugrundegelegten Gutachten des im Verwaltungsverfahren beigezogenen Sachverständigen, wonach der obere Teil der Angliederungsfläche durchaus von der Eigenjagd aus bejagbar, der untere, großteils mit Stauden bewachsene Teil hingegen von keiner der beiden Jagden aus gut bejagbar sei. Diese Aussage kann durch die gegenteiligen, nicht auf gleicher fachlicher Ebene stehenden bloßen Behauptungen der Beschwerdeführerin nicht entkräftet werden.
Der Beschwerdeführerin ist es somit nicht gelungen, eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Soweit sie Verfahrensmängel rügt, vermag sie nicht darzutun, inwieweit die belangte Behörde bei deren Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, zumal sich auch aus dem von ihr vorgelegten Privatgutachten keine wesentlichen Gesichtspunkte für eine andere rechtliche Beurteilung ergeben. Bezüglich der geltend gemachten Befangenheit eines im erstinstanzlichen Verfahren tätig gewesenen Organwalters ist darauf zu verweisen, daß - selbst - die MITWIRKUNG eines befangenen Organes bei der Entscheidung der ersten Instanz durch eine Berufungsentscheidung ohne Mitwirkung eines befangenen Organes gegenstandslos wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1987, Slg. Nr. 12378/A).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens der mitbeteiligten Partei betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Bildung von Jagdgebieten Genossenschaftsjagdgebiet Gemeindejagdgebiet Gemeinschaftsjagdgebiet Vereinigung und ZerlegungVerfahrensbestimmungen Befangenheit offenbare UnrichtigkeitenVorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote NotwegHeilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im BerufungsverfahrenVerhältnis zu anderen Materien und Normen Befangenheit (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)Einfluß auf die SachentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994030068.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
20.03.2011