TE Vwgh Erkenntnis 1995/3/16 92/06/0109

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Veröffentlicht am 16.03.1995
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
96/01 Bundesstraßengesetz;

Norm

ABGB §433;
AVG §56;
BStG 1971 §20a Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der prot. Firma J in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. April 1992, Zl. 890.710/3-VI/12a-91, betreffend Rückübereignung (mitbeteiligte Partei: Bund - Bundesstraßenverwaltung, vertreten durch den Landeshauptmann von Oberösterreich, Linz, Kärntnerstraße 12), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem Bescheid vom 27. August 1991 hat der Landeshauptmann von Oberösterreich den Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückübereignung des Grundstückes Nr. 1340/3, KG T, bzw. von Teilen dieses Grundstückes gemäß § 20a Bundesstraßengesetz 1971 (BStG 1971) abgewiesen. Dieser Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß von der Bundesstraßenverwaltung aus Anlaß des Ausbaues der sogenannten "T Kreuzung" die Enteignung von 10 m2 des Grundstückes Nr. 1340/3 der KG T zugunsten der Bundesstraßenverwaltung beantragt worden sei. Die Beschwerdeführerin habe sich in der Enteignungsverhandlung am 3. Juni 1957 dagegen ausgesprochen; gleichzeitig habe sie bekanntgegeben, daß sie dann mit der Grundabtretung einverstanden wäre, wenn ihr im Tauschwege an geeigneter Stelle die Errichtung einer oder, mit Rücksicht auf die geplante Straßenführung, zweier Tankstellen ermöglicht würde. Gegen den Enteignungsbescheid vom 25. Juli 1957, mit dem die Enteignung der beantragten 10 m2 des Grundstückes Nr. 1340/3 der KG T zugunsten der Bundesstraßenverwaltung ausgesprochen worden sei, habe die Beschwerdeführerin Berufung erhoben. In der Folge hätten Verhandlungen zwischen der Bundesstraßenverwaltung und der Beschwerdeführerin über einen Grundtausch und über die Beschaffung von Ersatzgrundstücken stattgefunden, die positiv verlaufen seien; es sei zwischen der Bundesstraßenverwaltung und der Beschwerdeführerin im April bzw. im Mai 1958 ein Vorvertrag abgeschlossen worden, in dem sich die Vertragsparteien geeinigt hätten, "nach Endvermessung und endgültiger Feststellung des Flächenausmaßes der zum Baulos

T Kreuzung notwendigen Grundflächen einen Tauschvertrag abzuschließen". Aufgrund dieses Vorvertrages habe die Beschwerdeführerin ihre Berufung gegen den Enteignungsbescheid zurückgezogen. Nach Abschluß der Bauarbeiten und nach Vorliegen des Endvermessungsergebnisses habe die Bundesstraßenverwaltung beabsichtigt, die Grundtransaktionen grundbücherlich durchzuführen. Da nun aber an verschiedenen Grundstücksteilen, unter anderem auch an den 10 m2 des Grundstückes Nr. 1340/3 der KG T, aufgrund des Enteignungsbescheides von der Bundesstraßenverwaltung bereits originär Eigentum erworben worden sei, sei der im Vorvertrag grundsätzlich vorgesehene Abschluß von Tausch- bzw. Kaufverträgen für diese Flächen nicht mehr möglich gewesen. Die im Vorvertrag grundsätzlich vereinbarte Grundtransaktion sei daher in der Folge mit Kaufverträgen und Tauschverträgen, aber auch mittels einer sogenannten "Aufsandungserklärung" vollzogen worden. In dieser Aufsandungserklärung vom 14. Februar 1961 habe sich die Beschwerdeführerin ausdrücklich damit einverstanden erklärt, daß anstelle der im Enteignungsbescheid angeführten 10 m2 insgesamt 266 m2 aus dem Grundstück Nr. 1340/3 der KG T abgeschrieben und in das Eigentum der Republik Österreich einverleibt werden sollten. Aus rechtlicher Sicht sei festzuhalten, daß der Enteignungsbescheid vom 25. Juli 1957 allein keine taugliche Rechtsgrundlage für die Eigentumsübertragung einer Fläche von 266 m2 aus dem Grundstück Nr. 1340/3 der KG T darstelle. Auch wenn, wie bei Enteignungsbescheiden durchaus üblich, die enteignete Fläche "unbeschadet der genauen Vermessung in der Natur" (§ 17 EEG 1954) in Anspruch genommen werde, könne ein Bescheid, der eine enteignete Fläche von lediglich 10 m2 aufweise, keine taugliche Rechtsgrundlage für den Eigentumsübergang einer Fläche von 266 m2 sein. Rechtsgrundlage für diesen Eigentumsübergang sei vielmehr die Aufsandungserklärung vom 14. Februar 1961, mit der die Beschwerdeführerin ohne Zwang und freiwillig der Ausdehnung der Enteignung und dem Eigentumsübergang von insgesamt 266 m2 aus dem Grundstück Nr. 1340/3 zugestimmt habe. Es sei daher mehr als zweifelhaft, bei der gesamten Fläche von 266 m2 von einem "Enteignungsgegenstand" im Sinne des § 20 a BStG 1971 zu sprechen; schon aus diesem Grund sei die Voraussetzung für eine Rückübereignung nicht gegeben. Noch schwerwiegender sei aber die Tatsache, daß gemäß § 20 a BStG 1971 ein Anspruch auf Rückübereignung nur bestünde, wenn der Enteignungsgegenstand "ganz oder zum Teil nicht für den Enteignungszweck verwendet wird". Eine Rückübereignung könne also nur dann stattfinden, wenn ein Grundstück oder ein Grundstücksteil zunächst für einen öffentlichen Zweck enteignet worden sei, in weiterer Folge aber dann diesem vorgeblichen Zweck nicht zugeführt werde. Es müsse also im Zeitraum zwischen der Enteignung und der Realisierung des öffentlichen Vorhabens eine Projektsänderung eingetreten sein, die zu einer Verringerung der beanspruchten Fläche führe, oder es müsse auf die Realisierung des öffentlichen Vorhabens überhaupt verzichtet worden sein. Keine dieser beiden Voraussetzungen lägen im gegenständlichen Fall vor. Wie sich aus den Grundeinlösungsplänen des Projektes für den Umbau der

T Kreuzung aus dem Jahre 1956 ergebe, sei für den Umbau der

T Kreuzung immer nur eine Fläche von 10 m2 aus dem Grundstück Nr. 1340/3 der KG T benötigt worden. Auf der Restfläche dieses Grundstückes sei nie eine Straßenbaumaßnahme vorgesehen gewesen; diese Fläche sei nie für den Straßenbau benötigt worden. Die "Enteignung" dieser Fläche sei einzig und allein auf die von der Beschwerdeführerin gewünschte Betriebsverlegung zurückzuführen und stünde mit dem Straßenbauprojekt selbst in keinem Zusammenhang. Wie auch von der Beschwerdeführerin nicht bestritten werde, sei das Straßenbauvorhaben völlig projektgemäß ausgeführt worden; die "enteignete" Fläche von 256 m2 des Grundstückes Nr. 1340/3 der KG T sei daher, da sie nie für die Zwecke des Straßenbaues vorgesehen gewesen sei, nicht "enteignungswidrig" verwendet worden. Es sei daher zwischen dem Zeitpunkt der "Enteignung" (wiewohl man von einer Enteignung gar nicht sprechen könne, wie oben bereits ausgeführt) und der Fertigstellung des Straßenbaues keinerlei Änderung im Bauvorhaben eingetreten, die auf die enteignete Fläche von Einfluß gewesen wäre. Die vom Gesetz geforderte Voraussetzung, daß nämlich der Enteignungsgegenstand ganz oder zum Teil nicht für den Enteignungszweck verwendet worden sei (§ 20 a Abs. 1 BStG 1971), liege demnach nicht vor. Der Antrag auf Rückübereignung sei daher spruchgemäß abzuweisen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Ihre Berufung begründete sie zunächst damit, daß bei Feststellung des Sachverhaltes in aktenwidriger und widersprüchlicher Weise versucht worden sei, einen Enteignungsvorgang in ein privatrechtliches Rechtsgeschäft "umzudeuten". Dem Schreiben des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Jänner 1961 sowie der diesem Schreiben beigefügten Aufsandungserklärung sei zweifelsfrei zu entnehmen, daß die in Frage stehende Fläche im Ausmaß von 266 m2 ENTEIGNET worden sei. Die im Bescheid geschilderte "Vorgeschichte" entspreche 1. nicht der Aktenlage (der Vorvertrag beziehe sich nicht auf die in Frage stehende Grundfläche), sei

2. widersprüchlich und sei schließlich für die Qualifizierung des Vorganges als Enteignung irrelevant. Die im Rahmen der "rechtlichen Beurteilung" aufgestellte sachverhaltsrelevante Behauptung, die Beschwerdeführerin hätte "ohne Zwang und freiwillig der Ausdehnung der Enteignung" zugestimmt, entbehre angesichts des Wortlautes des Schreibens des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 12. Jänner 1961 jeder Grundlage. Abgesehen davon, daß damit implizit der Charakter als "Enteignung" amtlich festgestellt werde, würden daraus lediglich erhebliche Zweifel abgeleitet, ob es sich bei der Gesamtfläche um einen Enteignungsgegenstand handle. Von der Behörde erster Instanz werde im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der Charakter der Transaktion nicht eindeutig als privatrechtliches Rechtsgeschäft festgestellt, sondern am Charakter als Enteignung lediglich ERHEBLICHE ZWEIFEL angemeldet. Das verfassungsgesetzlich verbürgte Grundrecht auf Eigentum habe in diesem Fall aber zur Konsequenz, daß im Zweifel der Charakter als Enteignung anzunehmen sei. Erst recht treffe die Behörde angesichts des Wortlautes des Schreibens des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 12. Jänner 1961 die Beweislast, daß es sich nicht um eine Enteignung handle. Rechtlich verfehlt sei schließlich das Schlußargument, die in Frage stehende Restfläche von 256 m2 sei niemals zum Zweck der Durchführung von Straßenbaumaßnahmen enteignet worden. Gegen dieses Argument spreche zwar schon der Wortlaut des Enteignungsbescheides vom 25. Juli 1957 in Verbindung mit dem Wortlaut des darauf Bezug nehmenden Schreibens des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 12. Jänner 1961 (... für den Ausbau der Kreuzung ... UNBESCHADET DER GENAUEN VERMESSUNG IN DER NATUR ...); die damit verbundene unrichtige rechtliche Würdigung bestünde aber darin, daß durch dieses Argument allenfalls die Rechtmäßigkeit der damaligen Enteignungsmaßnahmen in Frage gestellt werde. Wenn § 20 a BStG 1971 einen Rückübereignungsanspruch für rechtmäßig enteignete, aber nicht widmungsgemäß verwendete Grundflächen vorsehe, dann beziehe sich dieser Anspruch erst recht auf allenfalls rechtswidrig (weil widmungslos) enteignete Grundflächen.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. April 1992 hat die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben und den Bescheid erster Instanz bestätigt. Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, daß sich aus § 20 a BStG 1971 als Voraussetzung für eine Rückübereignung der Umstand ergebe, daß das betreffende Grundstück seinerzeit enteignet worden sei. Unbeachtlich sei nach Auffassung der belangten Behörde, ob im Rahmen des Enteignungsverfahrens etwa hinsichtlich der Entschädigung ein Übereinkommen geschlossen worden sei oder nicht. Außer Zweifel stehe, daß die von der Trassenführung betroffenen Grundeigentümer einerseits ohne Durchführung der von der Bundesstraßenverwaltung vorgesehenen Baumaßnahmen einen Verkauf ihrer Grundstücke nicht in Erwägung gezogen hätten, andererseits aber zumindest rein formell gesehen durch privatrechtliche Vereinbarungen teils im Tauschwege, teils durch Kaufverträge die verfahrensgegenständlichen Grundstücke der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, übereignet hätten. Dessenungeachtet könnten aber diese Kauf- und Tauschverträge nicht als "Enteignung" angesprochen werden, wenn sie auch sicherlich unter dem Aspekt einer drohenden Enteignung erfolgt seien. Die Beschwerdeführerin habe nämlich durch den Abschluß der gegenständlichen "Kauf- und Tauschverträge" gegenüber anderen Enteigneten zwar keinen direkten Vermögensvorteil erhalten, jedoch erreicht, daß sie durch den Naturalersatz gegenüber anderen Enteigneten insofern bevorzugt gewesen sei, als sie die ihr endgültig zustehende Entschädigung nicht erst im Wege der gerichtlichen Entschädigungsfeststellung, sondern bereits im Wege der Naturalabgeltung erhalten habe. Darüber hinaus sei die Beschwerdeführerin rein formell gesehen zum Abschluß der gegenständlichen Kauf- und Tauschverträge nicht gezwungen gewesen, sondern habe diese sicherlich aus wirtschaftlichen Überlegungen abgeschlossen; sie hätte sich ja auch enteignen lassen können.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin sieht sich in dem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Rückübereignung eines nicht für den Enteignungszweck verwendeten Enteignungsgegenstandes verletzt und stellt den Antrag, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt; auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Der Beschwerdeführer hat eine Replik zu diesen Gegenschriften erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin begründet ihre Beschwerde - auf das Wesentliche zusammengefaßt - damit, daß das Grundstück Nr. 1340/3 im Ausmaß von 266 m2 mit dem Enteignungserkenntnis vom 25. Juli 1957 in Verbindung mit der Aufsandungserklärung vom 14. Februar 1961 formell enteignet worden sei. Der Text der Aufsandungserklärung decke sich vollinhaltlich mit dem Text des Begleitschreibens des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 12. Jänner 1961, wonach das Amt der O.ö. Landesregierung zwecks Verbücherung des Enteignungserkenntnisses vom 25. Juli 1957 die ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Beschwerdeführerin benötige, die im Wege der Unterfertigung der angeschlossenen Aufsandungserklärung eingeholt werde. Damit sei klargestellt worden, daß über diese Liegenschaft seitens der Beschwerdeführerin nicht freiwillig im Wege eines privatrechtlichen Rechtsgeschäftes verfügt worden sei. Zu Recht habe die belangte Behörde in der rechtlichen Würdigung des angefochtenen Bescheides festgestellt, "daß Voraussetzung für eine Rückübereignung der Umstand ist, daß das betreffende Grundstück seinerzeit enteignet worden ist." Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei das betreffende Grundstück auf jeden Fall "formell enteignet" worden. § 20a BStG 1971 knüpfe lediglich an den objektiven Tatbestand der Enteignung an. Aus der Aufsandungserklärung ergebe sich unzweifelhaft, daß die gesamten 266 m2 enteignet und nicht - was auch möglich gewesen wäre - gekauft oder getauscht worden seien. Für das Rechtsinstitut der Rückübereignung sei es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Zl. 90/06/0058 vom 11. Oktober 1990) grundsätzlich ausreichend, daß der Enteignungsgegenstand (oder auch nur ein Teil desselben) tatsächlich nicht für den Enteignungszweck verwendet worden sei. Es sei daher das Argument rechtlich verfehlt, die in Frage stehende Restfläche von 256 m2 sei niemals zum Zweck der Durchführung von Straßenbaumaßnahmen enteignet worden. Der Rückübereignungsanspruch nach § 20a Bundesstraßengesetz beziehe sich auch auf allenfalls rechtswidrig enteignete Grundflächen. Eine andere Beurteilung wäre allenfalls bei Annahme einer Resteinlösung auf Verlangen des Enteigneten denkbar. Das Rechtsinstitut der Resteinlösung ziele nämlich nicht gerade darauf ab, die miteingelöste Grundstücksfläche dem Enteignungszweck zuzuführen; der Enteignete habe vielmehr das Recht, die Entwertung nicht enteigneter Grundflächen, deren wirtschaftliche Nutzung als Folge des Entzuges der enteigneten Grundflächen nicht mehr möglich sei, wirtschaftlich auf den Enteignungswerber zu überwälzen. Im gegenständlichen Fall sei die Enteignung der im Beschwerdefall strittigen Grundstücksfläche auf Antrag der Bundesstraßenverwaltung und nicht auf Antrag bzw. ausdrückliches Verlangen des Enteignungsgegners erfolgt.

2. § 20a Abs. 1 des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. Nr. 276, in der (im Beschwerdefall maßgeblichen) Fassung der Novelle BGBl. Nr. 420/1990 lautet:

"(1) Wird der Enteignungsgegenstand ganz oder zum Teil nicht für den Enteignungszweck verwendet, so kann der Enteignete die bescheidmäßige Rückübereignung des Enteignungsgegenstandes bzw. dessen Teiles nach Ablauf von drei Jahren ab Rechtskraft des Enteignungsbescheides bei der Behörde beantragen, die unter sinngemäßer Anwendung der im Enteignungsverfahren zu beachtenden Bestimmungen (§ 20) zu entscheiden hat. Dieser Anspruch ist vererblich und veräußerlich; er erlischt, wenn der Enteignete dieses Recht nicht binnen einem Jahr ab nachweislicher Aufforderung durch den Enteigner bei der Behörde geltend macht, spätestens jedoch zehn Jahre nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides. Macht der Enteigner glaubhaft, daß die Verwendung des Enteignungsgegenstandes für den Enteignungszweck unmittelbar bevorsteht oder die Verwendung aus Gründen, die der Enteigner nicht zu vertreten hat, vorläufig nicht möglich ist, aber in absehbarer Zeit erfolgen wird, hat die Behörde dem Enteigner eine angemessene Ausführungsfrist zu bestimmen. Bei deren Einhaltung ist der Antrag auf Rückübereignung abzuweisen. Eine Fristsetzung ist jedoch in jedem Falle unzulässig, wenn den Enteigner an der bislang nicht entsprechenden Verwendung ein Verschulden trifft."

Gemäß Art. II Z. 3 der Bundesstraßengesetznovelle 1983, BGBl. Nr. 63, in der Fassung des Art. II der Bundesstraßengesetznovelle 1986, BGBl. Nr. 165, sind die Bestimmungen des § 20a auch auf Enteignungen anzuwenden, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes durchgeführt wurden, wenn dem Bund zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 20a Abs. 1 noch die rechtliche Verfügungsgewalt hinsichtlich des Enteignungsgegenstandes zukommt. Die in dieser Bestimmung angeführten Fristen beginnen mit 1. April 1983.

3. Ein Rückübereignungsanspruch der Beschwerdeführerin nach § 20a Abs. 1 leg. cit. kommt nur dann und insoweit in Betracht, wenn und soweit das Grundstück Nr. 1340/3 enteignet worden ist und dem Enteignungszweck nicht zugeführt wurde. Unstrittig ist, daß ein 10 m2 großer Teil des Grundstückes Nr. 1340/3 enteignet und lediglich dieser Teil für den Ausbau der "T Kreuzung" verwendet worden ist; der strittige Rest des Grundstückes Nr. 1340/3 im Ausmaß von 256 m2 ist - was allerdings auch unstrittig ist - für den Ausbau der "T Kreuzung" nicht verwendet worden und war dafür von vorneherein auch nicht vorgesehen. Ein Rückübereignungsanspruch nach § 20a leg. cit. wäre ungeachtet dessen jedoch dann zu bejahen, wenn der Eigentumsübergang im Falle des 256 m2 großen Teiles des Grundstückes Nr. 1340/3 ebenfalls - so wie unstrittigerweise betreffend den 10 m2 umfassenden Teil - durch formelle Enteignung bewirkt worden wäre (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1990, Zl. 90/06/0058, wonach es ausschließlich auf die Tatsache der Enteignung ankommt).

Die belangte Behörde hat aus folgenden Gründen zu Recht die Auffassung vertreten, daß der strittige Teil des Grundstückes Nr. 1340/3 im Ausmaß von 256 m2 nicht enteignet worden ist:

Mit dem Enteignungsbescheid vom 25. Juli 1957 wurden aus dem Grundstück Nr. 1340/3 ausschließlich 10 m2 enteignet; dies ergibt sich eindeutig aus den in den Verwaltungsakten befindlichen Plänen. Wenn demgegenüber die Beschwerdeführerin aus der Aufsandungserklärung vom 14. Feber 1961 ableitet, daß durch den Enteignungsbescheid vom 25. Juli 1957 nicht nur der 10 m2 umfassende Teil, sondern auch der 256 m2 umfassende Teil des Grundstückes Nr. 1340/3 enteignet worden ist, kann dem nicht gefolgt werden. Dieser Schluß ist nämlich schon deshalb unrichtig, weil eine Aufsandungserklärung die Enteignung durch formellen Bescheid nicht ersetzen kann, bedeutet doch die Aufsandungserklärung lediglich die ausdrückliche Erklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll, daß er in die Einverleibung ins Grundbuch einwillige; weiters muß der Gegenstand der Aufsandungserklärung in der Urkunde über das Erwerbsgeschäft voll gedeckt sein (vgl. dazu Spielbüchler in Rummel, Kommentar zum ABGB, 2. Auflage, Rz 6 zu § 433 mit weiteren Nachweisen).

Aufgrund welcher gültiger "privatrechtlicher" Verfügung die restlichen 256 m2 übertragen wurden, ist für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht maßgeblich. Im Hinblick darauf kann es auch offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung die Aufsandungserklärung in Verbindung mit dem Text des in den Verwaltungsakten befindlichen Begleitschreibens des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 12. Juni 1961 (wonach das Amt ... die ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Beschwerdeführerin benötige, die im Wege der Unterfertigung der angeschlossenen Aufsandungserklärung eingeholt werde) in diesem Zusammenhang hat. Zurecht wird im übrigen von der Beschwerdeführerin selbst ausgeschlossen, daß es sich im Fall des Grundstückes Nr. 1340/3 im Ausmaß von 256 m2 um eine Resteinlösung handelt. Es kann daher auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen auch eine Resteinlösung als Folge eines Rückübereignungsanspruches hinsichtlich der primär enteigneten Fläche einer Rückübereignung im Sinne des § 20a BStG 1971 zugänglich sein könnte (vgl. dazu neuerlich das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1990, Zl. 90/06/0058).

Mangels formeller Enteignung hat daher die belangte Behörde zu Recht den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rückübereignung gemäß § 20a Abs. 1 leg. cit. verneint.

Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 im Rahmen des eingeschränkten Begehrens.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992060109.X00

Im RIS seit

27.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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