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L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des F in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. April 1993, Zl. R/1-V-92256, betreffend Baueinstellung (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Gaming, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 17. Dezember 1991 wurde für Zu- und Umbauten an dem Haus, G, das im Flächenwidmungsplan als "im Grünland erhaltenswerter Bau" ausgewiesen ist, die Baubewilligung erteilt. Im Zuge einer besonderen Beschau, die am 7. Oktober 1992 stattgefunden hat, wurde festgestellt, daß die im Einreichplan dargestellten alten Mauern im Erd- und Obergeschoß nicht mehr vorhanden und durch neue Mauern ersetzt worden seien. Es wurden bei dieser Beschau weitere Planabweichungen registriert, insbesondere sei über dem Luftraum des PKW-Stellplatzes eine Tramdecke eingezogen sowie im Obergeschoß eine Riegelwand als Abschluß hergestellt worden. Der Beschwerdeführer erklärte aus Anlaß dieser Beschau, daß sich bei Abbruch- und Aushubarbeiten die äußerst schlechte Fundierung der alten Wände und weiters Teile der Wände als Holzriegelwände mit Schlackenbetonfüllung herausgestellt hätten. Die Schwellen dieser Riegelwände seien bereits teilweise vermorscht gewesen. Diese Mängel seien vorher nicht ersichtlich gewesen, da diese Wände verputzt gewesen seien. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 7. Oktober 1992 wurde die sofortige Baueinstellung angeordnet. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 30. Oktober 1992 abgewiesen. Auch der dagegen erhobenen Vorstellung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben. Aus den gemeindebehördlichen Bescheiden ergäbe sich, daß sich die Baueinstellung auf § 109 Abs. 3 erster Satz Nö Bauordnung 1976 stütze. Gegenstand der aufsichtsbehördlichen Prüfung sei daher nur die Frage, ob die Baueinstellung zu Recht erfolgt sei. Gemäß § 109 Abs. 3 erster Satz Nö Bauordnung 1976 habe die Baubehörde die Fortsetzung der Arbeiten zu untersagen, wenn ein Vorhaben, das einer Bewilligung bedarf, ohne Bewilligung ausgeführt werde. Der Beschwerdeführer habe in seiner Eingabe nicht bestritten, daß er entgegen der erteilten Baubewilligung Mauern abgebrochen und mit der Errichtung neuer Mauern begonnen habe. Wenn der Beschwerdeführer meint, daß der Bausachverständige zu den Abweichungen festgestellt habe, daß sie genehmigungsfähig seien, und die Baueinstellung deshalb zu Unrecht verfügt worden sei, so sei der Beschwerdeführer nicht im Recht. Die Rechtslage stelle bei einem Einstellungsauftrag nicht darauf ab, ob das nichtbewilligte Bauvorhaben einer nachträglichen Baubewilligung zugänglich sei. Auf die Bewilligungfähigkeit eines ohne Bewilligung errichteten Bauvorhabens komme es nur bei der Erteilung eines Auftrages zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes gemäß § 109 Abs. 3 zweiter Satz Nö Bauordnung 1976 an. Die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des nunmehr beabsichtigten Vorhabens sei Gegenstand eines eigenen Verfahrens, das bereits auf Gemeindeebene anhängig sei. Es erübrige sich daher, in diesem Vorstellungsverfahren auf das weitere Vorbringen näher einzugehen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich insbesondere im Recht auf richtige Anwendung der Entscheidungsbefugnis durch die Gemeindeaufsichtsbehörde nach § 61 Abs. 4 Nö Gemeindeordnung, im Recht "auf Fortsetzung der mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. Dezember 1991 (Baubewilligung ...) ... eingestellten Bauarbeiten" und im Recht, "nicht an die aufhebenden spruchtragenden unrichtigen Sachverhaltselemente und Rechtsansichten im angefochtenen Bescheid und an die Rechtsansicht gebunden zu werden, das zur Ausführung gelangte Bauvorhaben sei nicht durch den Baubewilligungsbescheid vom 17. Dezember 1991 gedeckt".
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und eine kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
Gemäß § 109 Abs. 3 Nö Bauordnung 1976, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung LGBl. Nr. 8200-0, hat die Baubehörde die Fortsetzung der Arbeiten an den davon betroffenen Teilen des Vorhabens zu untersagen, wenn ein Vorhaben, das einer Bewilligung bedarf, ohne Bewilligung ausgeführt wird. Kann eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt werden, hat die Baubehörde die Herstellung des ursprünglichen Zustandes zu verfügen (§ 109 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit.). Gemäß § 111 Abs. 1 Nö Bauordnung 1976 in der Stammfassung hat in den Fällen des § 92 Abs. 1 Z. 1, 2, 4, 5 und 6 die Behörde die Benützungsbewilligung erteilen, wenn bei der Endbeschau festgestellt wurde, daß die Ausführung des Vorhabens der erteilten Bewilligung entspricht. Sie kann bei geringfügigen Abweichungen unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden, wenn die Abweichungen nicht den gesundheits-, feuer- oder baupolizeilichen Zustand betreffen.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers fehlten der belangten Behörde für die Annahme, die Anordnung der Baueinstellung sei gerechtfertigt, notwendige Sachverhaltsermittlungen. Im Rahmen des Benützungsbewilligungsverfahrens könnten auch geringe Abweichungen bewilligt werden. Mit dieser Rüge ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Mit der Erteilung der Benützungsbewilligung gemäß § 111 Abs. 1 Nö Bauordnung 1976 kann ein bewilligungswidriger Zustand nicht saniert werden (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 23. Oktober 1984, Zl. 94/05/0063, BauSlg. Nr. 323 und vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/05/0122, BauSlg. Nr. 1024). Abgesehen davon können die im vorliegenden Fall vom bewilligten Projekt abweichenden Baumaßnahmen keineswegs als geringfügige Abweichungen und auch nicht als solche, die den baupolizeilichen Zustand nicht betreffen, im Sinne des § 111 Abs. 1 leg. cit. qualifiziert werden.
Weiters sei es nach Auffassung des Beschwerdeführers nicht zu einer bewilligungspflichtigen Abweichung des bewilligten Projektes zur Errichtung des Einfamilienhauses gekommen, wenn man berücksichtige, daß die Beseitigung des bestehenden Mauerwerkes für die konsensgemäße Errichtung erforderlich gewesen sei. Daß sich die Notwendigkeit zur Neuerrichtung der Mauer zur Gänze nach Auffassung des Beschwerdeführers aus bautechnischen Gründen im Zuge der Errichtung des bewilligten Umbaues ergeben hat, ändert an dieser Beurteilung nichts.
Wenn der Beschwerdeführer des weiteren bestreitet, daß es sich bei der gänzlichen Neuerrichtung der Hausmauer und dem Einzug einer Tramdecke über dem PKW-Abstellplatz um Bauvorhaben handelt, die einer nachträglichen Bewilligung bedürfen, kann ihm nicht gefolgt werden. Aus einer rechtskräftigen Baubewilligung erfließt das Recht, das in dieser Bewilligung genehmigte Projekt, und nur dieses, auszuführen. Soweit über dieses Projekt hinausgehende Maßnahmen vorgenommen werden, wie im vorliegenden Fall die Neuerrichtung von im bewilligten Projekt bestehenbleibenden alten Mauern im Erd- und Obergeschoß, die Einziehung einer Tramdecke und die Errichtung einer Riegelwand, liegt ein Vorhaben im Sinne des § 109 Abs. 3 erster Satz Nö Bauordnung 1976 vor, das einer Bewilligung bedarf (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 87/05/0181). Die belangte Behörde ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Errichtung von Mauern bzw. einer Riegelwand und die Einziehung einer Tramdecke einer baurechtlichen Bewilligung bedarf. Derartige Baumaßnahmen fallen unter den Tatbestand des § 92 Abs. 1 Z. 4
Nö Bauordnung 1976, nach dem die Instandsetzung und die Abänderung von Bauwerken, wenn sie u.a. die Festigkeit tragender Bauteile beeinträchtigt, bewilligungspflichtig sind (vgl. dazu auch Hauer - Zaussinger, Nö Bauordnung4, 1993, Anm. 13 zu § 92).
Da sich somit die Beschwerde insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993050118.X00Im RIS seit
03.05.2001