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L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;Norm
BauRallg;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der G in E, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 5. Juli 1993, Zl. Ro-291/4/1993, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin beantragte die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Unterstandes und Geräteschuppens. Das betreffende Grundstück habe ein Ausmaß von 6,5 ha und sei zu etwa drei Viertel bewaldet. Der Wald sei völlig ungepflegt. Die Beschwerdeführerin beabsichtige, die erforderlichen Pflege- und Durchforstungsarbeiten selbst an Wochenenden durchzuführen. Die Liegenschaft werde nicht durch einen Weg erschlossen. Es sei nicht zumutbar, die erforderlichen Geräte jeweils zur Liegenschaft zu transportieren. Die Hütte sei weiters als Unterstand bei Gewittern erforderlich. Nach den beigeschlossenen Planunterlagen handelt es sich bei dem Projekt um eine Holzhütte mit Steildach (Grundfläche 5 x 4 m, Höhe 5,40 m).
Die BH holte eine Stellungnahme der Bezirksforstinspektion ein. Diese äußerte sich nach Erhebungen an Ort und Stelle dahin, daß die Errichtung der Hütte zur ordnungsgemäßen forstlichen Bewirtschaftung der ca. 5 ha großen Waldfläche weder in arbeitstechnischer noch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht erforderlich sei. Die Liegenschaft könne über einen ca. 50 m vor der Besitzgrenze endenden Weg mit Kraftfahrzeugen erreicht werden. Die Anfahrt vom Wohnort der Beschwerdeführerin erfordere einen zumutbaren Zeitaufwand von ca. einer halben Stunde.
Mit Bescheid vom 22. Jänner 1993 versagte die BH die beantragte Bewilligung. Begründend vertrat sie die Auffassung, das Objekt sei für die Bewirtschaftung der Waldfläche weder spezifisch noch erforderlich.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Sie legte dar, durch die Errichtung der Hütte in einem für das Almgebiet in Kärnten typischen Erscheinungsbild werde das Landschaftsbild nicht nachteilig beeinflußt. Eine Zersiedelung werde nicht eintreten, da "laut den Unterlagen und Plänen ein Wohnen in dem Schuppen auszuschließen" sei. Der Sachverständige wäre zu anderen Schlüssen gekommen, hätte er erkannt, daß die Absicht bestehe, Brennholz zu ernten, ofenfertig aufzubereiten und auf dem Grundstück zu lagern. Die Beschwerdeführerin verwies weiters auf ähnliche Baulichkeiten, die im Gemeindegebiet von E. errichtet worden seien.
Die belangte Behörde holte ein forsttechnisches Sachverständigengutachten ein. Der Sachverständige führte im wesentlichen folgendes aus:
Das Grundstück liege in ca. 1650 m Seehöhe im Bereich eines Schiliftes. Es weise ein Ausmaß von 6,4873 ha auf und sei zu ca. vier Fünftel mit einem typischen Alpwald aus Fichte und Kiefer der ersten bis sechsten Altersklasse bestockt. Die Überschirmung sei unregelmäßig geschlossen und betrage durchschnittlich 0,7 bis 0,8. Im Flächenwidmungsplan scheine die Widmung "Grünland - Land- und Forstwirtschaft" aus. Das Grundstück sei von E. (Wohnort der Beschwerdeführerin) über den L.-Weg bei einer Fahrtstrecke von 13 km erreichbar. Ein Forstweg führe bis ca. 50 m an das Grundstück heran. Eine Regelung hinsichtlich der Mitbenützung der Forststraße wäre möglich, sei jedoch bisher nicht angestrebt worden. Für die forstliche Bewirtschaftung des Grundstückes sei die Errichtung einer Hütte nicht erforderlich. Die Bewirtschaftung eines 5 ha großen Alpwaldes sei nur in Form eines aussetzenden Betriebes denkbar. Es sei mit einem durschnittlichen Pflegebedarf von ca. 10 bis 15 Arbeitsstunden pro Hektar und Jahr zu rechnen. Bei einer Waldfläche von ca. 5 ha seien dies ca. 50 bis 75 Arbeitsstunden pro Jahr.
In ihrer Stellungnahme zu Befund und Gutachten trug die Beschwerdeführerin unter anderem vor, es bestehe ein großer Nachholbedarf an pflegerischen Maßnahmen. Diese würden alleine von ihrem Ehemann durchgeführt. Die Arbeiten würden sich über einige Jahre erstrecken.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Darlegung des Sachverhaltes, des Verfahrensganges und der Rechtslage vertrat sie die Auffassung, die Errichtung des Objektes sei für die Nutzung der Liegenschaft als Grünland, das für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sei, nach objektiven Maßstäben nicht erforderlich. Die Liegenschaft weise nur ein geringes Gesamtausmaß auf; die Beschwerdeführerin verfüge auch nicht über weitere forstwirtschaftliche Grundstücke. Weder sie noch ihr Ehemann seien hauptberuflich Landwirt. Zu der Liegenschaft könne mit einem Kraftfahrzeug bis in eine Entfernung von 50 m zugefahren werden. Für die Unterbringung der Arbeitsgeräte, die - unter der Annahme, daß nur eine Person die Arbeiten durchführe - nur an zwei Wochen im Jahr benötigt würden, sei die Errichtung einer Gerätehütte nicht erforderlich. Es sei durchaus üblich, daß Waldarbeiten in Gebieten durchgeführt würden, die von Unterständen bzw. Geräteschuppen relativ weit entfernt seien.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 5 Abs. 1 lit. i des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 idF LGBl. Nr. 4/1988 (NSchG), bedarf in der freien Landschaft, das ist der Bereich außerhalb von geschlossenen Siedlungen und der zum Siedlungsbereich gehörigen besonders gestalteten Flächen, wie Vorgärten, Haus- und Obstgärten, die Errichtung von Gebäuden und sonstigen baulichen Anlagen auf Grundflächen, die im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen sind, einer Bewilligung.
Gemäß § 11 Abs. 1 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1982, LGBl. Nr. 51/1982 idF LGBl. Nr. 59/1992 (GPlG) sind in Landesgesetzen vorgesehene Bewilligungen für raumbeeinflussende Maßnahmen nur zulässig, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen.
Die letztzitierte Vorschrift normiert einen im Verfahren über die Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung im Sinne des § 5 NSchG wahrzunehmenden Versagungsgrund. Ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan im Sinne des § 11 Abs. 1 GPlG steht somit der Erteilung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung für eine nach § 5 NSchG bewilligungsbedürftige Maßnahme entgegen. Ein solcher Widerspruch zum Flächenwidmungsplan liegt bei der Errichtung von baulichen Anlagen im land- und forstwirtschaftlichen Grünland im Hinblick auf § 3 Abs. 3 lit. a GPlG nur dann nicht vor, wenn die bauliche Anlage auch im Hinblick auf ihre Situierung für die Nutzung des land- und forstwirtschaftlichen Grünlandes erforderlich und spezifisch ist.
Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Baulichkeit für die Nutzung des land- und forstwirtschaftlichen Grünlandes "erforderlich" im Sinne des § 3 Abs. 3 lit. a GPlG ist, ist an die hiefür maßgeblichen Kriterien ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Oktober 1988, Zl. 87/10/0133). Die Erforderlichkeit ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Maßgeblich ist, ob nach den Erfordernissen einer zeitgemäßen Land- und Forstwirtschaft zur Grünlandnutzung der in Rede stehenden Flächen - soweit es um die Errichtung eines Geräteschuppens geht - die Verwendung von Arbeitsgeräten und deren - einen bestimmten Raumbedarf nach sich ziehende - Verwahrung an Ort und Stelle geboten ist (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 26. September 1983, Slg. Nr. 11 163/A, und vom 22. Juni 1993, Zl. 90/05/0228).
Angesichts dieser Rechtslage zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit in der Beurteilung der belangten Behörde auf, wonach die Errichtung eines Geräteschuppens im Hinblick auf die Größe des Waldbesitzes, die Erreichbarkeit der Liegenschaft und den Umfang der anfallenden Arbeiten für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht erforderlich sei.
Den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen tritt die Beschwerde nur insoweit entgegen, als sie - offenbar mit Beziehung auf die Annahme des angefochtenen Bescheides, es könne bis in eine Entfernung von 50 m zur Liegenschaft der Beschwerdeführerin mit Kraftfahrzeugen zugefahren werden - geltend macht, die "getroffene Feststellung von 50 m" sei unrichtig, da "dieser Weg" von der Beschwerdeführerin nicht benutzt werden dürfe; in diesem Zusammenhang wird das Fehlen von Feststellungen über Entfernungs- und Steigungsverhältnisse zum "nächsten Weg, den die Beschwerdeführerin erlaubterweise benützen darf", gerügt.
Damit gelingt es der Beschwerde nicht, einen relevanten Verfahrensmangel aufzuzeigen; dies schon deshalb, weil sie nicht darlegt, welche Feststellungen über die Zufahrtsmöglichkeiten zur Liegenschaft die belangte Behörde anstelle der bekämpften Feststellung hätte treffen können, die zu einer anderen Beurteilung des Falles geführt hätten. Dazu kommt, daß in den der Beschwerdeführerin jeweils vorgehaltenen, sowohl von der ersten als auch von der zweiten Instanz eingeholten Befunden dargelegt wird, ein mit Kraftfahrzeugen befahrbarer Forstweg ende ca. 50 m vor der Grenze der Liegenschaft der Beschwerdeführerin. In dem von der belangten Behörde eingeholten Befund und Gutachten wird überdies dargelegt, daß die Mitbenützung dieses Weges durch die Beschwerdeführerin möglich sei (vgl. hiezu auch § 66 Abs. 2 FG).
Diesen Darlegungen ist die Beschwerdeführerin in ihren umfangreichen Stellungnahmen im Verwaltungsverfahren nicht konkret entgegengetreten; die Beschwerde zeigt daher mit ihrer nicht weiter konkretisierten Bestreitung der Richtigkeit der erwähnten Feststellung keinen Verfahrensmangel auf.
Ebensowenig wird mit dem nicht weiter konkretisierten Hinweis, die Behörde (und nicht der Sachverständige) habe die Frage zu lösen, ob der Beschwerdeführerin der jeweilige Transport der Arbeitsgeräte von und zur Liegenschaft zugemutet werden könne, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Die Beschwerde legt nicht dar, aus welchen Gründen der jeweilige Transport der Arbeitsgeräte nicht zumutbar wäre. Sie läßt auch jegliche Darlegungen darüber vermissen, welche für die Bewirtschaftung erforderlichen Arbeitsgeräte einen Raumbedarf begründen, dem nur mit der Errichtung einer Gerätehütte in den geplanten Ausmaßen entsprochen werden könnte.
Soweit die Beschwerde jede Begründung zur Frage eines Widerspruches zum Flächenwidmungsplan vermißt, wird offenbar verkannt, daß sich die Lösung dieser Frage an Hand der Beurteilung ergibt, ob die bauliche Anlage für die Nutzung des land- und forstwirtschaftlichen Grünlandes erforderlich und spezifisch ist. Mit den oben wiedergegebenen Darlegungen hat die belangte Behörde - anders als dies die Beschwerde sieht - ihrer im vorliegenden Zusammenhang bestehenden Begründungspflicht entsprochen.
Die von der Beschwerde vermißte nähere Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Objekt - angesichts der beabsichtigten Ausführung ohne Heizung, Elektroanschluß und Toiletteanlage - für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung spezifisch sei, war im Beschwerdefall entbehrlich; denn der Versagungsgrund des Widerspruches zur Flächenwidmung liegt schon im Hinblick darauf vor, daß das Vorhaben zu Recht als für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nicht erforderlich angesehen wurde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993100175.X00Im RIS seit
19.09.2001