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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Händschke als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in G, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. März 1994, Zl. 4.333.047/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 23. März 1994 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 27. April 1992 ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der Jugosl. Föderation", der am 19. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 21. Jänner 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochen, daß er "Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes nicht sei", und zur Begründung hiefür ausgeführt, daß das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere auch seine niederschriftliche Einvernahme, nicht ergeben habe, daß ihm "im Sinne des Asylgesetzes Flüchtlingseigenschaft zukomme", widerspricht dem Inhalt des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat nämlich - unter Beachtung des Umstandes, daß sie auf Grund des § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 bereits dieses Gesetz anzuwenden hatte, und im Hinblick darauf, daß von ihr, anders als von der Erstbehörde auf Grund des Asylgesetzes (1968), nicht eine bescheidmäßige Feststellung zu treffen war, ob der Beschwerdeführer als Flüchtling im Sinne dieses Gesetzes anzusehen sei, sondern sie gemäß § 3 Asylgesetz 1991 darüber zu entscheiden hatte, ob dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren sei - ihm lediglich deshalb, weil ihrer Ansicht nach bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, kein Asyl gewährt. Die Frage der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers hat sie überhaupt nicht geprüft, worin keine Rechtswidrigkeit gelegen wäre, wenn sie zu Recht von diesem Ausschließungsgrund, auf Grund dessen einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war, Gebrauch gemacht hätte.
Die belangte Behörde ist von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 25. Jänner 1992, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten habe, ausgegangen und hat sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle befaßt, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. insbesondere die grundlegenden Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, und im übrigen vom Beschwerdeführer unbestritten - auch diesbezüglich die Rechtslage richtig erkannt hat.
Der Beschwerdeführer hält aber der belangten Behörde in tatsächlicher Hinsicht entgegen, daß "die Verhältnisse in Slowenien derart" seien, "daß keine neuen Flüchtlinge mehr aufgenommen werden, zumal das kleine Land mit Flüchtlingen aus seinen südöstlichen Nachbarstaaten hoffnungslos überfüllt" sei. "Derartige Flüchtlinge wie der Beschwerdeführer" würden "sohin auf kürzestem Weg wiederum in das Ausland, nämlich nach Serbien, abgeschoben". Selbst wenn der Beschwerdeführer in Slowenien "einen derartigen Asylantrag gestellt hätte", wäre für ihn nichts gewonnen, "zumal vorhin beschriebene Vorgangsweise der slowenischen Behörden an der Tagesordnung" sei und "diese sich der unliebsamen Asylanten auf dem kürzesten Weg zu entledigen suchen". Daß sich dieses Sachverhaltsvorbringen zeitlich nicht auch schon auf den für die Beurteilung des Vorliegens der Verfolgungssicherheit allein maßgeblichen Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Slowenien (vgl. u.a. das bereits zitierte Erkenntnis zur Zl. 93/01/0357) beziehen würde, ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar.
Damit macht der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend geltend, daß keine ausreichenden Ermittlungen gepflogen wurden, die die Annahme der belangten Behörde rechtfertigen könnten, in Slowenien stünde das sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergebende "Nonrefoulementrecht" effektiv in Geltung. Der Beschwerdeführer hat auf diese Weise nach Maßgabe der ihn im Verwaltungsverfahren treffenden Mitwirkungspflicht, ohne daß es demnach noch einer weiteren Konkretisierung seines Vorbringens bedurft hätte, auch die Wesentlichkeit der der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmängel aufgezeigt (vgl. dazu des näheren das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0413). Im Hinbllick darauf, daß dem Beschwerdeführer im Berufungsverfahren kein Parteiengehör gewährt wurde, obwohl die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gegenüber erstmals diesen Ausschließungsgrund herangezogen hat, verstößt sein (erstmals in der Beschwerde erstattetes) Vorbringen diesbezüglich auch nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil nach dieser Verordnung der Schriftsatzaufwand, in dem die Umsatzsteuer bereits enthalten ist, lediglich S 12.500,-- beträgt.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994010664.X00Im RIS seit
20.11.2000