TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/20 94/04/0230

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Veröffentlicht am 20.12.1994
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §124 Z9;
GewO 1994 §18 Abs3;
GewO 1994 §22 Abs1 Z3;
GewO 1994 §22 Abs8;
GewO 1994 §28 Abs1 Z1;
GewO 1994 §28 Abs1 Z2;
GewO 1994 §28 Abs2;
GewO 1994 §28 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des G in A, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. Oktober 1994, Zl. 317.363/1-III/4/94, betreffend Verweigerung der Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zur Befähigungsprüfung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. Oktober 1994 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, ihm die Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zur Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe zu erteilen, abgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, die Erstbehörde habe das Begehren das Beschwerdeführers mit der Begründung verweigert, er weise weder einen facheinschlägigen Bildungsgang auf, noch sei er jemals im Gastgewerbe tätig gewesen. In der Berufung gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer geltend gemacht, gerade der Umstand, daß er nicht über eine einschlägige Praxis verfüge und nicht einen einschlägigen Bildungsgang vorweisen könne, bilde eben den Grund für das in Rede stehende Nachsichtsansuchen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 28 Abs. 6 GewO 1994 sei bei der Erteilung der Nachsicht von den Zulassungsvoraussetzungen zu einer Prüfung ausschließlich auf den Bildungsgang und die bisherige Tätigkeit des Dispenswerbers abzustellen. Da der Beschwerdeführer aber selbst davon ausgehe, sein Bildungsgang und seine bisherige Tätigkeit seien nicht einschlägig und daher ungeeignet, für das Gastgewerbe spezifische Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen zu vermitteln, erübrige es sich auch, hierauf weiter einzugehen. In der Berufung habe der Beschwerdeführer auch behauptet, er habe beim Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Oberösterreich einen Vorbereitungskurs auf die Befähigungsprüfung aus dem Gastgewerbe absolviert, es sei von ihm jedoch lediglich eine Zahlungsbestätigung über die Kursgebühren, nicht jedoch eine Bestätigung über die Teilnahme vorgelegt worden. Es könne aber dahingestellt bleiben, ob er tatsächlich an diesem Kurs teilgenommen habe, denn die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung sei dann zu erwarten, wenn der Nachsichtswerber nach seinem Bildungsgang und seiner bisherigen Tätigkeit im wesentlichen jene Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen aufweise, über die ein Prüfungskandidat bei Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen verfüge. Maßstab seien insoweit auch in diesem Nachsichtsverfahren die Zulassungsvoraussetzungen der in Betracht kommenden Befähigungsnachweisverordnung. Mit Rücksicht auf das Fehlen eines einschlägigen Bildungsganges hätte der Beschwerdeführer, um die Zulassungsvoraussetzungen voll zu erfüllen, zufolge § 15 Z. 8 der Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung eine sechsjährige (jedenfalls aber selbst bei höherwertigem als dem allgemeinen Bildungsgang eine mehrjährige) fachliche Tätigkeit in einem Gastgewerbebetrieb aufweisen müssen. Materielle Voraussetzung sei somit ein im Hinblick auf das zeitliche Ausmaß relativ hoher Grad an praktischer Erfahrung. Der in Rede stehende Vorbereitungskurs sei nicht nur unverhältnismäßig kürzer (4 Monate bei 17 1/2 Wochenstunden), sondern vermöge naturgemäß ausschließlich theoretische Erfahrungen, wenngleich diese fraglos von wesentlicher Bedeutung für das Gastgewerbe seien, zu vermitteln. Gerade der wissensmäßige Ertrag eines theoretischen Unterrichts hänge jedoch in hohem Maß von der Verquickung mit persönlicher Praxiserfahrung ab. Die bloße Teilnahme am Vorbereitungslehrgang für die Gastgewerbe-Konzessionsprüfung könne im Hinblick auf den Erwerb von gastgewerbe-spezifischen Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen für sich einer mehrjährigen Berufspraxis im Gastgewerbe nicht gleichgehalten werden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zur Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt der Beschwerdeführer vor, die Rechtsansicht der belangten Behörde, die Kenntnisse und Fähigkeiten, über die ein Prüfungskandidat bei Erfüllung der Zulassungsvoraussetzungen verfüge, müßten ausschließlich auf einschlägige Ausbildung und Praxis zurückzuführen sein, sei verfehlt. Verfügte der Beschwerdeführer über eine solche, so würde er ohnehin die Voraussetzungen zur Zulassung zur Befähigungsprüfung erfüllen und der beantragten Nachsicht nicht bedürfen. Wesentlich sei daher, daß aufgrund des Bildungsganges und der bisherigen Tätigkeit des Beschwerdeführers zu erwarten sei, daß dieser die Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe erfolgreich absolvieren werde. Diese Prognose könne sich sinnvollerweise nicht ausschließlich auf einen einschlägigen Bildungsgang oder einschlägige Praxis stützen, auch wenn diese regelmäßig ein Indiz für die zu erwartende erfolgreiche Bewältigung der Prüfung sein mögen. Die belangte Behörde habe sich infolge ihrer unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht weiter mit dem Bildungsgang und den beruflichen Erfahrungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Sie gehe daher nicht auf seine Erfahrungen in einer gastgewerbenahen Branche ein und würdige nicht den Umstand, daß sein Werdegang gekennzeichnet sei von Initiative und Verantwortungsbewußtsein sowie dem außerordentlich erfolgreichen Bestreben, immer wieder neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben. Gerade der letztgenannte Umstand könne bei der Prognose, ob der Beschwerdeführer die Befähigungsprüfung erfolgreich ablegen werde, nicht außer acht gelassen werden. Dazu komme, daß sich der Beschwerdeführer intensiv auf die Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe vorbereitet habe und einen entsprechenden Kurs absolviert habe. Es handle sich dabei um eine spezifische Ausbildung, die gerade jene Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln solle, die zum erfolgreichen Ablegen der Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe erforderlich seien. Letztlich sollte es Sache der Prüfungskommission sein, zu beurteilen, ob der Beschwerdeführer die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur erfolgreichen Absolvierung der Befähigungsprüfung besitze. Es könne daher nicht Sache der belangten Behörde sein, dem Beschwerdeführer, der durch seine berufliche Erfahrung eben mit dem Gastgewerbe verbunden sei und der sich intensiv auf die Befähigungsprüfung vorbereitet habe, von vornherein die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten abzusprechen. Im übrigen könne dem Beschwerdeführer, einem erfolgreichen Unternehmer, wohl nicht zugemutet werden, sich als Lehrling im Gastgewerbe beschäftigen zu lassen, um formal die Voraussetzungen für die Zulassung zur Befähigungsprüfung zu erbringen. Vielmehr sei ihm zuzutrauen, daß er die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten auf andere Weise durch seinen bisherigen Werdegang erworben habe. Zusammengefaßt hätte daher die belangte Behörde bei richtiger Beurteilung des Bildungsganges und der bisherigen Tätigkeit des Beschwerdeführers zu der Auffassung gelangen müssen, es könne die positive Prognose des § 28 Abs. 6 GewO 1994 angenommen werden, weil nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit eine erfolgreiche Ablegung der Prüfung erwartet werden könne. Gerade der vom Beschwerdeführer belegte Bildungsgang und die bisherige Tätigkeit gewährleisteten, daß die ansonsten für die Ablegung der Befähigungsprüfung notwendigen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt seien. Die belangte Behörde hätte daher die Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zur Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe im Sinne des § 28 Abs. 6 GewO 1994 erteilen müssen. Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht habe es die belangte Behörde unterlassen, sich mit den vorhandenen Beweisergebnissen auseinanderzusetzen und neue Beweise über den Werdegang des Beschwerdeführers aufzunehmen. Die belangte Behörde treffe diesbezüglich keinerlei Feststellungen.

Gemäß § 124 Z. 9 GewO 1994 ist das Gastgewerbe ein nicht bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe. Zufolge § 22 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. bedarf es zum Nachweis der Befähigung für ein gebundenes Gewerbe unter anderem der Vorlage eines Zeugnisses über eine erfolgreich abgelegte Prüfung.

Gemäß § 28 Abs. 6 leg. cit. ist die Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zur Meisterprüfung oder zu einer Prüfung im Sinne des § 22 Abs. 1 Z. 3 zu erteilen, wenn nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers eine erfolgreiche Ablegung der Prüfung erwartet werden kann.

Die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Nachsicht von den Voraussetzungen für die Zulassung zu einer Prüfung ist zwar nicht von der vollständigen Erfüllung der aufgrund des § 22 Abs. 8 leg. cit. festgelegten Voraussetzungen abhängig, weil ansonsten der Regelungsbereich der Bestimmung des § 28 Abs. 6 leg. cit. inhaltsleer würde. Dennoch ist bei der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen in dieser Bestimmung, um eine verfassungskonforme Gleichbehandlung von Zulassungs- und Nachsichtswerbern zu garantieren, inhaltlich dergestalt auf die Zulassungsvoraussetzungen abzustellen, daß anhand dieser die Frage zu prüfen ist, ob nach dem Bildungsgang und der bisherigen Tätigkeit des Nachsichtswerbers eine erfolgreiche Ablegung der Prüfung erwartet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1992, Zl. 92/04/0027). Bei dieser Prüfung ist zu beachten, daß das erforderliche Vorhandensein gewerblich orientierter Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen durch nicht auf eine Gewerbeausübung oder eine sonstige, den Bestimmungen der Befähigungsnachweisverordnung entsprechende Tätigkeit bezogene Erfahrungen des täglichen Lebens allein nicht ersetzt werden kann (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 18. April 1989, Zl. 88/04/0235, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß der Beschwerdeführer eine Berufspraxis, wie sie § 5 Z. 8 der Gastgewerbe-Befähigungsnachweisverordnung, BGBl. Nr. 387/1974, für die Zulassung zur Befähigungsprüfung für das Gastgewerbe vorsieht, überhaupt nicht aufzuweisen hat. Da dieser Mangel nach der oben dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch einen anderweitigen Nachweis nicht ersetzt werden kann, vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Rechtsansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführer erfülle schon aus diesem Grund die für die Gewährung der beantragten Nachsicht erforderlichen Voraussetzungen des § 28 Abs. 6 GewO 1994 nicht, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994040230.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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