Index
L80006 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung BebauungsplanNorm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der Marktgemeinde S, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Juli 1994, Zl. 03-10.10 S 12-94/7, betreffend Versagung der Genehmigung der Revision eines Flächenwidmungsplanes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das Grundstück Nr. 1357/16, KG W, - bezeichnet als "Steinbruch T" - ist im Flächenwidmungsplan der beschwerdeführenden Gemeinde (in der Folge kurz: Gemeinde bzw. Beschwerdeführerin) als Freiland für land- und forstwirtschaftliche Nutzung ausgewiesen (zu den Hintergründen des Beschwerdefalles siehe die Darstellung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1994, Zl. 94/06/0030, betreffend einen Auftrag gemäß § 50a ROG hinsichtlich des fraglichen Grundstückes).
Gemäß § 30 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 (Anmerkung: Paragraphenzitate ohne nähere Bezeichnungen beziehen sich auf dieses Gesetz) führte die Gemeinde eine Flächenwidmungsplanrevision durch, wobei sich hinsichtlich des fraglichen Steinbruches keine Änderungen ergaben. Der entsprechende Beschluß wurde am 3. Februar 1994 vom Gemeinderat gefaßt, worauf die Gemeinde um Genehmigung durch die belangte Behörde einkam. Die belangte Behörde kam nach Überprüfung zur (vorläufigen) Beurteilung, daß Versagungsgründe nach § 29 Abs. 9 vorlägen. Diese wurden mit Erledigung der belangten Behörde vom 9. Mai 1994 mit der Aufforderung ("Möglichkeit") bekanntgegeben, "hiezu binnen einer Frist von 1 Monat Veranlassung dahin zu treffen, um die Versagungsgründe zu beseitigen". Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, heißt es darin, daß die Gemeinde durch Schreiben der belangten Behörde vom 2. Dezember 1993 die Bekanntgabe der Berghauptmannschaft vom 15. Juli 1993 "über die Erteilung einer Gewinnungsbewilligung" betreffend ein näher angeführtes Grundstück (Steinbruch T) erhalten habe. Die entsprechende Lagerungskarte habe die lageplanmäßige Situierung dargestellt. Aufgrund der bundesgesetzlich zwingenden Bestimmungen des Berggesetzes sei eine Bekanntgabe auch gemäß § 22 Abs. 7 Z. 1 bzw. 2 ROG durch die Gemeinde ersichtlich zu machen, wobei gemäß § 30 Abs. 3 lit. a sogar "eine zwingende Änderung des Flächenwidmungsplanes gegeben wäre". Die Gemeinde habe daher durch die nicht erfolgte Ersichtlichmachung und Änderung des Revisionsplanes die notwendige Änderung unterlassen. Gemäß § 1 Abs. 3 komme den Bestimmungen des Raumordnungsgesetzes keine über die Zuständigkeit des Landes (und der Gemeinde) hinausgehende rechtliche Wirkung zu. Der "bundesgesetzliche Bescheid der Bergbehörde" greife daher direkt in die örtliche Raumplanung "und ohne Berücksichtigung der örtlichen Planung und Landesplanung" ein. Die Ersichtlichmachung im Flächenwidmungsplan müsse daher gemäß § 22 Abs. 7 ohne Wertung durch die Gemeinde erfolgen (Anmerkung: der Wortlaut dieser Bekanntgabe der Berghauptmannschaft vom 15. Juli 1993 ergibt sich aus dem bereits zitierten Erkenntnis Zl. 94/06/0030).
Der Gemeinderat der Gemeinde faßte am 20. Mai 1994 einen Beharrungsbeschluß, in dem hinsichtlich des fraglichen Steinbruches ausgeführt wurde, der Fremdenverkehr stelle, wie bereits im örtlichen Entwicklungskonzept festgehalten worden sei, einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor für die Gemeinde dar. Die Erhaltung und Erweiterung dieser Funktion sei ein vorrangiges Ziel der Marktgemeinde. Die Schöckelregion im allgemeinen sei ein hervorragendes Erholungsgebiet, wo viele Urlauber aus dem In- und Ausland ihren Sommer- und Winterurlaub verbrächten. Diesbezüglich werde auf die Bestimmungen des § 3 Abs. 11 hingewiesen, in denen ausgeführt werde, daß Gebiete, die sich für die Erholung besonders eigneten und hiefür benötigt würden, gesichert und weiterentwickelt werden sollten. Der Gemeinerat sei nicht bereit, durch die Ausweisung von Steinbrüchen ein als Naturpark geeignetes Gebiet zu verunstalten und die Funktion der Gemeinde als Fremdenverkehrsort zu zerstören.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde gemäß § 29 Abs. 9 lit. a und c des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974 (ROG) der Revision 2.0 des Flächenwidmungsplanes der beschwerdeführenden Gemeinde in der am 3. Februar 1994 vom Gemeinderat beschlossenen Fassung die Genehmigung versagt. Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges aus, die Gemeinde sei bezüglich ihres Vorbringens hinsichtlich des fraglichen Steinbruches auf die zwingende Vorschrift des § 22 Abs. 7 Z. 2 zu verweisen, "weshalb ein Versagungsgrund nach § 29 Abs. 9 lit. a" vorliege. (Zwei weitere von der belangten Behörde als Versagungsgründe angenommenen Umstände beziehen sich nicht auf den fraglichen Steinbruch). Der Ausschuß des Raumordnungsbeirates, dessen Stellungnahme von der belangten Behörde eingeholt worden sei, habe in seiner Sitzung am 29. Juni 1994 unter Anhörung von Vertretern der beschwerdeführenden Gemeinde einen Beschluß gefaßt, den von der Gemeinde beschlossenen Flächenwidmungsplan der Landesregierung "zur Versagung zu empfehlen". Die belangte Behörde habe in ihrer Sitzung vom 11. Juli 1994 den einstimmigen Beschluß gefaßt, den vom Gemeinderat in der Sitzung vom 3. Februar 1994 beschlossenen Flächenwidmungsplan 2.0 "zu versagen".
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, aber nur insofern, als mit dem angefochtenen Bescheid der Revision des Flächenwidmungsplanes hinsichtlich dieses Steinbruches die Genehmigung versagt wurde, im übrigen bleibt der angefochtene Bescheid ausdrücklich unangefochten. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht, Flächenwidmungspläne zu erlassen und fortzuführen, die Raumordnung ihres eigenen Bereiches im Rahmen der bestehenden Gesetze und Verordnungen durchzuführen und den unmittelbaren Lebensraum im Interesse des Gemeinwohles nach den wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Bedürfnissen der Bevölkerung zu gestalten, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Beschwerdefall ist das Steiermärkische Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127/1974 in der Fassung LGBl. Nr. 41/1991, anzuwenden.
Gemäß § 22 Abs. 7 Z. 2 ROG sind im Flächenwidmungsplan unter anderem Flächen und Objekte, für die aufgrund von Bundes- oder Landesgesetzen Nutzungsbeschränkungen bestehen, ersichtlich zu machen.
Gemäß § 29 Abs. 7 ROG ist der beschlossene Flächenwidmungsplan mit den dazugehörigen Unterlagen und dem örtlichen Entwicklungskonzept unter Anschluß einer Niederschrift über die Beschlußfassung des Gemeinderates der Landesregierung in zweifacher Ausfertigung unverzüglich zur Genehmigung vorzulegen. Nach Abs. 8 hat die Landesregierung über die Genehmigung des Flächenwidmungsplanes nach Prüfung der vorgebrachten Einwendungen mit Bescheid zu entscheiden. Gemäß Abs. 9 lit. a ist die Genehmigung zu versagen, wenn der Flächenwidmungsplan landesgesetzlichen Bestimmungen, insbesondere den Bestimmungen des ROG wie dem darin enthaltenen Raumordnungsgrundsätzen widerspricht.
§ 30 ROG trifft nähere Bestimmungen hinsichtlich der Fortführung und Änderung des örtlichen Entwicklungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Bebauungspläne.
Nach § 31 Abs. 1 ROG gelten für das Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes (§ 30) mit im Beschwerdefall nicht erheblichen Ausnahmen die Bestimmungen des § 29 Abs. 3 bis 14 sinngemäß.
Gemäß § 51 Abs. 1 ROG hat die Landesregierung ein örtliches Entwicklungskonzept oder einen Flächenwidmungsplan anstelle der Gemeinde zu erlassen, wenn diese der ihr nach § 30 ROG auferlegten Verpflichtung nicht fristgerecht nachkommt.
Gemäß § 176 Abs. 1 des Berggesetzes, BGBl. Nr. 259/1975 (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß
BGBl. Nr. 450/1994) gelten als Bergbaugebiete Grundstücke und Grundstücksteile unter anderem innerhalb der Begrenzungen von Gewinnungsfeldern. Gemäß Abs. 2 dürfen im Bergbaugebiet nach Maßgabe des § 179 Bauten und andere Anlagen, soweit es sich nicht um Bergbauanlangen handelt, nur mit Bewilligung der Berghauptmannschaft errichtet werden. Dies gilt auch bei wesentlichen Erweiterungen und Veränderung der Anlagen.
2. Im Zusammenhang mit der Revision des Flächenwidmungsplanes sind im Gesetz zwei Varianten vorgesehen:
a) führt die Revision zu einer Änderung des Flächenwidmungsplanes, ist diese Änderung zur Genehmigung vorzulegen;
b) kommt es zu keiner Änderung, ist der Beschluß über den Abschluß der Revision zur Genehmigung vorzulegen.
Die Systematik des Gesetzes kennt somit nur die umfassende (vollständige) Revision oder den Beschluß auf Beendigung des Revisionsverfahrens ohne Änderung. Eine Teilrevision - mit der Folge der Fortsetzung des Revisionsverfahrens im übrigen - ist im Gesetz ebensowenig vorgesehen, wie eine Teilgenehmigung des Revisionsplanes. Vielmehr ist in der Genehmigung einer Revision, die zu einer Änderung des Flächenwidmungsplanes führt, immer auch eine Genehmigung des Abschlusses der Revision mit der Folge enthalten, daß eine Maßnahme nach § 51 Abs. 1 ROG für den damit beginnenden Fünfjahreszeitraum ausgeschlossen ist. Ist daher eine Revision in einer (ua) gegen landesgesetzliche Bestimmungen verstoßenden Art und Weise (§ 30 Abs. 3 lit. b iVm § 29 Abs. 9 lit. a ROG) unvollständig (etwa weil eine gemäß § 22 Abs. 7 Z. 2 ROG gebotene Ersichtlichmachung fehlt), ist ihr ebenso zur Gänze die Genehmigung zu versagen, wie in jenen Fällen, in denen sie vollständig, aber hinsichtlich einer vorgesehenen Änderung teilweise gesetzwidrig ist. Die Einheitlichkeit der Versagung oder Genehmigung ergibt sich daher bereits aus dem Gesetz, sodaß ein Rückgriff auf die Erwägungen des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 1993, Zl. 93/08/0032 (= SoSi 1994, 44 = JBl 1994, 705) nicht erforderlich ist.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat dies die Konsequenz, daß die Beschwerdeführerin, die sich nur gegen eines von mehreren Begründungselementen der Versagung wendet, damit keine Rechtsverletzung dartut, wenn die Versagung der Genehmigung aus anderen Gründen zu Recht erfolgt ist, was die Beschwerdeführerin im Beschwerdefall nicht in Zweifel zieht. Es ist daher auch nicht möglich, den angefochtenen Bescheid im Umfang eines Begründungselementes aufzuheben, weil die Versagung unteilbar ist.
Damit war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Aus verfahrensökonomischen Gründen sei aber auf folgendes verwiesen:
Geht man davon aus, daß das fragliche Grundstück innerhalb der Begrenzungen eines Gewinnungsfeldes liegt, hätte dies entgegen der Beurteilung der Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Bestimmung des § 176 Abs. 2 BergG, rechtlich gesehen, Nutzungsbeschränkungen im Sinne des § 22 Abs. 7 Z. 2 ROG zur Folge, die gemäß dieser Gesetzesstelle im Flächenwidmungsplan ersichtlich zu machen wären, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat. Der Verwaltungsgerichtshof teilt nach dem Gesagten auch die Beurteilung der belangten Behörde, daß die Weigerung der Gemeinde (des Gemeinderates), eine derartige von Gesetzes wegen zwingend vorgesehene Ersichtlichmachung vorzunehmen, einen Versagungsgrund gemäß § 29 Abs. 9 lit. a in Verbindung mit § 31 Abs. 1 ROG darstellt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Trennbarkeit gesonderter AbspruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994060195.X00Im RIS seit
03.05.2001