TE Vwgh Erkenntnis 1994/12/20 94/05/0125

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Veröffentlicht am 20.12.1994
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
20/11 Grundbuch;
32/07 Stempelgebühren Rechtsgebühren Stempelmarken;

Norm

ABGB §431;
BauO Wr §134 Abs3 idF 1992/034;
BauRallg;
GBG 1955 §4;
GBG 1955 §7 Abs1;
GebG 1957 §14 TP4;
VwGG §48 Abs3 Z1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Elisabeth und des Walter S in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 21. März 1994, Zl. MD-VfR-B XIX-64/93, betreffend Anrainereinwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: H in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom 17. August 1993 wurde der mitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die baubehördliche Bewilligung erteilt, im Kellergeschoß, Erdgeschoß und im ersten Stock des Hauses Wien die innere Raumeinteilung zu ändern, Geschäftsportale zu ändern und Aborte einzubauen. Ferner wurde unter Berufung auf die mit Bescheid vom 16. August 1993 bewilligte Abweichung von Bebauungsvorschriften ein Ausbau des Dachgeschoßes dieses Hauses innerhalb des bestehenden Umrisses bewilligt, wobei im Eckbereich ein Turm zugebaut werden soll. In einem Teil des Dachgeschoßes soll eine neue Wohnung geschaffen und im übrigen Teil eine Wohnung durch Herstellen einer internen Stiege ins Dachgeschoß erweitert werden. Schließlich soll in das Stiegenhaus ein Aufzugsschacht eingebaut werden. Die u.a. von den Beschwerdeführern gegen die Errichtung des Turmes eingebrachten Einwendungen wurden als unzulässig zurückgewiesen.

Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 21. März 1994 wurde die von den Beschwerdeführern gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG "mit der Änderung bestätigt", daß die Einwendungen der Beschwerdeführer "gegen den geplanten Turm an der Gebäudeecke abgewiesen werden". Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

Gemäß § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 34/1992 sind die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134 a leg. cit. erschöpfend festgelegten subjektiv-öffentlichen Rechte berührt und sie spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinne des § 134 a leg. cit. gegen die geplante Bauführung erheben.

Die Parteistellung des Nachbarn ist also u.a. davon abhängig, daß er Eigentümer (Miteigentümer) einer benachbarten Liegenschaft ist und spätestens bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen erhoben hat.

Wer Eigentümer ist, richtet sich nach den Bestimmungen des Zivilrechtes. Gemäß dem im § 431 ABGB und im Allgemeinen Grundbuchsgesetz verankerten Eintragungsgrundsatz (Intabulationsprinzip) kann die Erwerbung, Übertragung, Beschränkung und Aufhebung bücherlicher Rechte nur durch Eintragung im Grundbuch bewirkt werden. Vom Eintragungsgrundsatz bestehen zwar Ausnahmen (z.B. Erwerb des Erben durch Einantwortung, Erwerb des Erstehers bei einer Zwangsversteigerung durch Zuschlag, Erwerb durch Enteignung entsprechend den jeweiligen Verwaltungsvorschriften, Erwerb durch Ersitzung nach Zeitablauf), doch gehört die Übergabe eines Grundstücks in den Besitz auf Grund eines Kaufvertrages nicht zu diesen Ausnahmen. Der Erwerber einer Liegenschaft hat auf Grund des Kaufvertrages lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Verschaffung des Eigentums (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1975, Zl. 2003/74).

Wie sich aus den nach einem diesbezüglichen Hinweis in der Gegenschrift der Mitbeteiligten eingeholten Urkunden (Grundbuchsauszug über die Liegenschaft EZ. n1 des Grundbuches über die Kat. Gem. Unterdöbling sowie Auszug aus dem Tagebuch für Grundbuchsstücke 1993) ergibt, waren die Beschwerdeführer am Tage der im Gegenstande am 2. Juni 1993 abgehaltenen mündlichen Bauverhandlung noch nicht bücherliche Miteigentümer der Nachbarliegenschaft (weil es entsprechend den vorstehenden Ausführungen nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages über den Erwerb der Liegenschaft, sondern auf die Einverleibung des Eigentumsrechtes im Grundbuch ankommt), sodaß die von ihnen bei dieser Gelegenheit IM EIGENEN NAMEN, also nicht in Vertretung der damaligen bücherlichen Miteigentümer, erhobenen Einwendungen gegen das in Rede stehende Bauvorhaben nicht beachtlich waren und sie in bezug auf diese präkludiert sind. Die - jedenfalls im eigenen Namen erhobene - Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid war zwar trotz dieser Präklusion zulässig (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A), doch besaßen die Beschwerdeführer unter diesen Umständen ungeachtet ihres mittlerweile verbücherten Miteigentumsrechtes keinen Rechtsanspruch auf eine inhaltliche Überprüfung dieses erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheides durch die belangte Berufungsbehörde. Durch den angefochtenen Bescheid sind daher schon aus diesem Grunde keine Rechte der Beschwerdeführer verletzt worden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist und gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war, ohne auf das Beschwerdevorbringen eingehen zu müssen.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei hinsichtlich des Ersatzes der Gerichtsgebühren für einen Grundbuchsauszug war abzuweisen, weil es sich dabei nicht um Stempelgebühren handelt, die im Sinne des § 48 Abs. 3 Z. 1 VwGG im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu entrichten waren.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050125.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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