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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Oktober 1993, Zl. 4.334.366/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 13. Oktober 1993 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines pakistanischen Staatsangehörigen, der am 20. Dezember 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 16. Mai 1992, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer - anders als die erstinstanzliche Behörde, die seine Flüchtlingseigenschaft verneint hat -, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, ausschließlich deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben wäre, weil er bereits in Rumänien vor seiner Einreise nach Österreich vor Verfolgung sicher gewesen sei.
Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, daß es ihm zwar nicht möglich sei, darüber Ausführungen zu machen, ob und inwieweit er bei einem Verbleiben in Rumänien einer Verfolgung oder der Gefahr einer Abschiebung in sein Heimatland Pakistan ausgesetzt gewesen wäre. Es sei allerdings allgemein bekannt, daß Rumänien noch immer in "nachrevolutionären Wirren" stecke und in keiner Weise als "sicheres Land" bezeichnet werden könne.
Mit diesen Ausführungen macht der Beschwerdeführer zutreffend geltend, daß keine ausreichenden Ermittlungen gepflogen wurden, um annehmen zu können, Rumänien biete - wie dies die belangte Behörde allein auf Grund der Mitgliedschaft dieses Staates bei der Genfer Flüchtlingskonvention annahm - als Zufluchtsstaat von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard dieser Konvention entsprechenden Schutz.
Diese Ausführungen sind nach Maßgabe der den Beschwerdeführer im Verfahren treffenden Mitwirkungspflicht ausreichend konkretisiert, um die Wesentlichkeit der der belangten Behörde unterlaufenen Verletzungen von Verfahrensvorschriften (Parteiengehör, Ermittlungs- und Begründungspflicht) zu erkennen. Die Mitwirkungspflicht der Partei geht nicht so weit, daß sich die Behörde ein ordnungsgemäßes Verfahren ersparen könnte, zu dessen Durchführung sie verpflichtet ist. Der Mitwirkungspflicht kommt dort Bedeutung zu, wo es der Behörde nicht möglich ist, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413). Dies trifft auf die allgemein in Rumänien beobachtete Vorgangsweise betreffend den Schutz von Flüchtlingen vor Abschiebung in ihren Heimatstaat nicht zu. Die Pflicht eines Beschwerdeführers zur Darlegung der Wesentlichkeit von Verfahrensmängeln vor dem Verwaltungsgerichtshof geht nicht weiter als seine Mitwirkungspflicht im Verwaltungsverfahren gegangen wäre, hätte die belangte Behörde die Verfahrensvorschriften beachtet (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 1995).
Der Beschwerdeführer hat diese Behauptungen zwar erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit geboten, zur Annahme der belangten Behörde, er sei bereits in Rumänien vor Verfolgung sicher im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gewesen, Stellung zu nehmen, weshalb sein Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt.
Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid ohne Vorliegen von - unter dem Blickwinkel der Beschwerdeausführungen - entsprechenden Ergebnissen eines unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführten Ermittlungsverfahrens erlassen hat, diesen mit Verfahrensmängeln belastet, die, weil die belangte Behörde bei ihrer Vermeidung zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, wesentlich im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG sind.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das die Stempelgebühren betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, weil nur der Ersatz von zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zuerkannt werden kann.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994190762.X00Im RIS seit
20.11.2000