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19/05 Menschenrechte;Norm
AufG 1992 §2 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 6. Dezember 1993, Zl. SD 511/93, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 6. Dezember 1993 wurde der Beschwerdeführer, ein rumänischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen. Unter einem wurde der auf § 27 Abs. 3 erster Satz leg. cit. gestützte Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung bestätigt.
Der Beschwerdeführer sei seinen Angaben zufolge im März 1991 trotz bestehender Sichtvermerkspflicht ohne Sichtvermerk nach Österreich eingereist. Er halte sich demnach seit diesem Zeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer in Österreich mit seiner (im September 1990 hierher gekommenen) Mutter zusammenlebe, bedeute die Ausweisung einen beträchtlichen Eingriff in sein Privat- und Familienleben. Diese Maßnahme sei aber ungeachtet dessen zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele - hier zur Verhinderung strafbarer Handlungen sowie zur Aufrechterhaltung einer geordneten Einwanderungs- und Fremdenpolitik - dringend geboten und daher zulässig (§ 19 FrG). Es könne nicht akzeptiert werden, daß durch illegale Einreise des Beschwerdeführers vollendete Tatsachen geschaffen würden. Die Sorgepflicht der Mutter sei jedenfalls kein Rechtfertigungsgrund für eine illegale Familienzusammenführung. Im Juli 1992 sei der Beschwerdeführer von der Erstbehörde aufgefordert worden, das Bundesgebiet zu verlassen. Er sei aber dieser Aufforderung nicht nachgekommen und in der Folge vom Jugendgerichtshof Wien sogar wegen Verbrechens des Einbruchsdiebstahls, Hehlerei, Unterschlagung und Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten, bedingt auf drei Jahre Probezeit, rechtskräftig verurteilt worden. Dem Beschwerdeführer sei es unbenommen, sich künftig im Ausland um eine Aufenthaltsberechtigung für Österreich zu bemühen. Zusammenfassend sei die belangte Behörde der Ansicht, daß die Ausweisung auch unter Bedachtnahme auf § 19 FrG zu Recht verfügt worden sei.
2. Die dagegen zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde von diesem Gerichtshof nach Ablehnung von deren Behandlung (Beschluß vom 27. September 1994, B 121/94-14) gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten (Beschluß vom 7. November 1994, B 121/94-16).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleiben die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer im März 1991 ohne den erforderlichen österreichischen Sichtvermerk eingereist sei, und der daraus gezogene rechtliche Schluß, daß sich der Beschwerdeführer seither unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, unbekämpft. Mit dieser unbedenklichen Beurteilung hat die belangte Behörde - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - zutreffend die im § 17 Abs. 1 FrG für die Ausweisung normierte Voraussetzung bejaht.
2.1. Was die Frage der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG anlangt, so hat die belangte Behörde - ausgehend vom Vorliegen eines nach dieser Bestimmung relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers - diese Maßnahme zur Aufrechterhaltung eines geordneten Einwanderungswesens und Fremdenwesens sowie zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) für dringend geboten erachtet.
2.2. Die Beschwerde hält dem entgegen, daß es nicht angehe, den innerstaatlichen Interessen "an einem geordneten Fremdenwesen" immer den Vorzug gegenüber dem Grundrecht des Art. 8 MRK einzuräumen. Es sei unzulässig, durch eine innerstaatliche Rechtslage, wie die österreichische, die eine Familienzusammenführung de facto unmöglich mache (Hinweis auf die "Quotenregelung" des Aufenthaltsgesetzes), "vollendete Tatsachen" im Hinblick auf die "Aushöhlung des Grundrechtes nach Art. 8 MRK" zu schaffen. Im vorliegenden Fall sei die Mutter des Beschwerdeführers nach rumänischem Recht für ihn sorgepflichtig; der Beschwerdeführer habe ihren Anordnungen im Rahmen der übertragenen Obsorge seinen Wohnsitz zu bestimmen, Rechnung zu tragen. Die Mutter des Beschwerdeführers und er selbst hätten aufgrund der gegebenen rechtlichen Konstellation sohin nur die Wahl, das einen Ausfluß des Grundrechtes nach Art. 8 MRK darstellende Urteil des rumänischen Zivilgerichtes oder österreichisches Fremdenrecht "zu brechen".
2.3. Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Auch die der Verwirklichung der Achtung des Familienlebens i.S. des Art. 8 Abs. 1 MRK dienende Familienzusammenführung steht unter dem Vorbehalt rechtmäßigen Verhaltens des betreffenden Fremden. Das auf einer rechtswidrigen Vorgangsweise gründende Herbeiführen einer Familienzusammenführung erlaubt es dem Fremden im Beschwerdefall nicht, sich mit Erfolg auf diese bzw. den Schutz des Familienlebens zu berufen. Vielmehr ist diesfalls der mit der Ausweisung verbundene Eingriff in die Ausübung des Rechtes auf Familienleben zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Einwanderungswesens und des Fremdenwesens) gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK notwendig und demnach im Grunde des § 19 FrG zulässig. Der Umstand, daß (nach Einschätzung der Beschwerde) die Bemühungen des Beschwerdeführers - nach erfolgter Ausreise - vom Ausland aus eine Bewilligung zum Aufenthalt in Österreich nach dem Aufenthaltsgesetz zu erlangen, fehlschlagen würden, ändert nichts an der Zulässigkeit der Ausweisung, bietet doch das Fremdengesetz nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, daß bei der Erlassung dieser Maßnahme auf das mögliche Ergebnis eines nach einem anderen Gesetz durchzuführenden Verfahrens Bedacht zu nehmen wäre - dies auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Achtung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers, da unter diesem im gegebenen Zusammenhang ausschließlich das im Bundesgebiet (vor Verlassen desselben) geführte Privat- und Familienleben zu verstehen ist (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 95/18/0072).
3. Spricht vorliegend schon der nahezu dreijährige und damit ein geordnetes Fremdenwesen nachhaltig beeinträchtigende unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers für die Notwendigkeit der Erlassung einer Ausweisung, so wird das Dringend-geboten-sein dieser Maßnahme noch dadurch unterstrichen, daß dem Beschwerdeführer im Hinblick auf das Erfordernis, daß ein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Ausland aus zu stellen ist (§ 6 Abs. 2 erster Satz AufG), eine solche Bewilligung mangels Erfüllung der genannten Voraussetzung nicht erteilt werden darf. Bei Abstandnahme von der Ausweisung könnte sich der Beschwerdeführer unter Umgehung der genannten, ein wesentliches Element der mit dem Aufenthaltsgesetz getroffenen Regelung darstellenden Bestimmung den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderlaufen würde (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1995, Zl. 95/18/0163, mwN). Angesichts der demnach als gravierend zu wertenden Beeinträchtigung maßgeblicher öffentlicher Interessen nach Art. 8 Abs. 2 MRK und der daraus folgenden Erforderlichkeit der Ausweisung brauchte auf die Frage einer allfälligen Beachtlichkeit der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden strafbaren Handlungen, die zu einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung führten, nicht mehr eingegangen zu werden.
4. Was die in der Beschwerde bekämpfte Bestätigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gegen die Erlassung der Ausweisung anlangt, so hat der Beschwerdeführer nicht aufgezeigt, inwieweit er dadurch in seinen Rechten verletzt worden ist, zumal er nicht behauptet, aufgrund des (durchsetzbaren) erstinstanzlichen Bescheides abgeschoben worden zu sein (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 8. September 1994, Zl. 94/18/0145).
5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994180890.X00Im RIS seit
02.05.2001