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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des H in N, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 10. März 1995, Zl. I/7-St-K-9421, betreffend Erteilung einer Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 2. September 1993 auf Erteilung einer Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B gemäß § 64 Abs. 2 KFG 1967 iVm § 67 Abs. 2 leg. cit. abgewiesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde gelangte nach der Begründung des angefochtenen Bescheides nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, in dem das Gutachten eines medizinischen Amtssachverständigen vom 22. Dezember 1994 eingeholt worden war, das sich seinerseits auf den verkehrspsychologischen Befund des Kuratoriums für Verkehrssicherheit vom 1. Dezember 1994 stützte, zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer zum Lenken von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht geeignet sei, weil ihm die gemäß § 31a KDV 1967 erforderliche Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ("Verkehrsangepaßtheit") fehle. Die belangte Behörde führte weiters aus, daß dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Gutachtens eines Facharztes für Psychiatrie zur Feststellung seiner "Verkehrszuverlässigkeit" mangels Erheblichkeit nicht stattzugeben sei.
Der Beschwerdeführer setzt dem angefochtenen Bescheid ausschließlich entgegen, daß er in seiner Stellungnahme zum Gutachten des Amtssachverständigen beantragt habe, zusätzlich zu diesem Gutachten noch ein Gutachten eines Facharztes für Psychiatrie einzuholen, woraus sich ergeben hätte, daß er zum Lenken von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Verkehrsflächen "sehr wohl geeignet" sei.
Dieses Vorbringen vermag jedoch nicht, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Gruppe geistig und körperlich geeignet gilt gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz KDV 1967, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
1. ausreichend frei von psychischen Krankheiten und geistigen Behinderungen ist, 2. die nötige a) Körpergröße, b) Körperkraft und c) Gesundheit besitzt und 3. ausreichend frei von Gebrechen ist. Nach dem zweiten Satz dieser Verordnungsstelle müssen darüberhinaus die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gegeben sein. Die belangte Behörde hat die Annahme der mangelnden Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B darauf gestützt, daß die erforderliche Bereitschaft zur Verkehrsanpassung bei ihm nicht vorliege. Dabei hat sie erkennbar auf die zitierte Bestimmung des § 30 Abs. 1 zweiter Satz KDV 1967 Bezug genommen, worin ausdrücklich gefordert wird, daß "darüber hinaus" also als weitere Voraussetzung dafür, daß eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Gruppe "geistig und körperlich geeignet" gilt, die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gegeben sein müssen. Das bedeutet nach dieser Verordnungsstelle, daß dann, wenn (auch nur) die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung fehlt, die betreffende Person als nicht ausreichend geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Gruppe anzusehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/11/0143).
Während es sich bei der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit um die vom Willen einer Person unabhängige - in den Bereich der geistigen und körperlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen fallende - FÄHIGKEIT zu der im Interesse der Verkehrssicherheit gebotenen Anpassung im Verkehr handelt, geht es bei der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung darum, ob die Person (trotz ihrer Fähigkeit hiezu) auch bereit, also WILLENS ist, sich im Verkehr entsprechend anzupassen. Es handelt sich somit um zwei verschiedene Voraussetzungen, die jede für sich zu prüfen sind, wobei die Beurteilungsgrundlagen verschieden sind und demgemäß auch das Ergebnis der Beurteilung in bezug auf ein und dieselbe Person unterschiedlich sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. November 1992, Zl. 92/11/0132).
Diese Voraussetzungen zu prüfen, war Aufgabe der belangten Behörde. Dies verkannte der Beschwerdeführer, indem er vor der belangten Behörde die Einholung eines psychiatrischen Fachgutachtens zur Beurteilung seiner Verkehrszuverlässigkeit beantragte. Die belangte Behörde hat die bekämpfte Entscheidung nicht auf das Fehlen dieser Erteilungsvoraussetzung nach § 64 Abs. 2 KFG 1967 gestützt, sondern auf die bei ihm fehlende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung im Sinne des § 30 Abs. 1 zweiter Satz KDV 1967; zu ihrer Beurteilung bedarf es gemäß § 31a Abs. 2 KDV 1967 des Befundes einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle. Die Verkehrszuverlässigkeit, die eine davon zu unterscheidende - die charakterliche Eignung der betreffenden Person umfassende - Erteilungsvoraussetzung darstellt, ist in den darin genannten Voraussetzungen nicht inkludiert und im übrigen auch einer ärztlichen Begutachtung nicht zugänglich (vgl. neben dem bereits erwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/11/0143, auch das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/11/0166). Der angefochtene Bescheid kann somit im Hinblick auf die gerügte Unterlassung der Einholung eines Gutachtens eines Facharztes für Psychiatrie nicht als rechtswidrig erkannt werden, weil die belangte Behörde die angenommene Nichteignung ohnehin nicht auf eine psychische Krankheit oder geistige Behinderung im Sinne des § 31 KDV 1967 beim Beschwerdeführer abgestellt hat, die einer fachärztlichen Abklärung durch einen psychiatrischen Sachverständigen bedurft hätte. Der Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, daß es dem Beschwerdeführer an der Verkehrsangepaßtheit mangle, vermag dieser in der Beschwerde jedoch nichts Stichhältiges entgegenzusetzen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung ArztEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1995110143.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
17.08.2010