TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/17 91/07/0102

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Veröffentlicht am 17.01.1995
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Index

L66503 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Niederösterreich;
40/01 Verwaltungsverfahren;
80/06 Bodenreform;

Norm

AgrVG §1;
AVG §44;
FlVfGG §10 Abs4 impl;
FlVfGG §4 Abs2;
FlVfGG §4 Abs5;
FlVfLG NÖ 1975 §17;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der A in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung vom 30. April 1991, Zl. VI/3-AO-253-24, betreffend Zusammenlegungsplan W, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zusammenlegungsverfahren W hat die Niederösterreichische Agrarbezirksbehörde (AB) durch Auflage zur allgemeinen Einsicht in der Zeit vom 24. Oktober 1988 bis 7. November 1988 den Zusammenlegungsplan (Bescheid vom 29. September 1988) erlassen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. April 1991 gemäß § 66 Abs. 4 AVG im Zusammenhang mit § 17 Abs. 1, 6, 7 und 8 Flurverfassungs-Landesgesetz, LGBl. Nr. 6650-3 (FLG), als unbegründet ab. Begründend führte sie aus, die Beschwerdeführerin sei in das Zusammenlegungsverfahren W mit Grundflächen im Ausmaß von 1,9697 ha im Wert von 4.648,01 Punkten einbezogen worden. Das Fläche:Wert-Verhältnis habe vor der Zusammenlegung 4,2377 m2/Punkte betragen. Unter Berücksichtigung ihres Anteiles an den gemeinsamen wirtschaftlichen Anlagen sei der Beschwerdeführerin ein Abfindungsanspruch im Ausmaß von 4.573,54 Punkten zugestanden. Die Beschwerdeführerin sei tatsächlich mit Grundstücken im Ausmaß von 1,8982 ha und einem Vergleichswert von 4.556,66 Wertpunkten abgefunden worden, wobei das Fläche:Wert-Verhältnis 4,1658 m2/Punkt betrage. Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf wertgleiche Abfindung sei erfüllt, wobei die Wertabweichung von - 16,88 Punkten lediglich 0,36 % des Anspruches erreiche und die Differenz im Fläche:Wert-Verhältnis mit - 0,0719 m2/Punkt (- 1,70%) innerhalb des gesetzlichen Limits liege.

Der Rüge der Beschwerdeführerin, durch das Zusammenlegungsverfahren sei die schlechte Ausformung ihres Grundstückes 983, KG P, sowie auch die Form des aus den Grundstücken 344/9, 344/29, 344/33 und 344/34 bestehenden Besitzkomplexes durch Hinzulegung von Abfindungsflächen nicht verbessert worden, hielt die belangte Behörde entgegen, daß die angeführten Grundstücke nicht im Zusammenlegungsgebiet des Zusammenlegungsverfahrens W gelegen seien. Soweit die Beschwerdeführerin eingewendet habe, ihrem Ehemann sei das ungünstig geformte und für sich allein nicht bewirtschaftbare Abfindungsgrundstück 1363 zugewiesen worden, sei festzuhalten, daß dieser der Beschwerdeführerin gegen den Zusammenlegungsplan W nicht berufen habe. Wohl sei der außerhalb des Zusammenlegungsgebietes gelegene, aus den Grundstücken 344/9, 344/29,344/33 und 344/34 bestehende Besitzkomplex nicht mehr wie bisher entlang der gesamten Süd- bzw. Ostseite von Wegen begrenzt, doch sei entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin dieser Besitzkomplex nicht abgeschnitten, sondern sei dessen Erschließung sowohl über die Verlängerung des neuen Autobahnbegleitweges am südwestlichen Ende des Grundkomplexes als auch über den Weg Grundstück 1362 an seiner Ostseite ausreichend gewährleistet. Selbst wenn man das Abfindungsgrundstück des Ehemannes der Beschwerdeführerin 1363 neben dem außerhalb des Zusammenlegungsgebietes gelegenen Besitzkomplex der Beschwerdeführerin als nicht zur Bewirtschaftungseinheit - in der Realität sei gemeinsame Bewirtschaftung gegeben - gehörig betrachte, sei eine Zufahrt am nordöstlichen Ende des Grundkomplexes über den Weg Grundstück 1362 noch möglich.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend gemacht habe, entgegen § 19 Abs. 2 FLG sei bei den Abfindungsgrundstücken 1278 und 1364 der Parteien L. und G. K. kein Wertabschlag wegen schlechter Form angeordnet, sondern ein Zuschlag wegen ungünstiger Form erteilt worden, ohne daß eine hiefür erforderliche Nachbewertung ersichtlich sei, sei festzuhalten, daß es sich bei diesen Abfindungsgrundstücken um ungünstig geformte Restflächen handle, die durch die Zerschneidung der Feldflur durch die Südost-Autobahn A 3 entstanden seien. Die Überprüfung durch die belangte Behörde habe ergeben, daß die ungünstige Form durch einen Wertabschlag zu berücksichtigen sei, der entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht durch eine "Versammlung der Landwirte", sondern von der belangten Behörde selbst in Eigenverantwortlichkeit festgesetzt worden sei. Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Zuteilung dieser Grundstücke gewünscht zu haben, scheine in der ihre Abfindungswünsche betreffenden Niederschrift vom 16. Juli 1986 ein derartiger Wunsch nicht auf. Die Beschwerdeführerin habe vielmehr einen Wunsch nach Zuteilung einer Abfindung in der "Schindergrube" geäußert. Die sich aus der ungünstigen Form dieser Grundstücke ergebenden Bewirtschaftungserschwernisse seien im Zusammenlegungsplan dadurch berücksichtigt worden, daß dem im rechtskräftigen Besitzstandsausweis enthaltenen Wert der Altgrundstücke von L. und G. K. ein Zuschlag von 1.660,30 Wertpunkten für die ungünstige Form der Grundstücke 1278 und 1364 hinzugezählt und damit ein höherer Abfindungsabspruch für diese Parteien erreicht worden sei. Eine Nachbewertung bzw. ein Wertabschlag sei bei diesen Grundstücken nicht angeordnet worden.

Eine von dem landwirtschaftlichen Sachverständigen der belangten Behörde durchgeführte Überprüfung der Frage des Erfordernisses einer Nachbewertung bzw. eines Wertabschlages hinsichtlich dieser beiden Grundstücke habe ergeben, daß deren Minderwert insgesamt 1.263,87 Wertpunkte ausmache. Der angeführte Zuschlag von 1.660,30 Wertpunkten, der dem ursprünglichen Wertabschlag entspreche, hätte zu entfallen, wodurch der neu ermittelte Minderwert um 396,43 Wertpunkte geringer wäre als der ursprüngliche. Bei entsprechender Umlegung dieser Differenz auf den Gesamtpunktewert des Zusammenlegungsgebietes und anteiliger Zuteilung auf die Beschwerdeführerin ergäbe sich für diese ein Anteil in der Höhe von 1,84 Punkten bzw. S 220,80 welcher der Beschwerdeführerin als zusätzlicher Geldausgleich zuzusprechen wäre, wobei ein derart geringer Betrag aber wegen Unerheblichkeit vernachlässigt werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, ihrem sie vertretenden Ehemann sei in der von der belangten Behörde am 30. April 1991 durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung keine Gelegenheit geboten worden, ihr Berufungsvorbringen datailliert aufzuzeigen. Auch habe die belangte Behörde es unterlassen, die Parteien L. und G. K., mit welchen eine Interessenskollision bestehe, zur Berufungsverhandlung zu laden, sodaß der entscheidungsrelevante Sachverhalt nicht habe erschöpfend erörtert werden können. Über die Berufungsverhandlung sei kein Protokoll aufgenommen und ein solches der Beschwerdeführerin nicht zugestellt worden, sodaß eine Überprüfbarkeit des Vorbringens in dieser Verhandlung nicht gegeben sei.

Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin wurde über die Berufungsverhandlung vom 30. April 1991 eine Verhandlungsschrift aufgenommen, die in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten enthalten ist und entsprechend der Vorschrift des § 12 Agrarverfahrensgesetz (AgrVG) die Unterschriften des Vorsitzenden und der Schriftführerin aufweist. In der Verhandlungsschrift ist das Vorbringen des Vertreters der Beschwerdeführerin zusammengefaßt widergegeben, wobei sich darin kein Hinweis darauf findet, daß jener die Nichtbeiziehung der Parteien des Zusammenlegungsverfahrens L. und G. K. gerügt hätte. Dem Beschwerdevorbringen kann aber auch nicht entnommen werden, worin - angesichts der zur Beurteilung stehenden Gesetzmäßigkeit der der Beschwerdeführerin zugeteilten Abfindung - das Erfordernis einer Beiziehung dieser Parteien erblickt wird. Allein aus dem Wunsch der Beschwerdeführerin, Grundstücke, die diesen Parteien zugeteilt worden waren, selbst zugeteilt zu erhalten, kann nicht abgeleitet werden, die Nichtbeiziehung dieser Parteien stelle infolge des nach Ansicht der Beschwerdeführerin insoweit nicht hinreichend erhobenen Sachverhaltes einen Verfahrensmangel dar.

Entgegen der ihrem Vorbringen entnehmbaren Ansicht der Beschwerdeführerin enthält weder das AgrVG noch das gemäß dessen § 1 - unbeschadet der im AgrVG enthaltenen Änderungen und Ergänzungen - anzuwendende AVG eine zwingende Bestimmung, aus der sich eine Verpflichtung der Behörde ergebe, den Verfahrensparteien Verhandlungsprotokolle zu übermitteln. Daß die Beschwerdeführerin eine derartige Übermittlung verlangt hätte, ist weder den Verwaltungsakten zu entnehmen noch hat sie selbst solches behauptet. Auch ein Hinweis darauf, daß der Beschwerdeführerin die Akteneinsicht verweigert worden wäre, kann den Verwaltungsakten nicht entnommen werden. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Verletzung ihrer Rechte auf Parteiengehör und auf Akteneinsicht liegt somit nicht vor.

Die Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, ihr aus den Grundstücken 344/9, 344/29, 344/33 und 344/34 bestehender Besitzkomplex sei im Fall eines Überganges auf einen anderen Eigentümer nur mehr über einen ca. 700 m langen Umweg erreichbar, was für den neuen Eigentümer ein unzumutbares Bewirtschaftungserschwernis darstelle. Diesem bereits im Berufungsverfahren erhobenen Einwand hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid in Übereinstimmung mit der Verordnung der AB vom 9. April 1984, mit der das gegenständliche Zusammenlegungsverfahren eingeleitet worden war, entgegengehalten, daß dieser Besitzkomplex der Beschwerdeführerin nicht in das Zusammenlegungsverfahren einbezogen wurde. Die allenfalls diesen Besitzkomplex betreffenden Erschließungsmängel bilden daher keinen Gegenstand des vorliegenden Zusammenlegungsverfahrens.

Gleiches gilt für die von der Beschwerdeführerin gerügte ungünstige Ausformung ihres Grundstückes 983, weil auch dieses Grundstück nicht in das Zusammenlegungsverfahren einbezogen worden ist.

Soweit die Beschwerdeführerin die ungünstige Ausformung des Abfindungsgrundstückes 1363 bemängelt, hat ihr die belangte Behörde zu diesem bereits im Berufungsverfahren erhobenen Einwand zu Recht entgegengehalten, daß ihr Gatte selbst gegen den die Zuteilung dieses Abfindungsgrundstückes verfügenden Zusammenlegungsplan kein Rechtsmittel erhoben hat. Der Beschwerdeführerin kommt es aber nicht zu, die einer anderen Partei des Zusammenlegungsverfahrens zugewiesene Grundabfindung zu bekämpfen, weil es für die Gesetzmäßigkeit der Abfindung einer Verfahrenspartei nicht maßgebend ist, inwieweit eine andere Verfahrenspartei gesetzmäßig abgefunden wurde (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 15. März 1988, Zl. 87/07/0044).

Hinsichtlich der Nachbewertung der den Verfahrensparteien L. und G. K. zugewiesenen Abfindungsgrundstücke 1278 und 1364 vermeint die Beschwerdeführerin darin eine indirekte Benachteiligung zu erblicken, daß bezüglich des Grundstückes 1363 keine Nachbewertung erfolgt sei. Auch insoweit vermag der Verwaltungsgerichtshof einen Eingriff in Rechte der Beschwerdeführerin nicht zu erblicken, weil - wie bereits dargelegt - das Abfindungsgrundstück 1363 nicht der Beschwerdeführerin, sondern ihrem Ehemann zugewiesen wurde. Dem Einwand, die Nachbewertung der angeführten Grundstücke sei nicht "transparent" und nicht objektiv nachvollziehbar durchgeführt worden, kommt insoferne keine Berechtigung zu, weil die belangte Behörde sich im angefochtenen Bescheid in ausführlicher Weise mit dieser bereits in der Berufung gerügten Nachbewertung auseinandergesetzt hat und hiebei zu dem in der Beschwerde nicht bekämpften Schluß gekommen ist, daß der sich daraus allenfalls für die Beschwerdeführerin ergebende Nachteil wegen Unerheblichkeit vernachlässigt werden könne.

Die Beschwerdeführerin hat schließlich in der Beschwerde erstmals geltend gemacht, sie habe in das Zusammenlegungsverfahren beste Bonitäten eingebracht und sei aber lediglich mit Bonitäten der Klassen 3, 4 und 5 abgefunden worden. Mit diesem Tatsachenvorbringen unterliegt die Beschwerdeführerin dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, sodaß dem Verwaltungsgerichtshof ein Eingehen auf diese Ausführungen verwehrt ist.

Zusammenfassend ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen darzutun, daß die ihr zugeteilte Abfindung bzw. die Gestaltung des Zusammenlegungsplanes gesetzwidrig wäre.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 419/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991070102.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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