Entscheidungsdatum
14.06.2024Norm
AVG §53 Abs1Spruch
W104 2240490-1/244E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Katharina David als Beisitzerin sowie Dr. Günther Grassl als Beisitzer über die Beschwerden von
1. Stadtgemeinde XXXX , vertreten durch Onz & Partner Rechtsanwälte GmbH,1. Stadtgemeinde römisch 40 , vertreten durch Onz & Partner Rechtsanwälte GmbH,
2. Niederösterreichische Umweltanwaltschaft,
3. XXXX und andere, alle vertreten durch Heger und Partner Rechtsanwälte, Esslinggasse 17/9, 1010 Wien,3. römisch 40 und andere, alle vertreten durch Heger und Partner Rechtsanwälte, Esslinggasse 17/9, 1010 Wien,
4. XXXX und XXXX , vertreten durch List Rechtsanwalts GmbH, Weimarer Straße 55/1, 1180 Wien und4. römisch 40 und römisch 40 , vertreten durch List Rechtsanwalts GmbH, Weimarer Straße 55/1, 1180 Wien und
5. Umweltorganisation XXXX 5. Umweltorganisation römisch 40
gegen den Bescheid der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vom 27.1.2021, GZ 2020-0.501.062, mit dem gem. § 24 Abs. 5 UVP-G 2000 festgestellt wurde, dass für das Vorhaben „A 22 Donauufer Autobahn, Fahrstreifenzulegung im Abschnitt zwischen Ast. Stockerau Ost und Knoten Stockerau“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, zu Recht:gegen den Bescheid der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vom 27.1.2021, GZ 2020-0.501.062, mit dem gem. Paragraph 24, Absatz 5, UVP-G 2000 festgestellt wurde, dass für das Vorhaben „A 22 Donauufer Autobahn, Fahrstreifenzulegung im Abschnitt zwischen Ast. Stockerau Ost und Knoten Stockerau“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, zu Recht:
A)
Die Beschwerden werden abgewiesen. Nach Maßgabe der Projektänderungen vom 27.5.2024 (Beilagen 5 und 6 der Verhandlungsschrift vom 27.5.2024), die einen Bestandteil dieses Erkenntnisses bilden, ist für das Vorhaben „A 22 Donauufer Autobahn, Fahrstreifenzulegung im Abschnitt zwischen Ast. Stockerau Ost und Knoten Stockerau“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G 2000 durchzuführen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Mit Schreiben vom 28.9.2016 stellte die XXXX als bevollmächtigte Vertreterin der XXXX (Projektwerberin) einen Antrag gemäß § 24 Abs. 5 UVP-G 2000 auf Feststellung, dass für das Vorhaben „A 22 Donauufer Autobahn Generalerneuerung und Fahrstreifenerweiterung im Abschnitt Stockerau Ost - KN Stockerau sowie S 3 Weinviertler Schnellstraße Generalerneuerung im Abschnitt KN Stockerau bis km 1,05“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.1. Mit Schreiben vom 28.9.2016 stellte die römisch 40 als bevollmächtigte Vertreterin der römisch 40 (Projektwerberin) einen Antrag gemäß Paragraph 24, Absatz 5, UVP-G 2000 auf Feststellung, dass für das Vorhaben „A 22 Donauufer Autobahn Generalerneuerung und Fahrstreifenerweiterung im Abschnitt Stockerau Ost - KN Stockerau sowie S 3 Weinviertler Schnellstraße Generalerneuerung im Abschnitt KN Stockerau bis km 1,05“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, nunmehr die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, führte als UVP-Behörde ein Feststellungsverfahren durch und entschied mit angefochtenem Bescheid vom 27.1.2021 nach Durchführung einer Einzelfallprüfung, dass
- keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem 3. Abschnitt des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000) für die Zulegung jeweils eines Fahrstreifens an der A 22 Donauufer Autobahn im Abschnitt von der Anschlussstelle Stockerau Ost bis zum Knoten Stockerau (A 22/S 5/S 3) an beiden Richtungsfahrbahnen, die Verschwenkung der Zentralachse der A 22 in Richtung Norden um etwa 5,50 m parallel zur Bestandsachse, die Gestaltung der Rampenfahrbahn am Knoten Stockerau von der A 22 auf die S 5 Stockerauer Schnellstraße mit zwei Fahrbahnen und die Erneuerung der S 3 Weinviertler Schnellstraße auf beiden Richtungsfahrbahnen im Bereich zwischen dem Knoten Stockerau und der Anschlussstelle Stockerau Nord, und auch
- keine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem 1. und 2. Abschnitt des UVP-G 2000 für die Rodungen im Ausmaß von 4,57 ha, die für das oben beschriebene Bundesstraßenprojekt benötigt werden,
durchzuführen ist.
Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die Gutachten der im Rahmen der Einzelfallprüfung betrauten Sachverständigen ergeben hätten, dass im Einzelfall nicht zu erwarten sei, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der Schutzzweck, für den die vom Vorhaben berührten schutzwürdigen Gebiete festgelegt wurden, wesentlich beeinträchtigt wird.
2. Gegen diesen Bescheid erhoben die im Spruch angeführten Parteien Beschwerde. Die Beschwerden (einschließlich Beschwerdeergänzungen vom Dezember 2023) wurden im Wesentlichen wie folgt begründet:
UVP-Pflicht und Verfahrensrechtliches:
– Es handle sich um den „Bau“ einer Autobahn, der nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) jedenfalls, ohne Durchführung einer Einzelfallprüfung, UVP-pflichtig sei;
– es liege die Änderung einer Anschlussstelle mit einem durchschnittlichen täglichen Verkehr von über 8000 vor, diese sei nach § 23a Abs. 2 Z 1 lit. a jedenfalls, ohne Durchführung einer Einzelfallprüfung, UVP-pflichtig; – es liege die Änderung einer Anschlussstelle mit einem durchschnittlichen täglichen Verkehr von über 8000 vor, diese sei nach Paragraph 23 a, Absatz 2, Ziffer eins, Litera a, jedenfalls, ohne Durchführung einer Einzelfallprüfung, UVP-pflichtig;
– der von der Behörde bestellte nichtamtliche Sachverständige sei befangen gewesen;
– das verkehrstechnische Gutachten habe der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden dürfen, weil sich der Gutachter widersprochen habe;
– es sei in Wahrheit ein belastetes Gebiet – Luft berührt, weil der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich sei;
– schon allein die Verfahrensdauer von vier Jahren, in denen der Projektwerberin immer wieder die Gelegenheit gegeben worden sei, ihr Vorhaben wunschgemäß zu adaptieren, indiziere eine UVP-Pflicht;
– die Lage der Luftgütemessstelle Stockerau und damit die Verordnung belastete Gebiete – Luft sei rechtswidrig;
– besondere Vorsicht sei geboten wegen eines Vertragsverletzungsverfahrens zum betroffenen Natura-2000-Gebiet.
Themenbereich Verkehr:
– Die dem Verfahren zugrunde gelegte Verkehrsprognose stehe in krassem Widerspruch zu einer anderen, für den Bereich Langenzersdorf/Bisamberg erstellten Prognose und könne daher nicht stimmen;
– eine Prognose aufgrund des bisherigen Trends der Verkehrsentwicklung zeige auf, dass die verwendete Prognose unrealistisch sei;
– der induzierte Verkehr sei zu niedrig berechnet worden;
– das Verkehrsmodell sei allgemein mangelhaft;
– das Vorhaben S 1 Wiener Außenring Schnellstraße sei nicht berücksichtigt worden.
Themenbereich Luftschadstoffe:
– Die Begründung für die Heranziehung von Messstellen (Stockerau, Wien A 23, Glinzendorf, Stockerau Dieselstraße) fehle, es sei die Messstelle Stockerau Mitte heranzuziehen;
– Der Jahresmittelwert für NO2 werde mit großer Wahrscheinlichkeit überschritten;
– die Repräsentativität der Ausbreitungsstatistik sei nicht diskutiert worden;
– der Stickstoffeintrag ins Natura 2000-Gebiet sei nicht messtechnisch erhoben, sondern nur abgeschätzt worden;
– die Emissionsmodellierung nach dem Handbuch der Emissionsfaktoren (HBEFA) sei nicht diskutiert worden.
Themenbereich Natura 2000- und Naturschutzgebiete:
– Bei der Untersuchung der Auswirkungen der Flächeninanspruchnahme sei anerkannten Fachkonventionen nicht gefolgt worden;
– bei der Untersuchung der Auswirkungen auf Scharlachkäfer, Rotbauchunke, Mittelspecht und Halsbandschnäpper sei anerkannten Fachkonventionen nicht gefolgt worden;
– die Auswirkungen auf lärmsensible Vogelarten seien ungenügend erhoben worden, insb. fehlten die Auswirkungen in 10 und 20 m Höhe;
– die Lärmschutzwände würden die Barrierewirkung für Fledermäuse verstärken;
– Amphibienlebensräume (Bürgerhäufl, Kaiserkuchl, Altarm) seien falsch befundet, Bombentrichter als Trittsteinbiotope vergessen und neue Lebensräume inzwischen entdeckt worden;
– die Lebensräume des Scharlachkäfers, des Donau-Kammmolchs und der Knoblauchkröte seien falsch befundet worden;
– das Vorkommen der Eichen-Ulmen-Eschenau und der Erlen-Eschen-Weidenau sei falsch befundet worden;
– der Lebensraum des Trespen-Schwingel-Kalktrockenrasens sei vergessen worden;
– ein gravierender Rückgang von Altbaumbeständen im bestehenden Natura 2000-Gebiet sei nicht berücksichtigt worden;
– die Grobbeurteilung entspreche nicht der FFH-Richtlinie;
– es werde ein Verbotstatbestand nach § 18 Abs. 4 NÖ NSchG 2000 erfüllt und das Verschlechterungsverbot nach der FFH-Richtlinie missachtet;– es werde ein Verbotstatbestand nach Paragraph 18, Absatz 4, NÖ NSchG 2000 erfüllt und das Verschlechterungsverbot nach der FFH-Richtlinie missachtet;
– die Notwendigkeit von Ausgleichsmaßnahmen indiziere bereits eine UVP:
Themenbereiche Landschaftsbild, Erholungswirkung, Trinkwasser:
– Das Vorhaben konterkariere den Aufbau eines Erholungswaldes;
– das Trinkwasser für die Stadt Stockerau sei gefährdet;
– die Lärmschutzwände beeinträchtigten das Ortsbild (Hinweis auf schutzwürdiges Gebiet der Kategorie E – Siedlungsgebiet).
3. Die Projektwerberin und die belangte Behörde erstatteten dazu ausführliche Stellungnahmen, in denen begründet wurde, warum sie die Beschwerdevorbringen nicht teilten.
4. Mit Erkenntnis vom 14.5.2021, GZ W104 2240490-1/113E, gab das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden statt und entschied, dass für das Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen sei, da zwar nach dem UVP-G 2000 nur eine Einzelfallprüfung durchzuführen sei, das Vorhaben aber, der Judikatur des EuGH folgend, den „Bau einer Autobahn“ darstelle und in direkter Anwendung der UVP-Richtlinie daher jedenfalls einer UVP zu unterziehen sei (in der Folge „Ersterkenntnis des BVwG“). Der Entfall einer mündlichen Verhandlung wurde darin unter Bezug auf Judikatur des VwGH damit begründet, dass gegenüber dem behördlichen Verfahren keine Änderung des Sachverhaltes eingetreten sei und das Beschwerdeverfahren Rechtsfragen allgemeiner Natur betroffen habe, deren mündliche Erörterung und Diskussion unterbleiben habe können. Die Revision wurde nicht zugelassen.
5. Der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision der Projektwerberin gab der VwGH mit Erkenntnis vom 20.12.2021, Ra 2021/06/0110, statt und hob das Ersterkenntnis des BVwG mit der Begründung auf, dass es sich bei der Frage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht um eine komplexe Rechtsfrage im Sinn der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte handelt, weshalb auf Grund des Art. 47 Europäische Grundrechtecharta (GRC) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten war. Für das fortgesetzte Verfahren erwog der VwGH, die vom BVwG vorgenommene Differenzierung zwischen der Zuordnung eines Vorhabens zu einem Tatbestand in Anhang I der UVP-Richtlinie aufgrund der Merkmale des konkreten Projektes (ohne Prüfung der zu erwartenden Umweltauswirkungen), und der nur für Vorhaben des Anhanges II UVP-Richtlinie vorgesehenen Prüfung der zu erwartenden Umweltauswirkungen, um festzustellen, ob ein UVP-Genehmigungsverfahren durchzuführen ist, kann nicht als rechtswidrig angesehen werden. Es möge zutreffen, dass das eine oder andere dem Anhang I UVP-Richtlinie zuzuordnende Projekt keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt (im Sinn des Anhanges II Z 13 lit. a UVP-Richtlinie) haben kann. Dies ändert jedoch nichts daran, dass aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Art. 4 Abs. 1 UVP-Richtlinie auch für dieses Projekt ein UVP-Genehmigungsverfahren durchzuführen ist.5. Der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision der Projektwerberin gab der VwGH mit Erkenntnis vom 20.12.2021, Ra 2021/06/0110, statt und hob das Ersterkenntnis des BVwG mit der Begründung auf, dass es sich bei der Frage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht um eine komplexe Rechtsfrage im Sinn der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte handelt, weshalb auf Grund des Artikel 47, Europäische Grundrechtecharta (GRC) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung geboten war. Für das fortgesetzte Verfahren erwog der VwGH, die vom BVwG vorgenommene Differenzierung zwischen der Zuordnung eines Vorhabens zu einem Tatbestand in Anhang römisch eins der UVP-Richtlinie aufgrund der Merkmale des konkreten Projektes (ohne Prüfung der zu erwartenden Umweltauswirkungen), und der nur für Vorhaben des Anhanges römisch II UVP-Richtlinie vorgesehenen Prüfung der zu erwartenden Umweltauswirkungen, um festzustellen, ob ein UVP-Genehmigungsverfahren durchzuführen ist, kann nicht als rechtswidrig angesehen werden. Es möge zutreffen, dass das eine oder andere dem Anhang römisch eins UVP-Richtlinie zuzuordnende Projekt keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt (im Sinn des Anhanges römisch II Ziffer 13, Litera a, UVP-Richtlinie) haben kann. Dies ändert jedoch nichts daran, dass aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Artikel 4, Absatz eins, UVP-Richtlinie auch für dieses Projekt ein UVP-Genehmigungsverfahren durchzuführen ist.
6. Am 21.1.2022 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, in der Natur und Ausmaß des Vorhabens eingehend erörtert und ein ausführliches Rechtsgespräch geführt wurden.
7. Mit Erkenntnis vom 28.1.2022, GZ W104 2240490-1/135E, gab das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerden neuerlich statt und entschied, dass für das Vorhaben eine UVP durchzuführen sei, da zwar nach dem UVP-G 2000 nur eine Einzelfallprüfung durchzuführen sei, das Vorhaben aber, der Judikatur des EuGH folgend, den „Bau einer Autobahn“ darstelle und in direkter Anwendung der UVP-Richtlinie daher jedenfalls einer UVP zu unterziehen sei (in der Folge „Zweiterkenntnis des BVwG“).
8. Der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision der Projektwerberin gab der VwGH mit Erkenntnis vom 20.12.2022, Ra 2022/06/0040, neuerlich statt und hob auch das Zweiterkenntnis des BVwG auf. Die Zulassung der Revision begründete der VwGH damit, dass er sich bisher noch nicht dazu geäußert habe, wie vor dem Hintergrund der Judikatur des EuGH innerstaatlich vorzugehen sei, um die Frage zu beantworten, ob ein konkretes Vorhaben aufgrund seines Umfangs und seiner Modalitäten einem „Bau“ gleichkommt. Die Revision erachtete er auch als berechtigt, weil die Prüfung, ob das verfahrensgegenständliche Vorhaben der Erweiterung der A 22 einem „Bau“ gleichkommt, zunächst konkrete Feststellungen der Merkmale des Vorhabens und in weiterer Folge eine Bewertung der typischerweise damit verbundenen Umweltauswirkungen erfordere; dafür sei beispielsweise der mit der Ausbaumaßnahme verbundene Flächenverbrauch bzw. der durch diese verursachte Verkehr dem üblichen Flächenverbrauch bei der Neuerrichtung einer Autobahn oder den durchschnittlichen Lärm- und Schadstoffemissionen aus dem Verkehr gegenüber zu stellen, was regelmäßig die Einbindung von Sachverständigen erfordern werde. Diese Prüfung unterscheide sich von der Einzelfallprüfung gemäß § 24 Abs. 5 UVP-G 2000 insofern, als nicht die konkreten Umweltauswirkungen - auch nicht im Rahmen einer Grobprüfung - zu beurteilen seien, sondern die Merkmale des Änderungsvorhabens in Hinblick auf ihre typischerweise zu erwartenden Umweltauswirkungen. Im gegenständlichen Fall hätte sich das BVwG jedenfalls mit der Verkehrsprognose auseinandersetzen müssen. Autobahnen und Schnellstraßen seien nämlich typischerweise mit einem hohen Verkehrsaufkommen und den damit einhergehenden Umweltauswirkungen verbunden, das Verkehrsaufkommen sei ein entscheidendes Merkmal betreffend die Umweltauswirkungen einer Autobahn. Treffe es nämlich zu, dass beim gegenständlichen Änderungsvorhaben von keinem Ansteigen des Gesamtverkehrsvolumens auf der Autobahn in den Jahren 2025 und 2035 auszugehen ist, käme einer detaillierten Begründung, aufgrund welcher anderen Merkmale das BVwG davon ausging, dass dieses Vorhaben dennoch erhebliche Umweltauswirkungen verursachen könnte, ein besonderes Gewicht zu. Das BVwG habe zwar festgestellt, durch welche Maßnahmen das verfahrensgegenständliche Vorhaben gekennzeichnet ist, eine nachvollziehbare Begründung dafür, inwiefern mit diesen Maßnahmen - im Unterschied zu der in Anhang II Z 13 lit. b der UVP-Richtlinie angeführten Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten Projekten - Umweltauswirkungen verbunden sind, die den mit dem „Bau“ einer Autobahn typischerweise verbundenen Umweltauswirkungen vergleichbar sind, fehle jedoch.8. Der dagegen erhobenen außerordentlichen Revision der Projektwerberin gab der VwGH mit Erkenntnis vom 20.12.2022, Ra 2022/06/0040, neuerlich statt und hob auch das Zweiterkenntnis des BVwG auf. Die Zulassung der Revision begründete der VwGH damit, dass er sich bisher noch nicht dazu geäußert habe, wie vor dem Hintergrund der Judikatur des EuGH innerstaatlich vorzugehen sei, um die Frage zu beantworten, ob ein konkretes Vorhaben aufgrund seines Umfangs und seiner Modalitäten einem „Bau“ gleichkommt. Die Revision erachtete er auch als berechtigt, weil die Prüfung, ob das verfahrensgegenständliche Vorhaben der Erweiterung der A 22 einem „Bau“ gleichkommt, zunächst konkrete Feststellungen der Merkmale des Vorhabens und in weiterer Folge eine Bewertung der typischerweise damit verbundenen Umweltauswirkungen erfordere; dafür sei beispielsweise der mit der Ausbaumaßnahme verbundene Flächenverbrauch bzw. der durch diese verursachte Verkehr dem üblichen Flächenverbrauch bei der Neuerrichtung einer Autobahn oder den durchschnittlichen Lärm- und Schadstoffemissionen aus dem Verkehr gegenüber zu stellen, was regelmäßig die Einbindung von Sachverständigen erfordern werde. Diese Prüfung unterscheide sich von der Einzelfallprüfung gemäß Paragraph 24, Absatz 5, UVP-G 2000 insofern, als nicht die konkreten Umweltauswirkungen - auch nicht im Rahmen einer Grobprüfung - zu beurteilen seien, sondern die Merkmale des Änderungsvorhabens in Hinblick auf ihre typischerweise zu erwartenden Umweltauswirkungen. Im gegenständlichen Fall hätte sich das BVwG jedenfalls mit der Verkehrsprognose auseinandersetzen müssen. Autobahnen und Schnellstraßen seien nämlich typischerweise mit einem hohen Verkehrsaufkommen und den damit einhergehenden Umweltauswirkungen verbunden, das Verkehrsaufkommen sei ein entscheidendes Merkmal betreffend die Umweltauswirkungen einer Autobahn. Treffe es nämlich zu, dass beim gegenständlichen Änderungsvorhaben von keinem Ansteigen des Gesamtverkehrsvolumens auf der Autobahn in den Jahren 2025 und 2035 auszugehen ist, käme einer detaillierten Begründung, aufgrund welcher anderen Merkmale das BVwG davon ausging, dass dieses Vorhaben dennoch erhebliche Umweltauswirkungen verursachen könnte, ein besonderes Gewicht zu. Das BVwG habe zwar festgestellt, durch welche Maßnahmen das verfahrensgegenständliche Vorhaben gekennzeichnet ist, eine nachvollziehbare Begründung dafür, inwiefern mit diesen Maßnahmen - im Unterschied zu der in Anhang römisch II Ziffer 13, Litera b, der UVP-Richtlinie angeführten Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten Projekten - Umweltauswirkungen verbunden sind, die den mit dem „Bau“ einer Autobahn typischerweise verbundenen Umweltauswirkungen vergleichbar sind, fehle jedoch.
9. In der Folge beauftragte das Bundesverwaltungsgericht einen verkehrstechnischen Sachverständigen zur Schärfung der Verkehrsprognose im Licht der Beschwerdevorbringen und einen nichtamtlichen Sachverständigen mit der vergleichenden abstrakten Prüfung von Charakter und Umweltauswirkungen des Vorhabens. Zu diesen Gutachten wurde am 22.11.2023 eine Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung abgehalten und das Ermittlungsverfahren zur Frage, ob das ggst. Ausbauvorhaben einem „Bau“ einer Autobahn gleichzuhalten ist, geschlossen.
10. In weiterer Folge beauftragte das Gericht einen luftreinhaltetechnischen und einen naturschutzfachlichen Sachverständigen zur Beurteilung der in den Beschwerden aufgeworfenen Fragen betreffend die behördlich durchgeführte Einzelfallprüfung. Diese Gutachten wurden – gemeinsam mit einer schalltechnischen Ergänzung, die vom dazu ebenfalls befähigten Gutachter für Luftreinhaltetechnik eingebracht wurde – bei einer weiteren Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung am 27.5.2024 präsentiert und diskutiert. Bei dieser Tagsatzung brachte die Projektwerberin „Projektkonkretisierungen“ und „Projektanpassungen“ ein. Am Schluss dieser Verhandlungstagsatzung wurde das Ermittlungsverfahren geschlossen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
1.1. Zur Zulässigkeit der Beschwerden:
Die Erstbeschwerdeführerin ist Standortgemeinde und die Zweitbeschwerdeführerin die Niederösterreichische Umweltanwaltschaft. Dritt- und Viertbeschwerdeführer/innen sind Anrainer/innen des Vorhabens, sie haben in ihren Beschwerden glaubhaft gemacht, dass sie von negativen Auswirkungen des Vorhabens betroffen sein können. Die Fünftbeschwerdeführerin ist eine gem. § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation mit Tätigkeitsbereich in ganz Österreich. Die Erstbeschwerdeführerin ist Standortgemeinde und die Zweitbeschwerdeführerin die Niederösterreichische Umweltanwaltschaft. Dritt- und Viertbeschwerdeführer/innen sind Anrainer/innen des Vorhabens, sie haben in ihren Beschwerden glaubhaft gemacht, dass sie von negativen Auswirkungen des Vorhabens betroffen sein können. Die Fünftbeschwerdeführerin ist eine gem. Paragraph 19, Absatz 7, UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation mit Tätigkeitsbereich in ganz Österreich.
Die Beschwerden sind auch rechtzeitig.
Die Behörde ist während des gesamten Verfahrens von der Eigenschaft der Erstbeschwerdeführerin als Standortgemeinde ausgegangen, diese wurde von keiner Partei bestritten. Die Feststellungen zur Beschwerdelegitimation der Dritt- und Viertbeschwerdeführer/innen ergeben ich aus ihren Wohnadressen und den Erläuterungen dazu in den Beschwerden. Ihre Eigenschaft als Nachbarn/Nachbarinnen des Vorhabens gem. § 19 Abs. 1 UVP-G 2000 blieb unbestritten.Die Behörde ist während des gesamten Verfahrens von der Eigenschaft der Erstbeschwerdeführerin als Standortgemeinde ausgegangen, diese wurde von keiner Partei bestritten. Die Feststellungen zur Beschwerdelegitimation der Dritt- und Viertbeschwerdeführer/innen ergeben ich aus ihren Wohnadressen und den Erläuterungen dazu in den Beschwerden. Ihre Eigenschaft als Nachbarn/Nachbarinnen des Vorhabens gem. Paragraph 19, Absatz eins, UVP-G 2000 blieb unbestritten.
Die Feststellung zur Fünftbeschwerdeführerin ergibt sich aus einer Einschau in die Liste anerkannter Umweltorganisationen gem. § 19 Abs. 8 UVP-G 2000.Die Feststellung zur Fünftbeschwerdeführerin ergibt sich aus einer Einschau in die Liste anerkannter Umweltorganisationen gem. Paragraph 19, Absatz 8, UVP-G 2000.
1.2. Zum Vorhaben:
Es ist geplant, an der A 22 Donauufer Autobahn im Abschnitt zwischen der Anschlussstelle Stockerau Ost (A 22) bei etwa Autobahn-km 25,6 und dem Knoten Stockerau (A 22/S 3/S 5) bei etwa Autobahn-km 29,5 auf beiden Richtungsfahrbahnen einen Fahrstreifen zuzulegen, sodass hinkünftig insgesamt sechs Fahrstreifen in diesem Autobahnabschnitt zur Verfügung stehen werden. Dieses Ausbauvorhaben hat zur Folge, dass unmittelbar nach der Anschlussstelle Stockerau die Hauptachse der A 22 in Richtung Norden um etwa 5,5m verlegt werden muss. Weiters soll im Knoten Stockerau sowohl die Rampenfahrbahn von der A 22 auf die S 5 Stockerauer Schnellstraße als auch die Rampenfahrbahn von der S 5 auf die A 22 zweistreifig gestaltet werden. Im Bereich zwischen dem Knoten Stockerau und der Anschlussstelle Stockerau Nord (S 3) ist vorgesehen, die bestehende Fahrbahn auf beiden Richtungsfahrbahnen der S 3 Weinviertler Schnellstraße vollständig zu erneuern. Auch wird im gegenständlichen Abschnitt der A 22 das Entwässerungssystem der A 22 Donauufer Autobahn zur Gänze neu geplant und dem Stand der Technik angepasst. Das Projekt enthält straßenseitige Lärmschutzmaßnahmen in Form von Lärmschutzwänden.
Das Vorhaben berührt folgende schutzwürdige Gebiete der Kategorie A (besondere Schutzgebiete) des Anhanges 2 des UVP-G 2000:
- das mit Verordnung der NÖ Landesregierung über die Europaschutzgebiete, LGBI. Nr. 5500/6-6 in der Fassung LGBI. Nr. 48/2016, festgelegte Europaschutzgebiet Vogelschutzgebiet Tullnerfelder Donau-Auen,
- das ebenfalls mit dieser Verordnung festgelegte Europaschutzgebiet FFH-Gebiet Tullnerfelder Donau-Auen und
- das gem. § 2 Abs. 45 der Verordnung der NÖ Landesregierung über die Naturschutzgebiete, LGBI. 5500/13-33 in der Fassung LGBI. Nr. 43/2016, festgelegte Naturschutzgebiet „Stockerauer Au“.- das gem. Paragraph 2, Absatz 45, der Verordnung der NÖ Landesregierung über die Naturschutzgebiete, LGBI. 5500/13-33 in der Fassung LGBI. Nr. 43/2016, festgelegte Naturschutzgebiet „Stockerauer Au“.
Nach dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Projekt sollte es zu einer Flächenbeanspruchung in Schutzgebieten im Ausmaß von 2,9 ha kommen, nach Wiederherstellung und Rekultivierung sollten 1,7 ha verbleiben. Es sollte zu Rodungen (in- und außerhalb von Schutzgebieten) im Ausmaß von 4,57 ha kommen.
Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Bescheid (S. 13 ff, 64) und wurden von keiner Partei bestritten.Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Bescheid Sitzung 13 ff, 64) und wurden von keiner Partei bestritten.
In der Beschwerdeverhandlung vom 27.5.2024 wurde das Projekt von der Projektwerberin derart geändert, dass nunmehr die Lärmschutzwand auch als Stützmaßnahme zur Böschungssicherung und Sicherung des Straßenkörpers fungiert, die Verbreiterung der bestehenden Dammböschung samt Verlegung des Begleitweges entfällt sowie eine neu zu errichtende Druckleitung unter dem bestehenden Begleitweg verlegt wird. Dadurch beschränken sich die Grundbeanspruchungen südlich der A22 während der Bauphase innerhalb der Schutzgebiete auch unter Berücksichtigung der Druckleitung für die Straßenentwässerung auf den