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L55001 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Burgenland;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde der L in X, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 3. Februar 1992, Zl. IV-2323-1991, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 12. Juli 1991 ersuchte die Beschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg (BH) um die Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung zum Bau einer Bienen- bzw. Gerätehütte auf ihrem Grundstück Nr. 1921 der KG. X. Die BH holte ein Gutachten eines Amtssachverständigen für Landwirtschaft zur Frage der Erforderlichkeit der Hütte ein.
Der Sachverständige führte in seinem Gutachten aus, daß das Grundstück der Beschwerdeführerin ein Ausmaß von 2.881 m2 habe. Das Grundstück liege an einem gut befahrbaren, aufgeschotterten Güterweg im Nahbereich einer asphaltierten Straße. Auf dem Grundstück befänden sich einige alte Obstbäume (hauptsächlich Kirschenbäume). Geplant sei die Errichtung einer Geräte- und Bienenhütte in den Ausmaßen 3 x 3 m. Die Baukosten würden nach den Angaben der Beschwerdeführerin S 40.000,-- betragen. Als Einnahmen aus der Nutzung des gegenständlichen Grundstückes erwarte sich die Beschwerdeführerin einen jährlichen Ertrag von etwa S 1.000,--. Da die Baukosten in einem Mißverhältnis zu den Erträgen aus der Nutzung des gegenständlichen Grundstückes stünden, sei das Bauvorhaben in betriebswirtschaftlicher Hinsicht negativ zu beurteilen. In der Imkerei könne grundsätzlich nur mit bescheidenen nachhaltigen Erträgen kalkuliert werden, da die Honigerträge starken Schwankungen unterlägen. Eine Bienenhütte habe grundsätzlich der Einstellung der Bienenvölker zu dienen. Das Schleudern (von Honig) erfolge in der Regel auf der vorhandenen Hofstelle, wo die entsprechenden Betriebsmittel vorhanden seien und eine notwendige hygienische Gewinnung des Produktes möglich sei. Eine Gewinnung des Honigs im Nahbereich der Bienenstöcke müsse auch aus sicherheitstechnischen Gründen negativ beurteilt werden. Aus produktionstechnischen Überlegungen sei es zumutbar und aus betriebswirtschaftlichen Gründen sogar zwingend erforderlich, die notwendigen Betriebsmittel sowie die Ernteprodukte von und zum gegenständlichen Grundstück zu befördern.
Der Beschwerdeführerin wurde das Sachverständigengutachten am 29. Oktober 1991 nachweislich zur Kenntnis gebracht. Sie ersuchte, ihr eine Frist von zwei Wochen zu gewähren, um dazu eine schriftliche Stellungnahme abgeben zu können. Eine solche Stellungnahme erfolgte nach der Aktenlage nicht.
Mit Bescheid vom 21. November 1991 wies die BH das Ansuchen der Beschwerdeführerin gemäß § 50 Abs. 6 des Naturschutz- und Landschaftspflegegesetzes 1990, LGBl. für das Burgenland Nr. 27/1991 (NG 1990), als dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde X widersprechend, ab. Zur Begründung ihrer Entscheidung berief sich die BH im wesentlichen auf das von ihr eingeholte Sachverständigengutachten. Das Grundstück der Beschwerdeführerin sei laut rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde als "Grünland - landwirtschaftlich genutzt" gewidmet. Nach dem eingeholten Gutachten bestünde keine Notwendigkeit einer Bauführung auf diesem Grundstück im Sinne des § 20 Abs. 4 des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes (in der Folge: RPG).
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung, in der sie vorbrachte, daß die Baukosten der geplanten Hütte nur ca. S 16.000,-- betrügen. Bei einem Ertrag von 30 Obstbäumen (ca. S 7.000,-- pro Jahr) und vorerst fünf Bienenvölkern (ca. S 13.500,-- pro Jahr) könne nicht von einem Mißverhältnis zwischen Baukosten und Erträgen gesprochen werden. Im übrigen stünde die Baumaßnahme sehr wohl in einem sachlichen und funktionellen Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Nutzung, da kein anderer Standort möglich und die Größe (3 x 3 m) sehr bescheiden sei. Sie habe an ihrem Wohnsitz keine Kellerräumlichkeiten zur Lagerung der erforderlichen Gerätschaften. Beim Vorhandensein einer Gerätehütte könne sie auch mit dem Rad zum Grundstück fahren und müßte die Bewirtschaftungsgeräte nicht immer mit dem Auto hin und her transportieren.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. Dieser gründe sich auf das Gutachten eines Amtssachverständigen, welches als richtig und schlüssig angesehen werde. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten klar dargelegt, daß die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 20 Abs. 4 RPG nicht vorlägen. Dem Argument in der Berufung, daß die Errichtung der Hütte für die Lagerung diverser Geräte und Behelfe erforderlich sei, weil der Beschwerdeführerin dafür keine Kellerräumlichkeiten zur Verfügung stünden, könne nicht gefolgt werden, da die Beschwerdeführerin auch bis jetzt andere Räumlichkeiten für die Lagerung der genannten Geräte verwendet hätte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 50 Abs. 6 NG 1990 ist das Ansuchen um die Erteilung einer Bewilligung ohne Durchführung eines Verfahrens abzuweisen, wenn die beantragte Bewilligung dem Landesraumordnungsplan (§ 2a Raumplanungsgesetz 1969 in der jeweils geltenden Fassung) oder dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde widerspricht.
Gemäß § 20 Abs. 1 RPG in der Fassung LGBl. für das Burgenland Nr. 20/1981 sind Bewilligungen von sonstigen sich auf das Gemeindegebiet auswirkenden Maßnahmen aufgrund landesgesetzlicher Vorschriften nur zulässig, wenn sie dem Flächenwidmungsplan nicht widersprechen. Nach § 20 Abs. 4 RPG fallen Baumaßnahmen in Verkehrsflächen und Grünflächen, welche für die der Flächenwidmung entsprechende Nutzung notwendig sind, nicht unter die Beschränkungen der Abs. 1 und 2.
Nach § 20 Abs. 5 RPG in der Fassung LGBl. für das Burgenland Nr. 91/1990 ist die Notwendigkeit im Sinne des Abs. 4 dann anzunehmen, wenn nachgewiesen ist, daß
a) die Baumaßnahme in einem sachlichen oder funktionellen Zusammenhang mit der widmungsgemäßen Nutzung steht,
b) kein anderer Standort eine bessere Eignung im Hinblick auf die widmungsgemäße Nutzung bietet,
c) die Baumaßnahme auf die für die widmungsgemäße Nutzung erforderliche Größe, Gestaltung und Ausstattung eingeschränkt bleibt und
d) raumordnungsrelevante Gründe (z.B. Landschaftsbild, Zersiedelung, etc.) nicht entgegenstehen.
Ein Widerspruch zum Flächenwidmungsplan läge - im Hinblick auf die Widmung "Grünland - landwirtschaftlich genutzt" - nur dann nicht vor, wenn nach dem Inhalt der angestrebten naturschutzrechtlichen Bewilligung die Nutzung auf eine Art erfolgte, die mit der Widmung als "für die Landwirtschaft bestimmt" (vgl. § 16 Abs. 3 RPG) in Einklang stünde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. November 1993, Zl. 92/10/0432). Dies ist dann der Fall, wenn das geplante Vorhaben für die landwirtschaftliche Nutzung im Sinne des § 20 Abs. 4 und 5 RPG notwendig ist.
Die Notwendigkeit wurde in dem von der Behörde erster Instanz eingeholten landwirtschaftlichen Sachverständigengutachten unter anderem deshalb verneint, weil für die Bewirtschaftung der gegenständlichen Obstbaumkultur am Standort ein Zweckbau nicht erforderlich sei, da weder besondere Pflegemaßnahmen noch spezielle Ernteverfahren notwendig seien. Die Gewinnung des Honigs im Nahbereich der Bienenstöcke wurde aus sicherheitstechnischen Gründen negativ beurteilt. Die Beschwerdeführerin ist diesen Feststellungen im Rahmen des Parteiengehörs nicht entgegengetreten und hat sich auch in ihrer Berufung damit begnügt, die diesbezüglichen Feststellungen des Sachverständigen in Abrede zu stellen. Die belangte Behörde konnte daher - unabhängig von der Frage, ob die Baukosten der geplanten Hütte in einem Mißverhältnis zu den Erträgen aus der Nutzung des Grundstückes stehen - die Frage nach der Notwendigkeit der geplanten Maßnahme verneinen. Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften liegt daher nicht vor.
Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, aus § 50 Abs. 6 NG 1990 ergebe sich, daß ein Ansuchen ohne Durchführung eines Verfahrens abzuweisen sei, wenn die beantragte Bewilligung dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan widerspreche. Wenn also schon aus dem Ansuchen selbst erkennbar sei, daß das Vorhaben dem Flächenwidmungsplan widerspreche, so sei kein Verfahren durchzuführen und das Ansuchen abzuweisen. Müsse - wie im Beschwerdefall - ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, um feststellen zu können, ob ein Widerspruch mit dem Flächenwidmungsplan vorliege, so könne ihrer Ansicht nach das Ansuchen nach dieser Gesetzesstelle nicht mehr abgewiesen werden. Vielmehr sei in diesem Fall die Entscheidung der Baubehörde abzuwarten.
Auch diese Ausführungen sind nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Nach § 50 Abs. 6 NG 1990 hat die Naturschutzbehörde festzustellen, ob die beantragte Bewilligung dem rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde widerspricht. Dabei kann zur Klärung der Frage, ob das Bauvorhaben im Sinne des § 20 Abs. 5 RPG notwendig ist, auch eine mündliche Verhandlung durchgeführt bzw. ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Ob bereits ein Bauverfahren anhängig ist oder nicht, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, weil sich die Lösung der im naturschutzbehördlichen Verfahren entscheidenden Tat- und Rechtsfrage nicht aus allenfalls in anderen Verfahren erwirkten Bewilligungen ergibt (vgl. dazu bereits das Erkenntnis vom 18. April 1994, Zl. 92/10/0163, mit Hinweis auf Vorjudikatur).
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel SachverständigenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992100084.X00Im RIS seit
03.05.2001