Entscheidungsdatum
09.07.2024Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W203 2268507-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch die Eva Hammertinger Rechtsanwalts GmbH, 1090 Wien, Frankgasse 10/12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 24.11.2022, Zl. 2022-0.844.508, zu Recht:Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gottfried SCHLÖGLHOFER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , vertreten durch die Eva Hammertinger Rechtsanwalts GmbH, 1090 Wien, Frankgasse 10/12, gegen den Bescheid des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 24.11.2022, Zl. 2022-0.844.508, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin übte im Zeitraum von 01.07.2019 bis 30.06.2021 die Funktion der Vorsitzenden der Fakultätsvertretung Jus (im Folgenden: FV Jus) an der Universität Wien aus.
2. Mit Bescheid des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung (im Folgenden: belangte Behörde) vom 24.11.2022, Zl. 2022-0.844.508 (im Folgenden: angefochtener Bescheid), zugestellt am 02.12.2022, stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin durch die nicht ordnungsgemäße Führung von Büchern vom 01.07.2019 bis 30.06.2021 gegen § 4 Abs. 2, Abs. 3 Z 4, Abs. 4 und Abs. 5 iVm § 3 Abs. 2 und Abs. 3 der HS-WV iVm § 41 Abs. 4 iVm § 35 Abs. 6 iVm § 18 Abs. 1 Z 2 HSG verstoßen und somit gemäß § 63 Abs. 4 und 6 HSG rechtswidrig gehandelt habe. 2. Mit Bescheid des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung (im Folgenden: belangte Behörde) vom 24.11.2022, Zl. 2022-0.844.508 (im Folgenden: angefochtener Bescheid), zugestellt am 02.12.2022, stellte die belangte Behörde fest, dass die Beschwerdeführerin durch die nicht ordnungsgemäße Führung von Büchern vom 01.07.2019 bis 30.06.2021 gegen Paragraph 4, Absatz 2,, Absatz 3, Ziffer 4,, Absatz 4 und Absatz 5, in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz 2 und Absatz 3, der HS-WV in Verbindung mit Paragraph 41, Absatz 4, in Verbindung mit Paragraph 35, Absatz 6, in Verbindung mit Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 2, HSG verstoßen und somit gemäß Paragraph 63, Absatz 4 und 6 HSG rechtswidrig gehandelt habe.
Begründend wurde auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass es in der Buchführung der FV Jus in Zusammenhang mit zwei Handkassen der sog. „Bücherbörse“ zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. So sei ein Kassabuch geführt worden, das nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Buchführung entsprochen habe, zu einer zweiten Handkasse sei überhaupt kein Kassabuch geführt worden, weshalb sämtliche Ein- und Auszahlungen nicht nachvollziehbar seien. Der Kassastand sei nicht in das Rechnungswesen der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft eingegliedert worden. Selbst wenn die Beschwerdeführerin nicht für die Führung der Aufzeichnungen persönlich zuständig gewesen sei, treffe sie jedenfalls ein Auswahlverschulden.
3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer anwaltlichen Vertretung mit Schriftsatz vom 30.12.2022 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin sinngemäß und zusammengefasst vor, dass sie die Gebarungsvorschriften des HSG und der HS-WV nicht verletzt habe. Die gesamten Aktivitäten der Bücherbörse seien nicht als Aktivitäten der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft der Universität Wien (im Folgenden: ÖH Uni Wien) zu qualifizieren, da es sich bei den eingenommenen Geldern um keine öffentlichen Gelder handle, die das Budget der ÖH Uni Wien tangieren, sondern um Gelder der Studierenden. Unabhängig davon seien sämtliche Regeln einer ordnungsgemäßen Buchführung eingehalten worden, da alle Vorgänge nachvollziehbar durch ein Kassabuch sowie ein EDV-System aufgezeichnet worden seien. In Bezug auf die zweite Kassa sei zudem nicht berücksichtigt worden, dass es während der gesamten Funktionsperiode der Beschwerdeführerin – mit Ausnahme von finanziellen Bewegungen im Rahmen der „Schlussinventur“ im Juli 2021, die nachvollziehbar aufgezeichnet worden seien – zu keiner einzigen Aus- oder Einzahlung gekommen sei, ebenso wenig zu einer Vermischung der beiden Kassen. Weiters habe die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit ehrenamtlich ausgeübt und dürfe daher kein überzogener Maßstab bei der Erfüllung ihrer Aufgaben angelegt werden. Zudem sei die Beschwerdeführerin für die Bücherbörse nie zuständig gewesen, sondern die nach der internen Aufgabenverteilung zuständige „Bücherbörsenchefin“. Da diese „Bücherbörsenchefin“ bereits von der Vorgängerin der Beschwerdeführerin mit ihrer Aufgabe betraut worden sei, treffe die Beschwerdeführerin kein Auswahlverschulden. Darüber hinaus sei der angefochtene Bescheid auch mit näher genannten Feststellungs- und Beweiswürdigungsmängeln behaftet.
4. Mit Schreiben vom 13.03.2023 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo das Konvolut am 14.03.2023 einlangte.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. An der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien (im Folgenden auch „Juridicum“ genannt) ist seit mehreren Jahren eine sog. „Bücherbörse“ der Fakultätsvertretung Jus (im Folgenden: „FV Jus“) eingerichtet. Dort können Studierende ihre nicht mehr benötigten Lehrbücher aktueller Auflage zu einem von ihnen vorgegebenen Preis verkaufen. Dazu sind die zu verkaufenden Bücher in der Bücherbörse, das sich im Büro der FV Jus im 1. Stock des Juridicums befindet, abzugeben, wo sie auch verwahrt werden. Wird ein Buch verkauft, wird das eingenommene Geld in eine Handkassa gegeben. Sämtliche eingenommenen Gelder werden in dieser Handkasse aufbewahrt und im Büro der FV Jus aufbewahrt. Studierende haben ab dem Zeitpunkt des Verkaufs drei Jahre Zeit, um das aus einem Buchverkauf lukrierte Geld abzuholen. Wird das lukrierte Geld nicht innerhalb dieser Drei-Jahres-Frist abgeholt, wird es in eine - irreführend als „Flohmarktkassa“ bezeichnete - zweite Handkassa (im Folgenden: „Verfallskassa“) übertragen.
Auf der Homepage der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft der Universität Wien (im Folgenden: ÖH Uni Wien) finden sich folgende Informationen zur Bücherbörse:
„Studieren ist nicht nur generell sauteuer, sondern auch, weil sich im Laufe der Zeit die Kosten für Unterrichtsmittel summieren. Gerade am Anfang eines Studiums werden von den Vortragenden meist Bücher und andere Unterlagen verlangt, die einerseits viel kosten und anderseits nach der Prüfung in der Ecke verschimmeln. Aus besagten Gründen hat die ÖH sogenannte "Bücherbörsen" ins Leben gerufen, in denen Studierende Bücher (nicht nur wissenschaftliche) an andere Studierende günstig weiterverkaufen können. […] Die Bücherbörse ist aus der Motivation heraus entstanden, Bücher für Studierende und nichtstudierende Wortbegeisterte, die sich in einer finanziell prekären Situation befinden, leistbarer zu machen. Gleichzeitig ist sie eine Plattform um Bücher, die selbst nicht mehr benötigt werden, anderen zugänglich machen zu können. Ein solches System ist möglich, weil die Bücherbörse nicht auf Gewinn ausgerichtet ist und von der ÖH Uni Wien finanziert wird. […]
Bücherbörse der Fakultätsvertretung Jus
Juridicum, Stiege 1, 1. Stock
Schottenbastei 10-16
[…]“
Die tägliche Abwicklung des Verkaufsbetriebs übernahmen unterschiedliche Personen, oftmals allein, seltener auch zu zweit. Diese Personen erhielten für ihre Journaldienste stundenweise Vergütungen auf Basis eines freien Dienstvertrags, die durch die ÖH Uni Wien finanziert wurden. Die Koordination der MitarbeiterInnen der Bücherbörse und die Organisation von Vertretungen bei Ausfällen oblag einer eigens damit betrauten Person, der sog. „Bücherbörsenchefin“. Daneben gab es einen sog. „Chef vom Tag“, der den Schlüssel zum Büro der FV Jus besaß und die MitarbeiterInnen vor Beginn der Öffnungszeiten hineinließ.
1.2. Die Verwaltung der Bücherbörse erfolgte zunächst über ein altes EDV-System, zeitweise ergänzt um ein physisches Kassabuch (bestehend aus Abrechnungsblättern und händisch geführten Einnahmen- und Auszahlungen-Listen), ab Februar 2021 durch ein neues EDV-System, das zeitweise wiederum durch das physische Kassabuch ergänzt wurde. Die gesamte Buchführung erstreckte sich auf die Handkassa, zur Verfallskassa gibt es keine eigenen Aufzeichnungen. Am Ende der Öffnungszeiten des jeweiligen Tages wurde der sich aus der händisch geführten Einnahmen- und Auszahlungen-Liste berechnete Tagessaldo mit dem vom EDV-System generierten Tagessaldo von dem bzw. der am Tag diensthabenden MitarbeiterIn verglichen und allfällige Differenzen in der Einnahmen- und Auszahlungen-Liste eingetragen (wobei am Ende eines Tages der Saldo im EDV-System für gewöhnlich mit dem Saldo auf dem Abrechnungsblatt übereinstimmte). Eine Kontrolle durch eine zweite Person fand nur gelegentlich statt.
1.2.1. Die Aufzeichnungen des alten EDV-Systems umfassen 25 A4-Seiten und dokumentieren den Zeitraum von 20.08.2019 bis 12.01.2021. In diesem System wurde gereiht nach fortlaufenden Nummern (beginnend mit #26757) in einer Excel-Tabelle erfasst, ob es sich um einen Verkauf oder eine Auszahlung handelte, die Höhe des eingenommenen oder ausgezahlten Betrags, das Datum des Eintrags inklusive Uhrzeit, der Vorname der Person, die den Eintrag im System vornahm sowie die Matrikelnummer des Verkäufers bzw. Käufers. In einer weiteren Spalte wurden sporadisch Anmerkungen eingetragen.
Das alte EDV-System verursachte immer wieder Probleme, so gab es Schwierigkeiten bei der Erfassung von Cent-Beträgen und Bücher wurden doppelt erfasst. Mehrmals kam es auch zu Systemabstürzen. Systemabstürze im August 2020 führten dazu, dass diverse im Kassabuch verzeichnete Eintragungen im September 2020 im System nachgetragen werden mussten. Darüber hinaus kam es auch an anderen Tagen vereinzelt zu Nachtragungen, wobei der Zeitpunkt des diesen Eintragungen zugrundeliegenden Geschäftsfalles nicht immer eruierbar ist.
An mehreren Stellen wurden Überklebungen bzw. Überschreibungen vorgenommen, wobei der Originaleintrag nicht mehr ersichtlich ist (weiße, vom grauen Hintergrund deutlich hervorgehobene Felder).
1.2.2. Zum Teil parallel zum alten EDV-System wurde ein physisches Kassabuch geführt. Dieses dokumentiert den Zeitraum von 18.09.2019 bis 23.06.2021. Das physische Kassabuch und das alte EDV-System überschneiden sich somit im Zeitraum von 18.09.2019 bis 12.01.2021. Der Zweck des physischen Kassabuchs bestand in der Schaffung einer Kontrollmöglichkeit der täglichen Einnahmen und Auszahlungen, insbesondere im Fall von Systemausfällen. Das physische Kassabuch besteht aus einer losen Blattsammlung an Abrechnungsblättern, auf denen jeweils der Kassastand an Werktagen zu Eröffnung und zum Schluss im Sinne einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung in Tabellenform aufgezeichnet wurde, wobei die Eröffnungs- und Schlusssumme auf machen Abrechnungsblättern nicht verzeichnet wurden. In einer weiteren Tabelle wurden die elektronisch berechneten Einnahmen und Auszahlungen sowie der daraus resultierende Saldo eingetragen und sodann der elektronisch generierte Saldo mit dem selbst berechneten Saldo verglichen und eine sich ergebende Differenz eingetragen. Jedes Abrechnungsblatt enthielt zudem ein Feld für Anmerkungen, in das regelmäßig Vermerke eingetragen wurden. Die Abrechnungsblätter wurden jeweils vom „Chef vom Tag“ in einem dafür vorgesehenen Feld und dem bzw. der am Tag diensthabenden MitarbeiterIn in einem weiteren Feld mit der Bezeichnung „Unterschrift Bücherbörse“ unterschrieben. Auf den Rückseiten der Abrechnungsblätter wurde eine händische Einnahmen- und Auszahlungen-Liste („+/-“) geführt, in der die eingenommenen oder ausgezahlten Beträge – teilweise unter Anführung der zugehörigen Matrikelnummern und/oder Titel der Lehrbücher – aufgelistet wurden.
Immer wieder wurden Einträge durchgestrichen bzw. ausgebessert, wobei der ursprüngliche Eintrag nicht mehr ersichtlich ist. Einträge auf mehreren Abrechnungsblättern sind sehr schlecht bis gar nicht lesbar; auf einigen Abrechnungsblättern lassen sich nicht sämtliche Beträge erkennen, sondern nur einzelne Ziffern. Auch vereinzelte handschriftliche Eintragungen sind nicht lesbar.
1.2.3. Aufgrund der häufigen Systemabstürze des alten EDV-Systems stellte die FV Jus den durch die Beschwerdeführerin als Vorsitzende eingebrachten Antrag an die ÖH Uni Wien, das Angebot eines Softwareentwicklungsunternehmens für die „IT-Restrukturierung der FV Jus“ iHv 9.300,00 Euro für die Implementierung einer neuen Software für die Verwaltung der Bücherbörse sowie 90,00 Euro monatlich für eine Betreuung vor Ort, anzunehmen. Dieser Antrag wurde nach vorheriger Genehmigung durch den Finanzausschuss in seiner Sitzung am 18.11.2020 in der ersten ordentlichen Sitzung der Universitätsvertretung der Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft der Universität Wien am 20.11.2020 unter Tagesordnungspunkt 10 einstimmig angenommen.
Die Aufzeichnungen des neuen EDV-Systems umfassen insgesamt 1266 Einträge und wurden in dem Content-Management-System Wordpress erfasst. Sie dokumentieren den Zeitraum von 15.02.2021 bis 03.07.2021. Das physische Kassabuch und das neue EDV-System überschneiden sich somit im Zeitraum von 15.02.2021 bis 23.06.2021. Die Transaktionen wurden chronologisch nach Verkaufs- oder Auszahlungszeitpunkt erfasst und gehen aus ihnen der eingenommene oder ausgezahlte Betrag sowie Matrikelnummer und Name des Verkäufers oder Käufers hervor. Eine Transaktion wurde immer entweder als „Verkauf“ oder als „Auszahlung“ deklariert. Nicht ablesbar ist die Höhe des Kassastandes, auch ist weder der Kassastand bei Eröffnung noch bei Schluss ablesbar.
1.2.4. Eine Vielzahl von Einträgen im alten EDV-System stimmen nicht mit den Einträgen auf den Einnahmen-Auszahlungen-Listen im physischen Kassabuch überein. So wurden des Öfteren Beträge unter Einnahmen oder Auszahlungen auf den Abrechnungsblättern im physischen Kassabuch verzeichnet, jedoch nicht auch im EDV-System erfasst oder umgekehrt. Diverse Verzeichnungen von Beträgen oder Anmerkungen – sowohl in Spalten im System als auch auf den Abrechnungsblättern – sind nicht nachvollziehbar und/oder irreführend. Auch viele Einträge im neuen EDV-System stimmen nicht mit den Einträgen auf den Einnahmen- und Auszahlungen-Listen im physischen Kassabuch überein und sind diverse Verzeichnungen von Beträgen oder Anmerkungen auf Abrechnungsblättern nicht nachvollziehbar.
1.2.5. Weiters kam es im verfahrensgegenständlichen Zeitraum immer wieder zum Verlust von Büchern. Diese verlorengegangenen Bücher wurden in der Folge zumeist in den EDV-Systemen als „verkauft“ markiert, im physischen Kassabuch wurde eine entsprechende Anmerkung gesetzt.
1.3. Zur Verfallskassa existieren weder ein physisches Kassabuch noch elektronische Aufzeichnungen. Im physischen Kassabuch zur Handkassa finden sich mehrere Aufzeichnungen, die auf Geldtransfers zwischen den beiden Kassen hindeuten. Die lediglich im physischen Kassabuch enthaltenen Aufzeichnungen zur Verfallskassa sind nicht nachvollziehbar.
Geldtransfers zwischen der Handkassa und der Verfallskassa ereigneten sich jedenfalls im Zuge einer „Schlussinventur“ im Juli 2021: Nach den ÖH-Wahlen im Mai 2021, bei denen die VSStÖ als stimmenstärkste Studierendenorganisation hervorging, wurde zwischen 01.07.2021 und 03.07.2021 in der Bücherbörse eine Inventur durchgeführt, in deren Zuge sämtliche verlorengegangenen Bücher im System als „verkauft“ markiert und die jeweiligen Beträge aus der Verfallskassa genommen und in die Handkassa übertragen wurden (78 Transaktionen am 01.07.2021, 27 Transaktionen am 02.07.2021 und eine Transaktion am 03.07.2021).
1.4. Für den (verfahrensgegenständlich mitunter relevanten) Zeitraum von 01.07.2019 bis 19.08.2019 liegen überhaupt keine Aufzeichnungen vor, weder in digitaler, noch in analoger Form.
1.5. Am 05.07.2021 wurde das Büro der FV Jus an VertreterInnen der VSStÖ übergeben. Im Zeitpunkt der Übergabe befand sich in der Handkassa eine Summe von 13.631,20 Euro und in der Verfallskassa eine Summe von 13.774,28 Euro. Die Inhalte der beiden Geldkassetten wurden mittlerweile vermengt.
1.6. Die Beschwerdeführerin war im Zeitraum von 01.07.2019 bis 30.06.2021 Vorsitzende der Fakultätsvertretung Jus an der Universität Wien.
2. Beweiswürdigung:
Die allgemeinen Feststellungen zur Bücherbörse und dem grundsätzlichen Ablauf von Verkauf und Abrechnung gründen auf dem unbedenklichen Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie den im Rahmen der Befragung vor dem BMBWF getätigten Aussagen der XXXX (siehe Protokoll vom 03.03.2022). Ihre Angaben sind insbesondere deshalb glaubwürdig, weil sie den täglichen Ablauf in der Bücherbörse nachvollziehbar und sehr detailliert schilderte. Auf ihren glaubwürdigen Angaben gründen insbesondere die Feststellungen zum Zweck des physischen Kassabuchs (S. 2), zur täglichen Verwahrung der Gelder in der Handkasse (S. 3) zur Tätigkeit des „Chefs vom Tag“ (S. 2), zur Übernahme der täglichen Abwicklung des Verkaufsbetriebs durch unterschiedliche Personen sowie, dass ihr die Koordination der MitarbeiterInnen oblag (S. 1). Ebenfalls auf ihren schlüssigen Angaben gründet die Feststellung, dass die MitarbeiterInnen vorwiegend allein sämtliche Geschäfte abwickelten und nur gelegentlich Kontrollen stattfanden; so gab XXXX zu Protokoll, dass der Chef vom Tag „üblicherweise“ nachzählte, es aber „niemandem aufgefallen wäre, wenn Geld gefehlt hätte, da es immer von der am jeweiligen Tag zuständigen Person einzutragen sei; wenn die Person es nicht entsprechend im System erfasst, scheint es dort auch nicht auf“ (Protokoll S. 2 und 3) und steht diese Angabe auch in Einklang mit den Unterschriften auf den Abrechnungsblättern, da dort überwiegend lediglich eine Person als diensthabende/r MitarbeiterIn angeführt ist. Die allgemeinen Feststellungen zur Bücherbörse und dem grundsätzlichen Ablauf von Verkauf und Abrechnung gründen auf dem unbedenklichen Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie den im Rahmen der Befragung vor dem BMBWF getätigten Aussagen der römisch 40 (siehe Protokoll vom 03.03.2022). Ihre Angaben sind insbesondere deshalb glaubwürdig, weil sie den täglichen Ablauf in der Bücherbörse nachvollziehbar und sehr detailliert schilderte. Auf ihren glaubwürdigen Angaben gründen insbesondere die Feststellungen zum Zweck des physischen Kassabuchs Sitzung 2), zur täglichen Verwahrung der Gelder in der Handkasse Sitzung 3) zur Tätigkeit des „Chefs vom Tag“ Sitzung 2), zur Übernahme der täglichen Abwicklung des Verkaufsbetriebs durch unterschiedliche Personen sowie, dass ihr die Koordination der MitarbeiterInnen oblag Sitzung 1). Ebenfalls auf ihren schlüssigen Angaben gründet die Feststellung, dass die MitarbeiterInnen vorwiegend allein sämtliche Geschäfte abwickelten und nur gelegentlich Kontrollen stattfanden; so gab römisch 40 zu Protokoll, dass der Chef vom Tag „üblicherweise“ nachzählte, es aber „niemandem aufgefallen wäre, wenn Geld gefehlt hätte, da es immer von der am jeweiligen Tag zuständigen Person einzutragen sei; wenn die Person es nicht entsprechend im System erfasst, scheint es dort auch nicht auf“ (Protokoll Sitzung 2 und 3) und steht diese Angabe auch in Einklang mit den Unterschriften auf den Abrechnungsblättern, da dort überwiegend lediglich eine Person als diensthabende/r MitarbeiterIn angeführt ist.
Die Feststellung, dass die MitarbeiterInnen für ihre Journaldienste eine stundenweise Vergütung auf Basis eines freien Dienstvertrags erhielten, gründet auf den übereinstimmenden und daher glaubwürdigen Angaben der damals zuständigen Wirtschaftsreferenten XXXX (siehe Protokoll vom 22.02.2022, S. 2) und XXXX (siehe Protokoll vom 03.03.2022, S. 1) im Zuge ihrer Befragung vor dem BMBWF. Die Feststellung, dass die MitarbeiterInnen für ihre Journaldienste eine stundenweise Vergütung auf Basis eines freien Dienstvertrags erhielten, gründet auf den übereinstimmenden und daher glaubwürdigen Angaben der damals zuständigen Wirtschaftsreferenten römisch 40 (siehe Protokoll vom 22.02.2022, Sitzung 2) und römisch 40 (siehe Protokoll vom 03.03.2022, Sitzung 1) im Zuge ihrer Befragung vor dem BMBWF.
Die allgemeinen Feststellungen zu den beiden EDV-Systemen und dem physischen Kassabuch sowie deren bzw. dessen Aufbau, Form und Funktionsweise gründen auf den vorgelegten und im Akt aufliegenden Ausdrucken bzw. Kopien.
Die Feststellung, dass es immer wieder zu Problemen bei der Erfassung von Beträgen und Büchern sowie zu mehrmaligen Systemabstürzen kam, gründet auf den entsprechenden Vermerken auf den Abrechnungsblättern vom 11.12.2019 („[…] wurden 50 cent ausgegeben die vom system nicht erfasst wurden […]“), 04.09.2020 („Systemfehler“), 30.09.2020 und 01.10.2020 („System –Schwierigkeiten“) und 02.10.2020 („System geht immer noch nicht“). Auch XXXX gab übereinstimmend zu Protokoll, dass es gelegentlich zu Systemabstürzen kam (siehe Protokoll vom 03.03.2022, S. 2). Dass die entsprechenden Transaktionen im System nachträglich erfasst wurden, gründet ebenfalls auf den Anmerkungen auf den genannten Abrechnungsblättern. Dass es auch darüber hinaus zu Nachtragungen kam, wobei der Zeitpunkt der zugrundeliegenden Transaktionen teilweise nicht mehr nachvollziehbar ist, gründet ebenso auf Vermerken im physischen Kassabuch, so beispielsweise am Abrechnungsblatt vom 03.09.2020 („Das Buch ist auch nicht mehr bei uns im Kasten ? es wurde also wirklich irgendwann verkauft, aber sicher nicht heute ausbezahlt“) sowie vom 01.06.2021 („Insolvenzrecht […] wurde schon verkauft, aber nicht im System als verkauft markiert. Dies wurde heute nachgeholt.“). Die Feststellung, dass es immer wieder zu Problemen bei der Erfassung von Beträgen und Büchern sowie zu mehrmaligen Systemabstürzen kam, gründet auf den entsprechenden Vermerken auf den Abrechnungsblättern vom 11.12.2019 („[…] wurden 50 cent ausgegeben die vom system nicht erfasst wurden […]“), 04.09.2020 („Systemfehler“), 30.09.2020 und 01.10.2020 („System –Schwierigkeiten“) und 02.10.2020 („System geht immer noch nicht“). Auch römisch 40 gab übereinstimmend zu Protokoll, dass es gelegentlich zu Systemabstürzen kam (siehe Protokoll vom 03.03.2022, Sitzung 2). Dass die entsprechenden Transaktionen im System nachträglich erfasst wurden, gründet ebenfalls auf den Anmerkungen auf den genannten Abrechnungsblättern. Dass es auch darüber hinaus zu Nachtragungen kam, wobei der Zeitpunkt der zugrundeliegenden Transaktionen teilweise nicht mehr nachvollziehbar ist, gründet ebenso auf Vermerken im physischen Kassabuch, so beispielsweise am Abrechnungsblatt vom 03.09.2020 („Das Buch ist auch nicht mehr bei uns im Kasten ? es wurde also wirklich irgendwann verkauft, aber sicher nicht heute ausbezahlt“) sowie vom 01.06.2021 („Insolvenzrecht […] wurde schon verkauft, aber nicht im System als verkauft markiert. Dies wurde heute nachgeholt.“).
Dass Bücher doppelt erfasst wurden, gründet auf den Angaben von XXXX , die im Zuge ihrer Befragung vor dem BMBWF glaubwürdig zu Protokoll gab, dass es mit dem alten System Probleme gegeben habe, „da teilweise Bücher doppelt angezeigt“ wurden (siehe Protokoll S. 5) und steht diese Aussage auch in Einklang mit Anmerkungen im physischen Kassabuch (siehe zB Abrechnungsblatt vom 09.12.2019). Dass Bücher doppelt erfasst wurden, gründet auf den Angaben von römisch 40 , die im Zuge ihrer Befragung vor dem BMBWF glaubwürdig zu Protokoll gab, dass es mit dem alten System Probleme gegeben habe, „da teilweise Bücher doppelt angezeigt“ wurden (siehe Protokoll Sitzung 5) und steht diese Aussage auch in Einklang mit Anmerkungen im physischen Kassabuch (siehe zB Abrechnungsblatt vom 09.12.2019).
Die Feststellung, dass mehrere Einträge im physischen Kassabuch sehr schlecht bis gar nicht lesbar sind, gründet auf unleserlichen Vermerken auf mehreren Abrechnungsblättern; so sind die Abrechnungsblätter vom 15.11.2019, 22.11.2019, 25.11.2019 und 27.11.2019 kaum lesbar, insbesondere sind auf diesen nicht sämtliche verzeichnete Beträge erkennbar, sondern lediglich vereinzelte Ziffern eruierbar. Auch handschriftliche Anmerkungen im physischen Kassabuch sind nicht lesbar (siehe zB die Eintragung vom 18.11.2019 sowie das Abrechnungsblatt vom 15.11.2019, an dessen Ende sogar der Vermerk „(nicht leserlich!)“ gesetzt wurde). Auch handschriftlich gesetzte Ziffern sind nicht immer lesbar (siehe zB den unleserlichen Euro-Betrag in der Einnahmen-Spalte des Abrechnungsblattes vom 10.03.2021).
Die Feststellung, dass Einträge immer wieder durchgestrichen bzw. ausgebessert wurden, wobei der ursprüngliche Eintrag nicht mehr lesbar ist, gründet auf sichtbaren Durchstreichungen in den Einnahmen- und Auszahlungen-Listen vom 11.11.2019, 18.11.2019, 22.11.2019, 07.01.2020, 05.03.2020, 05.10.2020 und 13.04.2021.
Dass auch im alten EDV-System an mehreren Stellen Ausbesserungen vorgenommen wurden, wobei der Originaleintrag nicht mehr lesbar ist, gründet auf den sichtlich überklebten und dann überschriebenen Feldern betreffend Einträge am 21.11.2019, 13.01.2020, 16.01.2020, 17.01.2020, 20.01.2020, 27.01.2020, 28.01.2020, 29.01.2020, 18.02.2020, 04.03.2020, 05.03.2020, 10.03.2020, 01.09.2020, 02.09.2020 und 16.10.2020.
Dass auf einigen Abrechnungsblättern Eröffnungs- und Schlusssumme fehlen gründet auf den entsprechenden fehlenden Verzeichnungen am 30.09.2020, 01.10.2020 und 14.10.2020.
Dass eine Vielzahl von Einträgen und Anmerkungen im physischen Kassabuch nicht nachvollziehbar und/oder irreführend ist, gründet auf den sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebenden und im Folgenden beispielhaft aufgezählten Auffälligkeiten (Fehler im Original):
? 08.11.2019: „5€-Schein fehlt. Dann würde Kassa stimmen. Zur Not bitte prüfen.“
? 15.11.2019: „röm. Privatrecht ? u. 25 € auf 20 € ? Buch fehlt“
? 29.01.2020: „16 € im System falsch, weil IRL nur 18 im Buch stand ? +2€ für Bübo“
? 05.03.2020: „Alle Bücher ausbezahlt, wieder eingetragen & verkauft (bis auf veraltete). Trotzdem zu viel in der Kassa.“
? 03.09.2020: „Im System scheint eine Auszahlung von 15 Euro auf, die lt. [Name] nicht ausbezahlt wurde. Wie es dennoch zu einem positiven Saldo kommen kann, ist auch nicht nachvollziehbar.“
? 09.10.2020: „€10 fehlen.“
? 16.12.2020: „Buch von [Matrikelnummer] um 4 Euro war NICHT MEHR im System (geschenkt?) – Geld trotzdem genommen.“
Die Feststellung, dass eine Vielzahl von Einträgen im alten EDV-System nicht mit den Einträgen auf der händischen Einnahmen- und Auszahlungen-Liste im physischen Kassabuch übereinstimmen, insbesondere öfters Beträge unter Einnahmen oder Auszahlungen auf der Einnahmen- und Auszahlungen-Liste im physischen Kassabuch verzeichnet wurden, ohne dass diese auch im EDV-System erfasst wurden oder umgekehrt, gründet auf unvollständigen bzw. fehlerhaften Eintragungen, die im Zuge einer stichprobenartigen Überprüfung durch den zuständigen Richter ermittelt wurden; so beispielsweise am:
? 07.11.2019: Einnahme iHv 12,00 Euro im System erfasst, in der Einnahmen- und Auszahlungen-Liste mit „?“ versehen
? 11.11.2019: Ausgabe iHv 30,00 Euro im System erfasst, in der Einnahmen- und Auszahlungen-Liste mit „?“ versehen
? 12.11.2019: Betrag iHv 30,00 Euro im System erfasst, scheint jedoch nicht auf Einnahmen- und Auszahlungen-Liste auf
? 28.11.2019: Auszahlungen iHv 111,00 Euro und 42,00 Euro im System erfasst, scheinen jedoch nicht auf Einnahmen- und Auszahlungen-Liste auf
? 13.01.2020: mehrere Beträge im System erfasst, jedoch nicht auf Einnahmen- und Auszahlungen-Liste verzeichnet (insgesamt 84,00 Euro an Einnahmen und 152,00 Euro an Auszahlungen)
? 17.01.2020: Betrag iHv 20,00 Euro im System als Verkauf erfasst (überschriebenes Feld), scheint jedoch nicht auf Einnahmen- und Auszahlungen-Liste auf
? 27.01.2020: Betrag iHv 8,00 Euro im System erfasst, scheint jedoch nicht auf Einnahmen- und Auszahlungen-Liste auf
? 28.01.2020: Betrag iHv 12,00 Euro im System erfasst (in einem überschriebenen Feld), in der Einnahmen- und Auszahlungen-Liste sind jedoch 16,00 Euro verzeichnet
? 29.01.2020 dreizehn Beträge, die im System erfasst wurden, scheinen in der Einnahmen- und Auszahlungen-Liste nicht auf (insgesamt 183,00 Euro an Einnahmen und 181,00 Euro Auszahlungen, 11 der 13 Beträge sind in einem überschriebenen Feld gelistet; siehe dazu auch die auf der vorherigen Seite zitierte Anmerkung zu diesem Tag)
? 18.02.2020: Auszahlung iHv 28,00 Euro im System erfasst, scheint jedoch nicht auf Einnahmen- und Auszahlungen-Liste auf
? 05.03.2020: mehrere Beträge, die im System aufscheinen, nicht aber in der Einnahmen- und Auszahlungen-Liste und umgekehrt, unter anderem eine Auszahlung iHv 191,00 Euro (in einem überschriebenen Feld)
? 09.03.2020: drei Beträge im Kassabuch mit „?“ versehen, im System als Auszahlungen verbucht
? 10.03.2020: mehrere Auszahlungen iHv insgesamt 296,00 Euro scheinen im System auf, nicht aber in der Einnahmen- und Auszahlungen-Liste
? 12.10.2020: Einnahmen iHv 15,00 Euro auf Einnahmen- und Auszahlungen-Liste verzeichnet, scheinen jedoch nicht im System auf
? 02.11.2020: Auszahlung iHv 107,00 Euro im System erfasst, auf Einnahmen- und Auszahlungen-Liste ist hingegen ein Betrag iHv 100,00 Euro verzeichnet
? 16.12.2020 und 17.12.2020: mehrere Beträge, die in der Einnahmen- und Auszahlungen-Liste verzeichnet sind, nicht aber im System erfasst wurden oder umgekehrt (sowohl Verkäufe als auch Auszahlungen), Anmerkung im System am 16.12.2020: „Fehler am Zettel“, am Tag darauf Anmerkung: „Fehler im System“; zudem gibt es für den 16.12.2020 zwei Abrechnungsblätter, hier ist offenbar ein Datierungsfehler unterlaufen, die verzeichneten Beträge auf dem zweiten Blatt stimmen mit den Verbuchungen im System zum 18.12.2020 überein
Die Feststellungen zum Ablauf der Erneuerung des EDV-System