TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/28 94/01/0469

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Veröffentlicht am 28.06.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §2 Abs2 Z3;
AVG §13a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des I in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Jänner 1994, Zl. 4.333.200/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Jänner 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen "der jugosl. Föderation", gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 27. Februar 1992 abgewiesen und ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer kein Asyl gewähre.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer deshalb kein Asyl gewährt, weil sie - ohne sich näher mit der Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu befassen - davon ausgegangen ist, daß der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Die belangte Behörde ging dabei von den Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 29. Jänner 1992 aus, wonach er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet bereits in Slowenien aufgehalten habe. Es wäre ihm möglich gewesen, bei den dortigen Behörden um Asyl anzusuchen. Er sei in Slowenien keinerlei Verfolgung ausgesetzt gewesen und habe auch nicht befürchten müssen, ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in sein Heimatland abgeschoben zu werden. Slowenien sei seit 27. September 1991 Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention und es spreche nichts dafür, daß es die sich aus dieser Mitgliedschaft ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige. Der Beschwerdeführer habe somit daselbst "Verfolgungssicherheit" erlangt. Daran könne auch der Umstand der "relativen Kürze" des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Slowenien nichts ändern, da nicht einzusehen sei, welchen Einfluß bloßer Zeitablauf auf die Frage, ob eine Person im Hoheitsgebiet eines souveränen Staates vor Verfolgung durch einen anderen Staat sicher sei oder nicht, etwa entfalten könne. Biete ein Zufluchtsstaat von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der GFK entsprechenden Schutz (wie dies im Falle Sloweniens anzunehmen sei), so sei Sicherheit im Augenblick des Betretens dieses Staates als gegeben anzunehmen.

Damit befindet sich die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht im wesentlichen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird.

Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe nicht überprüft, ob Slowenien sein Aufenthalt in dessen Territorium bekannt gewesen sei und es ihn auch gebilligt habe. Er übersieht dabei, daß die von ihm in diesem Zusammenhang zitierte hg. Judikatur noch zum Asylgesetz (1968) ergangen ist, diese jedoch im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 aufgrund der vorzitierten hg. Judikatur nicht übertragbar ist.

Ferner bringt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, die belangte Behörde habe zu Unrecht die bloße Durchreise des Beschwerdeführers durch Slowenien bereits als "Aufenthalt" im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 qualifiziert. Der Verwaltungsgerichtshof vermag jedoch der belangten Behörde im Hinblick auf seine ständige Rechtsprechung zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" (vgl. die bereits vorzitierten hg. Erkenntnisse sowie zum Thema des "Transits" überdies das Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0402) diesbezüglich nicht entgegenzutreten. Maßgeblich ist nämlich aufgrund der zitierten Judikatur nicht, wie lange sich ein Asylwerber in diesem anderen Staat aufgehalten hat, ob er persönliche Beziehungen zu diesem oder dessen Behörden aufweisen kann oder welche Absichten er selbst im Hinblick auf seine Fluchtbeendigung hegt. Daß Slowenien, welches mit Wirkung vom 25. Juni 1991 ohne jede Einschränkung erklärt hat (vgl. die diesbezügliche Erklärung Sloweniens laut Kundmachung BGBl. Nr. 806, 807/1993), sich auch weiterhin an die Genfer Flüchtlingskonvention gebunden zu erachten, die sich daraus ergebenden Verpflichtungen nicht einhalte, behauptet der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht. Es kann daher keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, wenn die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes "Verfolgungssicherheit" im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 in Slowenien angenommen hat.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers habe die belangte Behörde Personen, die nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertreten sind, die zur Vornahme von Verfahrenshandlungen nötigen Anleitungen zu geben. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer diesbezüglich keine näheren Ausführungen macht, ist es gemäß § 13a AVG nicht Aufgabe der Behörde, dem Asylwerber Unterweisungen dahingehend zu erteilen, wie er sein Vorbringen auszuführen hat, damit seinem Antrag allenfalls stattgegeben werden kann (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1994, Zl. 93/01/1186).

Ferner ist es nach Meinung des Beschwerdeführers überaus bedenklich, wenn einem Asylwerber ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt werde, der nur unzureichend die Sprache des Asylwerbers beherrsche und in der Folge zusammengefaßt mit eigenen Worten dessen Darstellung wiedergebe. Dem ist ungeachtet der Frage der Wesentlichkeit eines derartigen Verfahrensmangels im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer den Inhalt der Niederschrift über seine Einvernahme am 29. Jänner 1992 mit seiner Unterschrift bestätigt hat. In der Niederschrift wurde unter anderem festgehalten, daß dem Beschwerdeführer deren Inhalt in serbo-kroatischer Sprache vorgelesen worden sei, er den Inhalt verstanden und diesem nichts hinzuzufügen gehabt habe. Auch im Zuge seiner Berufung erwähnt der Beschwerdeführer nichts im Zusammenhang mit der Wiedergabe seiner Angaben anläßlich seiner Ersteinvernahme, insbesondere nicht, daß diese unvollständig oder nicht richtig wiedergegeben worden seien. Die diesbezüglich erstmals im Zuge des Beschwerdevorbringens behaupteten diesbezüglichen Mängel stellen daher eine gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unzulässige Neuerung dar.

Der Beschwerdeführer rügt schließlich, daß sich die belangte Behörde nicht mit der Frage seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinandergesetzt habe. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß bei Anwendung des Ausschließungstatbestandes gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 nicht die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. geprüft werden muß (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0402), sodaß die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerde zu keinem anderen Ergebnis führen können.

Aus den dargelegten Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994010469.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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