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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des S in N, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 8. Juli 1993, Zl. LAS-79/92-80, betreffend Minderheitsbeschwerde (mitbeteiligte Partei: Agrargemeinschaft N, vertreten durch Obmann H), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Ausschuß der mitbeteiligten Partei (kurz: mP) faßte am 6. November 1992 unter Punkt c: "E.J., M. 330 - Ansuchen um käufliche Überlassung einer Teilfläche aus GP 1501" folgenden Beschluß:
"Der Ausschuß beschließt einstimmig, die im vorliegenden Teilungsentwurf "gelb" gekennzeichnete Teilfläche im Ausmaß von 46 m2 aus der Gp. 1501 käuflich an J.E., N.-M. 330, zum Kaufpreis von S 590,-- (i.W. fünfhundertneunzig) je m2 abzutreten. Sämtliche anfallenden Kosten gehen zu Lasten von
J.E."
Ferner faßte der Ausschuß der mP in derselben Sitzung den Beschluß auf Aufhebung des Ausschußbeschlusses vom 29. November 1991, Punkt 3 der Tagesordnung betreffend einen "Grundverkauf im Bereich Sch." an die TIWAG wegen Abstandnahme von diesem Grundverkauf durch diese Gesellschaft.
Gegen diese Beschlüsse erhob der Beschwerdeführer Einspruch.
Mit Bescheid vom 21. Jänner 1993 hat das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) die Einsprüche gemäß § 37 Abs. 1 und 2 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes (TFLG) als unbegründet abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 37 Abs. 1 und 2 TFLG als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde unter anderem aus, daß das Ermittlungsverfahren durch Vornahme eines "Lokalaugenscheines durch Beauftragte des LAS" mit Vertretern der mP ergänzt wurde.
Die an J.E. verkaufte Teilfläche der mP sei im Teilungsplan des Dipl.Ing. M.O. vom 28. August 1991, GZ 20216/91-A, als Teilfläche 1 dargestellt und sollte mit Fläche Gp 1502/2 KG N., die im Eigentum des Käufers J.E. stehe, vereinigt werden. Die Kauffläche sei schon seit ca. 30 Jahren zu Gst. 1502/2 dazugezäunt. J.E. möchte diese Fläche nun auch für Arrondierungszwecke (Gewinnung von Abstandsflächen) zu seiner Baufläche dazuerwerben. Die Hangneigung der "Kauffläche" betrage 80 %, der westlich angrenzende Hang sei bewaldet. Entlang der neuen Grundstücksgrenze führe ein Wander- und Viehtriebsweg in Richtung B.-Höfe. Nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde N. würde die angrenzende Waldfläche im Freiland liegen. Mit Bescheid der AB vom 7. September 1989 sei das Gst 1502/2 mit Bp. 731 in die Widmungsart Bauland "Kerngebiet" umgewidmet worden. Nach diesem Plan sei die Teilfläche 1 des Gst. 1501 noch als Freiland ausgewiesen. Der Plan enthalte lediglich den Vermerk, daß der gegenständliche Grundkauf geplant sei. Der Grundpreis mit S 590,-- pro Quadratmetern für die Verkaufsfläche sei gleich dem derzeit gültigen Kaufpreis im Siedlungsgebiet G.
Die belangte Behörde vertrete in Übereinstimmung mit der AB die Meinung, daß für die Agrarbehörde als Aufsichtsbehörde über die mP kein Grund für ein aufsichtsbehördliches Einschreiten, etwa in Form der Behebung des Beschlusses, aus Anlaß des Einspruches des Beschwerdeführers bestehe. Durch den vorgesehenen Grundkauf an J.E. könnten weder für die mP selbst noch für die Mitgliedschaftsrechte des Beschwerdeführers unvertretbare Nachteile erblickt werden. Die Verkaufsfläche sei schon wegen des geringfügigen Ausmaßes, aber auch wegen der starken Hangneigung selbständig nicht bebaubar. Abgesehen davon sei die Fläche Freiland und an eine Verbauung derselben derzeit nicht zu denken. Wegen der Steilheit der Fläche seien auch land- und forstwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeiten stark eingeschränkt.
Trotzdem habe die mP diese Teilfläche um einen Preis verkauft, welchen sie sonst für die Siedlungsgebiete in G. verlange. Der Grundpreis von S 590,-- pro m2 erscheine daher aufgrund der aufgezeigten Umstände mehr als angemessen.
Wenn der Beschwerdeführer bei Grundverkäufen eine Besserstellung von Mitgliedern der mP gegenüber Nichtmitgliedern verlange, müsse gesagt werden, daß für eine solche Bevorzugung weder in den Bestimmungen des TFLG noch in den "Verwaltungssatzungen" der mP eine entsprechende Grundlage vorgesehen sei. Dieses Begehren gehe daher ins Leere.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Die mP erstattete keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 12 der Satzungen der mP gehören zum Wirkungskreis des Ausschusses alle Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich einem anderen Organ vorbehalten sind, so insbesondere die Beschlußfassung über Grundverkäufe, die nicht das Ausmaß einer Bauparzelle erreichen. Werden bei solchen Grundverkäufen von seiten der Anrainer Bedenken erhoben, obliegt die Beschlußfassung der Vollversammlung.
Gemäß § 11 Abs. 2 der vorgenannten Satzungen können die Mitglieder der Agrargemeinschaft gegen Ausschußbeschlüsse während der Dauer des Anschlages Einspruch erheben.
Gemäß § 37 Abs. 1 TFLG unterliegen die Agrargemeinschaften der Aufsicht der Agrarbehörde. Die Aufsicht erstreckt sich auf
a) die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes und der Satzungen,
b) die Zweckmäßigkeit der Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke und des sonstigen Vermögens der Agrargemeinschaft.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. entscheidet über Streitigkeiten, die zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen ihren Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen, die Agrarbehörde unter Ausschluß des Rechtsweges.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinen Rechten auf aufsichtsbehördliches Einschreiten der Agrarbehörde gemäß § 37 Abs. 1 TFLG" verletzt. Der angefochtene Bescheid sei wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und infolge seines Inhaltes aufzuheben.
Das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde sei in entscheidungswesentlichen Punkten unzulänglich geblieben. Der vom Beauftragten der belangten Behörde mit Vertretern der mP am 12. Mai 1993 durchgeführte, das Ermittlungsverfahren ergänzende "Lokalaugenschein" reiche nicht aus, um eine "umfassende und gänzliche Überprüfung" vornehmen zu können. Aus dem angefochtenen Bescheid ergebe sich nämlich keineswegs, daß "gleichzeitig auch ein Schätzmeister anwesend" gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei von der mP eine Teilfläche von 490 m2 aus GP 2009/1 im Bereich der A.-Alm zum Kaufpreis von S 700,-- je m2 angeboten worden. Die A.-Alm sei Freiland und könne "zweifellos nicht mit dem gegenständlichen Grund verglichen werden". Der auf der A.-Alm angebotene Grund sei mit "Nutzungsrechten belastet" und "daher zweifellos billiger". Dennoch habe die mP "offensichtlich" einen höheren Kaufpreis angenommen wie jener, der dem gegenständlichen Kauf zugrundegelegt worden sei und "damit sogar auch eine Schlechterstellung eines Mitgliedes zu einem Nichtmitglied" der mP herbeigeführt. Die Beiziehung eines Schätzmeisters hätte dazu geführt, daß ein höherer Kaufpreis herangezogen hätte werden müssen.
Insoweit der Beschwerdeführer die "Verletzung in seinem Recht auf aufsichtsbehördliches Einschreiten nach § 37 Abs. 1 TFLG" behauptet, ist ihm entgegenzuhalten, daß er, allein auf diese Bestimmungen gestützt, keine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes mangels darin enthaltenen Rechtsanspruches ableiten kann. Ein Anspruch auf Tätigwerden der Agrarbehörde ergibt sich jedoch aufgrund des zeitgerecht eingebrachten Einspruches des Beschwerdeführers gegen Beschlüsse des Ausschusses vom 6. November 1992 gemäß § 11 Abs. 2 der Satzungen der mP in Verbindung mit § 37 Abs. 2 TFLG. Die zuständigen Agrarbehörden haben daher ein entsprechendes Verfahren aufgrund der vorgenannten Bestimmungen durchgeführt.
Der Rüge betreffend die Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens durch Nichtbeiziehung eines Schätzmeisters und Festsetzung eines zu niedrigen Kaufpreises bleibt ein Erfolg versagt. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, daß sich die belangte Behörde aufgrund der - im Zuge der ersten mündlichen Verhandlung am 1. April 1993 - vorgebrachten Rüge des Beschwerdeführers, daß der "Grundverkauf ... auf jeden Fall zu billig erfolgt" sei, veranlaßt sah, ergänzende Ermittlungen gemäß § 10 Abs. 3 letzter Satz des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, "durch Abgesandte des Senates" durchzuführen.
Der Berichterstatter sowie ein fachkundiges Senatsmitglied des agrartechnischen Dienstes wurden mit diesen Ermittlungen betraut. Der Beschwerdeführer wurde mit Verständigung vom 21. Juni 1993, zugestellt am 23. Juni 1993, unter ausdrücklichem Hinweis auf § 9 Abs. 2 (offenbar gemeint § 9 Abs. 3) AgrVG, insbesondere auf die Rechtsfolge, daß das Ausbleiben der Partei oder ihres Vertreters der Verhandlung und Entscheidung nicht im Wege steht, zur mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1993 geladen. Es wäre daher Sache des Beschwerdeführers gewesen, rechtzeitig im Zuge dieser mündlichen Verhandlung, bei der Eröterung der ergänzenden Ermittlungen bezüglich der Angemessenheit des vom Beschwerdeführer bekämpften und seiner Ansicht nach zu niedrigen Kaufpreises entsprechende, fachlich fundierte Einwendungen vorzubringen. Mit dem Einwand, daß bei Beiziehung eines Schätzmeisters ein höherer Kaufpreis ermittelt worden wäre, vermag der Beschwerdeführer nicht die Wesentlichkeit dieses Verfahrensmangels darzutun, wurde doch die Preisangemessenheit durch das fachkundige Mitglied des Senates im Zuge der ergänzenden Ermittlungen dadurch festgestellt, daß für die abgetretene und offenbar nicht sehr günstig gelegene Teilfläche derselbe Kaufpreis wie für Bauflächen im Siedlungsgebiet G. festgestellt wurde. Diesem Ergebnis ist der Beschwerdeführer - trotz der ihm gebotenen Möglichkeit, dies im Zuge der mündlichen Verhandlung am 8. Juli 1993 zu tun - nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Weshalb es rechtswidrig gewesen sein sollte, wenn die mP von J.E. einen niedrigeren Kaufpreis als den verlangt hätte, um den sie eine andere Grundfläche dem Beschwerdeführer angeboten hatte, wird auch aus den Beschwerdeausführungen nicht einsichtig.
Der Beschwerdeführer rügt schließlich, daß es zur Wahrung seines Einspruchsrechtes gegen Beschlüsse des Ausschusses notwendig sei, die Beschlüsse auszuhängen und im Falle des Verkaufes den zu verkaufenden Liegenschaftsteil genauestens zu beschreiben. Dies sei jedoch von der mP nicht eingehalten worden und hätte zu einem Einschreiten der Aufsichtsbehörde führen müssen.
Dem ist entgegenzuhalten, daß der diesbezügliche Verkaufsbeschluß des Ausschusses ausgehängt wurde, sodaß es dem Beschwerdeführer möglich war, einen Einspruch gegen diesen Beschluß zu erheben.
Selbst wenn dem Aushang des diesbezüglichen Beschlusses nicht die Detailzeichnung eines Ingenieurkonsulenten für Vermessungstechnik mit entsprechender "gelber Umrandung" der zu verkaufenden Teilfläche von 46 m2 beigefügt gewesen sein sollte, kann daraus keine derartige Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers als Mitglied der mP abgeleitet werden, die allein schon aufgrund dieses Umstandes die Aufhebung des von der Agrargemeinschaft gefaßten Beschlusses rechtfertigen würde. Jedenfalls war für den Beschwerdeführer aufgrund der Bekanntmachung des Beschlusses hinreichend deutlich erkennbar, aus welchem Grundstück der mP, an wen und zu welchem Preis ein Verkauf einer kleinen Teilfläche erfolgen soll. Auch insoweit liegt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vor.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993070110.X00Im RIS seit
20.11.2000