Entscheidungsdatum
20.06.2024Index
50/01 GewerbeordnungNorm
GewO 1994 §360 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag.a Dr.in Besler über die Beschwerde der Hotel AA GmbH, **** Z, vertreten durch RA AA in **** Y, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 8.5.2024, ***, betreffend Maßnahme gemäß § 360 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag.a Dr.in Besler über die Beschwerde der Hotel AA GmbH, **** Z, vertreten durch RA AA in **** Y, Adresse 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 8.5.2024, ***, betreffend Maßnahme gemäß Paragraph 360, Absatz eins, Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994),
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die beschwerdeführende Partei betreibt ein mit zahlreichen Bescheiden nach der GewO 1994 genehmigtes Hotel.
Am 23.11.2023 stellte die belangte Behörde fest, dass die beschwerdeführende Partei den mit ihrem Bescheid vom 30.12.2016, ***, als Änderung des Hotels nach der GewO 1994 genehmigten Kinderspielplatz durch die Errichtung eines „Baumpfadweges“ ohne Vorliegen einer Genehmigung nach der GewO 1994 abgeändert hatte.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8.5.2024 verfügte die belangte Behörde gegenüber der beschwerdeführenden Partei aus diesem Grund Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gemäß § 360 Abs 1 zweiter Satz Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8.5.2024 verfügte die belangte Behörde gegenüber der beschwerdeführenden Partei aus diesem Grund Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gemäß Paragraph 360, Absatz eins, zweiter Satz Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige und zulässige Beschwerde der beschwerdeführenden Partei an das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) mit dem Antrag auf ersatzlose Behebung des Bescheides.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt und die Stellungnahme der belangten Behörde vom 20.6.2024 (vgl OZ 6).Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt und die Stellungnahme der belangten Behörde vom 20.6.2024 vergleiche OZ 6).
Es steht bereits auf Grund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Die Verhandlung entfällt somit gemäß § 24 Abs 2 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).Es steht bereits auf Grund der Aktenlage fest, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Die Verhandlung entfällt somit gemäß Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG).
I. Sachverhalt:
Die belangte Behörde forderte die beschwerdeführende Partei vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mit Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs 1 erster Halbsatz GewO 1994 zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von ihr bestimmten Frist auf. Die belangte Behörde forderte die beschwerdeführende Partei vor Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht mit Verfahrensanordnung gemäß Paragraph 360, Absatz eins, erster Halbsatz GewO 1994 zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von ihr bestimmten Frist auf.
II. Beweiswürdigung:
Zumal das LVwG in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt keine dem angefochtenen Bescheid vorangegangene Verfahrensanordnung vorfand, forderte es die belangte Behörde zur Stellungnahme auf (vgl OZ 4). Die belangte Behörde bestätigte das Fehlen einer Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs 1 erster Halbsatz GewO 1994 per E-Mail (vgl OZ 6).Zumal das LVwG in dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt keine dem angefochtenen Bescheid vorangegangene Verfahrensanordnung vorfand, forderte es die belangte Behörde zur Stellungnahme auf vergleiche OZ 4). Die belangte Behörde bestätigte das Fehlen einer Verfahrensanordnung gemäß Paragraph 360, Absatz eins, erster Halbsatz GewO 1994 per E-Mail vergleiche OZ 6).
III. Rechtslage:
1. § 360 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194/1994 in der Fassung BGBl I Nr 85/2013, lautet (auszugsweise): 1. Paragraph 360, Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), Bundesgesetzblatt Nr 194 aus 1994, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 85 aus 2013,, lautet (auszugsweise):
„j) Einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen
§ 360. (1)Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stillegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.Paragraph 360, (1)Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins,, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß Paragraph 367, Ziffer 25, besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß Paragraph 79 c, oder Paragraph 82, Absatz 3, anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stillegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.
[…]“
2. § 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 in der Fassung BGBl I Nr 138/2017, lautet (auszugsweise): 2. Paragraph 24, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 33 aus 2013, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 138 aus 2017,, lautet (auszugsweise):
„Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.Paragraph 24, (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. […]
3. […]
[…]“
IV. Erwägungen:
§ 360 Abs 1 GewO 1994 sieht ein stufenweises Vorgehen der Behörde vor: Bei Verdacht einer entsprechenden Verwaltungsübertretung ist ein Gewerbeausübender bzw Anlageninhaber zunächst mittels Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes aufzufordern (erster Halbsatz); wird dieser Aufforderung nicht nachgekommen, sind mittels Bescheid die erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung dieses Zustandes zu verfügen (zweiter Satz). Paragraph 360, Absatz eins, GewO 1994 sieht ein stufenweises Vorgehen der Behörde vor: Bei Verdacht einer entsprechenden Verwaltungsübertretung ist ein Gewerbeausübender bzw Anlageninhaber zunächst mittels Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes aufzufordern (erster Halbsatz); wird dieser Aufforderung nicht nachgekommen, sind mittels Bescheid die erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung dieses Zustandes zu verfügen (zweiter Satz).
Die vorherige Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes mittels Verfahrensanordnung ist eine Prozessvoraussetzung für eine dem Gesetz entsprechende Verfügung der zur Herstellung dieses Zustandes erforderlichen Maßnahmen mittels Bescheid. Das Fehlen dieser Prozessvoraussetzung bewirkt die Unzulässigkeit der mit Bescheid verfügten Maßnahmen (vgl VwGH 16.7.1996, 96/04/0062, mwN).Die vorherige Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes mittels Verfahrensanordnung ist eine Prozessvoraussetzung für eine dem Gesetz entsprechende Verfügung der zur Herstellung dieses Zustandes erforderlichen Maßnahmen mittels Bescheid. Das Fehlen dieser Prozessvoraussetzung bewirkt die Unzulässigkeit der mit Bescheid verfügten Maßnahmen vergleiche VwGH 16.7.1996, 96/04/0062, mwN).
Wie festgestellt, verfügte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes nach § 360 Abs 2 zweiter Satz GewO 1994 ohne die beschwerdeführende Partei zuvor mittels Verfahrensanordnung zur Herstellung dieses Zustandes aufgefordert gehabt zu haben. Wie festgestellt, verfügte die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes nach Paragraph 360, Absatz 2, zweiter Satz GewO 1994 ohne die beschwerdeführende Partei zuvor mittels Verfahrensanordnung zur Herstellung dieses Zustandes aufgefordert gehabt zu haben.
Das Fehlen dieser Aufforderung mittels Verfahrensanordnung führte zur Unzulässigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Maßnahmen, weshalb der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben ist.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Das Erkenntnis stützt sich auf eine eindeutige und klare Rechtslage und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 16.7.1996, 96/04/0062, mwN), wonach die Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes nach § 360 Abs 1 erster Halbsatz GewO 1994 eine Prozessvoraussetzung für die Verfügung der erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung dieses Zustandes mittels Bescheid gemäß § 360 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B VG liegt daher nicht vor.Das Erkenntnis stützt sich auf eine eindeutige und klare Rechtslage und die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 16.7.1996, 96/04/0062, mwN), wonach die Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes nach Paragraph 360, Absatz eins, erster Halbsatz GewO 1994 eine Prozessvoraussetzung für die Verfügung der erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung dieses Zustandes mittels Bescheid gemäß Paragraph 360, Absatz eins, zweiter Satz GewO 1994 ist. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Artikel 133, Absatz 4, B VG liegt daher nicht vor.
B e l e h r u n g u n d H i n w e i s e
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen vergleiche Paragraph 54 b, Absatz eins, VStG).
Landesverwaltungsgericht Tirol
MMag.a Dr.in Besler
(Richterin)
Schlagworte
Einstweilige Zwangs- und SicherheitsmaßnahmenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2024:LVwG.2024.34.1592.6Zuletzt aktualisiert am
01.07.2024