TE Vwgh Erkenntnis 1995/6/29 94/07/0048

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Veröffentlicht am 29.06.1995
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §14;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/07/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerden

1. (zu Zl. 94/07/0048) des FE in Z, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in I, und 2. (zu Zl. 94/07/0050) der LE in Z, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 3. Juni 1993, Zl. 410.492/04-I4/92, betreffend Enteignung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm der Ausspruch über die Enteignung im Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 9. Mai 1988, Zl. IIIaI-3001/334, bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat jedem der Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der zweitbeschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 7. November 1967 wurde der Republik Österreich

- Bundeswasserbauverwaltung - die wasserrechtliche Bewilligung zur Z.-Regulierung vom T.-Bach bis zum A.-Bach bei A. erteilt. Die Z.-Regulierung war mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 3. Juli 1967 gemäß § 100 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) zum bevorzugten Wasserbau erklärt worden.

Der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid vom 7. November 1967 enthielt u.a. folgende Auflage Nr. 22e:

"Bestehende, durch die Regulierung betroffene Wegverbindungen sind gemäß § 14 WRG 1959 in geeigneter Weise aufrechtzuerhalten. Wirtschaftserschwernisse durch Umwege und Verkehrsunterbrechungen während des Baues sind auf ein Mindestmaß zu beschränken."

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 6. März 1968 wurde auf dem im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstück Nr. 150/2, KG Z., eine Fläche von 1.200 m2 zugunsten der Republik Österreich - Bundeswasserbauverwaltung - enteignet.

Die Beschwerdeführer beriefen gegen diesen Bescheid mit der Begründung, es hätte ihnen eine Entschädigung auch für die Inanspruchnahme des Gemeindeweges, Parzelle 485/1, zuerkannt werden müssen, da dieser Weg von den Beschwerdeführern bereits seit über 40 Jahren bis auf 30 cm immer genutzt und daher ersessen worden sei.

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Dezember 1968 wurde diese Berufung mit der Begründung abgewiesen, mit diesem Einwand seien die Beschwerdeführer präkludiert.

Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Februar 1980 wurde gemäß § 121 WRG 1959 festgestellt, daß die Z.-Regulierung im wesentlichen bewilligungsgemäß ausgeführt wurde. Weiters wurde festgestellt, daß u.a. der erste Teil der Auflage 22e des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom 7. November 1967 ("Bestehende, durch die Regulierung betroffene Wegverbindungen sind gemäß § 14 WRG in geeigneter Weise aufrechtzuerhalten.") als Dauervorschreibung aufrecht bleibt.

Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die nunmehrigen Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung, entgegen dem Enteignungsgbescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 6. März 1968 sei von den in ihrem Eigentum stehenden Grundstücken, insbesondere der Parzelle 150/2, 665 m2 mehr Grund in Anspruch genommen worden und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft habe die Beseitigung dieser Abweichung nicht veranlaßt.

Mit Erkenntnis vom 22. September 1980, Zl. 1187/80, wies der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde als unbegründet ab.

In der Begründung heißt es:

"Eine Behauptung des Inhaltes, daß die ausgeführten Arbeiten in dem hier in Betracht kommenden Bereich mit dem Projekt nicht in Übereinstimmung stehen, haben die Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht aufgestellt. Ihr Vorbringen läuft vielmehr darauf hinaus, daß ihnen an den maßgeblichen Grundflächen das Eigentum nach dem Grundbuchstand zustehe und für die den Bewilligungsbescheiden entsprechende Ausführung des Projektes eine Mehrbeanspruchung von 665 m2 aus der Gp. 150/2 vorgenommen worden sei. Die Beschwerdeführer konnten in keinem Fall erst in diesem Überprüfungsverfahren mit Erfolg einwenden, daß ihr Gut ohne ihre Zustimmung in Anspruch genommen worden sei.

Die Beschwerdeführer begehrten auch ein neues Entschädigungsverfahren durchzuführen, wenn eine Zurückversetzung in den ursprünglichen Zustand nicht möglich sei. Gemäß § 115 Abs. 1 WRG 1959 haben die durch einen bevorzugten Wasserbau berührten Dritten grundsätzlich nur den Anspruch auf angemessene Entschädigung. Über Entschädigungsansprüche in solchen Fällen hätte übrigens grundsätzlich der Landeshauptmann in erster Instanz abzusprechen (§ 114 Abs. 1 WRG 1959).

Wenn die belangte Behörde daher den Antrag der Beschwerdeführer keiner positiven Erledigung zugeführt hat, so wurden die Beschwerdeführer dadurch in dem behaupteten Recht auf Beseitigung von Mängeln in der Projektsausführung und auf Entschädigung nicht verletzt, denn ein Rechtsanspruch auf aufrechte Behandlung ihres Begehrens stand ihnen nach dem Vorgesagten im Kollaudierungsverfahren, dessen Gegenstand allein die Überprüfung der nach dem Bewilligungsbescheiden vom 7. November 1967 und vom 9. Jänner 1968 ausgeführten Wasserbauten war, jedenfalls nicht zu.

Ungeachtet der im angefochtenen Bescheid getroffenen Verfügung nach § 121 Abs. 3 WRG 1959 wird der Landeshauptmann über die ergänzende Begründung des Zwangsrechtes und die zu leistende Entschädigung abzusprechen haben; allfällige Ansprüche für die Zeit der Inanspruchnahme der Teilfläche von 665 m2 bis zur Begründung des Zwangsrechtes könnten nur bei den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden."

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 9. Mai 1988 wurde über Antrag und zugunsten der Bundeswasserbauverwaltung zur Verwirklichung des mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 7. November 1967 wasserrechtlich bewilligten Vorhabens der Z.-Regulierung aus dem im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstück Nr. 150/2 eine Fläche von 681 m2 enteignet und die Bundeswasserbauverwaltung verpflichtet, den Grundeigentümern eine Entschädigung zu zahlen.

Die Enteignung wurde im wesentlichen damit begründet, die enteigneten Grundstücksflächen würden einerseits für die laufende Instandhaltung der Z.-Regulierung, andererseits als Ersatz für den ehemaligen Uferweg der Gemeinde Z., zu dessen Wiederherstellung das Regulierungsunternehmen durch Auflagenpunkt 22e des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides verpflichtet worden sei, benötigt. Der Antrag der Beschwerdeführer auf Wiederherstellung einer Tränke wurde unter Hinweis auf den rechtskräftigen wasserrechtlichen Überprüfungsbescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Februar 1980 abgewiesen. Der Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung einer Entschädigung für die Inanspruchnahme der Fläche von 681 m2 bis zur Begründung des Zwangsrechts wurde auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung mit der Begründung, die Enteignung von weiteren 681 m2 sei nicht nötig und es fehle am öffentlichen Interesse dafür. Der Weg habe mit der Z.-Regulierung nichts zu tun. Die nunmehr im Flußbett des Z. liegende Parzelle 485/1, die im Eigentum der Marktgemeinde Z. gestanden und mittlerweile gelöscht sei, sei - wie durch Fotos belegt werde - nur ein schmaler Fußweg gewesen und es habe vor der Z.-Regulierung nie einen Fahrzeugverkehr gegeben.

Nachdem sowohl die Marktgemeinde Z. als auch die Beschwerdeführer Fotos vorgelegt hatten, die ihren jeweiligen Standpunkt betreffend das Ausmaß des Weges stützen sollten, holte die belangte Behörde eine Äußerung eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ein. Dieser führte aus:

"Ehemaliger Weg der Marktgemeinde:

Der Zustand des ehemaligen Marktgemeindeweges auf Parzelle 485/1, der durch die Z.-Regulierung entfiel (jetzt Flußbett bzw. Ufer) ist durch die vorgelegten Fotos eindeutig festgelegt. Die Marktgemeinde legte mehrere, verschieden alte, bis zur Jahrhundertwende zurückreichende Fotos bzw. Postkarten vor, die eine lagemäßige Einordnung und größenmäßige Bestimmung des alten Weges ermöglichen. Die Wegbreite beträgt mehrere Meter (ca. 3 bis 4 m) und diese Abmessung entspricht vollkommen den Angaben zur Grundeinlösung anläßlich der Bewilligung der Regulierung und Aussagen der Marktgemeindevertreter. Es handelt sich um einen befestigten Fahrweg und nicht um einen schmalen Gehweg im Grünland (siehe Farbunterschied Weg - Umgebung). Die Fotos der Berufungswerber sind lagemäßig nicht einzuordnen und auch der Zeitpunkt der Aufnahme ist ungeklärt. Sie zeigen einen ca. 0,5 m breiten Fußweg im Grünland. Welcher Weg abgebildet wurde, ist unklar; keinesfalls ist es der alte Marktgemeindeweg.

Erhaltungsweg für die Regulierung:

Pläne, die einen Erhaltungsweg landseits des breiten, aber sehr niedrigen Dammes (Dammkrone ca. 4 m breit, Höhe über Gelände nur 1 m) aufweisen, konnten nicht vorgelegt werden. Für allfällige Sanierungsarbeiten an den Ufern ist die Dammkrone als Zufahrt geeignet, ein zusätzlicher Erhaltungsweg landseits ist aus wasserbautechnischer Sicht nicht erforderlich und wurde auch in den letzten zwei Jahrzehnten seit dem Bau nicht benötigt.

Erhaltung der Wegrelation:

Der geplante Weg auf der Parzelle 150/2 unmittelbar neben dem Damm an der flußseitigen Grundgrenze der Parzelle stellt einen geeigneten Ersatz für den zufolge der Regulierung entfallenden Weg dar. Eine andere Herstellung der früheren Wegrelation mit geringeren Eingriffen ins Grundeigentum ist nicht vorstellbar, da jede Verschiebung des Ersatzweges landwärts zu einer Verlängerung des Weges und damit zu einer Vergrößerung der Grundinanspruchnahme führen würde und vor allem dann Grundstücke zerschnitten würden, während jetzt der Weg an der Grundgrenze liegt."

Die Beschwerdeführer brachten in ihrer Stellungnahme zu dieser Äußerung vor, der ehemalige Gemeindeweg auf Parzelle 485/1 sei in der Katastralgemeinde in einer Breite von 3 bis 4 m ausgewiesen. Tatsächlich handle es sich aber um einen Fußweg von 0,5 m Breite, wie auch aus beigelegten Bestätigungen von Zeugen hervorgehe. Die Katastermappe gebe keinen Beweis über das Grundstück und über Wege. Sie sei für die Beurteilung der Breite des Weges zu ungenau; sie sei im Ausmaß von 1 : 2.880 angelegt, was bedeute, daß ein Strich in der Katastermappe, der 1 mm dick sei, bereits 2,88 m entspreche. Aus diesem Grund könne die Breite des Fußweges niemals aus der Katastermappe entnommen werden, sondern sie müsse sich nach der Natur richten. In den Räumlichkeiten der Marktgemeinde Z. hänge eine amtliche Luftbildaufnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen um 1950; diese Luftbildaufnahme ergebe eindeutig, daß es sich bei dem in Rede stehenden Weg nur um einen Fußweg von ca. 0,5 m Breite gehandelt habe. Die von den Beschwerdeführern vorgelegten Fotoaufnahmen zeigten den Weg vor Inangriffnahme der Z.-Regulierung. Diese Aufnahmen seien vom Fotoatelier H. in M. auf dem Grundstück der Beschwerdeführer gemacht worden. Dies sei von der Firma H. auch bestätigt und diese Bestätigung der belangten Behörde vorgelegt worden. Auch der Tiroler Bauernbund, Ortsgruppe Z., bestätige die Angaben der Beschwerdeführer. Es würden all jene Personen, die die beiliegenden Bestätigungen ausgestellt hätten, als Zeugen zum Beweis dafür angeboten, daß der Weg vor der Regulierung 0,5 m breit gewesen sei. Die von der Gemeinde vorgelegten Fotos bzw. Postkarten ließen überhaupt nicht erkennen, wann sie gemacht worden seien. Selbst die ältesten Gemeindebürger würden diesen breiten Weg nicht mehr kennen.

Die im Zuge der Z.-Regulierung errichteten Auflächen seien in dieser Breite nicht erforderlich, sondern viel zu großzügig angelegt. Wenn man diese Auflächen verkleinerte, könnte man den Weg (0,5 m breit) auch näher an den Z.-Fluß verlegen, wodurch sich eine Beeinträchtigung des Eigentums der Beschwerdeführer erübrige.

Hinsichtlich der Gp. 150/2 werde ein Foto über den derzeitigen Weg beigelegt. Auf diesem Foto erkenne man deutlich das Grenzzeichen, wie es immer bestanden habe, welches den Weg auf eine Breite von rund 0,5 m beschränke. Auch hinsichtlich des Weges außerhalb des Grundstückes der Beschwerdeführer würden Fotos vorgelegt, aus denen sich die Breite ergebe.

Mit Bescheid vom 3. Juni 1993 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 9. Mai 1988, soweit sie sich auf die Enteignung und die Abweisung des Antrages auf Wiederherstellung der Viehtränke bezog, als unbegründet ab.

In der Begründung wird ausgeführt, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß das dem Bewilligungsbescheid über die Z.-Regulierung zugrundeliegende Projekt keinen Instandhaltungsweg beinhalte, weshalb eine Enteignung zu diesem Zweck grundsätzlich nicht möglich sei. Das Regulierungsunternehmen sei aber durch Auflagenpunkt 22e des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides zur Aufrechterhaltung bestehender Wegverbindungen gemäß § 14 WRG 1959 verhalten worden. Aus dem Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik ergebe sich, daß der vor der Regulierung bestehende Weg eine Breite von ca. 3 bis 4 m aufgewiesen habe. Zur Wiederherstellung dieses Weges sei die Inanspruchnahme von im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundflächen erforderlich.

Hinsichtlich der Wiederherstellung der Tränke liege eine rechtskräftige Entscheidung vor, sodaß diese Frage nicht nochmals aufgerollt werden könne.

Gegen diesen Bescheid - und zwar erkennbar nur gegen den Ausspruch über die Enteignung - richten sich die vorliegenden Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführer bringen im wesentlichen vor, die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des § 14 WRG 1959 für die Wiederherstellung des Weges überhaupt gegeben seien, und sie habe auch die Frage falsch beantwortet, welches Ausmaß dieser Weg vor der Z.-Regulierung gehabt habe. Sie hätte die beantragten Zeugenbeweise aufnehmen müssen; dies hätte zur Aufklärung der Diskrepanz zwischen den von ihnen vorgelegten Fotos und jenen der Marktgemeinde Z. beigetragen. Bei Aufnahme dieser Beweismittel hätte sich auch ergeben, daß die von den Beschwerdeführern vorgelegten Fotos entgegen der Auffassung der belangten Behörde sehr wohl örtlich und zeitlich eingeordnet werden könnten. Erforderlich wäre auch die Durchführung des von ihnen im Verfahren beantragten Ortsaugenscheins gewesen. Die von der Gemeinde vorgelegten Lichtbilder seien ohne fotogrammetrische Auswertung nicht geeignet, das von der belangten Behörde daraus abgeleitete Ergebnis zu decken.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die Beschwerden wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zu gemeinsamer Beratung und Beschlußfassung zu verbinden und hat über diese Beschwerden erwogen:

Die durch den wasserrechtlichen Überprüfungsbescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Februar 1980 aufrechterhaltene Auflage Nr. 22e

(erster Satz) des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides vom 7. November 1967 sieht vor, daß bestehende, durch die Regulierung betroffene Wegverbindungen gemäß § 14 WRG 1959 in geeigneter Weise aufrechtzuerhalten sind. Diese Auflage verpflichtet also nicht schlechthin zur Aufrechterhaltung aller bestehenden Wegeverbindungen ohne jede Einschränkung, sondern verweist auf § 14 WRG 1959. Danach ist bei Wasserbauten aller Art dem Bewilligungswerber die Herstellung der zum Schutze der Sicherheit von Personen und Eigentum erforderlichen Vorkehrungen sowie der zur Aufrechterhaltung der bisherigen, zur Vermeidung wesentlicher Wirtschaftserschwernisse notwendigen Verkehrsverbindungen (Brücken, Durchlässe und Wege) aufzuerlegen, sofern nicht die Herstellung solcher Verkehrsanlagen durch Zusammenlegung von Grundstücken oder auf andere geeignete Weise entbehrlich oder abgegolten wird.

Die Verpflichtung zur Herstellung oder Wiederherstellung einer Verkehrsverbindung durch entsprechende Verkehrsanlagen tritt nach § 14 WRG 1959 nur dann ein, wenn dies zur Vermeidung wesentlicher Wirtschaftserschwernisse notwendig ist. Es sind daher nicht - ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung - alle Verkehrswege aufrecht zu erhalten, sondern nur die notwendigen Verkehrsverbindungen.

Feststellungen dazu, ob, warum und in welchem Ausmaß die Aufrechterhaltung des vor der Z.-Regulierung bestehenden Weges notwendig im Sinne des § 14 WRG 1959 ist, wurden im Verfahren nicht getroffen. Nur dann aber, wenn die Notwendigkeit der Aufrechterhaltung aus den Gründen des § 14 WRG 1959 feststeht, kommt eine Enteignung in Frage, da es sonst am öffentlichen Interesse mangelt.

Das von der belangten Behörde in den Gegenschriften zitierte hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1955, Zl. 234/52, besagt nicht, daß Verkehrsverbindungen ohne Rücksicht auf ihre Notwendigkeit aufrecht zu erhalten seien; dieses Erkenntnis beschäftigt sich mit der Frage, wann von einer Entbehrlichkeit der Herstellung solcher Verkehrsanlagen durch Zusammenlegung von Grundstücken die Rede sein kann.

Das Fehlen von Feststellungen zur Frage der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung des in Rede stehenden Weges belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Aber auch in bezug auf das Ausmaß des Weges vor der Z.-Regulierung reichen die getroffenen Feststellungen nicht aus.

Die belangte Behörde beruft sich diesbezüglich auf die Äußerung des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik. Der Aussage dieses Amtssachverständigen, die von den Beschwerdeführern vorgelegten Fotos seien zeitlich und örtlich nicht einzuordnen, sind die Beschwerdeführer mit konkreten gegenteiligen Beweisanboten entgegengetreten. So wurde auf Bestätigungen jener Firma hingewiesen, die die Aufnahmen gemacht hat und es wurden weitere Zeugen und andere Beweismittel - z.B. eine Luftaufnahme aus dem Jahr 1950 - angeboten. Mit diesen Beweismitteln hat sich die belangte Behörde nicht ausreichend auseinandergesetzt. Dies wäre aber schon deswegen unerläßlich gewesen, weil die von der Gemeinde vorgelegten Fotos, aus denen der Sachverständige auf die Breite des Weges geschlossen hat, aus den Jahren von ca. 1885 bis ca. 1940 stammen, während die Regulierung erst sehr viel später - nämlich gegen Ende der Sechzigerjahre - durchgeführt wurde und nicht ausgeschlossen werden kann, daß sich der Zustand des Weges im Laufe der Zeit verändert hat, worauf auch die in der Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 6. März 1968 vorgetragene Behauptung der Beschwerdeführer hinweist, sie hätten den Gemeindeweg seit langer Zeit bis auf eine Breite von etwa 30 cm genützt. Überdies ist die Behauptung des Amtssachverständigen, aus den von der Gemeinde vorgelegten Fotos lasse sich eine Wegbreite von 3 bis 4 m ableiten, nicht näher erläutert, sodaß diese Behauptung auch nicht nachvollzogen werden kann.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Die zitierte Verordnung sieht als Schriftsatzaufwand S 12.500,-- und nicht - wie von der Zweitbeschwerdeführerin begehrt - S 15.000,-- vor. Neben dem Schriftsatzaufwand gibt es außerdem keine gesonderte Vergütung der Umsatzsteuer. Das Mehrbegehren der Zweitbeschwerdeführerin war daher abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994070048.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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