Entscheidungsdatum
10.09.2024Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W161 2297016-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Beratungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2024, Zahl XXXX zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Syrien, vertreten durch die Bundesagentur für Beratungs- und Unterstützungsleistungen (BBU GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2024, Zahl römisch 40 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3, 2. Satz BFA-VG stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 21, Absatz 3,, 2. Satz BFA-VG stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (in Folge: BF), eine volljährige syrische Staatsangehörige, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 28.02.2024 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Zur BF liegen zu Bulgarien ein EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) vom 26.01.2024 und ein Treffer der Kategorie 2 (erkennungsdienstliche Behandlung) vom 12.01.2024 vor.
2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.02.2024 gab die BF im Wesentlichen an, sie sei am XXXX in XXXX , Syrien geboren und ledig. Ihre Mutter sowie ihre drei Schwestern würden in Syrien leben. Sie habe keine Familienangehörigen in Österreich oder in einem anderen EU-Staat, sei gesund und nicht schwanger. Ihren Herkunftsstaat habe sie am 04.01.2024 in Richtung Türkei verlassen (Aufenthalt 04.01.2024 bis 11.01.2024) und sei dann von dort weiter nach Bulgarien (Aufenthalt 17 Tage) und dann über Serbien (Aufenthalt 5 Tage), Bosnien (Aufenthalt 4 Tage), Kroatien (Durchreise) und Slowenien (Aufenthalt 5 Tage) am 27.02.2024 nach Österreich gekommen. In Bulgarien sei sie von der Polizei angehalten worden – sie habe dort Fingerabdrücke abgeben müssen. Sie habe dort um Asyl angesucht, um aus dem geschlossenen Flüchtlingslager herauszukommen. Die Entscheidung habe sie nicht abgewartet, Unterlagen habe sie auch keine mehr. Sie wolle auch nicht mehr dorthin zurück, da sie sehr schlecht behandelt worden sei. Sie sei weitergereist und in Slowenien angehalten worden, dort seien ihr lediglich die Fingerabdrücke abgenommen worden. Sie habe dort nicht um Asyl angesucht und sei dann weiter bis nach Österreich gereist. Als Fluchtgrund gab die BF an, dass sie ihre Heimat aufgrund des Krieges verlassen habe. Als Frau sei es in Syrien ohne männliche Verwandten sehr gefährlich. 2. Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 28.02.2024 gab die BF im Wesentlichen an, sie sei am römisch 40 in römisch 40 , Syrien geboren und ledig. Ihre Mutter sowie ihre drei Schwestern würden in Syrien leben. Sie habe keine Familienangehörigen in Österreich oder in einem anderen EU-Staat, sei gesund und nicht schwanger. Ihren Herkunftsstaat habe sie am 04.01.2024 in Richtung Türkei verlassen (Aufenthalt 04.01.2024 bis 11.01.2024) und sei dann von dort weiter nach Bulgarien (Aufenthalt 17 Tage) und dann über Serbien (Aufenthalt 5 Tage), Bosnien (Aufenthalt 4 Tage), Kroatien (Durchreise) und Slowenien (Aufenthalt 5 Tage) am 27.02.2024 nach Österreich gekommen. In Bulgarien sei sie von der Polizei angehalten worden – sie habe dort Fingerabdrücke abgeben müssen. Sie habe dort um Asyl angesucht, um aus dem geschlossenen Flüchtlingslager herauszukommen. Die Entscheidung habe sie nicht abgewartet, Unterlagen habe sie auch keine mehr. Sie wolle auch nicht mehr dorthin zurück, da sie sehr schlecht behandelt worden sei. Sie sei weitergereist und in Slowenien angehalten worden, dort seien ihr lediglich die Fingerabdrücke abgenommen worden. Sie habe dort nicht um Asyl angesucht und sei dann weiter bis nach Österreich gereist. Als Fluchtgrund gab die BF an, dass sie ihre Heimat aufgrund des Krieges verlassen habe. Als Frau sei es in Syrien ohne männliche Verwandten sehr gefährlich.
3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) richtete am 07.03.2024 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) richtete am 07.03.2024 ein auf Artikel 18, Absatz eins, Litera b, der Verordnung Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin-III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Bulgarien.
Bulgarien stimmte der Wiederaufnahme der BF mit Schreiben vom 14.03.2024 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO ausdrücklich zu.Bulgarien stimmte der Wiederaufnahme der BF mit Schreiben vom 14.03.2024 gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin-III-VO ausdrücklich zu.
4. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 18.04.2024 gab die BF zusammengefasst an, sich physisch und psychisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Sie habe bei der Erstbefragung wahrheitsgemäße Angaben getätigt. Sie sei seit XXXX traditionell mit XXXX , geb. XXXX , verheiratet und sei von ihm im XXXX Monat schwanger. Sie habe ihren Ehemann in Syrien Ende Oktober 2023 durch gemeinsame Freunde kennengelernt – 15 Tage später hätten sie sich verlobt. Ihr Ehemann lebe in XXXX , verfüge über den Status des Asylberechtigten und sei seit XXXX bis XXXX Jahren in Österreich. Die BF habe ihren Ehemann über das Telefon kennen gelernt, während er in Österreich und sie in Syrien gewesen sei. Die Verlobung und die Hochzeit hätten ebenfalls über das Telefon stattgefunden, eine Heiratsurkunde gebe es nicht. Ein Scheich sei während der Eheschließung bei der BF zu Hause gewesen. Die BF habe ihren Ehemann bei ihrer Ankunft in Österreich am 23.02.2024 das erste Mal gesehen. Nachgefragt, ob sie mit ihrem Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt lebe, gab die BF an, alle 24 Stunden im Lager unterschreiben zu müssen, dass sie anwesend sei – das mache sie schon seit ca. 15 Tagen. Danach fahre sie wieder zu ihm. Die BF sei bei ihrem Ehemann nicht gemeldet, weil ihr gesagt worden sei, dass sie schauen solle, wie ihr Asylverfahren entschieden werde. Bei der Erstbefragung sei sie von der Dolmetscherin gefragt worden, ob sie Beweise für die Eheschließung habe. Sie habe dies verneint und sei ihr von der Dolmetscherin mitgeteilt worden, dass sie sagen werde, dass die BF ledig sei. Die BF tätigte Angaben zu den familiären und beruflichen Verhältnissen ihres Ehemanns. Sie würden miteinander essen und reden sowie sich manchmal in den Park setzen und Saft trinken. Sie würden zudem zusammen einkaufen gehen, und seien sie auch schon im Prater gewesen. Die BF habe ihren Ehemann durch eine Schwester eines Freundes des Ehemannes kennengelernt. Ihre Tante lebe in Deutschland, in Österreich habe die BF nur ihren Ehemann. Weiters führte die BF aus, in Bulgarien gezwungen worden zu sein, ihre Fingerabdrücke abzugeben. Sie sei 14 Tage lang in Haft gewesen, und hätte sie ihre Fingerabdrücke nicht abgegeben, wäre sie nach Syrien abgeschoben worden. In Bulgarien sei es sehr schmutzig gewesen, es hätte dort viele Ameisen und andere Tiere gegeben, die BF habe davon noch immer einen Ausschlag. Sie sei dort sehr schlecht behandelt worden und habe ihr Mobiltelefon nicht benützen dürfen. Die BF wolle nicht nach Bulgarien zurück. Sie sei schwanger und ihr Ehemann lebe in Österreich. Sie wolle mit ihm zusammenleben und könne nicht alleine in einem Land leben, wo sie niemanden habe. 4. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 18.04.2024 gab die BF zusammengefasst an, sich physisch und psychisch in der Lage zu fühlen, die Befragung zu absolvieren. Sie habe bei der Erstbefragung wahrheitsgemäße Angaben getätigt. Sie sei seit römisch 40 traditionell mit römisch 40 , geb. römisch 40 , verheiratet und sei von ihm im römisch 40 Monat schwanger. Sie habe ihren Ehemann in Syrien Ende Oktober 2023 durch gemeinsame Freunde kennengelernt – 15 Tage später hätten sie sich verlobt. Ihr Ehemann lebe in römisch 40 , verfüge über den Status des Asylberechtigten und sei seit römisch 40 bis römisch 40 Jahren in Österreich. Die BF habe ihren Ehemann über das Telefon kennen gelernt, während er in Österreich und sie in Syrien gewesen sei. Die Verlobung und die Hochzeit hätten ebenfalls über das Telefon stattgefunden, eine Heiratsurkunde gebe es nicht. Ein Scheich sei während der Eheschließung bei der BF zu Hause gewesen. Die BF habe ihren Ehemann bei ihrer Ankunft in Österreich am 23.02.2024 das erste Mal gesehen. Nachgefragt, ob sie mit ihrem Ehemann in einem gemeinsamen Haushalt lebe, gab die BF an, alle 24 Stunden im Lager unterschreiben zu müssen, dass sie anwesend sei – das mache sie schon seit ca. 15 Tagen. Danach fahre sie wieder zu ihm. Die BF sei bei ihrem Ehemann nicht gemeldet, weil ihr gesagt worden sei, dass sie schauen solle, wie ihr Asylverfahren entschieden werde. Bei der Erstbefragung sei sie von der Dolmetscherin gefragt worden, ob sie Beweise für die Eheschließung habe. Sie habe dies verneint und sei ihr von der Dolmetscherin mitgeteilt worden, dass sie sagen werde, dass die BF ledig sei. Die BF tätigte Angaben zu den familiären und beruflichen Verhältnissen ihres Ehemanns. Sie würden miteinander essen und reden sowie sich manchmal in den Park setzen und Saft trinken. Sie würden zudem zusammen einkaufen gehen, und seien sie auch schon im Prater gewesen. Die BF habe ihren Ehemann durch eine Schwester eines Freundes des Ehemannes kennengelernt. Ihre Tante lebe in Deutschland, in Österreich habe die BF nur ihren Ehemann. Weiters führte die BF aus, in Bulgarien gezwungen worden zu sein, ihre Fingerabdrücke abzugeben. Sie sei 14 Tage lang in Haft gewesen, und hätte sie ihre Fingerabdrücke nicht abgegeben, wäre sie nach Syrien abgeschoben worden. In Bulgarien sei es sehr schmutzig gewesen, es hätte dort viele Ameisen und andere Tiere gegeben, die BF habe davon noch immer einen Ausschlag. Sie sei dort sehr schlecht behandelt worden und habe ihr Mobiltelefon nicht benützen dürfen. Die BF wolle nicht nach Bulgarien zurück. Sie sei schwanger und ihr Ehemann lebe in Österreich. Sie wolle mit ihm zusammenleben und könne nicht alleine in einem Land leben, wo sie niemanden habe.
5. Am 19.04.2024 langte beim BFA eine Bestätigung eines Facharztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ein. Die BF sei mit Zwillingen schwanger, der voraussichtliche Geburtstermin sei der XXXX . 5. Am 19.04.2024 langte beim BFA eine Bestätigung eines Facharztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe ein. Die BF sei mit Zwillingen schwanger, der voraussichtliche Geburtstermin sei der römisch 40 .
6. Mit E-Mail vom 15.05.2024 wurde dem BFA ein Antrag der BF auf eine unterstützte freiwillige Rückkehr übermittelt. Die BF habe einen Asylantrag gestellt und beabsichtige, freiwillig in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Sie sei darüber informiert worden, dass mit der Ausreise das Asylverfahren eingestellt werde.
Am 16.05.2024 erging zum Antrag der BF auf eine unterstützte freiwillige Rückkehr ein Genehmigungsschreiben des BFA. Die Zustimmung zur unterstützen freiwilligen Rückkehr gelte längstens bis 15.07.2024.
7. Der von der BF als Ehemann genannte syrische Staatsangehörige wurde am 23.05.2024 durch das BFA als Zeuge vernommen. Dabei gab er an, seit einem Jahr und drei Monaten geschieden zu sein sowie drei Kinder zu haben. Er sei bereits zweimal traditionell verheiratet gewesen und von beiden Frauen wieder getrennt. Es gebe keine Unterlagen zu diesen Ehen oder den Scheidungen. Mit der ersten Ehefrau habe er drei Kinder, seine zweite Ehefrau sei gerade schwanger. Seine zweite Ehefrau wolle wieder nach Syrien zurück, er habe sich vor zwei Wochen von ihr getrennt. Er habe die Obsorge betreffend die drei Kinder aus erster Ehe, sie würden alle bei ihm leben, und sei er auch der Vater des Kindes, das die BF erwarte. Er habe die BF bei einer Partnerbörse auf „Facebook“ im Oktober 2023 kennengelernt und am 23.02.2024 das erste Mal getroffen. Zuvor hätten sie am XXXX über das Telefon geheiratet. Seine Familie sei bei der BF in XXXX mit einem Scheich gewesen, und hätten sie dann geheiratet. Sie seien 29 Tage verlobt gewesen. Die BF gehe regelmäßig ins Lager, um sich registrieren zu lassen und komme danach zu ihm. Die BF lebe weiterhin bei ihm, obwohl sie getrennt seien. Da er wisse, dass die BF bald nach Syrien zurückkehren werde, könne sie bei ihm wohnen. Würde er wissen, dass sie nicht nach Syrien gehen würde, würde er sie nicht mehr bei sich wohnen lassen. Er werde die Vaterschaft für das Kind anerkennen und verstehe nicht, warum die BF nicht in Österreich das Kind bekommen wolle. Sie wolle ihr Kind aus religiösen Gründen in Syrien bekommen und danach in Syrien bleiben, da ihr Österreich nicht gefalle. Sie seien gemeinsam in XXXX und einkaufen gewesen.7. Der von der BF als Ehemann genannte syrische Staatsangehörige wurde am 23.05.2024 durch das BFA als Zeuge vernommen. Dabei gab er an, seit einem Jahr und drei Monaten geschieden zu sein sowie drei Kinder zu haben. Er sei bereits zweimal traditionell verheiratet gewesen und von beiden Frauen wieder getrennt. Es gebe keine Unterlagen zu diesen Ehen oder den Scheidungen. Mit der ersten Ehefrau habe er drei Kinder, seine zweite Ehefrau sei gerade schwanger. Seine zweite Ehefrau wolle wieder nach Syrien zurück, er habe sich vor zwei Wochen von ihr getrennt. Er habe die Obsorge betreffend die drei Kinder aus erster Ehe, sie würden alle bei ihm leben, und sei er auch der Vater des Kindes, das die BF erwarte. Er habe die BF bei einer Partnerbörse auf „Facebook“ im Oktober 2023 kennengelernt und am 23.02.2024 das erste Mal getroffen. Zuvor hätten sie am römisch 40 über das Telefon geheiratet. Seine Familie sei bei der BF in römisch 40 mit einem Scheich gewesen, und hätten sie dann geheiratet. Sie seien 29 Tage verlobt gewesen. Die BF gehe regelmäßig ins Lager, um sich registrieren zu lassen und komme danach zu ihm. Die BF lebe weiterhin bei ihm, obwohl sie getrennt seien. Da er wisse, dass die BF bald nach Syrien zurückkehren werde, könne sie bei ihm wohnen. Würde er wissen, dass sie nicht nach Syrien gehen würde, würde er sie nicht mehr bei sich wohnen lassen. Er werde die Vaterschaft für das Kind anerkennen und verstehe nicht, warum die BF nicht in Österreich das Kind bekommen wolle. Sie wolle ihr Kind aus religiösen Gründen in Syrien bekommen und danach in Syrien bleiben, da ihr Österreich nicht gefalle. Sie seien gemeinsam in römisch 40 und einkaufen gewesen.
8. Mit Schreiben vom 03.06.2024 wurden die zuständigen bulgarischen Behörden darüber informiert, dass sich die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 auf 18 Monate verlängere, da die BF unbekannten Aufenthalts sei bzw. sich dem Verfahren entzogen habe.8. Mit Schreiben vom 03.06.2024 wurden die zuständigen bulgarischen Behörden darüber informiert, dass sich die Überstellungsfrist gemäß Artikel 29, Absatz 2, auf 18 Monate verlängere, da die BF unbekannten Aufenthalts sei bzw. sich dem Verfahren entzogen habe.
9. Mit E-Mail vom 01.07.2024 wurde dem BFA mitgeteilt, dass betreffend die freiwillige Rückreise der BF die Ausreise nach Syrien ab 15.07.2024 geplant sei. Die BF sei von der Bundesbetreuungsstelle abgemeldet worden – es werde um Wiederaufnahme gebeten, damit für die BF eine Flugtauglichkeit ausgestellt werden könne.
Am 16.07.2024 erging zum (Verlängerungs-)Antrag der BF auf eine unterstützte freiwillige Rückkehr ein weiteres Genehmigungsschreiben des BFA. Die Zustimmung zur unterstützen freiwilligen Rückkehr gelte längstens bis 13.09.2024.
10. Mit Bescheid des BFA vom 18.07.2024 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gegen die BF gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG ihre Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei (Spruchpunkt II.). 10. Mit Bescheid des BFA vom 18.07.2024 wurde der Antrag der BF auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Bulgarien gemäß Artikel 18, Absatz eins, Litera b, Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt römisch eins.). Zudem wurde gegen die BF gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Ziffer eins, FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG ihre Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei (Spruchpunkt römisch II.).
Es wurde insbesondere festgestellt, dass die BF mit Zwillingen schwanger sei – hingegen könne nicht festgestellt werden, dass sie verheiratet sei. Sie verfüge in Österreich über keine familiären oder verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkte. Die BF habe sich zur freiwilligen Rückkehr nach Syrien angemeldet.
Das BFA traf zur Lage in Bulgarien folgende Feststellungen:
Zur Lage im Mitgliedsstaat:
Länderspezifische Anmerkungen
Hinweis:
COVID-19:
Zur aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle in den einzelnen Ländern empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Websites der WHO: https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/situation-reports.
Für historische Daten bis zum 10.3.2023 s. die Datenbank der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6.
Ukrainische Bürger in Bulgarien:
Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine am 24.2.2022 hat die bulgarische Regierung im Zeitraum vom 24. Februar bis zum 22. Juni 2022 insgesamt 361.439 ukrainischen Bürgern den Zugang zum Hoheitsgebiet Bulgariens ermöglicht. 149.268 Ukrainer:innen wurden für den temporären Schutz registriert. Im November 2022 wurden staatlich geförderte Unterbringungsmöglichkeiten für Ukrainer:innen stark zurückgefahren, weswegen viele von ihnen Bulgarien verließen und Ende 2022 noch 49.704 Ukrainer:innen in Bulgarien aufhältig waren (AIDA 3.2023).
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (3.2023): Bulgarian Helsinki Committee (BHC, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): Country Report: Bulgaria; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf, Zugriff 16.5.2023
COVID-19
Im Jahr 2022 hatten sowohl Schutzberechtigte als auch Asylwerber uneingeschränkten Zugang zu Impfung gegen COVID-19.
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (3.2023): Bulgarian Helsinki Committee (BHC, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): : Country Report: Bulgaria; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf, Zugriff 16.5.2023
Allgemeines zum Asylverfahren
Zuständig für das erstinstanzliche Asylverfahren (Registrierung und Bearbeitung der Anträge, Unterbringung der Asylwerber, Dublin-Verfahren und COI) ist die Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (State Agency for Refugees with the Council of Ministers, SAREF) (SAREF 2023).
Für fremdenpolizeiliche Belange (u. a. legale Migration, permanente Aufenthaltsgenehmigung, Staatenlose, Staatsbürgerschaftsvergabe, Aufenthalt zur Arbeitsaufnahme, Bekämpfung der illegalen Migration, Kontrolle des legalen Aufenthalts im Inland, Identifizierung, Zwangsmaßnahmen, Rückkehrverfahren) ist die Direktion Migration (MD) des Innenministeriums zuständig. Auch Rückkehrentscheidungen werden nicht durch SAREF getroffen, sondern durch MD, Direktion der nationalen Polizei oder Direktion der Grenzpolizei (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (AIDA 3.2023).
AIDA 3.2023
Das reguläre Verfahren beginnt mit dem Asylantrag, entweder bei SAREF direkt (Registrierung des Antrags innerhalb von 3 Tagen) oder vor einer anderen Behörde (Registrierung des Antrags innerhalb von 6 Tagen). Nach der Registrierung wird der Antragsteller eine Befragung unterzogen. Die Entscheidung soll binnen 6 Monaten erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 14 Tage und es gibt 2 Beschwerdeinstanzen. Im beschleunigten Verfahren werden offensichtlich unbegründete Asylanträge behandelt. Eine Entscheidung soll binnen 14 Tagen ab Registrierung erfolgen. Die Rechtsmittelfrist beträgt 7 Tage. Ein Folgeantrag wird zuerst binnen 14 Tagen auf Zulässigkeit geprüft. Die Rechtsmittelfrist beträgt auch hier 7 Tage (SAREF 2023). Die instabile politische Lage und ein Wechsel an der Spitze von SAREF im Jahr 2022 haben bei vielen Verfahren zu monatelangen Verzögerungen geführt, von denen die meisten syrische Antragsteller betrafen (AIDA 3.2023).
Ablauf des regulären Verfahrens (Kurzdarstellung):
BMI 28.4.2023
Ablauf des beschleunigten Verfahrens (Kurzdarstellung):
BMI 28.4.2023
Laut bulgarischer Gesetzgebung wird das beschleunigte Verfahren nur durchgeführt, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (Art. 13, Abs. 1 Asyl- und Flüchtlingsgesetz) erfüllt sind (der Antrag ist kein Antrag auf internationalen Schutz; die vorgebrachten Gründe sind nicht ausreichend; es wird versucht, die Behörde betreffend Fluchtgeschichte, Identität oder Schutzbedarf zu täuschen; es wird versucht, durch den Asylantrag z.B. eine Außerlandesbringung zu verhindern; es fehlt der Bedarf für internationalen Schutz wegen der ruhigen Lage im Herkunfts- oder Drittstaat). Das Gesetz erfordert, dass im beschleunigten Verfahren im Voraus festzustellen ist, dass keine Gründe für die Zuerkennung eines Schutztitels vorliegen, bevor er als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Es ist unzulässig, die Ablehnung des Antrags im beschleunigten Verfahren nur auf einen spezifischen Grund zu stützen. Es ist verpflichtend, dass die Behörde den Antrag, im Kontext der allgemeinen Grundlagen für die Gewährung einer der beiden Formen des internationalen Schutzes, geprüft hat und ihre Notwendigkeit grundsätzlich ablehnt. Im Rahmen des beschleunigten Verfahrens gelten sämtliche Verfahrensgarantien. Dennoch ist es auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar. Für die Unterbringung gelten laut Auskunft von SAREF auch im beschleunigten Verfahren die üblichen gesetzlichen Bestimmungen (VB 7.8.2023).Laut bulgarischer Gesetzgebung wird das beschleunigte Verfahren nur durchgeführt, wenn die im Gesetz vorgesehenen Voraussetzungen (Artikel 13,, Absatz eins, Asyl- und Flüchtlingsgesetz) erfüllt sind (der Antrag ist kein Antrag auf internationalen Schutz; die vorgebrachten Gründe sind nicht ausreichend; es wird versucht, die Behörde betreffend Fluchtgeschichte, Identität oder Schutzbedarf zu täuschen; es wird versucht, durch den Asylantrag z.B. eine Außerlandesbringung zu verhindern; es fehlt der Bedarf für internationalen Schutz wegen der ruhigen Lage im Herkunfts- oder Drittstaat). Das Gesetz erfordert, dass im beschleunigten Verfahren im Voraus festzustellen ist, dass keine Gründe für die Zuerkennung eines Schutztitels vorliegen, bevor er als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden kann. Es ist unzulässig, die Ablehnung des Antrags im beschleunigten Verfahren nur auf einen spezifischen Grund zu stützen. Es ist verpflichtend, dass die Behörde den Antrag, im Kontext der allgemeinen Grundlagen für die Gewährung einer der beiden Formen des internationalen Schutzes, geprüft hat und ihre Notwendigkeit grundsätzlich ablehnt. Im Rahmen des beschleunigten Verfahrens gelten sämtliche Verfahrensgarantien. Dennoch ist es auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar. Für die Unterbringung gelten laut Auskunft von SAREF auch im beschleunigten Verfahren die üblichen gesetzlichen Bestimmungen (VB 7.8.2023).
Laut Asyl – und Flüchtlingsgesetz (Art. 23 Abs. 2) haben Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz suchen, Anspruch auf den Erhalt von Rechtshilfe gemäß geltendem Rechtshilfegesetz, das in Art. 22 Abs. 2 vorsieht, dass Personen, die internationalen Schutz suchen oder diesen bereits erhalten haben oder aber Fremde, die temporären Schutz genießen, Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe betreffend Beratung und Vorbereitung vor einem Verfahren, sowie betreffend Vertretung in außergerichtlichen Verfahren (Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren, im Verfahren über die Ausstellung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Verfahren über die Anfechtung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Schiedsgerichtsverfahren und im Mediationsverfahren) haben. In Art. 29 Abs. 1 des Asyl – und Flüchtlingsgesetzes wird festgehalten, dass im Verfahren der Fremde das Recht auf einen Übersetzer oder Dolmetscher hat (VB 16.9.2023). Laut Asyl – und Flüchtlingsgesetz (Artikel 23, Absatz 2,) haben Personen, die in Bulgarien internationalen Schutz suchen, Anspruch auf den Erhalt von Rechtshilfe gemäß geltendem Rechtshilfegesetz, das in Artikel 22, Absatz 2, vorsieht, dass Personen, die internationalen Schutz suchen oder diesen bereits erhalten haben oder aber Fremde, die temporären Schutz genießen, Anspruch auf kostenlose Rechtshilfe betreffend Beratung und Vorbereitung vor einem Verfahren, sowie betreffend Vertretung in außergerichtlichen Verfahren (Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren, im Verfahren über die Ausstellung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Verfahren über die Anfechtung eines individuellen Verwaltungsaktes, im Schiedsgerichtsverfahren und im Mediationsverfahren) haben. In Artikel 29, Absatz eins, des Asyl – und Flüchtlingsgesetzes wird festgehalten, dass im Verfahren der Fremde das Recht auf einen Übersetzer oder Dolmetscher hat (VB 16.9.2023).
Gemäß den Bestimmungen des Art. 67 Abs. 1, Asyl – und Flüchtlingsgesetz, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen Entziehung des Aufenthaltsrechts, Rückkehr, Ausweisung und Einreiseverbot bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht vollstreckt. Laut Art. 2 werden die administrativen Zwangsmaßnahmen nach Abs. 1 aufgehoben, wenn dem Fremden Asyl oder internationaler Schutz gewährt wurde. Abs. 3 sieht vor, dass Absatz 1 und Absatz 2 nicht angewendet werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Schutzsuchende oder Schutzberechtigte eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt oder schon einmal rechtskräftig wegen der Begehung eines schweren Verbrechens verurteilt wurde, welches eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Laut Auskunft der bulgarischen Asylbehörde SAREF wird daher, unter Bedachtnahme auf das Obige, bei einem Asylverfahren die bereits verhängte administrative Maßnahme Rückkehr bis zur Beendigung des Verfahrens mit einem rechtskräftigen Bescheid nicht vollstreckt. Das gilt auch für das beschleunigte Verfahren (VB 16.9.2023).Gemäß den Bestimmungen des Artikel 67, Absatz eins,, Asyl – und Flüchtlingsgesetz, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen Entziehung des Aufenthaltsrechts, Rückkehr, Ausweisung und Einreiseverbot bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens nicht vollstreckt. Laut Artikel 2, werden die administrativen Zwangsmaßnahmen nach Absatz eins, aufgehoben, wenn dem Fremden Asyl oder internationaler Schutz gewährt wurde. Absatz 3, sieht vor, dass Absatz 1 und Absatz 2 nicht angewendet werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass der Schutzsuchende oder Schutzberechtigte eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellt oder schon einmal rechtskräftig wegen der Begehung eines schweren Verbrechens verurteilt wurde, welches eine Gefahr für die Gesellschaft darstellt. Laut Auskunft der bulgarischen Asylbehörde SAREF wird daher, unter Bedachtnahme auf das Obige, bei einem Asylverfahren die bereits verhängte administrative Maßnahme Rückkehr bis zur Beendigung des Verfahrens mit einem rechtskräftigen Bescheid nicht vollstreckt. Das gilt auch für das beschleunigte Verfahren (VB 16.9.2023).
Bulgarien kennt folgende Schutzformen: Asyl (ist ein politisch durch den Präsidenten vergebener Schutztitel), internationaler Schutz (1. Flüchtlingsstatus und 2. subsidiärer Schutz) und temporärer Schutz (wird durch den Ministerrat bei außergewöhnlichen Ereignissen vergeben). 2022 gab es in Bulgarien 20.407 Asylanträge (16 % unbegleitete Minderjährige; Syrien: 8.598, Afghanistan: 7.164, Marokko: 1.721, Ukraine: 1.313, Irak: 656) und 4.373 positive Entscheidungen, 444 negative Entscheidungen, 14.474 beendete Verfahren (terminated) (SAREF 2023).
Der Trend, sich dem Verfahren zu entziehen, ist immer noch feststellbar. In diesem Fall ergeht eine Entscheidung in Abwesenheit. Alle anderen erhalten die Entscheidung persönlich. Viele legen ein Rechtsmittel ein. Im letzteren Fall bleiben sie im Zentrum. Erst wenn eine abschließende Entscheidung vorliegt, werden sie der Direktion Migration zur Schubhaft übergeben (BFA/Staatendokumentation 19.4.2023). 2022 haben sich 46 % der Antragsteller (14.474 von 31.592) dem Verfahren entzogen. Dies war ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu 26 % im Jahr 2021 und 39 % im Jahr 2020, aber immer noch niedriger als 83 % im Jahr 2019 (AIDA 3.2023).
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (3.2023): Bulgarian Helsinki Committee (BHC, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): : Country Report: Bulgaria; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf, Zugriff 16.5.2023
? BFA/Staatendokumentation [Österreich] (18.4.2023): Protokoll Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023
? BMI - Bundesministerium für Inneres [Österreich] (28.4.2023): Bericht zum Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023, per E-Mail
? SAREF - State Agency for Refugees [Bulgarien] (2023): Präsentation: General Overview of the Bulgarian Asylum System (präsentiert im Zuge des Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023 von BMI und BFA), per E-Mail
? VB - Verbindungsbeamter des BMI für Bulgarien [Österreich] (7.8.2023): Auskunft Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (SAREF) [Asylbehörde, Bulgarien]; Arbeitsübersetzung des VB-Büros, sowie vom BFA beauftragte Übersetzung des Gerichtsdolmetschers, per E-Mail
? VB - Verbindungsbeamter des BMI für Bulgarien [Österreich] (16.9.2023): Auskunft Staatliche Agentur für Flüchtlinge beim Ministerrat (SAREF) [Asylbehörde, Bulgarien]; vom BFA beauftragte Übersetzung des Gerichtsdolmetschers, per E-Mail
Dublin-Rückkehrer
Wenn bei einem Dublin-Rückkehrer der Antrag beendet (terminated) oder inhaltlich abgelehnt (rejected) und in Abwesenheit zugestellt wurde, wird er bei Rückkehr nach Bulgarien als irregulärer Migrant betrachtet. Im Falle einer Beendigung kann er eine Wiedereröffnung seines Verfahrens beantragen. Wenn der Antrag des Rückkehrers inhaltlich abgelehnt wurde und eine Zustellung der Entscheidung in Abwesenheit erfolgt ist, wird der Dublin-Rückkehrer jedenfalls festgenommen. Er kann dann einen neuen Asylantrag stellen, welcher als Folgeantrag gilt und dessen Zulässigkeit SAREF entscheiden muss (BFA/Staatendokumentation 18.4.2023).
Das Asyl- und Flüchtlingsgesetz (Law on Asylum and Refugees; LAR) legt keine Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Staates fest, sondern verweist lediglich auf die Kriterien, die in der Dublin-Verordnung aufgeführt sind (AIDA 2.2022).
Dublin-Rückkehrer aus anderen Mitgliedstaaten werden prinzipiell am Zugang zum bulgarischen Hoheitsgebiet nicht gehindert (AIDA 3.2023). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAREF die Grenzpolizei über die erwartete Ankunft und gibt an, ob der Überstellte in ein Aufnahmezentrum oder in eine Schubhafteinrichtung überstellt werden soll. Diese Entscheidung hängt davon ab, in welcher Phase sich das Asylverfahren des Dublin-Rückkehrers befindet (AIDA 3.2023; vgl. BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). (Siehe dazu auch das Kap. Versorgung/Dublin-Rückkehrer, Anm.)Dublin-Rückkehrer aus anderen Mitgliedstaaten werden prinzipiell am Zugang zum bulgarischen Hoheitsgebiet nicht gehindert (AIDA 3.2023). Vor der Ankunft der Dublin-Rückkehrer informiert SAREF die Grenzpolizei über die erwartete Ankunft und gibt an, ob der Überstellte in ein Aufnahmezentrum oder in eine Schubhafteinrichtung überstellt werden soll. Diese Entscheidung hängt davon ab, in welcher Phase sich das Asylverfahren des Dublin-Rückkehrers befindet (AIDA 3.2023; vergleiche BFA/Staatendokumentation 18.4.2023). (Siehe dazu auch das Kap. Versorgung/Dublin-Rückkehrer, Anm.)
Die Zahl der Dublin-Anfragen an Bulgarien hat sich 2022 erhöht, der Prozentsatz der tatsächlich durchgeführten Überstellungen ist aber gering:
AIDA 3.2023
Die Staaten vertraten 2021 unterschiedliche Standpunkte zu Überstellungen nach Bulgarien. In einigen Staaten, wie Rumänien und den Niederlanden, sind sowohl die Behörden als auch die Richter, die über Rechtsmittel entscheiden, der Meinung, dass Überstellungen stattfinden können. Im Gegensatz dazu treffen die belgischen Behörden keine Überstellungsentscheidungen nach Bulgarien und führen sie auch nicht aus. Die französischen Behörden haben die Zahl der Überstellungsanträge nach Bulgarien stark erhöht und sogar eine Überstellung von vier afghanischen Staatsangehörigen inmitten eines Berufungsverfahrens vollzogen. Obwohl einige Verwaltungsgerichte argumentieren, dass es in Bulgarien systembedingte Mängel gibt, insbesondere für Afghanen angesichts der sehr niedrigen Asylanerkennungsquote, werden solche Entscheidungen häufig von den Verwaltungsberufungsgerichten gekippt. In Italien haben Richter sowohl in Turin als auch in Rom entschieden, dass in Bulgarien ein reales Risiko unmenschlicher und erniedrigender Behandlung besteht, und zwar aufgrund von Mängeln im nationalen Asylsystem, wie z. B. die zwangsweise Einreiseverweigerung, niedrige Asylanerkennungsquoten und gravierende Mängel bei den Aufnahme- und Unterstützungsdiensten. Die österreichische Rechtsprechung ist uneinheitlicher: Obwohl eine Überstellung für besonders schutzbedürftige Antragsteller insbesondere wegen der Lebensbedingungen in Bulgarien und der realen Gefahr extremer materieller Härten gerichtlich abgelehnt wurde, bestätigte dasselbe Gericht weniger als zwei Monate später die Überstellung eines alleinstehenden erwachsenen Mannes und vertrat die Auffassung, dass das bulgarische Asylsystem zwar verbesserungswürdig sei, aber dem EU-Recht entspreche (ECRE 9.2022).
Im Jahr 2022 haben die Gerichte in Dublin-Staaten sowie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weiterhin die Aussetzung von Dublin-Überstellungen nach Bulgarien in Bezug auf bestimmte Kategorien von Asylwerbern, aufgrund schlechter materieller Bedingungen und des Mangels an angemessenen Garantien für die Rechte der betroffenen Personen, angeordnet. In Deutschland vertrat das Verwaltungsgericht Ansbach die Auffassung, dass die Bedingungen, die Dublin-Überstellte in Bulgarien erwarten, keine systembedingten Schwächen aufweisen. Das Gericht setzte jedoch die Überstellung aus. Das Verwaltungsgericht Köln stellte fest, dass die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung sowohl für Asylwerber als auch für Schutzberechtigte bestehe. In Bezug auf Asylwerber wies das Gericht auf systemische Mängel im gesamten Asylsystem hin, die ein reales Risiko für alle Personen darstellen, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt zu sein. Das Verwaltungsgericht Freiburg hat die Überstellung afghanischer Staatsangehöriger nach Bulgarien aufgrund grundlegender Mängel des Asylverfahrens speziell für afghanische Staatsangehörige (extrem niedrige Anerkennungsquoten, Diskriminierung und Nutzung der Türkei als sicheres Drittland) sowie aufgrund allgemeiner systemischer Mängel aufgehoben. In zwei Fällen aus dem Jahr 2022 stellte das slowenische Verwaltungsgericht fest, dass die Antragsteller angesichts der Aufnahme- und Haftbedingungen im Land, der niedrigen Schutzquoten für Afghanen und Iraker, usw. eine begründete Vermutung für Systemmängel vorgebracht hatten. In der Schweiz wies das Bundesverwaltungsgericht die Fälle von zwei afghanischen Staatsangehörigen, die eine Rückführung von Bulgarien nach Afghanistan befürchteten, an das Staatssekretariat für Migration (SEM) zurück. Obwohl es die Mängel im bulgarischen Asylsystem nicht als systemische Mängel ansah, stellte es fest, dass im Fall der afghanischen Staatsangehörigen nicht absehbar sei, ob die Prüfung des Asylantrags mit ausreichenden Garantien gegen Refoulement geprüft werde. Ähnliches gilt im Fall eines Asylwerbers mit PTSD. Gerichte in allen europäischen Ländern haben jedoch auch 2022 häufig Dublin-Überstellungen nach Bulgarien bestätigt (AIDA 3.2023).
Quellen:
? AIDA - Asylum Information Database (3.2023): Bulgarian Helsinki Committee (BHC, Autor) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE, Veröffentlicher): : Country Report: Bulgaria; 2022 Update, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2023/03/AIDA-BG_2022update.pdf, Zugriff 16.5.2023
? BFA/Staatendokumentation [Österreich] (18.4.2023): Protokoll Study Visit Bulgarien 13.-15.3.2023
? ECRE – European Council on Refugees and Exiles (9.2022): The implementation of the Dublin III Regulation in 2021, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/09/AIDA_Dublin-Update-2021.pdf, Zugriff 2.5.2023? ECRE – European Council on Refugees and Exiles (9.2022): The implementation of the Dublin römisch III Regulation in 2021, https://asylumineurope.org/wp-content/uploads/2022/09/AIDA_Dublin-Update-2021.pdf, Zugriff 2.5.2023
Unbegleitete minderjährige Asylwerber / Vulnerable
Das bulgarische Asylgesetz definiert als vulnerable Gruppen: Kinder, unbegleitete Minderjährige (UM), Behinderte, Alte, Schwangere, alleinstehende Elternteile mit minderjährigen Kindern, Opfer von Menschenhandel, Personen mit ernsthaften Gesundheitsproblemen, psychischen Störungen oder Opfer von Vergewaltigung, Folter oder Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt. Ende 2020 wurde durch Gesetzesänderungen eine obligatorische Vulnerabilitätseinschätzung und Bedarfsanalyse eingeführt, die von den Sozialexperten von SAREF durchzuführen ist und auf deren Basis individuelle Unterstützungspläne vorzuschlagen sind. Im Jahr 2022 fehlte eine ordnungsgemäße Vulnerabilitätseinschätzung und Identifizierung bei 33 % der Fälle und auch die Bedarfsanalyse für Antragsteller mit festgestellter Vulnerabilität erfolgte eher sporadisch. In keiner Entscheidung wurde die festgestellte Vulnerabilität in der erstinstanzlichen Entscheidung berücksichtigt. Im Falle unbegleiteter Minderjähriger wurden die obligatorischen Sozialberichte von der Agentur für Sozialhilfe zwar verfasst, aber meist nicht an die Entscheider im Asylverfahren weitergegeben. Dennoch führten die Bemühungen um die Identifizierung von Vulnerabilität zu einem deutlichen Anstieg der Zahl der Asylwerber, bei denen besondere Bedürfnisse oder Gefährdungen formell anerkannt wurden. Während dies im Jahr 2019 797 Asylwerber, im Jahr 2020 1.259 und im Jahr 2021 3.928 Asylwerber betraf, stieg die Zahl im Jahr 2022 auf 5.482 als vulnerabel eingestufte Personen (27 % aller Neuantragsteller; davon 3.348 unbegleitete Minderjährige) (AIDA 3.2023).
NGOs spielen weiterhin eine Schlüsselrolle bei der frühzeitigen Erkennung und Bewertung von Vulnerabilität bei Antragstellern und ihrer Überweisung und entsprechenden Behandlung. Die NGOs sind auf bestimmte Gruppen und Themen spezialisiert, z. B. Armut (Rotes Kreuz; Rat der Flüchtlingsfrauen, Caritas Sofia); Gesundheit und Behinderungen (Rotes Kreuz); geistige und psychische Probleme (Zentrum Nadya) und unbegleitete Minderjährige (Bulgarisches Helsinki Komitee) (AIDA 3.2023).
SAREF-Sachbearbeiter sind nicht verpflichtet, eine Altersfeststellung anzufordern, es sei denn, es bestehen Zweifel daran, dass die Person minderjährig ist. Das Gesetz gibt nicht vor, welche Methode der Altersfeststellung anzuwenden ist. Standardverfahren ist aber das Handwurzelröntgen, weil man davon ausgeht, dass diese Methode genauer ist als eine psychosoziale Untersuchung. Das Oberste Verwaltungsgericht betrachtet diesen Test jedoch nicht als verbindlich und wendet das Günstigkeitsprinzip an, wie auch vom Asylgesetz vorgesehen. Die Altersbeurteilung kann nicht mit einer separaten Beschwerde angefochten werden. 2022 führte SAREF in 33 Fällen Altersfeststellungen durch, wobei in 5 Fällen (15 %) die Antragsteller als volljährig eingestuft wurden, während dies im Jahr 2021 bei 80 % der durchgeführten Altersbeurteilungen der Fall war (AIDA 3.2023).
Ende 2020 wurde die Verpflichtung zur Vertretung von unbegleiteten Minderjährigen im Asylverfahren und auch nach der Anerkennung, von den Gemeinden zum nationalen Büro für Rechtshilfe verlagert, um die fehlenden Vormunde zu substituieren und eine geeignete rechtliche Vertretung sicherzustellen. Im Jahr 2022 hat sich der Zeitraum bis zur Bestellung eines Rechtsvertreters für UM auf durchschnittlich 2 Wochen verkürzt, da SAREF nun direkten Zugriff auf das Computersystem des Nationalen Büros für Rechtshilfe hat. Insgesamt wurde 2022 3.382 unbegleiteten Minderjährigen Rechtsbeistand und -vertretung gewährt, wobei aufgrund der hohen Untertauchraten in der Praxis nur 245 von ihnen tatsächlich im Asylverfahren vertreten wurden (AIDA 3.2023).
Das beschleunigte Verfahren ist auf unbegleitete Minderjährige nicht anwendbar, auf Folteropfer hingegen schon (AIDA 3.2023).
Asylwerbende Minderjährige haben laut Gesetz ohne Altersbeschränkung und analog zu bulgarischen Minderjährigen Zugang zu Schul- und Berufsausbildung. In der Praxis gibt es gewisse Hindernisse bei der Einstufung der Minderjährigen. Insgesamt 229 Asylwerberkinder begannen das Schuljahr 2022 in Bulgarien. SAREF organisiert den täglichen Schulweg mithilfe von Organisationen der Zivilgesellschaft, welche die Kinder mit Vorbereitungs- und Nachholunterricht unterstützen. Für asylsuchende Minderjährige mit besonderen Bedürfnissen gelten dieselben Arrangements wie für bulgarische Minderjährige (AIDA 3.2023).
Die Zahl der unbegleiteten Minderjährigen, die einen Asylantrag stellten, stieg im J