TE Vfgh Beschluss 1992/12/1 B565/92, V30/92

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Veröffentlicht am 01.12.1992
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
VfGG §19 Abs3 Z2 lite
VfGG §57 Abs1

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde gegen den über eine Flächenwidmungsplanänderung ergangenen aufsichtsbehördlichen Genehmigungsbescheid mangels Legitimation des Beschwerdeführers; Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung der Flächenwidmungsplanänderung

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Gemeinderat der Gemeinde Itter beschloß am 4. April 1991 eine Flächenwidmungsplanänderung, mit der Teile der Grundparzellen 130/2, 632/2 und 632/4 von Fremdenverkehrsgebiet in Hauptverkehrsfläche umgewidmet wurden. Der Beschwerdeführer bekämpft mit einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde den am 3. Februar 1992 über die genannte Flächenwidmungsplanänderung ergangenen aufsichtsbehördlichen Genehmigungsbescheid der Tiroler Landesregierung und behauptet, daß dieser auf einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung beruhe: Obwohl nämlich in Art119a Abs6 B-VG bestimmt sei, daß die Aufsichtsbehörde gesetzwidrige Verordnungen nach Anhörung der Gemeinde durch Verordnung aufzuheben habe, sehe §26 Abs5 Tiroler Raumordnungsgesetz (TROG) vor, daß die aufsichtsbehördliche Entscheidung der Landesregierung über die Genehmigung von Flächenwidmungsplänen in Bescheidform zu erfolgen habe.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist lediglich die Gemeinde Adressat des einen Flächenwidmungsplan genehmigenden Bescheides. Gegenüber den vom Flächenwidmungsplan bzw. seiner Änderung Betroffenen ist die Genehmigung nur ein Teilakt im Verfahren zur Erlassung der Verordnung, der als solcher nicht angefochten werden kann (vgl. zB VfSlg. 8463/1978, 10073/1984, 11331/1987).

Die gegen die Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung durch die Landesregierung gerichtete Beschwerde ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

II. Der Beschwerdeführer stellt außerdem einen als "Beschwerde gemäß Art139 B-VG" bezeichneten Individualantrag auf gänzliche Aufhebung der genannten Flächenwidmungsplanänderung wegen Gesetzwidrigkeit und behauptet, daß für die bekämpfte Umwidmung kein wichtiger Grund im Sinne des §28 Abs2 TROG vorgelegen sei.

Dieser Antrag ist - aus verschiedenen Gründen - nicht zulässig:

1. Gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Der Antrag, eine Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben, muß nach §57 Abs1 VerfGG 1953 begehren, daß entweder die Verordnung ihrem ganzen Inhalte nach oder daß bestimmte Stellen der Verordnung als gesetzwidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen. Wird ein solcher Antrag von einer Person gestellt, die unmittelbar durch die Gesetzwidrigkeit der Verordnung in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, so ist auch darzutun, inwieweit die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für sie wirksam geworden ist.

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist der Antrag eines Eigentümers auf Aufhebung eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes über seine eigenen Grundstücke hinaus als den Erfordernissen des §57 VerfGG 1953 nicht entsprechend zur Gänze zurückzuweisen, wenn die Bedenken hinsichtlich des unmittelbar betroffenen - planlich abgrenzbaren (VfSlg. 11592/1987) - Grundstückes nicht in ausreichendem Maß individualisiert sind (VfSlg. 11226/1987, 11453/1987).

Der Einschreiter beantragt die Aufhebung der bekämpften Verordnung ihrem ganzen Inhalt nach, läßt aber in seinem gesamten Schriftsatz nicht erkennen, welche der von der Flächenwidmungsplanänderung betroffenen Liegenschaften tatsächlich in seinem Eigentum stehen. Es ist lediglich davon die Rede, daß "im Eigentum des Beschwerdeführers stehende Liegenschaftsteile von 'Fremdenverkehrsgebiet' in 'Hauptverkehrsfläche'" umgewidmet worden seien. Außerdem sei auch die Gp. 632/4 der Familie P in die Flächenwidmungsplanänderung einbezogen worden.

In dem von der Gemeinde Itter vorgelegten Flächenwidmungsplan sind die einzelnen Parzellen sowie deren Nummern deutlich erkennbar. Der Antrag ist also mangels ausreichender Bestimmung jener Grundstücke, die im Eigentum des Antragstellers stehen und von der bekämpften Flächenwidmungsplanänderung erfaßt sind, zur Gänze zurückzuweisen (s. insbesondere VfSlg. 12148/1989).

2. Abgesehen davon unterläßt es der Einschreiter auch darzutun, inwiefern die bekämpfte Verordnung in seine Rechtssphäre unmittelbar eingreift und diese - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Dies ist nach der mit VfSlg. 8058/1977 begonnenen ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation. Der Verfassungsgerichtshof hat bei der Prüfung des unmittelbaren Eingriffes in die Rechtssphäre einer Person vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985, 11730/1988).

Im vorliegenden Fall unterläßt es der Antragsteller nicht nur darzulegen, inwieweit die bekämpfte Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für ihn wirksam geworden ist, sondern er behauptet auch gar nicht, durch die inkriminierte Gesetzwidrigkeit der Flächenwidmungsplanänderung in seinen Rechten verletzt zu sein. Vielmehr beschränkt er sich darauf, die ihm durch die bekämpfte Umwidmung drohenden wirtschaftlichen Nachteile darzulegen. Der Antragsteller behauptet also ausschließlich faktische, nicht aber rechtliche Auswirkungen der bekämpften Verordnung und ist auch aus diesem Grund gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG nicht antragslegitimiert.

3. Aus den genannten Gründen ist der Antrag daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Verwaltungsverfahren, Parteistellung Raumordnung, VfGH / Individualantrag, VfGH / Formerfordernisse, Raumordnung, Flächenwidmungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:B565.1992

Dokumentnummer

JFT_10078799_92B00565_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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