Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
Alkohol - Steuer und MonopolG 1995 §111;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Rauscher, über die Beschwerde 1.) des Ing. HP jun. und 2.) der MP, beide in K und vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 2. Mai 1991, Zl. GA 9 - V-709/89, betreffend Erlöschen eines Brennrechtes i.A. Branntweinmonopol, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 13.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 2. Mai 1991 traf die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland folgenden Abspruch:
"Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland hat als Abgabenbehörde II. Instanz gemäß § 289 Bundesabgabenordnung
1) über die Berufung des Herrn Ing. HP jun., Techniker und Landwirt, K 168, damals vertreten durch Herrn Dr. X., Rechtsanwalt, vom 3. Dezember 1986 gegen den Bescheid des Finanzamtes Oberwart vom 19. November 1986, mit dem der Antrag vom 3. Juni 1986 auf "Wiederbelebung der 3 hl-Obstabfindungsbrennerei bzw. Wiederbelebung des alten 3 hl-Brennrechts" der Obstabfindungsbrennerei, die früher im Eigentum des N gestanden hatte und auf "Genehmigung der Übertragung", somit sinngemäß auf Kenntnisnahme des Übergangs des Rechts zur Erzeugung von Branntwein, in dem den früheren Brennereiinhabern zustehenden Ausmaß auf den Antragsteller; auf Genehmigung der Nachholung der Nutzung des Rechtes auf Erzeugung von Branntwein in dem von den Voreigentümern der Liegenschaft im Zehnjahresabschnitt vom 1. Oktober 1973 bis zum 30. September 1983 nicht genutzten Ausmaß und auf Genehmigung der Nachholung der Herstellung von Branntwein durch Herrn Ing. HP jun. sinngemäß bis zu einer Menge von 3 hl Weingeist jährlich, für die Zeit ab Übernahme der Liegenschaft durch Herrn Ing. HP jun. und Frau MP am 1. Juni 1980, abgewiesen wurde,
2) über die Berufungen vom 21. September 1989 des Herrn Ing. HP jun., Techniker und Landwirt, und der Frau MP, Landwirtin, beide wohnhaft K 168, beide vertreten durch Herrn Dr. A, Öffentlicher Notar, gegen den Bescheid des Finanzamtes Oberwart vom 6. September 1989, mit dem der von Herrn Ing. HP jun. im eigenen Namen und offenbar auch in Vertretung seiner Gattin gestellte Antrag vom 7. August 1985 auf bescheidmäßige Feststellung, ob das früher auf der Liegenschaft K 168 bestehende Brennrecht verfallen sei, abgewiesen wurde,
3) über die Berufungen
a) von Herrn Ing. HP jun. vom 25. Juni 1987, von Frau MP, beide vertreten durch Herrn Dr. A, Öffentlicher Notar, gegen den Bescheid des Finanzamtes Oberwart vom 3. Juni 1987,
b) von Frau MP, vom 21. September 1989 vertreten durch Herrn Dr. A, Öffentlicher Notar, gegen den Bescheid des Finanzamtes Oberwart vom 6. September 1989,
mit denen der Antrag vom 8. April 1986 von Herrn Ing. HP jun. und von Frau MP auf "Wiedereinsetzung" des vor der Übernahme der Liegenschaft durch Herrn Ing. HP jun. und Frau MP auf dieser Liegenschaft bestehenden "3 hl-Brennrechts" in dem Umfang, in dem ihre Rechtsvorgänger zur Nutzung berechtigt waren, sinngemäß somit auf Kenntnisnahme des Eintritts in die Rechte und Pflichten des Besitzers einer
3 hl-Obstabfindungsbrennerei, in dem zur Zeit ihrer Vorgänger bestehenden Ausmaß, abgewiesen wurde, wie folgt entschieden:
Die Berufungen werden abgewiesen."
In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, durch die Entfernung des Brenngerätes "auf Dauer" im Februar 1980 sei die Brennerei des N auf der Liegenschaft K 168 derart verändert worden, daß ein ordnungsmäßiger Betrieb nicht mehr habe durchgeführt werden können. Vom Finanzamt sei dies im Juni 1980 festgestellt worden. N jun. habe weder gegenüber dem Erstbeschwerdeführer noch gegenüber dem Finanzamt oder gegenüber einer anderen Person irgendeine Handlung gesetzt oder einen Ausspruch getan, der auch nur einen Hinweis darauf ergeben könnte, N beabsichtige, dem Erstbeschwerdeführer die Brennerei zu übergeben. Der Erstbeschwerdeführer habe nach eigenem Vorbringen nicht gewußt, daß auf der Liegenschaft eine Brennerei bzw. ein Brennrecht bestanden habe. "Dadurch, insbesonders durch das Unterbleiben einer Mitteilung an das Finanzamt über die Übergabe der Brennerei an Herrn Ing. HP jun. hat in Form einer konkludenten Handlung insbesonders im Hinblick darauf - zumal die Brennerei zum 1. Juni 1980 nicht betriebsfähig war - mit diesem Tag die Brennerei abgemeldet, sodaß sie mit diesem Tag erloschen ist." Selbst wenn diese Art der Anmeldung nicht erfolgt wäre, wäre die Brennerei mit 30. September 1980 erloschen, weil der Brennereibesitzer bis dahin keine Erklärung abgegeben habe, das Brennereiunternehmen aufrechtzuerhalten. Da die Brennerei erloschen sei, könne sie weder wiederbelebt werden, noch könne der Bewilligungswerber als Abfindungsbrenner mit dem Recht zur abfindungsweisen Herstellung von 300 lW-Branntwein und/oder der Genehmigung zur Verarbeitung auch anderer als selbst gewonnener Stoffe neu zugelassen werden. Dadurch, daß die 3 hl-Brennerei erloschen sei, könne auch dem Antrag auf Nutzungsnachholung der "von den Vorgängern" bzw. den Beschwerdeführern nicht genutzten Erzeugungsmengen ab 1. Oktober 1973 nicht stattgegeben werden. Dem Antrag auf Feststellung, ob das früher auf der Liegenschaft K 168 bestehende Brennrecht verfallen sei, habe ebenfalls nicht mit gesondertem Bescheid stattgegeben werden können, weil die Verbindung mit der Entscheidung laut Punkt 1) des Spruches derart eng sei, daß eine gesonderte Entscheidung nicht möglich sei. Es sei vielmehr nur eine Entscheidung über den gesamten Rechtskomplex möglich und zweckmäßig, die ein einheitliches Schicksal habe. Da die Obstabfindungsbrennerei mit einer begünstigten Erzeugungsmenge von 3 hl per 30. September 1980 erloschen sei, habe auch dem Antrag "auf Wiedereinsetzung als das früher auf dieser Liegenschaft bestehenden 3 hl-Brennrechts in dem Umfang, in dem die Rechtsvorgänger zur Nutzung berechtigt waren, entsprechend der weiteren Ausführung in Punkt 3) des Spruches", nicht stattgegeben werden können.
Es wäre den Berufungen der Beschwerdeführer auch dann der Erfolg versagt geblieben, wenn die Berufungsbehörde dem von den Beschwerdeführern behaupteten Sachverhalt hinsichtlich des Zeitpunktes der Verbringung des Brenngerätes von der Liegenschaft K 168 auf die Liegenschaft K 173 gefolgt wäre. Der Erstbeschwerdeführer habe laut eigenem Vorbringen etwa im Jahre 1981 oder 1982 N jun. mitgeteilt, er zahle einen Teilrestbetrag von S 20.000,-- erst, wenn er das Brenngerät erhalte. In seiner Beschwerde an die Volksanwaltschaft vom 31. Jänner 1990 bringe er hingegen vor, er habe am 11. August 1980 den Betrag von S 20.000,-- von einer Kaufpreisrate einbehalten. Diese Maßnahme sei zur Wiedererlangung des Brenngerätes offenkundig ungeeignet gewesen. Auch in den folgenden Betriebsjahren habe der Erstbeschwerdeführer nach den eigenen Worten außer der Zurückbehaltung von S 20.000,-- keine Maßnahme zur Wiedererlangung des Brenngerätes ergriffen, sich also nicht um die Herstellung der Betriebsfähigkeit der Brennerei bemüht. Nach der Aktenlage habe auch die Zweitbeschwerdeführerin keine diesbezüglichen Bemühungen unternommen. Es wäre dies aber ebenso wie das Unterbleiben einer Anzeige von der Übernahme der Brennerei bzw. der angeblichen Übernahme des Brenngerätes mit 1. Juni 1980 an das Finanzamt bereits ohne entscheidende Bedeutung gewesen.
Sinngemäß zusammengefaßt habe der Erstbeschwerdeführer weiters vorgebracht, das Brenngerät sei, als er es gesehen habe, in einem schlechten Zustand gewesen. Im Hinblick auf seinen Wert habe er, weil er dafür S 20.000,-- zurückbehalten habe, keinen Anlaß gesehen, sich zu bemühen, das Brenngerät schnell zu erhalten bzw. die Sache zu beschleunigen. Um das Brenngerät habe er sich erst im Juni oder Juli 1984 bemüht, weil er erst damals von einem 3 hl-Brennrecht erfahren habe. Das Unterbleiben von Bemühungen, die Brennerei wieder betriebsfähig zu machen, mache deutlich, daß auch der vom Erstbeschwerdeführer behauptete Entzug des Brenngerätes zu einer Entfernung des Brenngerätes auf Dauer geworden wäre, sodaß die Nichtabgabe einer Erklärung gemäß § 70 Abs. 2 Brennereiordnung zum Erlöschen der Brennerei geführt hätte. Die Ausführungen in der Berufung vom 3. Dezember 1986, daß eine rechtswidrige Handlung den Bestand eines Rechts nicht beenden könne, sei insofern verfehlt, als das Recht in dem angeführten Fall durch dieses Unterbleiben von Maßnahmen der Beschwerdeführer zur Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit der Brennerei erloschen wäre und nicht durch eine rechtswidrige Handlung. Auch unter Annahme des behaupteten Sachverhalts wäre die unter Punkt 1) des Spruches angeführte Berufung somit abzuweisen gewesen. Daraus hätten sich ebenso die Abweisungen auch der in den folgenden Punkten des Spruches genannten Berufungen ergeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht "auf Anerkennung, Zulassung bzw. Übertragung einer 3 hl-Obstabfindungsbrennerei an sie und auf Genehmigung der Übertragung bzw. Nutzungsnachholung der von den Rechtsvorgängern nicht genutzten Erzeugungsmengen an Branntwein verletzt".
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die Beschwerdeführer erstatteten eine Äußerung zur Gegenschrift und die belangte Behörde dazu eine Gegenäußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorweg ist der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung, daß der im Instanzenzug ergangene Abspruch über die Anträge der Beschwerdeführer nach der Spruchfassung des angefochtenen Bescheides im Zusammenhalt mit der Begründung eine untrennbare Einheit darstellt. Aus diesem von der Behörde getroffenen, einheitlichen Abspruchsgegenstand folgt, daß über die vorliegende Beschwerde gegen diesen Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof auch nur einheitlich abgesprochen werden kann.
Hinsichtlich der von der belangten Behörde angewendeten und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden Rechtsvorschriften ist zunächst festzuhalten, daß die Brennereiordnung, Anlage 1 zu den Grundbestimmungen zum Gesetz vom 8. April 1922 über das Branntweinmonopol, Zentralblatt für das deutsche Reich S 707 (im folgenden: BrennereiO), durch das Alkohol - Steuer und Monopolgesetz 1995, BGBl. Nr. 703/1994, noch nicht außer Kraft getreten ist (vgl. § 114 Z. 2 leg. cit.). Nach § 116 Abs. 1 Alkohol - Steuer und Monopolgesetz 1995 tritt dieses Bundesgesetz nämlich erst gleichzeitig mit dem Vertrag über den Beitritt der Republik Österreich zur Europäischen Union in Kraft. Die Frage, ob die vorliegende Beschwerde wegen des Inkrafttretens dieses Gesetzes als gegenstandslos geworden anzusehen ist, stellt sich daher nicht (vgl. im übrigen dessen § 111).
Im Hinblick auf die im Beschwerdefall anzuwendenden Regelungen der BrennereiO ist aber auch auf folgendes hinzuweisen:
Das Verfassungsgesetz vom 1. Mai 1945, StGBl. Nr. 6, über die Wiederherstellung des Rechtslebens in Österreich (Rechts-Überleitungsgesetz - R-ÜG) hat das ehemals reichsdeutsche (unterverfassungsrechtliche) Normenmaterial mit den in diesem Gesetz genannten Ausnahmen so übernommen, wie es bestanden hat (im Sinne des § 2 R-ÜG "in vorläufige Geltung" gesetzt).
Mit dem neuerlichen Inkrafttreten des B-VG hat dessen Art. 18 formalgesetzlichen Verordnungsermächtigungen derogiert (vgl. etwa VfSlg. 1797/1949). Der Verwaltungsgerichtshof ist daher der Auffassung, daß der bloß formalgesetzlichen Ermächtigung des § 47 Abs. 2 des Gesetzes vom 8. April 1922, dRGBl. I, S. 405, über das Branntweinmonopol, wonach die Ausführungsbestimmungen (ferner) anordnen, wann ein Betrieb oder Unternehmen als erloschen zu gelten hat, ohne dies in seinen wesentlichen Merkmalen vorherzubestimmen, durch das neuerliche Wirksamwerden des Art. 18 Abs. 2 B-VG am 19. Dezember 1945 (so etwa VfSlg. 7086/1973) derogiert worden ist.
Der Verwaltungsgerichtshof ist weiters der Auffassung, daß die im Beschwerdefall anzuwendende Regelung des § 70 BrennereiO im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. insgesondere VfSlg. 5800/1968 und die dort weiters zitierte Rechtsprechung) als Gesetz anzusehen ist. In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof in einem vergleichbaren Fall ausgesprochen, daß gesetzlichen Vorschriften, die "formalgesetzliche" Delegierungen vorsahen, derogiert wurden, und zwar so, daß vom 19. Dezember 1945 an von solchen Ermächtigungen kein Gebrauch mehr genommen werden darf. Selbständige ehemals reichsdeutsche Verordnungen sind als österreichische Gesetze anzusehen.
Der im Gesetzesrang stehende § 70 BrennereiO (in der Fassung der Verordnung vom 16. März 1935, RMinBl. S. 117) bestimmt in Abs. 1 erster Satz, daß eine Brennerei mit der Abmeldung erlischt. Nach dem zweiten Satz dieses Absatzes erlischt eine Brennerei ferner, wenn die Brennereiräume oder die Betriebseinrichtungen derart verändert worden sind, daß ein ordnungsmäßiger Betrieb nicht mehr ausgeführt werden kann.
Nach § 70 Abs. 2 BrennereiO erlischt die Brennerei nicht, wenn der Brennereibesitzer bis zum Schluß des Betriebsjahres, in dem die im Abs. 1 zweiter Satz bezeichnete Veränderung festgestellt wird, dem Finanzamt (vgl. § 3 Abs. 1 Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz - AVOG) schriftlich erklärt, daß er das Brennereiunternehmen aufrechterhalte, und wenn er die Brennerei bis zum Ablauf des folgenden dritten Betriebsjahres wieder betriebsfähig herrichtet und in dem darauffolgenden Betriebsjahre den Betrieb wieder aufnimmt. Die Erklärung ist vom Brennereibesitzer in doppelter Ausfertigung abzugeben und in je einem Stück zu den Belegheften des Finanzamtes und der Brennerei zu bringen.
Nach Abs. 3 dieser Regelung erlischt die Brennerei nach Abs. 1 Satz 2 nicht in den Fällen des § 64 Abs. 1 Satz 2 und des § 175.
Nach § 64 Abs. 1 BrennereiO sind die als Teile der Betriebseinrichtung angemeldeten Geräte und Gefäße in den Brennereiräumen und an den im Grundriß für sie angegebenen Plätzen aufzubewahren. Während der Nichtbenutzung können sie mit schriftlicher Zustimmung des Aufsichtsoberbeamten vorübergehend aus den Brennereiräumen entfernt oder in den Brennereiräumen anderwärts aufbewahrt werden. Einer Änderungsanzeige nach § 66 bedarf es in diesem Falle nicht.
Soll eine Brennvorrichtung außerhalb des angemeldeten Brennereiraumes durch einen Stoffbesitzer benutzt werden, so muß nach § 175 Abs. 1 BrennereiO dies der Brennereibesitzer vorher dem Finanzamt - nach näher bezeichneten Formvorschriften - anzeigen.
Die belangte Behörde verkannte nun schon deshalb die Rechtslage, weil sie von einer konkludenten Abmeldung ausging.
Da die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Abmeldung den Verzicht auf ein öffentlich-rechtlich eingeräumtes Recht bedeutet, ist der Gerichtshof der Auffassung, daß ein solcher Rechtsverzicht ausdrücklich erklärt werden muß.
Die belangte Behörde verkannte aber auch insoweit die Rechtslage, als sie sich hilfsweise zur Stützung ihres Abspruches darauf berief, die Brennerei sei mit 30. September 1980 erloschen, weil der Brennereibesitzer bis dahin keine Erklärung abgegeben habe, das Brennereiunternehmen aufrechtzuerhalten.
Das rechtsgestaltende (genauer: rechtsvernichtende) Element des § 70 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 2 und Abs. 3 BrennereiO liegt nämlich darin, daß nach der besonderen Struktur dieser Rechtsregel der Rechtsverlust nicht bereits mit der Tatbestandsverwirklichung des § 70 Abs. 1 zweiter Satz eintritt, sondern die rechtsvernichtenden Wirkungen dieser Tatbestandsverwirklichung - in der Art einer Suspensivbedingung - dadurch bedingt sind, daß nach "Feststellung" der in Abs. 1 zweiter Satz bezeichneten Veränderungen (vgl. auch Abs. 3) der Brennereibesitzer von seinem Gestaltungrecht zur Rechtserhaltung keinen Gebrauch macht. Anknüpfungspunkt für dieses Gestaltungsrecht und für die im § 70 Abs. 2 BrennereiO genannten Fristen, innerhalb derer der Brennereibesitzer dieses Gestaltungsrecht in Anspruch zu nehmen hat, ist die "Feststellung" der Veränderung. Darunter ist, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 1960, Slg. N.F. Nr. 2185/F, dargelegt hat, der Umstand zu verstehen, daß die entsprechenden Tatsachen DER BEHÖRDE zur Kenntnis gelangt sind. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch im Lichte des vorliegenden Beschwerdefalles nicht veranlaßt, diesbezüglich von seiner Rechtsprechung abzugehen.
Im Beschwerdefall ist weiters entscheidend, ob bzw. wann der (die) Brennereibesitzer von der Feststellung der Behörde über die in Abs. 1 zweiter Satz bezeichneten Veränderungen Kenntnis erlangt hat (haben). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Beschwerdefall auch von dem mit dem Erkenntnis vom 16. März 1960 entschiedenen Fall. In diesem blieb unbestritten, daß der damalige Beschwerdeführer vom Finanzamt auf das "Erlöschen" der Brennerei (offenbar gemeint: auf die Feststellung der Veränderung) aufmerksam gemacht wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, daß eine bloß behördeninterne Tatsachenfeststellung keine die Rechtslage des Betroffenen gestaltende Rechtswirkung hat. Es würde zu einem sachlich nicht rechtfertigbaren Ergebnis führen, ginge man davon aus, es wäre bei Normen, die dem Einzelnen ein Gestaltungsrecht einräumen, unerheblich, ob der Rechtsunterworfene überhaupt die MÖGLICHKEIT der Kenntnis der dafür bestimmenden rechtserheblichen Tatsachen hat. Ist für das Gestaltungsrecht des Berechtigten nicht die Tatsache der Veränderung bestimmend, sondern die von der Behörde getroffene Feststellung, so hat die Behörde die "Feststellung" der im § 70 Abs. 1 zweiter Satz BrennereiO bezeichneten Veränderungen dem Brennereibesitzer auch mitzuteilen. Nur unter dieser Voraussetzung der behördlichen Feststellung einer nach § 70 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. relevanten Veränderung erschiene es gerechtfertigt, wenn im zitierten Erkenntnis vom 16. März 1960 ausgeführt wird, die Regelung des § 70 Abs. 2 BrennereiO sei nicht unbillig, weil es dem Brennereibesitzer zugemutet werden könne, die in dieser Gesetzesstelle geforderte Erklärung im Falle der durch Veränderungen bedingten Unbenützbarkeit seiner Brennanlage auf jeden Fall abzugeben, wenn er sein Brennrecht zu behalten wünsche.
Anders als die Rechtslage vor der BAO (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1952, Slg. N.F. Nr. 686/F) bestimmt § 2 lit. b BAO nunmehr, daß die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß auf das Verfahren der Abgabenbehörden des Bundes Anwendung finden, soweit diese nach den gesetzlichen Vorschriften u.a. über das Branntweinmonopol behördliche Aufgaben besorgen und in diesen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist. Damit ist aus dem oben dargelegten, im Grundsätzlichen gelegenen Erfordernis der Mitteilung der Behörde (ihrer "Feststellung der Veränderung") zu folgern, daß die Behörde im Grunde des § 92 Abs. 1 lit. b BAO, wonach Erledigungen einer Abgabenbehörde als Bescheide zu erlassen sind, wenn sie für einzelne Personen abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, diese Feststellung bescheidmäßig zu treffen hat.
Es ist in diesem Zusammenhang anzumerken, daß sich im Hinblick auf die insofern geänderte Rechtslage, wonach im Beschwerdefall sinngemäß die BAO anzuwenden ist, die Frage, ob das gewonnene Auslegungsergebnis ein Abgehen von dem bisherigen, hier bereits mehrfach genannten Erkenntnis vom 16. März 1960 gemäß § 13 Abs. 1 VwGG bedeutet, nicht stellt.
Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Bechwerdevorbringen, das im wesentlichen auf die Frage abstellt, wann das Brenngerät von der Liegenschaft der Beschwerdeführer entfernt wurde, einzugehen wäre.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere auch deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zur Rechtsverfolgung nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand, den im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthaltenen, für Umsatzsteuer geltend gemachten Mehrbetrag sowie den geltend gemachten Schriftsatzaufwand für die Äußerung zur Gegenschrift der belangten Behörde, weil § 48 Abs. 1 VwGG eine Erstattung des Schriftsatzaufwandes nur für die Einbringung der Beschwerde vorsieht.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991170094.X00Im RIS seit
11.07.2001