TE Vwgh Erkenntnis 1995/5/17 95/21/0271

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Veröffentlicht am 17.05.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des S in T, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 4. März 1994, Zl. Fr-5746/2/93, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 4. März 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 sowie Z. 7 des Fremdengesetzes (FrG), BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot bis zum 18. Juni 2000 erlassen.

Nach der Begründung halte sich der Beschwerdeführer seit Oktober 1991 im Bundesgebiet auf. Bis März 1994 lägen bei der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg 20 rechtskräftige Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen nach der StVO, KFG, EGVG und Meldegesetz vor. Darunter befänden sich auch zwei Bestrafungen nach § 20 Abs. 2 StVO, nämlich Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Aus deren Strafausmaß sei erkennbar, daß es sich um erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen gehandelt habe, sodaß es sich zweifelsohne um schwerwiegende Verwaltungsübertretungen gemäß § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG handle, durch deren Begehung eine Gefahr für einen großen Personenkreis gegeben sei. Nach Prüfung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers sei die Behörde zu dem Ergebnis gelangt, daß den beeinträchtigten öffentlichen Interessen ein hohes Gewicht zukomme, und die Annahme gerechtfertigt sei, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährde. Anläßlich einer niederschriftlichen fremdenpolizeilichen Einvernahme am 5. Februar 1993 bei der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung sei der Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt worden, daß nach Abschluß des Asylverfahrens die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes beabsichtigt sei. Dessen ungeachtet habe der Beschwerdeführer von diesem Zeitpunkt bis März 1994 neun weitere Verwaltungsübertretungen begangen. Aus den zahlreichen (insgesamt 20) rechtskräftigen Verwaltungsstrafen könne erschlossen werden, daß der Beschwerdeführer nicht bereit sei, sich der österreichischen Rechtsordnung unterzuordnen. Der Beschwerdeführer sei bei seiner Festnahme am 22. September 1993 und bei der Einlieferung in das Polizeigefangenenhaus völlig mittellos gewesen und habe kein aufrechtes Arbeitsverhältnis nachweisen können; damit habe sich das Aufenthaltsverbot auch auf die Z. 7 des § 18 Abs. 2 FrG zu stützen.

Ferner ging die belangte Behörde davon aus, daß ein Eingriff in das Privat- oder Familienleben gemäß den §§ 19 und 20 FrG durch die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht gegeben sei, da der Beschwerdeführer keinerlei Bindungen zu Österreich habe und auch nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie wiederum die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit die Beschwerde die von der belangten Behörde angenommene Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG mit dem bloßen Hinweis bestreitet, daß die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers mit ihrem Arbeitseinkommen und der ihr zur Verfügung stehenden Wohnung in der Lage sei, für den Unterhalt des Beschwerdeführers aufzukommen, wird damit keineswegs ausreichend dargetan, daß der Beschwerdeführer tatsächlich über die erforderlichen Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes verfügt. Zum einen kann dem Beschwerdevorbringen nicht entnommen werden, weshalb dem Beschwerdeführer ein rechtlich durchsetzbarer Unterhaltsanspruch gegen seine Lebensgefährtin zukommen sollte. Allein aus dem behaupteten Vorliegen einer Lebensgemeinschaft kann ein solcher Anspruch rechtlich nachvollziehbar nicht abgeleitet werden. Zum anderen wäre es selbst bei Annahme eines derartigen Anspruches zur Darlegung des nach der Rechtsprechung vom Fremden initiativ zu erbringenden Nachweises über das Vorhandensein der ausreichenden Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlich gewesen, die Einkommensverhältnisse, Vermögensverhältnisse und Wohnverhältnisse, allfällige Unterhaltspflichten und sonstige finanzielle Verpflichtungen der Lebensgefährtin bekannt zu geben, dies untermauert durch hinsichtlich der Richtigkeit nachprüfbare Unterlagen. Nur solcherart wäre eine verläßliche Beurteilung dahin möglich, daß der Aufenthalt des Fremden nicht zu einer finanziellen Belastung der Republik Österreich führt (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1992, Zl. 92/18/0170 u.a.). Die belangte Behörde hat zwar § 18 Abs. 2 Z. 7 leg. cit. ohne entsprechende Einräumung des Parteiengehörs im Berufungsverfahren erstmals zur Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogen, jedoch hat es der Beschwerdeführer unterlassen, die Relevanz dieses Verfahrensfehlers konkret darzutun. Das oben wiedergegebene Vorbringen kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen, weil es - wie ausgeführt - nicht zur Entkräftung der von der belangten Behörde ihrer rechtlichen Schlußfolgerung zugrundegelegten Sachverhaltsannahme dienlich sein konnte. Die Auffassung der belangten Behörde, infolge Erfüllung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG liege eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG vor, die auch die dort umschriebene Annahme rechtfertige, ist somit zutreffend. Dies wird durch die zahlreichen festgestellten Verwaltungsstrafen noch unterstrichen.

2. Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, der Hinweis der Behörde, es komme bei Prüfung der Zulässigkeit der Abschiebung zu einer neuerlichen Beurteilung der dafür sprechenden Gründe, zeige auf, daß in Wahrheit Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht vorlägen, so übersieht er, daß die Behörde damit einen Bezug auf seine Behauptung vornahm, er wäre im Falle seiner Abschiebung in den Kosovo einer erheblichen Gefährdung ausgesetzt. Dieser Hinweis der Behörde ist im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dahin zu verstehen, daß mit einem Aufenthaltsverbot nicht auch eine Abschiebung des Fremden (in ein bestimmtes Land) angeordnet wird, sondern vielmehr ausschließlich das Verbot, sich weiter in Österreich aufzuhalten (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0445 uva.). Ob und welchen Gefährdungen der Beschwerdeführer in seinem Heimatland ausgesetzt wäre, ist im vorliegenden Verfahren demgemäß ohne rechtliche Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1994, Zl. 93/18/0595).

3. Unter Hinweis auf die behauptete Lebensgemeinschaft mit der angeblich seit November 1991 in Österreich befindlichen Hazima Mehmedovic wirft die Beschwerde der belangten Behörde vor, daß ihr Verfahren mangelhaft geblieben sei. Der Behörde seien nämlich die näheren Lebensumstände des Beschwerdeführers in seiner Gemeinschaft mit der vorerwähnten Lebensgefährtin sowie dem am 8. Jänner 1994 geborenen gemeinsamen Sohn Dzenan bekannt gewesen.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die Beschwerdeschrift lediglich ohne jegliche Konkretisierung pauschal eine derartige Kenntnis der Behörde unterstellt, was umso mehr verwundert, als dem Akteninhalt keinerlei diesbezügliche Umstände entnommen werden können. So hat auch der Berufungswerber selbst in seiner Berufungsschrift gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung keinerlei Vorbringen in diese Richtung erstattet. Wenn nun die belangte Behörde in Übereinstimmung mit dem Akteninhalt davon ausging, daß keine besonderen familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu Österreich bestehen, so kann hier eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht erblickt werden (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 555 f). Der Beschwerdeführer brachte den behaupteten Umstand, daß er seit Herbst 1992 mit Frau Hazima Mehmedovic eine Lebensgemeinschaft eingegangen und mit ihr das am 1. August 1994 geborene Kind habe, erstmals in der hier zu behandelnden Beschwerde hervor. Dabei wird aber übersehen, daß dem Verwaltungsgerichtshof aufgrund des gemäß § 41 Abs. 1 VwGG bestehenden Neuerungsverbotes eine Bedachtnahme auf derartige, nicht schon im Verwaltungsverfahren Gegenstand gewesene Tatsachen verwehrt ist.

4. Wenn also die belangte Behörde angenommen hat, daß ein relevanter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers (dies auch angesichts seines erst 2 1/2-jährigen - nach rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. März 1993, zugestellt am 7. Juni 1993, unrechtmäßigen - Aufenthaltes im Bundesgebiet) nicht vorliegt, so kann in dieser Beurteilung keine Rechtswidrigkeit erkannt werden. Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage, ob das Aufenthaltsverbot dringend geboten ist; ebenso sind Überlegungen zu § 20 Abs. 1 FrG entbehrlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0606 u.a.).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995210271.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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