TE Vwgh Erkenntnis 1994/10/25 92/05/0250

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Veröffentlicht am 25.10.1994
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Oberösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs1;
BauO OÖ 1976 §41 Abs1 litd;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vositzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des F in D, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. August 1992, Zl. BauR - 010832/1 - 1992 Ki/Lan, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 26. Oktober 1938 bewilligte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde bauliche Abänderungen am Hause F-Platz 13 (Hinterhaus). Der vidierte Plan des 35 m2 großen Gebäudes weist im Erdgeschoß einen Wirtschaftsraum mit einer an der südostseitigen Ecke befindlichen Toilette und ein Magazin aus; im Dachgeschoß soll sich eine Wohnküche und ein Schlafraum befinden. Das Dachgeschoß wird über eine Außentreppe und den Balkon erreicht.

Mit Bescheid vom 29. September 1977 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers, A.K., die beantragte Baubewilligung für den Umbau und für Instandsetzungsarbeiten entsprechend den Projektsunterlagen für das gegenständliche Haus (nunmehr F-Platz 13a). Das Projekt sah vor, daß im Erdgeschoß Änderungen der Raumeinteilung erfolgen, das Obergeschoß durch einen Zubau - beinhaltend eine Sanitärgruppe - auf Kosten des Balkons vergrößert und durch Anhebung des Dachstuhles ein neues Dachgeschoß geschaffen werde. Die Verbindung zwischen den Geschoßen sollte durch eine Wendeltreppe im Inneren des Gebäudes, und zwar durch eine Eisentreppe mit Holzstufen, erfolgen.

Im Februar 1980 erwarb der Beschwerdeführer dieses Gebäude.

Er suchte mehrfach um Verlängerung der Frist für die Fertigstellung des Bauvorhabens an; zuletzt wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 4. März 1986 diese Frist bis 2. Jänner 1988 erstreckt. In der Folge wurde ihm mehrfach, zuletzt mit Schreiben vom 17. Dezember 1990 aufgetragen, für die Umbaumaßnahmen um die Erteilung einer Benützungsbewilligung anzusuchen.

Da der Beschwerdeführer weder um die Erteilung einer Benützungsbewilligung ansuchte, noch Änderungspläne vorlegte, führte die Baubehörde am 8. Mai 1991 an Ort und Stelle eine Verhandlung durch, zu der der Beschwerdeführer unter Bekanntgabe der Angelegenheit (es solle festgestellt werden, welche Umbaumaßnahmen durchgeführt worden seien und ob eine widerrechtliche Benützung des Objektes erfolgte) geladen war.

Dort wurde nachstehender Befund aufgenommen:

"Die Dachkonstruktion über dem Wohnhaus wurde nicht angehoben. Der im Plan dargestellte Zubau im 1. Obergeschoß ist noch nicht ausgeführt, ebenso der Balkon im Dachgeschoß (Ostansicht). Im Erdgeschoß befindet sich ein Wohnraum bzw. Wohnküche. Das Fenster an der Südwestseite besitzt eine Größe von ca. 100 x 120 cm. An der nordwestseitigen Ecke des Wohnraumes wurde ein WC sowie ein Waschraum eingebaut. Eine Duschkabine befindet sich ebenfalls in diesem Raum. Die Entlüftung dieses Raumes führt auf die Nachbarparzelle 51/30. Vom Wohnzimmer führt eine gewendelte Treppe ins 1. Obergeschoß. Diese Stiege wurde in Stahlbeton ausgeführt und besitzt eine Breite von 86 cm. Der Stiegenhandlauf wurde noch nicht montiert. Gegenüber dem eingereichten Plan, datiert mit 9.9. 1977 wurden folgende Änderungen im Erdgeschoß vorgenommen:

1.)

Einbau eines Waschraumes, bzw. WC, Einbau einer Treppe ins 1. Obergeschoß. Diese Treppe wurde seitlich verschoben und liegt jetzt an anderer Stelle als im Plan vorgesehen. Das Fenster an der Südwestseite des Wohnraumes wurde nicht vergrößert. Der Eingang ins Erdgeschoß war im Plan an anderer Stelle vorgesehen.

Die im Plan dargestellten Mauerungsarbeiten wurden nicht durchgeführt, das Fenster an der Südwestseite des Wohn- und Schlafraumes wurde in seiner ursprünglichen Größe belassen. Die Öffnung an der Nordwestseite des Wohn-Schlafraumes wurde nicht eingebaut.

Vom 1. Obergeschoß führt eine steile Holztreppe ins Dachgeschoß. Breite der Treppe 82,00 cm. Der Stiegenhandlauf fehlt. Die Durchgangshöhe bei der Stiege ist zu gering. Im Dachgeschoß befindet sich zur Zeit der Schlafraum. Die Raumhöhe beträgt 2,13 m. Die Kniestockhöhe 91,00 cm. An der Südostseite des Schlafraumes wurden zwei Fenster mit einer Größe von je 120 cm x 78 cm eingebaut.

Die Verkleidung an der Innenseite der Dachschräge sowie die Deckenkonstruktion wurde laut Aussage des Herrn P mit Rigips-Platten durchgeführt, wobei nicht gesagt werden konnte, wieviele Lagen Gipsplatten eingebaut wurden.

Weiters konnte festgestellt werden, daß der Kaminkopf über dem Eternitdach unverputzt ist, daß Sprünge im Mauerwerk bzw., in der Abdeckplatte des Kamines vorhanden sind. Beim Giebelmauerwerk fehlen zum Teil der Außenwandverputz.

Es konnte festgestellt werden, daß der jetzige Bauzustand mit dem eingereichten Projektsplan nicht übereinstimmt."

Mit Bescheid vom 10. Oktober 1991 trug der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde dem Beschwerdeführer auf, binnen einer Frist von vier Wochen nach Rechtskraft des Bescheides nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen oder binnen einer weiteren Frist von acht Wochen nach Ablauf der für das Bewilligungsansuchen festgesetzten Frist die bewilligungslos errichtete bauliche Anlage zu beseitigen. In diesem Bescheid wird die beim Ortsaugenschein aufgenommene Niederschrift zu einem wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt. Plänen aus dem Jahre 1938 könne eindeutig entnommen werden, daß die betreffende Bauführung konsenslos sei.

In seiner dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, daß weder dem genannten Bescheid noch der Niederschrift vom 8. Mai 1991 entnommen werden könne, ob und wann Baumaßnahmen bewilligungslos durchgeführt worden und welche Bauteile konkret zu beseitigen seien.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde bestätigte mit Bescheid vom 2. Juli 1992 den erstinstanzlichen Beseitigungsauftrag mit der Maßgabe, daß dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, für

"1. den Einbau eines Waschraumes mit WC im Erdgeschoß,

              2.              den Einbau einer Stahlbetontreppe vom Erdgeschoß bis ins Obergeschoß und

3.

den Einbau einer Treppe vom Obergeschoß ins Dachgeschoß"

um die Baubewilligung innerhalb der im Erstbescheid des Bürgermeister festgelegten Frist anzusuchen oder innerhalb der weiters festgesetzten Frist diese bewilligungslos errichteten baulichen Anlagen zu beseitigen. Der ordnungsgemäß geführte Bauakt weise den alten Baubestand, die geplanten Umbaumaßnahmen und den derzeitigen Baubestand detailiert aus. Es sei mit Sicherheit festgestellt worden, daß die Umbaumaßnahme erst nach dem Jahr 1980 gesetzt worden sei. Der Spruch zähle nunmehr demonstrativ die den Anlaß für den Auftrag bildenden konsenslos durchgeführten Baumaßnahmen auf.

Der dagegen erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Zur Auslegung des - höchstens unklaren - Spruches des Bescheides vom 2. Juli 1992 sei auch die Begründung des genannten Bescheides heranzuziehen. Der Einbau eines Waschraumes mit WC bzw. der Einbau von Treppen stelle eine Änderung von Gebäuden dar, die von Einfluß auf die hygienischen Verhältnisse bzw. auf die Festigkeit tragender Bestandteile sei und daher gemäß § 41 Abs. 1 lit. d der Oö Bauordnung einer Baubewilligung bedürfe. In Ermangelung einer solchen seien diese Maßnahmen konsenslos vorgenommen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem im § 61 Abs. 1 der Oö Bauordnung normierten Recht verletzt, wonach ihm nur bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen der Auftrag erteilt werden dürfe, entweder nachträglich um Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage zu beseitigen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und

erstattete eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 61 Abs. 1 der Oö Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 (in der Folge BO) lautet:

"(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, so hat sie - unbeschadet der Bestimmungen des § 56 - dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann."

Baupolizeiliche Aufträge nach dieser Bestimmung sind somit an den Eigentümer der baulichen Anlage zu richten; der Beschwerdeführer hat sich schon im Schreiben vom 4. November 1980 als Eigentümer des Bauwerkes bezeichnet. Inwieweit er dadurch in seinen Rechten verletzt wird, daß er von den Baubehörden als "Besitzer" bezeichnet wurde, ist nicht erkennbar, da er seine Eigentümerschaft nie bestritten hat.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung ist ein baupolizeilicher Auftrag hinreichend zu konkretisieren (siehe beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1985, Zl. 85/05/0014, BauSlg. Nr. 442). Zur Auslegung eines unklaren Spruches ist die Begründung heranzuziehen (Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, E 11 zu § 59 Abs. 1 AVG). Eine Formulierung in der Berufungsentscheidung, die zum Ausdruck bringt, daß dem Rechtsmittel nicht Folge gegeben werde, ist im allgemeinen als Erlassung eines mit dem erstinstanzlichen übereinstimmenden Bescheides anzusehen (Hauer-Leukauf aaO, E 201 zu § 66 Abs. 4 AVG). Im Spruch des zweitinstanzlichen Bescheides wird der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben, also wird grundsätzlich ein mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmender Bescheid erlassen.

Gegenstand des erstinstanzlichen Beseitigungsauftrages waren selbstverständlich nur die in der Niederschrift vom 8. Mai 1991 genannten, tatsächlich ausgeführten Baumaßnahmen und nicht etwa jene Teile des am 29. September 1977 bewilligten Projekts, welche nicht zur Ausführung gelangten. Der Berufungsbescheid hat ausschließlich tatsächlich ausgeführte bauliche Anlagen in seinem Spruch präzisiert, sodaß gegenüber dem erstinstanzlichen Bescheid keine Erweiterung vorgenommen wurde. Vielmehr wurde - ganz im Sinne der Berufungsausführungen - durch den Berufungsbescheid dem Gebot, Beseitigungsaufträge hinreichend zu konkretisieren, entsprochen.

Gemäß § 41 Abs. 1 lit. a BO bedarf einer Bewilligung der Baubehörde der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden. Nach lit. d dieses Absatzes ist auch eine nicht unter lit. a fallende Änderung von Gebäuden bewilligungspflichtig, wenn die Änderung von Einfluß auf die Festigkeit tragender Bauteile oder auf die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 AVG bedürfen Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, keines Beweises. Ein Ermittlungsverfahren und konkrete Feststellungen sind hinsichtlich solcher Tatsachen entbehrlich, die ganz allgemein und daher für den zur Rechtskontrolle berufenen Verwaltungsgerichtshof offenkundig sind (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 409 wiedergegebenen Nachweise aus der hg. Judikatur). Daß die Errichtung einer Stiege schon wegen der damit verbundenen Durchbrechung einer Geschoßdecke Einfluß auf die Festigkeit eines Gebäudes ausübt, ist ebenso notorisch wie der Einfluß des Einbaues von sanitären Anlagen auf die hygienischen Verhältnisse; zur Bejahung der Bewilligungspflicht dieser Anlagen bedurfte es keines weiteren Ermittlungsverfahrens (vgl. die bei Hauer-Leukauf aaO, E 11 zu § 45 Abs. 1 wiedergegebenen Beispiele aus der hg. Judikatur).

Wann diese Anlagen tatsächlich errichtet worden sind, ist deswegen ohne Belang, weil sich der Beschwerdeführer dafür auf keine Baubewilligung berufen kann. Die zu beseitigenden Bauteile sind weder durch die Baubewilligung aus 1938 noch durch jene aus 1977 gedeckt. Abgesehen davon, daß die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz durch die mit der Berufung gegebene Möglichkeit der Stellungnahme saniert wird (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 337 wiedergegebenen Nachweise aus der hg. Judikatur) und auch nicht aktenkundig ist, daß dem Beschwerdeführer jemals Akteneinsicht verweigert worden wäre, behauptet er gar nicht, daß unabhängig von diesen beiden Bewilligungsbescheiden eine Baubewilligung für die festgestellten Bauführungen vorliege. Damit liegen aber alle Voraussetzungen für die Erteilung eines Beseitigungsauftrages vor.

Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet, sodaß sie gemäß § 42 Abs. 1 AVG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992050250.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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