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L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des XY-Club, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 3. Juni 1993, Zl. N-101239/11-Ma-1993, betreffend Bewilligung und administrative Verfügungen nach dem Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetz 1982, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Versagung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung zum Inhalt hat, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Das Land Oberösterreich hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei betreibt seit ca. 1965 in der Marktgemeinde T ein Moto-Cross-Übungsgelände.
Mit Eingabe vom 19. April 1989 stellte sie den Antrag auf nachträgliche Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung. Der Antrag wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 2. Mai 1990 gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. e und § 10 Abs. 1 des O.ö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 - O.ö. NSchG 1982, LGBl. für Oberösterreich Nr. 80 idF LGBl. Nr. 72/1988, abgewiesen. Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung, zog diese aber mit Schreiben vom 18. Juli 1990 mit dem Bemerken zurück, sie werde neuerlich um eine Bewilligung ansuchen, sobald seitens der Gemeinde die in Aussicht genommene Flächenwidmung hinsichtlich des Moto-Cross-Übungsgeländes erfolgt sei.
In der Folge kann es nicht zu der geplanten Umwidmung durch die Gemeinde. Daraufhin begehrte die beschwerdeführende Partei mit Eingabe vom 17. Juni 1991 neuerlich die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Bewilligung. Der Antrag wurde mit Bescheid der BH Freistadt vom 15. Juli 1992 abgewiesen (Punkt I). Gleichzeitig wurden Aufträge nach § 39
O.ö. NSchG 1982 erteilt (Punkt II). Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung.
Eine von der belangten Behörde beigezogene Amtssachverständige für Natur- und Landschaftsschutz erstattete am 7. April 1993 folgendes Gutachten:
"Lage:
Es handelt sich beim gegenständlichen Übungsgelände um ein als Grünland gewidmetes Grundstück, welches im Talbereich des Mörtenbergerbaches liegt. Der Übungshang wird im Südosten vom angeführten Bach begrenzt und steigt in nordwestlicher Richtung steil an.
Befund:
Wie bereits angeführt, handelt es sich um einen Steilhang, der aufgrund seiner Exposition und aufgrund des sandigen Untergrundes als Trockenstandort ausgeprägt ist. Im Südwesten wird das Gelände durch Wald (Fichtenreinbestand mit südlich vorgelagertem natürlichem Gehölzbestand begrenzt, im nordöstlichen Bereich des Hanges befinden sich Gehölzbestände standortgerechter Ausprägung. Der Mörtenbergerbach weist ein durchgehendes Uferbegleitgehölz auf und prägt somit die Tallandschaft.
Das Trainingsgelände selbst erstreckt sich auf eine Fläche von ca. 1,5 - 2 ha. Die Trainingsstrecke, welche den Steilhang durchzieht, ist ca. 1500 m lang. Die Fahrstreifen durchziehen den Hang relativ eng und liegen zum Teil parallel in der Fallinie des Geländes. Entlang des Baches wird der Hang von einem etwa 20 m breiten, flachen Bereich begrenzt, der als Start- und Zielgerade genutzt werden dürfte. Zwischen den Fahrbahnen befindet sich Pioniervegetation der Trockenstandorte, teilweise auch Gehölzanflug. Zum Besichtigungszeitpunkt war auf dem Gelände ein Bagger abgestellt, der für die Freilegung bzw. Neuerrichtung der Fahrspuren Verwendung finden dürfte. In den Fahrspuren selbst finden sich sehr deutliche Erosionsrillen.
Unmittelbar nach der Brücke über den Mörtenbergerbach, über die das Gelände erreichbar ist, befindet sich im 20 m-Bereich des Baches eine mit Plakaten beklebte Hütte. Bachaufwärts wurde entlang des rechten Bachufers, ebenfalls innerhalb des 20 m-Bereiches ein Plankenzaun errichtet. Beide Objekte sind als standortfremde Elemente als Eingriffe in das Landschaftsbild zu werten.
GUTACHTEN:
Gemäß § 4 des O.ö. NSchG. 1982 ist die Auswirkung der Verwendung des gegenständlichen Moto-Cross-Übungsgeländes auf den Naturhaushalt, die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten, den Erholungswert der Landschaft sowie das Landschaftsbild zu beurteilen.
Die Störung des Landschaftsbildes ergibt sich rein optisch durch das Vorhandensein der Fahrspuren, die nicht als landschaftstypisches Element zu werten sind. Durch die Verwendung derselben für Übungs- und Veranstaltungszwecke seit 1983 werden die Spuren offengehalten, sodaß keine Sukzession einsetzen kann. Für den Fall, daß keine Veranstaltungen mehr stattfinden würden, wäre mit Sicherheit anzunehmen, daß langfristig durch erosionsbedingte Veränderungen des Kleinreliefs, eine Besiedlung der Fahrspuren mit diversen Pflanzenarten, zuerst mit Pionier- und Ruderalvegetation, anschließend im Zuge der Sukzession mit Kräutern und Gräsern der Trockenstandorte, stattfinden würde. Diese Wiederbesiedlung wird durch die laufende Nutzung (Befahrung) des Geländes unterbunden.
Der Erholungswert der Landschaft wird einerseits durch die Geräusch- bzw. Lärmkulisse im Falle der Veranstaltungen beeinträchtigt. Andererseits ergibt sich aber auch eine bereits vorher angeführte optische Veränderung und durch die damit verbundene Entwertung des Landschaftsbildes eine gleichzeitige Minderung des Erholungswertes der Landschaft. Die Tatsache, daß der Weitwanderweg Nr. 150 am Gelände vorbeiführt, unterstreicht diesen Sachverhalt. Die Wohlfahrts- und Erholungswirkung einer Landschaft ist jedoch nur dann gewährleistet, wenn Störungen unterbunden werden. Der Erholungswert der Landschaft ergibt sich jedoch nicht alleine aus der subjektiven Wahrnehmung des Einzelnen (Wanderer etc.), sondern steht vielmehr im Zusammenhang mit der Intaktheit des ökologischen Wirkungsgefüges, aus der eine höchstmögliche Artenvielfalt resultiert.
Die Beeinträchtigung der Lebensgrundlagen der Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren erfolgt einerseits durch die Lärmbelastung, die erwiesenermaßen eine Störung bedingt und dadurch Abwanderungstendenzen bewirkt. Daß Motorradsportveranstaltungen eine Störung darstellen, dürfte wohl unbestritten sein.
Andererseits wirken sich derartige Eingriffe auf Kleinlebewesen (beispielsweise Käfer) noch gravierender aus, da sie durch das Offenhalten der Fahrspuren in ihren Aktionsradien eingeschränkt werden, weil Wanderungswege unterbrochen werden.
Als maßgeblicher Eingriff ist jedoch der Eingriff in den Naturhaushalt zu werten, der sich, wie bereits angeführt, aus der erosionsfördernden Wirkung der Fahrspuren ergibt. In den Fahrspuren wird im Falle von Regenfällen das Oberflächenwasser rascher abgeführt. Es kommt nicht mehr zur langsamen Versickerung und damit Anstieg des Bodenwasservolumens und, daraus resultierend, längerzeitlicher Verfügbarkeit für die Bodenvegetation. Dies führt zu einer Standortveränderung eines gefährdeten Trockenstandortes. Dies zeigt sich bereits jetzt, da krautige Bodenbedeckung, die dem sinkenden Wasserhaushalt nur wenige Zentimeter in der Tiefe folgen kann, durch Gehölze unterdrückt und verdrängt wird, da diese in der Lage sind, dem Bodenwasser in größere Tiefen zu folgen. Dies führt optisch wiederum zu einer Veränderung des Landschaftsbildes.
Wie angeführt, ist die Eingriffswirkung somit eine sehr vielfältige und weitreichende, sodaß aus naturschutzfachlicher Sicht das gegenständliche Ansuchen abzulehnen ist.
Gemäß § 39 Abs. 1 und 2 O.ö. NSchG. 1982 ist aus fachlicher Sicht die Wiederherstellung eines naturnahen Zustandes zu fordern. Zu diesem Zweck sind aus fachlicher Sicht folgende Maßnahmen erforderlich:
1. Im Bereich der Fahrspuren ist die Bodenfläche aufzulockern, um den infolge der Verdichtung erschwerten Aufwuchs standortgerechter Vegetation zu ermöglichen.
2. Im Bereich der Parzelle 1130, KG. H, ist angrenzend an das Ufergehölz des Mörtenbergerbaches ein 10 m-breiter Streifen durchgehend mit Pioniergehölzen (Salweide, Aspe, Birke) dicht zu bepflanzen.
3. Sämtliche Pflanzungen sind so lange zu pflegen und gegebenenfalls nachzubessern, bis der Anwuchserfolg gesichert ist.
4. Das im Bereich der Zufahrt zum Moto-Cross-Gelände situierte Hüttenbauwerk, die Überbrückung des Mörtenbergerbaches, das im Gelände abgestellte Raupenfahrzeug, sämtliche Absperrungen und Zäunungen, Beschilderungen, Tafeln und sonstige für den Moto-Cross-Betrieb im Gelände errichteten oder lagernden Einrichtungen sind ersatzlos zu entfernen.
5. Im Bereich der zu rekultivierenden Zufahrt zum ehemaligen Moto-Cross-Gelände ist eine Holztafel mit der Aufschrift: "Benützung des ehemaligen Moto-Cross-Geländes naturschutzbehördlich verboten" aufzustellen."
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde Spruchpunkt I des erstinstanzlichen Bescheides. Spruchpunkt II wurde dahin geändert, daß der beschwerdeführenden Partei aufgetragen wurde, bis spätestens 30. September 1993 1. im Bereich der Fahrspuren die Bodenoberfläche aufzulockern, 2. das im Bereich der Zufahrt zum Moto-Cross-Gelände situierte Hüttenbauwerk, das im Gelände abgestellte Raupenfahrzeug, sämtliche Absperrungen und Zäunungen, Beschilderungen, Tafeln und sonstige für den Moto-Cross-Betrieb errichteten oder lagernden Einrichtungen ersatzlos zu entfernen.
Gestützt auf das oben wiedergegebene Gutachten und eine Stellungnahme der Marktgemeinde T, in der sich diese unter Hinweis auf in der Nähe des Moto-Cross-Übungsgeländes vorbeiführende Wanderwege gegen die Erteilung der Bewilligung aussprach, begründete die belangte Behörde die Versagung der Bewilligung im wesentlichen wie folgt: Die Verwendung der Grundstücke Nr. 1126, 1130 und 1132, KG H, als Moto-Cross-Übungsgelände unterliege seit 1. Jänner 1983 der naturschutzbehördlichen Bewilligungspflicht. Die beschwerdeführende Partei halte somit seit nunmehr 10 Jahren einen konsenslosen Zustand aufrecht. Bei der Beurteilung des Landschaftsbildes sei zu berücksichtigen, daß vor dem Entstehen der Bewilligungspflicht der Moto-Cross-Betrieb bereits 16 Jahre hindurch bestanden habe. Infolge Weiterverwendung des Steilhanges als Übungsgelände für Moto-Cross-Zwecke würden seit 1983 die dort bestehenden Fahrspuren weiter offengehalten, sodaß insoweit die natürliche Sukzession, die sich zwischen den Fahrbahnen als Pioniervegetation der Trockenstandorte ausgebildet habe, nicht einsetzen könne. Es sei davon auszugehen, daß bei Unterbleiben dieser Verwendung die im gegenständlichen Landschaftsbereich als Störfaktoren anzusehenden Fahrspuren in der Zeit seit 1. Jänner 1983 mit diversen Pflanzenarten, zuerst mit Pionier- und Ruderalvegetation, anschließend im Zuge der Sukzession mit Kräutern und Gräsern der Trockenstandorte besiedelt worden wären. Eine Störung des Landschaftsbildes durch die gegenständliche Verwendung werde daher insoferne bewirkt, als der durch die Anlage der Fahrstrecke geschaffene Zustand (die Fahrstreifen durchziehen den Wiesenhang als erdbraunes Band relativ eng und liegen zum Teil parallel in der Fallinie des Geländes) aufrechterhalten und nicht der Rückführung in eine natürliche Hangwiese überlassen worden sei. Der Ansicht der beschwerdeführenden Partei, die gegenständliche Verwendung bewirke keine Störung des Landschaftsbildes, weil von dem bereits geschaffenen Zustand auszugehen sei, könne nicht beigepflichtet werden. Vielmehr habe das mit der Ausübung des Moto-Cross-Sportes verbundene Aufreißen der natürlichen Bodendecke schon vor dem Wirksamwerden der Bewilligungspflicht nach dem O.ö. NSchG 1982 eine schwerwiegende Störung des Landschaftsbildes bedeutet, deren Aufrechterhaltung dem öffentlichen Interesse am Landschaftsschutz entschieden zuwiderlaufe. Das Offenhalten der Fahrspuren fördere die Bodenerosion und führe zu einem rascheren Abfließen des Oberflächenwassers. Damit sei ein langsames Versickern und ein Anstieg des Bodenwasservolumens bei Regenfällen nicht mehr möglich, die Verfügbarkeit des Wassers für die Bodenvegetation sei längerzeitlich nicht gegeben. Die Pflanzenarten des gegenständlichen Trockenstandortes würden solcherart durch andere Pflanzenarten, insbesondere Gehölze, die in der Lage seien, Wasser aus größeren Tiefen aufzunehmen, verdrängt. Insgesamt bewirke dies eine Veränderung der spezifischen Standortverhältnisse und der Vegetation des Trockenstandortes. Auch sei eine Beeinträchtigung der Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten anzunehmen, wenngleich deren Ausmaß nicht exakt zu quantifizieren sei. Grundsätzlich bedinge die von Moto-Cross-Maschinen ausgehende Lärmbelastung zweifellos eine Störung und Beunruhigung der Tierwelt in diesem Bereich. Insbesondere werde der Lebensraum von Kleinwesen (z.B. Käfer) beschränkt, da deren Wanderungswege durch das Offenhalten der Fahrspuren unterbrochen würden. Die Beeinträchtigung der Intaktheit des ökologischen Wirkungsgefüges mit einer größtmöglichen Artenvielfalt vermindere den Erholungswert der Landschaft. Dieser werde insbesondere auch durch die mit dem Moto-Cross-Betrieb verbundene Lärmentwicklung in hohem Maße beeinträchtigt. Nach Auskunft der Marktgemeinde T würden sowohl der verfahrensgegenständliche Bereich als auch die nähere Umgebung sehr stark von Erholungssuchenden frequentiert, zumal etwas nördlich des Moto-Cross-Geländes der Mittellandwanderweg Nr. 150 vorbeiführe. Auch von Gästen des nahegelegenen Kurortes B, den Naherholungssuchenden aus dem Großraum Linz und den Gästen des Bildungshauses G würden die Wander- und Radwanderwege in diesem Landschaftsraum oft und gern benützt. Es sei somit davon auszugehen, daß die Verwendung der Grundstücke Nr. 1126, 1130 und 1132 als Moto-Cross-Übungsgelände Beeinträchtigungen und Störungen im Sinne des § 10 Abs. 1 lit. a O.ö. NSchG 1982 bewirke.
Im Rahmen der Interessenabwägung nach lit. b führte die belangte Behörde aus, das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz liege im gegenständlichen Fall einerseits in der Erhaltung einer weitgehend intakten Tallandschaft mit einem bemerkenswerten Erholungswert und andererseits in der Schaffung bzw. Wiederherstellung des ökologischen Gefüges mit seiner Artenvielfalt. Diesem Interesse sei ausgehend von den vorigen Ausführungen und Schlußfolgerungen eine besondere Wertigkeit beizumessen. Hinsichtlich der für das Vorhaben sprechenden Interessen führte die belangte Behörde aus, dem Umstand, daß im Falle der Ablehnung des Antrages im Bereich des Mühlviertels keine Übungs- oder Rennstrecke für Moto-Cross-Fahrer mehr zur Verfügung stehe, könne kaum ein öffentliches im Sinne eines allgemeinen Interesses beigemessen werden, bestünden doch augenscheinlich große Konflikte zwischen der Gruppe der moto-cross-begeisterten Personen und der ortsansässigen Bevölkerung. Bei Bestehen eines übergeordneten Interesses hätte die Marktgemeinde T dem Rechnung getragen und die gegenständliche Grundfläche im Flächenwidmungsplan gesondert ausgewiesen. Dies sei jedoch ausdrücklich abgelehnt worden. Aus dem Umstand, daß der Moto-Cross-Sport eine nach dem Landessportgesetz anerkannte Sportart sei, könne nicht auf ein hohes öffentliches Interesse am gegenständlichen Vorhaben geschlossen werden. Wenngleich das Interesse der beschwerdeführenden Partei selbst und einer nicht unbedeutenden Gruppe von Motorsportbegeisterten am Bestehen der Moto-Cross-Übungsstrecke anerkannt werde, überwiege dieses Interesse dennoch nicht das dargestellte öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz.
Die Aufträge nach § 39 O.ö. NSchG 1982 begründete die belangte Behörde im wesentlichen damit, daß die Verwendung der Fläche als Moto-Cross-Übungsgelände ungeachtet der seit 1. Jänner 1983 bestehenden Bewilligungspflicht ohne naturschutzrechtliche Bewilligung erfolge. Damit sei der Tatbestand des § 39 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 erfüllt.
In ihrer Beschwerde gegen diesen Bescheid macht die beschwerdeführende Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; sie beantragt die kostenpflichte Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. e O.ö. NSchG 1982 bedarf die Verwendung einer Grundfläche als Übungsgelände für und zur Durchführung von Motorsport-Veranstaltungen einer Bewilligung der Behörde. Diese ist gemäß § 10 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 zu erteilen,
(a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wurde, weder den Naturhaushalt oder die Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen- und Tierarten in einer Weise schädigt, noch den Erholungswert der Landschaft in einer Weise beeinträchtigt, noch das Landschaftsbild in einer Weise stört, die dem öffentlichen Interesse am Natur- und Landschaftsschutz zuwiderläuft, oder
(b) wenn öffentliche oder private Interessen am beantragten Vorhaben das öffentliche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz überwiegen.
Ansonsten ist eine Bewilligung zu versagen.
Die Beschwerde bringt vor, aus § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. e O.ö. NSchG 1982 ergebe sich implizit, daß nach der Intention dieses Gestzes die Verwendung einer Grundfläche als Übungsgelände für und zur Durchführung von Motorsport-Veranstaltungen grundsätzlich bewilligungsfähig sei. Die für derartige Veranstaltungen charakteristischen Auswirkungen, wie Lärm- und Abgasemissionen samt den damit verbundenen Störungen für erholungssuchende Menschen und die Pflanzen- und Tierwelt sowie das Entstehen von Fahrspuren im Gelände, stellten daher keinen geeigneten Versagungsgrund dar. Andernfalls hätte der Gesetzgeber Verwendungen der gegenständlichen Art ausnahmslos verboten. Daß vom Betrieb des gegenständlichen Moto-Cross-Geländes besondere Beeinträchtigungen ausgingen, sei aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht ersichtlich. Der Verwaltungsgerichtshof versteht dieses Vorbringen dahin, daß die mit der Verwendung einer Grundfläche als Moto-Cross-Übungsgelände allgemein verbundenen Auswirkungen noch nicht als nachteilige Auswirkungen im Sinne des § 10 Abs. 1 lit. a O.ö. NSchG 1982 anzusehen seien und daher, sofern "besondere Auswirkungen" nicht zu erwarten seien, eine Bewilligung nach Abs. 1 lit. a zu erteilen sei, ohne daß es noch einer Interessenabwägung nach Abs. 1 lit. b bedürfte.
Diese Ansicht kann nicht geteilt werden. § 10 Abs. 1 lit. a O.ö. NSchG 1982 stellt darauf ab, ob die dort beschriebenen nachteiligen Auswirkungen aufgrund der Verwendung einer Grundfläche als Moto-Cross-Übungsgelände zu erwarten sind. Auch ein gerade die Erheblichkeitsgrenze überschreitender, vergleichsweise geringfügiger Eingriff in die Schutzgüter des § 10 Abs. 1 macht, soferne er dem öffentlichen Interesse des Natur- und Landschaftsschutzes zuwiderläuft, eine Bewilligung nach der lit. a dieser Gesetzesstelle unzulässig (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. August 1993, Zl. 89/10/0119). Eine Differenzierung zwischen (bloß) allgemeinen und besonderen Beeinträchtigungen, was immer unter letzteren zu verstehen sein mag, sieht die lit. a des § 10 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 nicht vor. Von Belang können derartige Unterschiede daher nur im Rahmen der Interessenabwägung nach der lit. b sein, und zwar bei der Gewichtung des Natur- und Landschaftsinteresses.
Die Beschwerde bringt weiters vor, es sei zu berücksichtigen, daß das Moto-Cross-Übungsgelände bereits seit ca. 1965 bestehe und daß durch die Weiterführung des Moto-Cross-Betriebes keine Veränderung der bis zumindest 1990 gegebenen Situation eingetreten sei. Die Versagung der Bewilligung stütze sich weitgehend bloß auf Pauschalargumente. Insbesondere sei eine Befundaufnahme zum Thema Artenvielfalt der Pflanzen- und Tierwelt nicht erfolgt, zumal nicht festgestellt worden sei, welche Pflanzen- und Tierarten auf dem Gelände überhaupt vorkämen. Der impliziten Annahme der belangten Behörde betreffend Verminderung der Artenvielfalt stehe das Gutachten des erstinstanzlichen Amtssachständigen vom 21. Oktober 1991 entgegen. Darin werde ausgeführt, daß durch die gegenständliche Verwendung der Grundstücke Ruderal- und Pioniergesellschaften entstünden, die wiederum einen Lebensraum insbesondere für Insekten, Vögel und Kleinsäuger darstellten. Die Feststellung, das Aufreißen der Bodendecke habe bereits vor dem Wirksamwerden der Bewilligungspflicht nach dem
O.ö. NSchG 1982 eine schwerwiegende Störung des Landschaftsbildes bedeutet, sei insofern aktenwidrig, als nach dem soeben erwähnten Gutachten das Moto-Cross-Gelände großräumig nicht einsehbar sei. In Ansehung der für die Bewilligung sprechenden Interessen habe die belangte Behörde den Sachverhalt insoweit nicht ausreichend ermittelt, als sie trotz eines dahingehenden Antrages des Beschwerdeführers Erhebungen über das Vorhandensein alternativer Trainingsmöglichkeiten in Oberösterreich unterlassen habe. Tatsächlich stelle die gegenständliche Trainingsstrecke die einzige Möglichkeit zur Ausübung des Moto-Cross-Sports im gesamten nördlichen Bereich des Bundeslandes dar. Daß die Schaffung von Möglichkeiten zur Ausübung dieses Sportzweiges im öffentlichen Interesse liege, ergebe sich daraus, daß der Auto- und Motorradsport in § 1 Z. 4 der aufgrund des
O.ö. Landessportgesetzes erlassenen Verordnung
LGBl. Nr. 65/1988 ausdrücklich als Sportzweig im Sinne des Landessportgesetzes angeführt werde.
Bei der Beurteilung dieses Vorbringens ist vorweg zu klären, welche Bedeutung dem in der Beschwerde angesprochenen Umstand zukommt, daß die gegenständlichen Grundstücke bereits lange vor dem Entstehen der naturschutzrechtlichen Bewilligungspflicht mit 1. Jänner 1983 als Moto-Cross-Übungsgelände verwendet wurden und daß diese Verwendung auch in der Folge - nunmehr ohne die erforderliche Bewilligung - aufrechterhalten wurde.
Bei Entscheidungen nach § 10 O.ö. NSchG 1982 über geplante Vorhaben ist von dem bei der Entscheidung gegebenen Sachverhalt (dem in diesem Zeitpunkt bestehenden Zustand von Natur und Landschaft) auszugehen, da dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, daß es insoweit auf einen früheren Zustand ankäme. Diesem Zustand sind die im Falle der Verwirklichung des Vorhabens zu erwartenden Veränderungen an Natur und Landschaft gegenüberzustellen. Hiebei ist zu beachten, daß der Begriff "Vorhaben" im O.ö. NSchG 1982 nicht nur die Herstellung eines Zustandes, sondern auch durch längere Zeit hindurch ausgeübte Tätigkeiten erfaßt, wie etwa die Verwendung einer Grundfläche zur Durchführung von Moto-Cross-Veranstaltungen oder zur Schotterentnahme (siehe das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. März 1992, Zl. 91/10/0025). Damit war im vorliegenden Fall, wie die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend erkannte, nicht vom ursprünglichen Zustand des Übungsgeländes auszugehen. Ein Abstellen auf einen vor dem 1. Jänner 1983 bestandenen Zustand hätte, weil es sich hiebei um die rückwirkende Anwendung dieses Gesetzes gehandelt hätte, einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung bedurft. Im Hinblick auf die konsenslose Verwendung der Grundstücke seit dem 1. Jänner 1983 zu Moto-Cross Zwecken ist die belangte Behörde allerdings mit Recht nicht vom Zustand des Geländes zu diesem Zeitpunkt, sondern von jenem Zustand ausgegangen, der sich ergeben hätte, wenn die besagte Verwendung in der Folge unterblieben wäre. Sie hat (im Zusammenhang mit den Ausführungen zu Spruchpunkt II) angenommen, daß sich seither im Bereich der Fahrspuren eine Pioniervegetation hätte ansiedeln können und die natürliche Sukzession eingesetzt hätte. Diese durch das eingeholte Gutachten gedeckte Annahme wird in der Beschwerde nicht bestritten.
Mit dem übrigen vorhin zusammengefaßt wiedergegebenen Vorbringen rügt die Beschwerde der Sache nach eine mangelhafte Ermittlung der für die Interessenabwägung gemäß § 10 Abs. 1 lit. b O.ö. NSchG 1982 maßgebenden Gewichtungsfaktoren. Dieses Vorbringen ist im Ergebnis berechtigt.
Eine dem Gesetz entsprechende Interessenabwägung erfordert, die für und gegen das Vorhaben sprechenden Argumente möglichst präzis und umfassend zu erfassen und einander gegenüberzustellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen. Die belangte Behörde hatte daher das konkrete Ausmaß des öffentlichen Interesses an der Vermeidung einer Beeinträchtigung des Natur- und Landschaftsschutzinteresses auf der einen und den Ausprägungsgrad des konkurrierenden Interesses an der Verwendung der Grundstücke als Moto-Cross-Übungsgelände festzustellen. In beiden Richtungen bestehen Mängel.
Hinsichtlich des Landschaftsbildes fehlt eine Feststellung über die Einsehbarkeit des Moto-Cross-Übungsgeländes. Es liegt auf der Hand, daß das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Landschaftsbildes in diesem Bereich wesentlich davon abhängt, ob dieser Bereich nur aus unmittelbarer Nähe oder aber von weitem und insbesondere auch von den erwähnten Wanderwegen aus einsehbar ist.
Was den Aspekt der "Schaffung bzw. Wiederherstellung des ökologischen Gefüges mit seiner Artenvielfalt" (Seite 17 des angefochtenen Bescheides) anlangt, rügt die Beschwerde mit Recht, daß die belangte Behörde offenbar von einer maßgeblichen Verminderung der Artenvielfalt durch die gegenständliche Verwendung der Grundstücke ausgehe, daß es aber insoweit an einer ausreichenden Befundaufnahme fehle. Die Annahme einer ins Gewicht fallenden Verminderung der Artenvielfalt verlangt Feststellungen über die wesentlichen im betroffenen Bereich vorhandenen Pflanzen- und Tierarten sowie darüber, welche von ihnen beeinträchtigt würden und in welchem Ausmaß dies der Fall wäre. In diesem Zusammenhang hätte sich die belangte Behörde auch mit der in der Beschwerde erwähnten, anscheinend gegen die befürchtete Verminderung der Artenvielfalt sprechende Äußerung des erstinstanzlichen Amssachverständigen (Gutachten vom 21. Oktober 1991) auseinandersetzen müssen, wonach aufgrund der Verwendung der Grundstücke als Moto-Cross-Übungsgelände Ruderal- und Pioniervegetationsgesellschaften entstünden, die wiederum einen Lebensraum insbesondere für Insekten, Vögel und Kleinsäuger darstellten.
Auch in Ansehung des öffentlichen Interesses am Vorhaben der beschwerdeführenden Partei fehlt es an ausreichenden Ermittlungen als Grundlage für die Gewichtung dieses Interesses. Daß die Marktgemeinde T von der zunächst in Aussicht genommenen Umwidmung der Grundstücke Abstand genommen hat, läßt zwar auf das Fehlen eines Interesses dieser Gemeinde an der gegenständlichen Verwendung der Grundstücke, nicht aber auf das Fehlen eines öffentlichen Interesses überhaupt schließen. Darüber, ob und in welchem Ausmaß ein solches Interesse an der Verwendung als Moto-Cross-Übungsgelände anzunehmen ist, hätte es zumindest einer Anfrage an die für Sportangelegenheiten zuständige Abteilung der belangten Behörde bedurft, zumal nach der Aktenlage Anhaltspunkte für den Einsatz öffentlicher Mittel für den Ausbau bzw. die Sanierung des Moto-Cross-Übungsgeländes bestehen (siehe das im Akt der Erstbehörde erliegende Schreiben des "Landessportbüros" vom 19. Juli 1988).
Aus diesen Gründen ist der angefochtene Bescheid im Umfang der Versagung der Bewilligung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
In Ansehung des Ausspruches nach § 39 O.ö. NSchG 1982 steht unbestritten fest, daß die beschwerdeführende Partei die betroffene Grundfläche seit 1983 ohne Bewilligung als Moto-Cross-Übungsgelände verwendet. Damit ist der Tatbestand der konsenslosen Durchführung eines bewilligungspflichtigen Vorhabens im Sinne des § 39 Abs. 1 O.ö. NSchG 1982 erfüllt. Die Beschwerde bringt gegen den auf diese Bestimmung gestützten Ausspruch nichts vor. Sie ist insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Stempelgebührenersatz gebührt nur in Höhe von S 420,-- (S 240,-- für zwei Ausfertigungen der Beschwerde und S 180,-- für eine Kopie des angefochtenen Bescheides).
Schlagworte
Begründung Allgemein Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993100135.X00Im RIS seit
25.01.2001