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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1993 §41 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des I in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 28. April 1994, Zl. UVS-8/112/3-1994, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger kurdischer Nationalität. Er traf am 2. Februar 1994 mit einem Lkw aus Istanbul kommend in Salzburg ein. Am 9. Februar 1994 brachte er einen Antrag auf Asylgewährung ein. Am 11. Februar 1994 wurde er festgenommen; mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 12. Februar 1994 wurde gegen ihn die Schubhaft verhängt; am 4. März 1994 wurde er aus der Schubhaft entlassen. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. März 1994 wurde dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung bis 1. Juni 1994 erteilt. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 6. April 1994 wurde im Instanzenzug der Asylantrag vom 9. Februar 1994 abgewiesen. Am 22. April 1994 wurde der Beschwerdeführer neuerlich festgenommen und mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 23. April 1994 wurde gegen ihn neuerlich die Schubhaft verhängt. Am 25. April 1994 brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde eine auf § 51 FrG gestützte Beschwerde ein (die belangte Behörde spricht diesbezüglich - offenbar weil sich die Beschwerde gegen die neuerliche Festnahme, die Anhaltung vom 25. April 1994 und die "weitere Anhaltung" in Schubhaft richtete - im angefochtenen Bescheid von Beschwerden).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde vom 25. April 1994 als unbegründet abgewiesen und die Rechtmäßigkeit der Festnahme, der Anhaltung und der "weiteren Anhaltung" des Beschwerdeführers in Schubhaft festgestellt.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 27. September 1994, B 1222/94, die Behandlung einer gegen den angefochtenen Bescheid an ihn gerichteten Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG abgelehnt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer ist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (vgl. die Erkenntnisse vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0410, und vom 25. März 1994, Zl. 94/02/0038), wonach in einem Verfahren nach § 51 FrG - welches grundsätzlich innerhalb einer Woche bescheidmäßig zu erledigen ist -, die Prüfung der Frage, ob der Fremde in ein bestimmtes Land abgeschoben werden darf oder nicht, nicht zu prüfen ist, und zwar unabhängig davon, ob er einen Antrag nach § 54 FrG gestellt hat oder nicht. Diese Frage ist von der Fremdenpolizeibehörde in einem gesonderten Verfahren zu beantworten; einen diesbezüglichen Antrag kann der Beschwerdeführer während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes jederzeit stellen. Wie der vom Beschwerdeführer indirekt angesprochene Fall, daß ein Fremder erst nach Eintritt der Rechtskraft eines gegen ihn verhängten Aufenthaltsverbotes von Gründen im Sinne des § 37 FrG erfährt, zu beurteilen ist, braucht im Beschwerdefall nicht beantwortet zu werden, weil der Beschwerdeführer seinem Vorbringen nach wegen dieser Gründe sein Heimatland verlassen hat und nach Österreich gekommen ist. Die Tatsache, daß ein solcher Antrag gestellt und darin ein bestimmtes Vorbringen erbracht wurde, hindert den unabhängigen Verwaltungssenat nicht, an Hand der im § 41 Abs. 1 FrG normierten Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft zu prüfen, ob die Schubhaft von seiner Entscheidung an - und nach Maßgabe der Beschwerdepunkte - auch schon vorher rechtmäßig oder rechtswidrig war; m.a.W. eine Schubhaft kann rechtmäßig sein, auch wenn in einem Verfahren nach § 54 FrG Gründe vorgebracht wurden, die dem zugrundeliegenden Antrag Aussicht auf Erfolg vermitteln. Solange die begründete Annahme besteht, ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung sei durchzuführen und bedarf aus bestimmten Gründen zu seiner Sicherung der Anhaltung des Fremden in Schubhaft, kann die Schubhaft verhängt bzw. aufrechterhalten werden, auch wenn der Beschwerdeführer diesen Vorgang polemisch als "vorsorgliche Schubhaft auf Vorrat" bezeichnet. Sollte sich hingegen in einem Verfahren nach § 54 FrG herausstellen, daß die Abschiebung in den nach den Ergebnissen des Administrativverfahrens ALLEIN als Aufnahmeland in Betracht kommenden Zielstaat, zu deren Sicherung die Schubhaft verhängt worden ist, unzulässig ist, wird dies rechtliche Konsequenzen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft von diesem Zeitpunkt an zeitigen müssen.
Dem Beschwerdeführer ist ferner zu entgegnen, daß der unabhängige Verwaltungssenat die ihm gestellte Frage auf Grund der Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu fällen hat. Er hat dabei von der Rechtskraft bzw. Durchsetzbarkeit von Bescheiden der Fremdenpolizeibehörden auszugehen und braucht keine Spekulationen darüber anzustellen, welchen Ausgang Rechtsmittelverfahren, insbesondere Verfahren vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, nehmen werden. Insbesondere sind keine Mutmaßungen darüber erforderlich, wie die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts über Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entscheiden könnten.
Ferner ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer am 22. April 1994 um 20.15 Uhr wegen Betretung bei einer Verwaltungsübertretung auf frischer Tat (dem unberechtigten Aufenthalt in Österreich) festgenommen wurde und ihm bereits am nächsten Tag der Schubhaftbescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg zugestellt wurde. Daß er nicht bereits in der Nacht vom 22. auf den 23. April 1994 einvernommen und über die Gründe für die Festnahme in förmlicher Weise in Kenntnis gesetzt wurde, macht seine Festnahme und Anhaltung bis zur Zustellung des Schubhaftbescheides nicht rechtswidrig. Das Verlangen des Beschwerdeführers, vor seiner Festnahme hätte bereits ein Schubhaftbescheid vorbereitet sein und ihm bei seiner Festnahme ausgehändigt werden müssen, ist insbesondere im Hinblick auf den ihn betreffenden Sachverhalt (er wurde aus Anlaß der fremdenpolizeilichen Kontrolle der Wohnräume eines türkischen Vereines festgenommen) geradezu unverständlich.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behaupteten Rechtsverletzungen nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994020261.X00Im RIS seit
11.07.2001