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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Aufhebung von Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes betreffs Festlegung zahlreicher Flächen als Mischgebiet in einem als Wohngebiet gewidmeten Bereich wegen Widerspruchs zu der im Vlbg RaumplanungsG geforderten gesonderten Festlegung verschiedener Kategorien von BauflächenSpruch
Punkt 2. und der erste und zweite Satz des Punktes 4. im Text des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Hard vom 15. März 1979, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 4. Jänner 1980 bis 4. Februar 1980, werden als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg beantragt gemäß Art58 Abs2 der Vorarlberger Landesverfassung iVm Art148i Abs2 B-VG die "Aufhebung von Punkt 2. und von Satz 1 und 2 des Punktes 4. - in eventu nur Satz 1 und 2 des Punktes 4. - im Text des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Hard, Beschluß der Gemeindevertretung von Hard vom 15.3.1979, genehmigt mit Beschluß der Vorarlberger Landesregierung vom 11.12.1979, wegen Gesetzwidrigkeit".
a) Die angefochtenen Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Hard vom 15. März 1979, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 4. Jänner 1980 bis 4. Februar 1980, lauten wie folgt:
"2. Im Bereich von Wohngebieten gelten jene Flächen als Mischgebiete, auf denen sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes Gebäude befinden, die nur in Mischgebieten zulässig sind. Diese Mischgebiete werden durch die Außenwände der bestehenden Gebäude begrenzt.
4. Auf Flächen außerhalb der Außenwände von Gebäuden gemäß Punkt 2. dürfen Zubauten zur Unterbringung von Wohnräumen bzw Betriebsräumen erstellt werden, wenn die Geschoßflächen der Zubauten das Ausmaß der bestehenden Gesamtgeschoßfläche (100 %) nicht übersteigen, die beim bestehenden Gebäude auf Wohnräume bzw Betriebsräume entfallen. Für eine solche Erweiterung, der öffentlichen Interessen nicht entgegenstehen dürfen, muß ein sachlich begründetes Bedürfnis gegeben sein."
b) Der Landesvolksanwalt begründet die seiner Auffassung nach nicht gegebene Vereinbarkeit der angefochtenen Bestimmungen mit den Vorschriften des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes, LGBl. 15/1973 (RPG), wie folgt:
"Der eingeschlagene Weg der Berücksichtigung bestehender und mit den Zielen des Flächenwidmungsplanes nicht zu vereinbarender Objekte steht aber im Widerspruch zum RPG. Aus dem Wesen des Flächenwidmungsplanes als einer verbindlichen Zielvorgabe für die Zukunft und einem verbindlichen Instrumentarium dafür, ein den Zielvorgaben des RPG bereits entsprechendes Gebiet als solches zu erhalten bzw aus einem den Zielvorgaben des RPG noch nicht entsprechenden Gebiet nach und nach ein diesen entsprechendes werden zu lassen, ergeben sich die Maßstäbe für das Handeln der unterhalb der Ebene des Gesetzes anzusiedelnden Akte der gemeindlichen Verwaltung. Dabei wird zu berücksichtigen sein, daß in Gebieten, die den Zielvorgaben noch nicht entsprechen, diesen Zustand erst verursachende widmungswidrige Baulichkeiten vorhanden sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung 88/-05/0002 vom 17.5.1988 ausgeführt, daß die Existenz eines Betriebes nicht schlechthin bedeute, daß dieser Betrieb nach der Widmung des Flächenwidmungsplanes zulässig sein müsse, weil der Flächenwidmungsplan als Raumordnungsplan ein zukünftiges Ziel anstrebe, das mit der derzeitigen Situation nicht übereinstimmen müsse.
Durch das in Punkt 2. der VB vorgesehene rechtliche Qualifizieren des der Widmung entgegenstehenden Faktischen, also das Einstufen der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes gegebene Bestehen widmungswidriger Objekte als mit den Außenmauern begrenzte Bau-Mischgebiete (im weiteren: BM), wird aber den Zielsetzungen des RPG direkt zuwider gehandelt. Mit der rechtlichen Festlegung, daß im Bereiche von Bau-Wohngebieten (im weiteren: BW) jene Flächen als BM gelten, auf denen sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Flächenwidmungsplanes Gebäude befinden, die nur in BM zulässig sind, wird erreicht, daß auch eine Änderung der Nutzung der als BM geltenden Objekte in eine andere betriebliche Verwendung, die der Kategorie BM gleichfalls entspricht, zulässig wäre. Die mit der Festlegung der Widmung BW verbundene Zielsetzung aber ist, daß zum frühestmöglichen Zeitpunkt der Zustand hergestellt wird, wie er §14 Abs3 RPG entspricht. Bei rechtlicher Einstufung der BW-widrigen Objekte als BM kann aber bei Beendigung der einen Nutzung der Betriebsräume auch ein anderer, an sich nur in einem Gebiete nach §14 Abs4 RPG zulässiger, Betrieb weiterhin widmungswidrig tätig sein, weil bei einem mit den Außenmauern begrenzten 'gelten als' eine Genehmigung nach §23 Abs1 lith des Vorarlberger Baugesetzes nicht mit dem Hinweis auf eine Flächenplanwidrigkeit versagt werden könnte. Dies bedeutet, daß Punkt 2. der VB deshalb im Widerspruch zum RPG steht, weil ein zum Zeitpunkt des Inkrafttretens als Faktum zu tolerieren gewesener widmungswidriger Zustand nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt beendet werden muß, sondern prolongiert werden kann.
Satz 1 und 2 des Punktes 4. der VB des in Rede stehenden Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Hard stehen mit der Bestimmung des Punktes 2 in so untrennbarem Zusammenhang, daß sie im Falle der Behebung des Punktes 2. sein rechtliches Schicksal teilen müssen.
Sollte der Verfassungsgerichtshof wider Erwarten zum Ergebnis kommen, daß die Prolongierungsmöglichkeit eines flächenplanwidrigen Zustandes dennoch mit den Zielsetzungen des RPG vereinbar wäre, so wird in eventu der Antrag gestellt, bei Nichtbehebung des Punktes
2. den 1. und 2. Satz des Punktes 4. aufzuheben. Zwar sind die in diesen Sätzen enthaltenen Bestimmungen bezüglich der Wohnräume nicht in Kritik zu ziehen, doch stehen sie mit den Bestimmungen über die Erweiterungsmöglichkeiten durch Zubauten zur Unterbringung von Betriebsräumen in so engem Zusammenhang, daß es unvermeidlich ist, deren rechtliches Schicksal zu teilen.
Der Verordnungsgeber gestattet es mit den in Kritik gezogenen Sätzen des Punktes 4. der VB, daß über die inselförmig im BW gelegenen, als BM geltenden und an sich nur in BM zulässigen Flächen hinaus ein weiteres mit der Widmung BW unvereinbares Vordringen von BM in das BW Platz greift. Dafür aber, daß nun der Verordnungsgeber selbst gestattet, daß in BW Erweiterungen von an sich (also ohne Sonderregelung von Punkt 2. der VB) widmungswidrige Einheiten bis zum Ausmaß von 100% des bisherigen Bestandes auch zur Unterbringung von Betriebsräumen vorgenommen werden, gibt das RPG gleichfalls keine Deckung her.
Könnte das dem Punkt 2. immanente Tolerieren der Prolongierung eines mit den Zielsetzungen des RPG bzw einer von ihm festgelegten Widmungskategorie noch als erträglich erkannt werden, so wäre aber jedenfalls ein Erweitern eines bereits widmungswidrigen Zustandes mit den Zielen des RPG keineswegs mehr in Einklang zu bringen. Wenn aber auch noch allenfalls im Interesse des Bestehenbleibens eines Betriebes erforderliche geringfügige Erweiterungen, die mit den Zielsetzungen des RPG in Widerspruch stehen, in Kauf genommen werden könnten, so bedeutet die Erlaubnis zum Erweitern eines raumplanungswidrigen Zustandes um 100% jedenfalls ein Überschießen des Verordnungsgebers.
Der Versuch einer Einschränkung durch den 2. Satz des Punktes
4. der VB vermag den Widerspruch zum RPG nicht zu beseitigen. Die VB sehen vor, daß bei nicht entgegenstehenden öffentlichen Interessen und bei gegebenem sachlich begründetem Bedürfnis im BW Räume für Betriebszwecke geschaffen werden, die nur in BM zulässig wären. Das bedeutet, daß zwar auch bei Zutreffen der im 2. Satz des Punktes 4. eine auch noch so kleine Einheit von nur in BM zulässigen Räumen - allenfalls: gleichfalls zur Milderung von Härten - im BW nicht neu geschaffen werden dürfen, daß aber andererseits eine an sich in BW unzulässige Erweiterung von Betriebsräumen im Anschluß an ein innerhalb des BW als BM aufzufassenden Gebietes (und somit ohne gesetzliche Grundlage ins BW hineinragend) gestattet werden kann, die bis zum Doppelten des Ursprünglichen reichen darf. Diese Regelung scheint nicht nur im Gesetz keine Deckung zu haben, sondern darüber hinaus auch unsachlich zu sein, weil dem Verbot einer minimalen Neuschaffung von dem BM zuzurechnenden baulichen Einheiten in BW die verhältnismäßig ins Enorme führen könnende Erweiterungsmöglichkeit eines an sich im Verhältnis zu BW schon Widmungsfremden gegenübersteht.
Die im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Hard vorgesehene und zur Behebung beantragte Regelung höhlt die Zielvorgabe des Gesetzgebers aus. Der Gesetzgeber des RPG schuf keine Ermächtigung für so weitreichende und seinen eigenen Zielen zuwiderlaufende Ausnahmen, bei deren Nutzung sich ein Gebiet der erklärten Zielvorgabe der Entwicklung zum BW ins Konträre, in die Richtung eines BM mutieren kann. Daß bei Erweiterungen bis zu 100% des Bestandes öffentliche Interessen nicht entgegenstehen dürfen, ist ein Widerspruch in sich selbst, weil das öffentliche Interesse im RPG schlechthin das Erreichen oder das Beibehalten der für das Gebiet festgelegten Widmung ist. Jede Ausnahme läuft eminenten öffentlichen Interessen entgegen. Der später einschränkende Satz, daß ein sachlich begründetes Bedürfnis gegeben sein muß, ist eine Worthülse, die so unbestimmt ist, daß ein am Gesetz und an der Verordnung orientierter Vollzug nicht möglich sein dürfte. Ist Bedürfnis nämlich im Sinne von Bedarf auszulegen, dann ist dieser Begriff mit Bezug zur Verfassungslage rechtswidrig, weil mit dem Instrument der Raumordnung keine Fragen des Bedarfes gesteuert werden dürfen. Daß der Inhaber von Betriebsräumen in aller Regel ein wirtschaftliches Bedürfnis nach Erweiterung haben wird, ist notorisch; dieses wird sich betriebswirtschaftlich - nicht nach Kriterien der Raumordnung - auch regelmäßig sachlich begründen lassen, was aber wiederum keine Rechtfertigung sein kann, von einem Zustande aus, der an sich schon eine Ausnahme (Festlegung von Gebäuden mit deren Außenwänden als BM in BW) darstellt, zu einer weiteren Ausnahme zu schreiten.
Das RPG selbst zeigt im System der Regelungen der Absätze 6 bis 11 des §14 idF LGBl 1985/31, wie auch idF LGBl 1988/61, daß eine Ausnahmebestimmung der hier angefochtenen Art nicht dem Verordnungsgeber überlassen werden, sondern nur durch den Gesetzgeber selbst geschaffen werden darf. Ein weiteres Indiz für die Unsachlichkeit der Regelung im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Hard ist es, daß der Gesetzgeber im genannten System der Absätze 6 bis 11 des §14 RPG für die erlaubte Erweiterung eine Begrenzung mit 50% des Bestandes bzw eine Begrenzung in absoluten Zahlen vorgesehen hat, was deshalb als sachlich zu sehen sein dürfte, weil durch die Erweiterung bis zu 50% noch von einer Erweiterung des Ursprünglichen unter Beibehaltung der wesentlichen Struktur des Ursprünglichen gesprochen werden dürfte, bei einer Erweiterung zwischen 50% und 100% aber wahrscheinlich in aller Regel bereits von einem Aliud die Rede sein wird müssen."
2. Die Vorarlberger Landesregierung und der Gemeinderat der Marktgemeinde Hard haben in Äußerungen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnungsbestimmungen verteidigt.
a) Die Landesregierung führt aus, eine verhältnismäßig kleinräumige Widmung von Flächen als Bau-Mischgebiet innerhalb des Wohngebietes sei dann erforderlich (gewesen), wenn die Gemeinde ein bestimmtes Gebiet zwar als Bau-Wohngebiet widmen, dabei jedoch in diesem Gebiet bestehende Betriebe bestehen lassen wollte. Da auch im Bau-Mischgebiet nur nicht störende Klein- und Mittelbetriebe zulässig seien, sei eine Gefährdung und Belästigung der umliegenden Bewohner nicht zu befürchten gewesen, andererseits sei die vorgesehene Hauptnutzung als Bau-Wohngebiet nicht behindert worden. Beiden Widmungskategorien sei die Bestimmung gemeinsam, daß nur Anlagen und Gebäude zulässig seien, welche keine das ortsübliche Ausmaß überschreitende Belästigungen verursachen. Es sei auch keineswegs unzulässig, im Bau-Wohngebiet verhältnismäßig kleinräumige Widmungseinheiten vorzusehen.
Die Argumentation des Landesvolksanwaltes, daß das Erweitern der auf die bestehenden Außenwände begrenzten Bau-Mischgebiete bis zu 100 % als "Überschießen des Verordnungsgebers" anzusehen sei, könne deshalb nicht nachvollzogen werden, weil dadurch nur die Erweiterung eines der Widmung Bau-Mischgebiet entsprechenden Zustandes eintrete. Da das Raumplanungsgesetz weder eine Mindestgröße noch ein zulässiges Höchstausmaß für die Widmungskategorien Bau-Wohngebiet und Bau-Mischgebiet vorsehe, sei auch ein "Überschießen des Verordnungsgebers" durch die Erweiterung der als Bau-Mischgebiet gewidmeten Flächen "denkunmöglich".
b) Der Gemeinderat der Marktgemeinde Hard verweist in seiner Äußerung zunächst darauf, daß es sich hiebei nicht um eine "Erfindung" der Marktgemeinde Hard handle; solche "verbale" Bestimmungen fänden sich in fast allen Flächenwidmungsplänen der Region und hätten zu dieser Zeit zum "Planungsstandard" gehört. Die Entscheidung, Gebiete (der Gemeinderat verweist hiebei auf jenes Gebiet in Hard, welches Anlaß zum vorliegenden Antrag des Landesvolksanwaltes gab) als Wohngebiet auszuweisen und die Entwicklungsmöglichkeiten der dort zahlreich vorhandenen Betriebe mit den verbalen Bestimmungen zu regeln, sei - rückwirkend gesehen - "sicher nicht die ideale Lösung gewesen". So habe der Gemeinderat inzwischen "dann auch der geänderten Haltung" Rechnung getragen und "das Gebiet in Mischzone umgewidmet".
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über den - zulässigen - Antrag erwogen:
1.a) In §14 RPG ist die Einteilung der Bauflächen geregelt. Der 1. Absatz dieses Paragraphen schreibt eine nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit gesondert festzulegende Widmung in Kerngebiete, Wohngebiete, Mischgebiete oder Betriebsbaugebiete vor.
Abs3 definiert Wohngebiete als Gebiete, die für Wohngebäude bestimmt sind. Andere Bauwerke und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie den kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder Belästigungen für die Einwohner mit sich bringt.
Nach Abs4 sind Mischgebiete Gebiete, in denen Gebäude und Anlagen, die in Kern- und Wohngebieten zulässig sind, und nicht störende Klein- und Mittelbetriebe errichtet werden dürfen.
b) Der Verfassungsgerichtshof teilt die Auffassung der Vorarlberger Landesregierung, daß das Raumplanungsgesetz keine Mindestgröße des von einer Widmung erfaßten Gebietes vorschreibt und daß es daher grundsätzlich nicht ausgeschlossen ist, auch verhältnismäßig kleinräumige Widmungseinheiten vorzusehen (vgl. VfSlg. 8701/1979 S. 389). Das bedeutet aber nicht, daß der Verordnungsgeber schon deshalb jedwede Kombination von Baulandwidmungen in jedweder Gestaltung und Größe verfügen kann. Hiebei sind vielmehr die Raumplanungsziele des §2 RPG sowie insbesondere der Umstand zu beachten, daß der Gesetzgeber für die verschiedenen Arten der Bauflächen in §14 dieses Gesetzes durchaus unterschiedliche Kriterien festgelegt hat. Ebenso hat der Verordnungsgeber bei seiner Planung - wie im vorliegenden Fall geschehen - den vorhandenen Bestand zu berücksichtigen. Dabei liegt es im Planungsermessen des Gemeinderates, wenn er im Rahmen seiner Interessenabwägung (§3 RPG) bei Vorliegen bestimmter dafür sprechender sachlicher Gründe den gegebenen Bestand so gut wie unverändert in seinen Plan übernimmt.
Der hier vom Gemeinderat der Marktgemeinde Hard eingeschlagene Weg steht jedoch mit dem Gesetz nicht in Einklang. Das Raumplanungsgesetz unterscheidet - s. oben unter Pkt. a) - deutlich zwischen Wohngebiet und Mischgebiet. Das Wohngebiet soll in der Regel aus Wohngebäuden bestehen, ihnen gebührt gleichsam der "Vorrang", andere Bauwerke sollen dort in der Regel nicht errichtet werden. In Mischgebieten hingegen ist die Gewichtung eine andere:
hier kann es auch eine Mehrzahl (nicht störender) Klein- und Mittelbetriebe geben. Das Ausmaß und die Intensität von Immissionen ("Belästigungen" nach Abs3 und "nicht störende" Betriebe nach Abs4 des schon vielfach zitierten §14 RPG) werden - entgegen der Auffassung der Vorarlberger Landesregierung - im Regelfall in Wohngebieten geringer sein (dürfen) als in Mischgebieten.
Wenn der Verordnungsgeber bei der vorausschauenden planmäßigen Gestaltung eines Gebietes (§1 Abs2 RPG) dieses Gebiet als Wohngebiet verwendet sehen will, dann kann er nicht - wie hier - zugleich die für das Wohngebiet geltenden Grundsätze durch Schaffung zahlreicher Mischgebiets-"Inseln" (noch dazu mit im einzelnen variabler Gestaltung und Größe) in extensiver Weise durchbrechen. Bereits die Bestimmungen des angefochtenen Punktes 2. können (auch ohne Hinzutreten der in Punkt 4. eingeräumten faktischen Erweiterung des Mischgebietes) zur Konsequenz haben, daß eine nach der Gesamtgestaltung eines Gebietes vorgesehene Wohngegend durch eine große Anzahl in sie eingebetteter Mischgebietssplitter den im dritten Absatz des §14 RPG vorgeschriebenen Charakter als Wohngebiet einbüßt und so in Wahrheit insgesamt zum Mischgebiet wird. Diese Ungereimtheit hat in der Zwischenzeit auch der Gemeinderat der Marktgemeinde Hard erkannt, der in seiner Äußerung darauf hinweist, daß die Entscheidung, die Entwicklungsmöglichkeit der im Wohngebiet zahlreich vorhandenen Betriebe mit Bestimmungen wie den hier angefochtenen zu regeln, rückwirkend gesehen sicher nicht die ideale Lösung gewesen sei und daß der Gemeinderat ein davon besonders betroffenes - näher bezeichnetes - Gebiet in der Zwischenzeit in Mischgebiet umgewidmet habe. Der Gemeinderat läßt in seiner Äußerung allerdings offen, aus welchen Gründen er die angefochtenen Bestimmungen zum Flächenwidmungsplan nach wie vor in Kraft läßt. Die bekämpfte Regelung des Punktes 2. widerspricht jedenfalls der in §14 Abs1 RPG geforderten "gesonderten" Festlegung der verschiedenen Kategorien von Bauflächen und der daraus resultierenden unterschiedlichen Gestaltung dieser Flächen in den - hier relevanten - Absätzen 3 und 4 dieses Paragraphen.
Die durch den angefochtenen Punkt 2. bewirkte Vermischung zweier Widmungsarten und die ermöglichte Verfälschung des Charakters eines Wohngebietes wird durch die in Punkt 4. der genannten Bestimmungen eingeräumte Möglichkeit der faktischen Vergrößerung des Mischgebietes im Wohngebiet noch verstärkt. Angesichts der bereits daraus resultierenden Gesetzwidrigkeit auch der angefochtenen Bestimmungen in Punkt 4. kann unerörtert bleiben, ob es mit den Grundgedanken einer vorausschauenden Planung im Sinne des Raumplanungsgesetzes überhaupt vereinbar ist, die Widmungsart von Grundflächen - wenn auch nur bis zu einem gewissen Ausmaß - faktisch von künftigen privatrechtlichen Dispositionen der über die betreffende Fläche Verfügungsberechtigten abhängig zu machen.
2. Da die vom Landesvolksanwalt von Vorarlberg vorgebrachten Bedenken im Ergebnis zutreffen, ist die bekämpfte - im übrigen auch im untrennbaren Zusammenhang stehende - Regelung als gesetzwidrig aufzuheben.
Der Ausspruch über die Kundmachung der Aufhebung stützt sich auf Art139 Abs5 erster Satz B-VG.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, WohngebietEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:V318.1991Dokumentnummer
JFT_10078999_91V00318_00